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    Verkauf einer Steuerberatungspraxis: So sind Sie auf der sicheren Seite!

    von RA FASteuerrecht Jürgen Gemmer, Braunschweig

    Die Praxisveräußerung ist in der Regeldie letzte Maßnahme, bevor man sich als Steuerberater aus demberuflichen Wirken zurückzieht. Dieser Schritt ist genauso exaktvorzubereiten, wie Sie dies auch Ihren Mandanten bei einer geplantenGeschäftsveräußerung sicherlich empfehlen würden.Der folgende Beitrag soll einige Problemfelder aufzeigen, die sich beidem Thema „Verkauf einer Steuerberatungspraxis“ ergebenwerden.

    1. Die Problemkreise im Einzelnen

    Zunächst der Grundsatz: Die Übertragungeiner Steuerberatungspraxis gegen Entgelt ist uneingeschränktzulässig. Nach der Rechtsprechung ist jedoch dieVerschwiegenheitspflicht gegenüber den Mandanten auch bei einerPraxisveräußerung strikt einzuhalten. Daraus ergeben sichzwei Sonderprobleme:

    • Darf der Steuerberater dem Kaufinteressenten Einblick in die Mandantenakten gewähren?
    • Gehen die Mandate und die damit zusammenhängenden Akten mitder Übertragung der Steuerberatungspraxis automatisch auf denErwerber über?

    Zum Problemkreis Nr. 1:Der potenzielle Erwerber will exaktes Zahlenmaterial, bevor er sich zumAbschluss eines Praxiskaufvertrages entscheidet. Ihn interessieren vorallem  verlässliche Zahlen und weitere Angaben überMandantenstruktur, Gebührenaufkommen und dergleichen. Wegen derVerschwiegenheitspflicht darf dem Kaufinteressenten jedoch kein Einblick in die Mandantenakten gewährt werden.

    Es empfiehlt sich daher, die für einePraxisbewertung notwendigen Angaben gesondert aufzulisten, ohne dabeidie Namen der Mandanten zu nennen. Zu den wesentlichen Angabengehören insbesondere Art und Umfang der steuerberatendenLeistungen, das Jahreshonorar, der von dem Mandanten betriebeneUnternehmensgegenstand, die Mandatsdauer sowie auch das Alter desMandanten.

    Zum Problemkreis Nr. 2:Die Mandate gehen nicht automatisch auf den Erwerber über, eineentsprechende Klausel kann im Einzelfall zur Nichtigkeit des gesamtenKaufvertrages führen.

    In Praxisübernahmeverträgen wurde– jedenfalls in der Vergangenheit – häufig eineKlausel mit folgendem Inhalt aufgenommen: „Dem Übernehmerwerden unverzüglich nach Übergabe der Praxis alle vorhandenenAkten über die noch laufenden und bereits abgeschlossenenAufträge zur Verfügung gestellt“.

    Eine solche Vertragsbestimmung istgemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen die demSteuerberater auferlegte Verschwiegenheitspflicht dann nichtig, wennkeine Einwilligung der Mandanten zur Übergabe vorliegt so Urteildes BGH vom 22.5.96, VIII ZR 194/95, GI 96, 189 ff.; Senatsurteil vom17.5.95, VIII ZR 94/94, WM 95, 1357, betreffend den Verkauf einerRechtsanwaltskanzlei. Eine wirksame Vereinbarung setzt also voraus,dass die Verpflichtung zur Aktenübergabe auf zustimmende Mandanten beschränkt wird.

    2. Die Auswirkungen der Rechtsprechung

    Diese Rechtsprechung ist peinlich genau zubeachten, denn eine derartige nichtige Vertragsklausel kann im Zweifeldie Nichtigkeit des gesamten Praxiskaufvertrages zur Folge haben. Istdies der Fall, richten sich die Ansprüche zwischenVeräußerer und Erwerber ausschließlich nach den Regelnder ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 ff. BGBund führen häufig zu für alle Beteiligten nichtzufriedenstellenden Ergebnissen.

    Soweit ersichtlich, kann nach der Rechtsprechungdavon ausgegangen werden, dass mit dem Einverständnis desMandanten auf Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit demPraxiskäufer gleichzeitig auch die Zustimmung zur Einsichtnahme inalle dem bisherigen Praxisinhaber bekannt gewordenen und bekanntgegebenen Unterlagen – insbesondere also in die Handakten –gegeben ist. Dies gilt jedenfalls insoweit, als die Einsicht in dieseUnterlagen zur Fortsetzung des Mandatsverhältnisses notwendig ist.

