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  • · Fachbeitrag · Legal Tech

    Berufsrecht 1 : Legal Tech 0 ‒ ein Pyrrhus-Sieg?

    von RA Hans-Günther Gilgan, Senden, www.gilgan.de

    | Der BGH (18.4.24, IX ZR 89/23 ) hat entschieden, dass eine Online-Plattform, die Anwälten Mandanten vermittelt, gegen das Provisionsverbot nach § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO verstößt. Durch die §§ 9, 9a StBerG gilt auch für Steuerberater ein Provisionsverbot, weshalb diese Entscheidung auch für Steuerberater gilt. |

    Funktionsweise des Geschäftsmodells

    Auf der Internetplattform konnten sich Interessenten mit Verkehrsverstößen wie Geschwindigkeitsüberschreitungen oder anderen Verkehrsordnungswidrigkeiten anmelden. Die Plattform ermöglichte es den Nutzern, ihre Bußgeldbescheide oder Anhörungsbögen hochzuladen, um sie kostenlos und ohne Kostenrisiko überprüfen zu lassen, wobei später nur diejenigen angenommen wurden, die eine Rechtsschutzversicherung hatten. Der Plattformbetreiber ließ unter Beifügung der unterschriebenen Vollmacht die Erfolgsaussichten von der eingeschalteten Anwaltskanzlei prüfen. Boten diese Aussicht auf Erfolg, übernahm die Kanzlei den Auftrag. Damit wurde der Rechtsanwaltskanzlei ein Auftrag vermittelt, wofür der Plattformanbieter jeweils ein Entgelt bekam. Für die Übermittlung der Fälle und die Bereitstellung der Plattform berechnete der Betreiber ein Entgelt. Das Geschäftsmodell lässt sich als digitaler und automatisierter, niederschwelliger Zugang zu Rechtshilfe beschreiben. Dank der technischen Skalierbarkeit kann in diesen Fällen eine große Anzahl von Sachverhalten kostengünstig abgewickelt werden.

    Kritik des BGH

    Der BGH moniert am Geschäftsmodell der Internetplattform insbesondere den Verstoß gegen das Provisionsverbot nach § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO. Dieses Provisionsverbot untersagt es Rechtsanwälten, für die Vermittlung von Mandaten Provisionen oder sonstige Vorteile zu zahlen oder zu erhalten, egal ob von einem anderen Rechtsanwalt oder von einem Dritten. Das Provisionsverbot soll verhindern, dass Rechtsanwälte in einen Wettbewerb um den „Ankauf“ von Mandaten treten. Es zielt darauf ab, die Unabhängigkeit und das Ansehen der Anwaltschaft zu schützen, indem es unterbindet, dass Mandate wie Waren gehandelt werden. Der BGH sieht in dem Geschäftsmodell eine unzulässige entgeltliche Vermittlung konkreter Mandate, was zur Nichtigkeit des zugrunde liegenden Vertrags nach § 134 BGB führt. Folglich hat der Plattformbetreiber keinen Anspruch auf die geforderten „Lizenzgebühren“. Auch Bereicherungsansprüche nach § 817 BGB kamen nicht in Betracht, da der Plattformbetreiberin die Rechtswidrigkeit ihres Modells bewusst sein musste.