01.06.2006 | Keine Verletzung der Vertragspflichten
Steuerberater kann auf Verfassungsmäßigkeit der Steuergesetze grundsätzlich vertrauen
Der Steuerberater kann die Verfassungsmäßigkeit der bestehenden Steuergesetze unterstellen. Daran ändert sich auch nichts, wenn in der Finanzrundschau (FR) verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Vorschrift erhoben werden, da diese Zeitschrift kein „Pflichtblatt des Steuerberaters“ ist (LG Frankfurt/M., 2.2.05, 2 - O 294/04, GI 06, 64). |
Im Urteilsfall hatte der beklagte Steuerberater die Steuererklärung der Kläger für das Jahr 1998 erstellt. Die Kläger erklärten darin Gewinne aus Spekulationsgeschäften. Gegen den Bescheid vom 11.1.01 legte der Steuerberater – in Übereinstimmung mit den damaligen Steuervorschriften und der vorliegenden Rechtsprechung – keinen Einspruch ein. In der FR war aber im Jahr 2000 ein Beitrag erschienen, in dem Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 23 EStG für Wertpapiergeschäfte geäußert wurden. Mit der Entscheidung des BVerfG vom 9.3.04 stand die Verfassungswidrigkeit für die Jahre 1997 und 1998 dann tatsächlich fest. Der Steuerberater wies den Vorwurf der Falschberatung zurück und lehnte jede Schadenersatzforderung ab. Das LG Frankfurt gab ihm Recht. Bis zur Veröffentlichung des Vorlagebeschlusses an das BVerfG am 16.7.02 musste der Steuerberater keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 23 EStG haben. Er verletzt nicht seine Vertragspflichten, wenn er die Rechtsprechung der Untergerichte oder Literaturmeinungen insoweit nicht prüft. Etwas anderes kann nur bei Veröffentlichungen im Bundessteuerblatt oder im DStR gelten. (GB)