    Empfehlenswert ist ein Schreiben an die Mandanten,dem eine auf den Praxiserwerber lautende Vollmachtsurkundebeigefügt wird, damit Zweifelsfragen von vornherein vermiedenwerden:

    Musterformulierung 1

    Ich werde meine Praxis zum ........an Herrn/Frau Steuerberater/in ............... übergeben. Ich binder festen Überzeugung, mit Herrn/Frau ................. eine/nqualifizierten Nachfolger/ Nachfolgerin gefunden zu haben.

    Daher bitte ich Sie um Ihr Einverständnis, dass ich Herrn/Frau................ Ihre bei mir geführten Akten übergeben darf.Eine entsprechende Einverständniserklärung habe ichvorbereitet und ist diesem Schreiben als Anlage beigefügt.Ebenfalls beigefügt ist eine vorbereitete Vollmachtsurkunde,lautend auf Herrn/ Frau ....................

    Bitte seien Sie so freundlich und senden Sie die von Ihnenunterzeichnete Einverständniserklärung und dasVollmachtsformular an mich zurück. Zu Ihrer Arbeitserleichterunghabe ich einen Freiumschlag beigefügt.

    Sollten Sie noch irgendwelche Fragen haben, rufen Sie mich bitte an.Das bisherige Mitarbeiterteam steht Ihnen neben Herrn/Frau...................... auch weiterhin zur Verfügung.

    Mit freundlichen Grüßen

    Anlagen
    Einverständniserklärung
    Vollmachtsurkunde
    Freiumschlag

    Musterformulierung 2

    Formulierungshilfe für Einverständniserklärung zur Akteneinsicht:

    Herr/ Frau ....................... hatmich davon in Kenntnis gesetzt, dass seine Praxis zum .................von Herrn/ Frau ................... übernommen wird. 

    Ich bin damiteinverstanden, dass der Praxiserwerber/die Praxiserwerberin Einsicht inmeine Unterlagen nimmt, die in der Steuerberatungspraxis von Herrn/Frau ..................... von mir geführt werden.


    Ort, Datum

    ............................................
    Unterschrift Mandant


    3. Verschwiegenheitspflicht auch bei einer „Übergangssozietät“ problematisch

    Zur Vorbereitung einerPraxisveräußerung wählen Berufsangehörige manchmalauch den Weg über die Gründung einer Sozietät oder dieEinbringung ihrer Einzelpraxis in eine bereits bestehendeSozietät. Auch in diesem Fall gehen die Mandate nicht automatischauf die Sozietät über. Denn nach Ansicht der Rechtsprechunghaben weder der Mandant noch der Steuerberater bei derAuftragserteilung den Willen gehabt, das Vertragsverhältnis mitallen Mitgliedern oder für alle Mitglieder der zum damaligenZeitpunkt überhaupt noch nicht bestehenden Sozietätabzuschließen. Es bedarf daher auch in diesem Fall zurHerstellung vertraglicher Beziehungen zwischen dem Mandanten einerseitsund den neu hinzutretenden Sozietätsmitgliedern andererseits sowiezur Sicherung der Verschwiegenheitspflicht der Zustimmung desAuftraggebers. Mit dem Einverständnis des Mandanten wird auch indiesem Fall davon auszugehen sein, dass er der Einsichtnahme insämtliche bei dem bisherigen Berater gesammelten Daten undUnterlagen zustimmt, soweit dies zur Fortsetzung desAuftragsverhältnisses geboten ist.

    Ausnahme: Diedargestellte Rechtslage trifft nur dann nicht zu, wenn ein neuerPartner in eine bereits bestehende Sozietät aufgenommen wird. Dieswird von der Rechtsprechung damit begründet, dass ein derbisherigen Sozietät erteilter Auftrag auch das Einverständnisdes Mandanten beinhaltet, später eintretendeSozietätsmitglieder mit den steuerlichen Angelegenheiten desAuftraggebers zu befassen.

    In einem Folgebeitrag werde ich mich nähermit der „Übergangssozietät“ und speziell mit derFrage beschäftigen, welche Maßnahme zur Vorbereitung einerPraxisveräußerung besser geeignet ist – die Anstellungeines Steuerberaters oder die Aufnahme eines Juniorpartners?

    Quelle: Kanzleiführung professionell - Ausgabe 03/2001, Seite 33

    Quelle: Ausgabe 02 / 2001 | Seite 33 | ID 104278