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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Vorsicht vor der „Gutschrift“ - Gesetzgeber verlangt praxisfernen Formalismus!

    von Dipl.-Finw. Rüdiger Weimann, Dozent und freier Gutachter in Umsatzsteuerfragen, Partner der kmk Steuerberatungsgesellschaft mbh, Dortmund/Dresden

    | „Nichts ist so alt wie das, was gestern zum Steuerrecht geschrieben wurde!“ Diese Beraterweisheit bestätigt die Umsatzsteuer wieder einmal eindrucksvoll. Bislang war es steuerlich unschädlich, wenn Sie eine Korrekturrechnung zu Gunsten des Kunden als „Gutschrift“ bezeichnet haben. Das ist seit dem 30.6.13 - dem Tag der Verkündung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz im Bundesgesetzblatt - anders (BGBl I 13, 1809). Nunmehr soll die falsche Bezeichnung zu echten steuerlichen Nachteilen führen. |

    1. Wann sollte man mittels Gutschrift abrechnen?

    Das UStG unterscheidet bekanntlich zwei Abrechnungsformen:

     

    • Rechnung: Bei der Rechnung schreibt der Leistende (also der Unternehmer selbst) das Abrechnungspapier selbst. Das ist der Regelfall!
    • Gutschrift: Bei der Gutschrift schreibt der Leistungsempfänger (also der Kunde) das Abrechnungspapier (vgl. Abschnitt 14.3 UStAE).

     

    Damit ist die Gutschrift in der Praxis eher der Ausnahmefall. Gutschriften kommen in der Regel dann vor, wenn der leistende Unternehmer nicht oder nur schwer dazu in der Lage ist, die Abrechnungsgrundlagen zu ermitteln oder bestimmte Abrechnungsformalitäten einzuhalten. Positiv ausgedrückt kann also der Leistungsempfänger die zur Abrechnung erforderlichen Informationen leichter beschaffen als der Leistende.

     

    • Beispiel
    • (1)A betreibt ein Ausflugslokal. Mit Busunternehmer B besteht die Vereinbarung, dass dieser mit den Fahrgästen möglichst das Lokal des A ansteuert. Für jeden so gewonnenen Gast erhält B eine Provision in Abhängigkeit von der Höhe des Bewirtungsumsatzes.
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    • (2)Firmenkunde F hat bei Autohaus A im Zusammenhang mit einem Neuwagenkauf ein Altfahrzeug in Zahlung gegeben. Nach Veräußerung des Altfahrzeugs an einen Dritten rechnet A gegenüber F dessen Veräußerung des Altfahrzeugs in Abhängigkeit vom Veräußerungserlös ab.

     

    Folge: Für das Schreiben einer Rechnung an A wären B bzw. F auf Informationen angewiesen, über die originär nur A als Leistungsempfänger selbst verfügt, nämlich jeweils die konkrete Höhe der Ausgangsumsätze des A, die mit den von B und F abzurechnenden Umsätzen bewirkt wurden.

     

     

    2. Die rechtlichen Voraussetzungen einer Gutschrift

    Eine Abrechnung per Gutschrift kann branchenunabhängig und frei vereinbart werden, d.h. die Vertragspartner können für jeden einzelnen Umsatz frei vereinbaren, wer von beiden die Abrechnung schreibt. Es ist also auch möglich, mit demselben Vertragspartner unterschiedliche Umsätze sowohl per Rechnung als auch per Gutschrift abzurechnen.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Vereinbarung muss damit weder bereits bei Vertragsschluss noch bei Ausführung des Umsatzes getroffen worden sein. Erkennen die Vertragsparteien die Vorteile oder Notwendigkeit einer Abrechnung durch Gutschrift erst später, können sie sich auch nachträglich noch entsprechend einigen. Wichtig ist nur, dass die Einigung erfolgt, bevor die Gutschrift geschrieben wird (A 14.3 Abs. 2 S. 2 UStAE).

     

    Beachten Sie | Die Vereinbarung kann sich aus Verträgen oder sonstigen Geschäftsunterlagen ergeben, ist an keine besondere Form gebunden und kann auch mündlich erfolgen. Eine nur mündliche Vereinbarung sollte dann aber zur Beweissicherung entsprechend dokumentiert werden.

    3. Anbringen des Hinweises „Gutschrift“

    Nur in den vorgenannten Fällen darf und muss seit dem 30.6.13 das Wort „Gutschrift“ verwandt werden! Der Katalog der „standardmäßigen Rechnungspflichtangaben“ (§ 14 Abs. 4 S. 1 UStG) ist um eine neue Nummer 10 erweitert worden: „(4) 1Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten: … 

     

    • 10. in den Fällen der Ausstellung einer Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Abs. 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift“.  

