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  • · Fachbeitrag · Haftung

    Von anderen Kollegen lernen: Besser Schreiben als Telefonieren!

    von Steuerberater/Wirtschaftsprüfer Claus Koss

    | Der jetzt bekannt gewordene Fall vor dem LG Leipzig (18.2.14, 3 O 2768/12, Abruf-Nr. 143794 ) betraf einen Klassiker aus der Steuerkanzlei. Der Mandant hatte einen Mitarbeiter des Steuerberaters angerufen und gefragt, ob es bei einem von ihm geplanten Verkauf seiner Geschäftsanteile zum symbolischen Preis von 1 EUR „Probleme“ geben könne. Die Auskunft lautete „Nein“ - und dann kamen die Probleme. |

    Haftungsausschluss

    Durch den Verkauf für einen symbolischen Preis gingen Verlustvorträge unter. Den daraus resultierenden Steuernachteil wollte der Mandant vom Steuerberater ersetzt bekommen. Nein, entschied das LAG Leipzig. Denn es handle sich um einen aus Gefälligkeit erteilten Ratschlag. Hierfür ist gemäß § 675 Abs. 2 BGB die Haftung ausgeschlossen.

     

    Entscheidend war im Streitfall, dass umfassende steuerrechtliche Beratungen schriftlich fixiert und im Rahmen von persönlichen Beratungsgesprächen erbracht wurden. Daneben gab es - wie im Streitfall - noch kleinere telefonische Anfragen, sogenannte Serviceleistungen, die gebührenfrei beantwortet wurden.

     

    Bei der 1-EUR-Frage sah das LG eine Gefälligkeitsauskunft („ohne Gewähr“). Denn die Frage erfolgte telefonisch und wurde sogleich mündlich in einem kurzen Gespräch beantwortet. Schriftlich wurde dazu nichts festgehalten, eine Rechnung nicht gestellt. In Würdigung der Umstände des Einzelfalls sah das Gericht keinen haftungsbegründenden Auskunftsvertrag, sondern eine Gefälligkeit.

    Haftungsbegründender Auskunftsvertrag oder Gefälligkeitsauskunft?

    Bereits in seinem Urteil vom 18.12.08 (IX ZR 12/05, DStR 09, 818) hatte der BGH sich zur Abgrenzung zwischen haftungsbegründenden Auskunftsvertrag und Gefälligkeitsauskunft ohne Haftung beim Steuerberater geäußert.

     

    Es müsse anhand der Umstände des Einzelfalls anhand objektiver Kriterien entschieden werden, ob Rechtsbindungswille vorliege oder nicht. Ermittelt werden diese anhand der Erklärungen und des Verhaltens der Parteien. Aber auch die wirtschaftliche sowie rechtliche Bedeutung der Angelegenheit spiele eine Rolle. Kein entscheidendes Gewicht misst das höchste deutsche Zivilgericht der Vergütung zu. Auch eine unentgeltliche Auskunft kann eine Haftung auslösen. Ebenfalls für einen Rechtsbindungswillen (und damit eine Haftung bei einer fehlerhaften Auskunft) sprechen Zusicherungen des Steuerberaters und das Versprechen zur Nachprüfung.

     

    Die Versicherungsstelle Wiesbaden („Versicherungsstelle aktuell“, Ausgabe 02/2014, S. 6 f.) sieht die häufig gewählte Formulierung auf Briefbögen, dass für mündliche oder telefonische Auskünfte keine Haftung übernommen werde, kritisch. Diese dürfte nicht automatisch zu einer Haftungsfreizeichnung führen.

     

    Die schnelle telefonische Auskunft hat einen weiteren Aspekt. Sie wird vom

    Mandanten gerne in Anspruch genommen, aber ungern bezahlt. Am Ende des Tages fragt sich der Steuerberater dann, was er eigentlich den ganzen Tag gemacht hat (außer zu telefonieren) und warum so viele nicht verrechenbare Stunden aufgelaufen sind.

     

    Konsequenz - schon aus haftungsrechtlichen Gründen: Es darf keine telefonischen „Schnellschüsse“ mehr geben. Das Mindeste ist ein kurzer Brief mit einer kurzen Zusammenfassung.

     

    Formulierungsvorschlag / 

    Sehr geehrte ..., Sie baten uns in unserem Telefonat vom ... am Stellungnahme zur Frage ... Dem kommen wir im Folgenden unter Hinweis auf die unserem Mandatsverhältnis zugrunde liegenden und Ihnen bekannten [alternativ: beiliegenden] Allgemeinen Auftragsbedingungen für Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften [alternativ: für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften] im Folgenden gerne nach. [Optional: Da keine Berechnung erfolgt, müssen wir aus versicherungstechnischen Gründen unsere Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränken].

     

    Sie teilten uns mit, dass ... [Schilderung des Sachverhalts; der Mandant kann sich dann nicht darauf hinausreden, er habe den steuerlichen Berater ja darauf hingewiesen, dass alles eigentlich ganz anders war).

     

    Nach unserer rechtlichen Beurteilung ... [rechtliche Würdigung].

     

    Ein solcher Brief (und sei es nur als PDF-Anlage in einer E-Mail) bedeutet zwar zusätzlichen Aufwand. Aber der Mandant sieht jedes Mal, wie viel Aufwand selbst hinter einer einfachen Frage im Steuerrecht steht. Denn „mal schnell“ beim Steuerberater anrufen, ist für den Mandanten kein Aufwand. Der Aufwand, das dahinter stehende Wissen zu erwerben, sieht der Mandant nicht.

     

    Zweiter Aspekt: Erfahrungsgemäß sind die Mandanten, die oft anrufen, die Mandanten, die sich bei jedem Gespräch über eine zu hohe Rechnung beklagen. Wenn der steuerliche Berater dann zehn schriftliche Auskünfte zum Nachweis vorlegen kann, erledigt sich die Beschwerde von selbst.

     

    Dritter Aspekt: Im Zeitalter des „copy and paste“ lassen sich oft gestellte Fragen mit Textbausteinen beantworten oder gehen in das Mandantenrundschreiben ein.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2015 | Seite 45 | ID 43132635