01.02.2006 | Steuerberaterfortbildung
Mediationsausbildung – Vermittlungs- und Beratungskompetenzen für den Steuerberater
Wirtschaftsmediation als ein Verfahren außergerichtlicher Konfliktlösung und Entscheidungsfindung ist für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ein neues und interessantes Tätigkeitsfeld mit großen Wachstumschancen (s. auch KP 04, 78 und KP 05, 120, 140). Mediation kann sowohl bei inner- als auch bei zwischenbetrieblichen Streitigkeiten zur Anwendung kommen, insbesondere bei Konflikten zwischen Gesellschaftern, Mitarbeitern sowie zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und bei der Unternehmensnachfolge. Der folgende Beitrag zeigt auf, wie Steuerberater ihrer Doppelrolle als Berater und Vermittler gerecht werden und wie sie von der Ausbildung zum Mediator vielfältig profitieren können.
1. Doppelrolle des Steuerberaters als Berater und Vermittler
Durch ihre Nähe zum Mandanten sind Steuerberater einerseits prädestiniert dafür, in Konflikten unterstützend aktiv zu werden. Andererseits kann aber auch das besondere Vertrauensverhältnis mit dem Mandanten dazu führen, dass eine klassisch-neutrale Vermittlerrolle nicht in jedem Fall in Betracht kommt. Denn der klassische Mediator ist eine neutrale, unbeteiligte Person, welche von den Konfliktbeteiligten von außen hinzugezogen wird. Eine Fortbildung in Wirtschaftsmediation für Steuerberater muss demzufolge besonderes Augenmerk auf die Problematik legen, dass gleichzeitig die Rolle des Beraters und die Rolle des Vermittlers wahr genommen werden kann. Daher bedarf die Frage der Eignung zum Mediator für diese Berufsgruppe einer besonders intensiven und differenzierten Auseinandersetzung.
In einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis ist die Atmosphäre unter den Ärzten so schlecht, dass sie seit geraumer Zeit nicht mehr miteinander reden. Da der Praxisbetrieb auf die Zusammenarbeit angewiesen ist, treten vermehrt Fehler auf. Die Mitarbeiter erhalten widersprüchliche Aufträge und leiden unter dem schlechten Klima. Auch Zulieferer und Patienten nehmen die schlechte Stimmung wahr und reagieren darauf. Die Praxis hat bereits mehrere Patienten verloren, welche sie seit vielen Jahren betreute. Zahnarzt Bernd Bohrer (B), Gründer und Geschäftsführer der Gemeinschaftspraxis, klagt sein Leid seinem Steuerberater Max Mielke (M), welcher bereits seit vielen Jahren sowohl die Praxis als auch B privat berät. M versucht zu Anfang, B hilfreiche Tipps zu geben, merkt aber bald, dass diese nicht fruchten. M empfiehlt, ein Mediationsverfahren zur Lösung des Konfliktes zu nutzen. B wünscht sich, dass M die Rolle des Mediators übernimmt, da dieser sein besonderes Vertrauen genießt und B nicht möchte, dass noch mehr Menschen von den internen Konflikten erfahren. |
Die Annahme des geschilderten Vermittlungsauftrags durch B wäre unter qualitativen Gesichtspunkten in vielfacher Hinsicht bedenklich:
- Perspektivische Vorkenntnisse: M hat bereits umfangreiches Vorwissen auf Grund der vertraulichen Gespräche mit B.
- Perspektivische Konfliktwahrnehmung: Als Steuerexperte läuft M Gefahr, den Konflikt einseitig aus seiner fachlichen Sicht wahrzunehmen.
- Eigene Interessen: Als Auftragnehmer hat M eigene Interessen am wirtschaftlichen Wohlergehen der Praxisgemeinschaft.
- Parteiliche Verpflichtung: Auf Grund seines Mandats für die Praxisgemeinschaft als auch für die privaten Belange von B besteht die Gefahr einer Interessenkollision.
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