     

    • Praxishinweis | 
    • Dem Entwurf eines Einführungsschreibens der Finanzverwaltung ist zu entnehmen, dass alternativ auch die englische Angabe „self-billed invoice“ zugelassen sein wird.
    • Der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie eigentlich unbekannte Angaben wie „credit note“ oder „Eigenfaktura“ dürften nicht zulässig sein.
    • Wie eine Rechnung darf auch eine Gutschrift elektronisch erfolgen (GStB 12, 263).
     

    4. Was ist, wenn der Hinweis „Gutschrift“ fehlt?

    Fehlt auf dem Abrechnungspapier der Hinweis „Gutschrift“, fehlt eine Pflichtangabe; damit entfällt der Vorsteuerabzug für den das Papier ausstellenden Unternehmer (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG). Natürlich könnte der Hinweis im Wege einer Gutschriftskorrektur nachgeholt werden, jedoch hätte der jeweilige Unternehmer den Vorsteuerabzug dann erst ab dem Korrekturzeitpunkt und müsste bis zu diesem Zeitpunkt Zinsen an das Finanzamt entrichten (§ 233a AO). Dies ist zumindest die Auffassung der Finanzverwaltung; auf das anhängige BFH-Verfahren XI R 41/10 wird hingewiesen.

     

    MERKE | Keine Gutschrift in diesem Sinne ist die „kaufmännische Gutschrift“, also die im allgemeinen Sprachgebrauch ebenso bezeichnete Korrektur einer zuvor ergangenen Rechnung (A 14.3. Abs. 1 S. 6 UStAE). Eine derartige teilweise Rücknahme einer zuvor ergangenen höheren Abrechnung führt zu einer „normalen“ Rechnungsberichtigung. Die hierbei zu beachtenden umsatzsteuerlichen „Spielregeln“ werden wir in einer der nächsten Ausgaben vorstellen.

     

    5. Steuer- und Zinsrisiko, wenn auf einer Korrekturrechnung weiter der Hinweis „Gutschrift“ angebracht wird!

    Eine Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem Dokument widerspricht (§ 14 Abs. 2 S. 3 UStG).

     

    PRAXISHINWEIS | Widerspricht der Empfänger nicht, erzeugt er damit den Anschein, als habe er gegenüber dem Gutschriftsaussteller einen Umsatz erbracht, und schuldet die in der Gutschrift unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG.

     

    6. Bedeutung für die Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung

    Ihre Mandanten müssen nun wachsam sein:

     

    • Verwendet die Debitorenbuchhaltung Ihres Mandanten den Begriff „Gutschrift“ auch weiterhin für Rechnungskorrekturen, mit denen sie ja eigentlich dem Kunden „etwas Gutes tun“ will, wird sie ihn verärgern, wenn die Finanzverwaltung aufgrund dessen Steuern und Zinsen festsetzt.

     

    • Gleichzeitig wird im Debitorenbereich die eigene Steuerschuld des Mandantenunternehmens auf den Ausgangsumsatz nicht gemindert; auch dies wird Zinsen auslösen.

     

    • Übersieht die Kreditorenbuchhaltung, dass auf einer den ursprünglichen Zahlbetrag mindernden korrigierenden Eingangsrechnung irrtümlich der Begriff „Gutschrift“ angebracht wurde, entsteht dadurch für Ihr Unternehmen/das Mandantenunternehmen, eine Umsatzsteuer- und Zinsschuld.

     

    FAZIT | Gegen diesen Formalismus wenden sich derzeit die Berufsverbände mit aktuellen Eingaben an das BMF. So weist insbesondere die BStBK (bstbk.de/Presse/Stellungnahmen) in ihrer Stellungnahme vom 9.7.13 darauf hin, dass nach Art. 248a MwStSystRL für die Rechnungsstellung keinerlei Sprachvorgaben bestehen. Ferner würde eine Fehlbezeichnung keine Steuerschuld nach § 14c UStG auslösen, wenn die nämliche Abrechnung nicht auch nach ihrem Inhalt die wesentlichen Merkmale einer Abrechnung des Leistungsempfängers über eine von ihm bezogene Leistung enthielte. Ansonsten handele es sich - etwa bei einer „Bonusgutschrift“ eines Zulieferers wegen erreichter Umsatzgrenzen - auch weiterhin um die Mitteilung einer Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG. Auf ein Einlenken bleibt daher zu hoffen.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 265 | ID 42225611