01.07.2006 | Zum Umfang des Schadenersatzanspruchs
Amtspflichtverletzung – In welcher Höhe zahlt das Finanzamt die Steuerberaterkosten?
Über einen besonderen Fall, der auch Gegenstand der Berichterstattung in der Tagespresse war, hat jetzt das Brandenburgische OLG entschieden. Einfache Fahrlässigkeit eines Finanzbeamten, z.B. durch die Festsetzung unzutreffender Besteuerungsgrundlagen, gilt als Amtspflichtverletzung.In diesem Fall kann der Steuerpflichtige grundsätzlich die angemessenen Kosten, die ihm durch die Beauftragung eines Steuerberaters (insbesondere im Einspruchs- und Klageverfahren) entstehen, als Schaden gegenüber der Gebietskörperschaft geltend machen, in deren Dienst der handelnde Beamte steht (Brandenburgisches OLG 23.2.06, 2 U 1/05, GI 06, 82, Abruf-Nr. 061661). |
Sachverhalt
Der Sachbearbeiter des Finanzamts hatte einen Betrag aus der Gewerbesteuererklärung fehlerhaft in das Datenverarbeitungssystem des Finanzamts übertragen. Dadurch wurde ein um ca. 21.000.000 EUR überhöhter Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt. Die Steuerpflichtige hatte davon abgesehen, das Finanzamt auf diesen Fehler hinzuweisen und statt dessen durch ihren Steuerberater Einspruch eingelegt. Zur Einspruchsbegründung wurde lediglich auf die Steuererklärung verwiesen. Für die Durchführung des Einspruchsverfahrens stellte der Steuerberater Kosten in Höhe von 77.038 EUR in Rechnung. Hierbei ging er unter Zugrundelegung eines Hebesatzes von 400 v.H. von einer Gewerbesteuer in Höhe von 85.098.142 EUR als Gegenstandswert aus. Die Steuerpflichtige machte wegen dieser Kosten Schadenersatz gegenüber dem Finanzamt, dem Präsidenten der Oberfinanzdirektion, der Ministerin der Finanzen und den Ministerpräsidenten – jeweils als Vertreter des beklagten Landes – geltend. Das LG Potsdam hatte der Klage in erster Instanz stattgegeben (24.11.04, 4 O 220/04, INF 05, 251). Die Berufung des beklagten Landes hatte zwar Erfolg. Es wurde aber immerhin zur Zahlung von 13.343 EUR zzgl. Zinsen verurteilt.
Anmerkungen
Das Gericht führt zunächst aus, dass die Klägerin dem Grunde nach einen Schadenersatzanspruch aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG bzw. § 1 StHG hat. Denn das beklagte Land hatte unstreitig einen rechtswidrigen Gewerbesteuermessbescheid erlassen und damit schuldhaft seine Pflicht zur fehlerfreien Festsetzung des Gewerbesteuermessbescheides verletzt. Durch das Versehen des Finanzamts ist der Klägerin ein Schaden entstanden. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes verstieß die Klägerin auch nicht gegen ihre Schadenersatzminderungspflicht, in dem sie sogleich ihren Steuerberater in der Angelegenheit beauftragte. Der bloße Eingabefehler des Finanzamts war nicht derart leicht nachvollziehbar, dass die Klägerin den Schreibfehler selbst erkennen und auf eine Beratung durch ihren Steuerberater verzichten musste. Auch auf Grund der Höhe der Steuerforderung, die bei Zugrundelegung des fehlerhaft festgesetzten Messbetrages auf die Klägerin zugekommen wäre, durfte die Klägerin es für erforderlich halten, sich sofort an ihren Steuerberater zu wenden.
Allerdings sind nach Auffassung des Brandenburgischen OLG nicht die gesamten Steuerberaterkosten für die Durchführung des Einspruchsverfahrens nach §§ 40 ff. StBGebV zu erstatten, sondern lediglich eine angemessene Beratungsgebühr gemäß § 21 Abs. 1 StBGebV in Höhe von 1/10 (Mindestgebühr). Das entspricht bei einem Gegenstandswert von 85.098.142 EUR einem Betrag von 13.343 EUR. Denn nur in diesem Umfang war das Tätigwerden des Steuerberaters erforderlich. Nach einer entsprechenden Belehrung musste das auch die Klägerin erkennen. Das Gericht begründete seine Auffassung damit, dass der Steuerberater über die Kosten des Einspruchsverfahrens nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) aufklärungspflichtig war. Sollte er die Klägerin nicht auf die voraussichtlich entstehenden Gebühren für das Einspruchsverfahren hingewiesen haben, hätte er seine Aufklärungspflicht verletzt. Der Klägerin stünde deswegen gegenüber dem Steuerberater ein Schadenersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 BGB) in Höhe des die Beratungsgebühr übersteigenden Betrages zu. Insoweit müsste sich die Klägerin nach § 839 Abs.1 S.2 BGB auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit durch Inanspruchnahme ihres Steuerberaters verweisen lassen.
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