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  • · Fachbeitrag · Beleidigung eines Berufsträgers

    „Winkeladvokat“ als unzulässige Bezeichnung

    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    Die Bezeichnung einer Rechtsanwaltspraxis als „Winkeladvokatur“ bzw. eines Anwalts als „Winkeladvokat“ verletzt das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und ist von diesem nicht hinzunehmen (OLG Köln 18.7.12, 16 U 184/11, Abruf-Nr. 122766).

    Sachverhalt

    In einem Zivilprozess hatte ein Anwalt die Kanzlei des Rechtbeistands der Gegenseite als „Winkeladvokatur“ bezeichnet. Der Betroffene hatte daraufhin Klage mit dem Ziel erhoben, die weitere Verwendung dieses Begriffs zu verbieten. Das LG hatte dem Begehren stattgegeben (LG Köln 15.11.11, BRAK-Mitt 12, 94). Die Berufung gegen diese Entscheidung war erfolglos.

     

    Entscheidung

    Das OLG beschäftigt sich intensiv mit der Etymologie des Begriffes „Winkeladvokat“. Er wurde historisch gesehen für Personen benutzt, die ohne entsprechende Ausbildung Rechtsratschläge erteilten. Er bezeichnet heute Menschen, die entweder intellektuell unfähig sind, den Beruf des Rechtsanwalts zuverlässig auszuüben, oder ihm aber nur in moralisch bzw. gesetzlich anrüchiger Weise nachkommen. Dementsprechend hält auch der Senat diese Bezeichnung für eindeutig ehrverletzend.

     

    Der Senat lässt, anders als das LG, offen, ob die Bezeichnungen „Winkel-advokatur“ bzw. „Winkeladvokat“ grundsätzlich schon als verbotene Schmähkritik zu werten sind. Bereits die vorgeschaltete Interessenabwägung geht zum Nachteil des Beklagten aus. Die Äußerung war aus der Sicht des Gerichts im Zusammenhang mit einem Zivilprozess zwischen den Mandanten der beteiligten Anwälte vollkommen unangemessen und unnötig. Auch weist die Persönlichkeitsrechtsverletzung eine erhebliche Schwere auf. Bei einem Rechtsanwalt handelt es sich um ein Organ der Rechtspflege, welches allgemein ein hohes Ansehen genießt, und dem die Öffentlichkeit in der Regel ein erhöhtes Maß an Seriosität beimisst. Dementsprechend betrifft ein solcher Anwurf den Kernbereich des Ansehens eines Rechtsanwalts. Er muss ihn nicht klaglos hinnehmen.

     

    PRAXISHINWEIS | Im Rahmen der Vertretung rechtlicher Interessen der von ihm vertretenen Partei ist es dem Rechtsanwalt nach allgemeiner Meinung durchaus gestattet, mit der gebotenen Schärfe und dem gebotenen Nachdruck vorzugehen. Allerdings muss die betreffende Äußerung stets einen sachlichen, nachvollziehbaren Bezug zu den maßgeblichen rechtlichen oder tatsächlichen Fragen haben (grundlegend BGH 16.11.04, NJW 05, 279). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die Angehörigen der steuerberatenden Berufe, etwa in einem Finanzgerichtsverfahren.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2012 | Seite 175 | ID 34995650