· Fachbeitrag · Vereinbarte Tätigkeiten
BVerwG: Berufsbetreuer unterliegen der Gewerbeaufsicht
von RA Dr. Gregor Feiter, Düsseldorf
| Das BVerwG hat mit Urteilen vom 27.2.13 (BVerwG 8 C 7.12 und 8 C 8.12, Urteile unter www.dejure.org ) - anders als der BFH (15.6.10, VIII R 10/09, Abruf-Nr. 102816 und VIII R 14/09, Abruf-Nr. 102972 ) - entschieden, dass Rechtsanwälte, die sich neben ihrem Anwaltsberuf als Berufsbetreuer betätigen, den Betrieb eines stehenden Gewerbes i.S. des § 14 Abs. 1 S. 1 GewO ausüben und verpflichtet sind, die Betreuertätigkeit als Gewerbe anzumelden. Da auch viele Steuerberater als Berufsbetreuer tätig sind, stellt sich die Frage nach den Auswirkungen dieser neuen Rechtsprechung für Steuerberater. |
Entscheidung mit berufsrechtlichen Konsequenzen?
Nur wenn die Betreuung berufsmäßig geführt wird, kann der Betreuer ein Entgelt beanspruchen, § 1836 Abs. 1 S. 2 BGB. Als Kriterien für eine Berufsbetreuung werden im Gesetz für den Regelfall die Führung von mehr als zehn Betreuungen oder eine wöchentliche Arbeitszeit von zwanzig Stunden und mehr für diese Tätigkeit genannt, § 1836 Abs. 1 S. 4 BGB. Aber auch dann, wenn der eigentliche Beruf als Steuerberater oder Rechtsanwalt ausschlaggebend für die Bestellung als Betreuer war, weil im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung schwierige steuerliche oder juristische Probleme zu bewältigen sind, ist von einer berufsmäßigen Betreuung auszugehen, ohne dass es auf die Anzahl der Betreuungen oder Stunden ankommt.
Die Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer (BOStB) regelt in § 15 S. 1 Nr. 8, dass die Wahrnehmung des Amtes als Betreuer eine mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbare Tätigkeit ist. Grundsätzlich unvereinbar ist demgegenüber eine gewerbliche Tätigkeit, es sei denn, dass die zuständige Steuerberaterkammer eine Ausnahmegenehmigung erteilt hat, §§ 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG, 16 BOStB. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Urteile des BVerwG zur Folge haben, dass Steuerberater für ihre Tätigkeit als Berufsbetreuer künftig eine Ausnahmegenehmigung der zuständigen Steuerberaterkammer benötigen, weil es sich bei dieser Tätigkeit eben nicht um eine vereinbare Tätigkeit, sondern um eine gewerbliche Tätigkeit handelt.
Die Entscheidungen des BVerwG
Um dies verlässlich beurteilen zu können, bedarf es zunächst einer näheren Betrachtung der Entscheidungen des BVerwG. In dem Verfahren 8 C 8.12 ging es um einen Rechtsanwalt, der in 17 Fällen zum Betreuer bestellt war und in dem Verfahren 8 C 7.12 um eine Rechtsanwältin, die in 29 Fällen als Betreuerin tätig war. Beide waren von der zuständigen Behörde aufgefordert worden, ihrer gewerberechtlichen Anzeigepflicht nach § 14 GewO hinsichtlich einer berufsmäßigen Betreuertätigkeit nachzukommen. Für den Fall der Zuwiderhandlung war ihnen ein Zwangsgeld i.H. von 2.000 bzw. 1.000 EUR angedroht worden.
Berufsbetreuer erfüllt alle Merkmale des Gewerbebegriffs, ist kein freier Beruf
Das BVerwG bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen (VG und OVG), da es sich bei der Tätigkeit des Berufsbetreuers um den Betrieb eines stehenden Gewerbes i.S. des § 14 Abs. 1 S. 1 GewO handelt. Es setzte sich zunächst mit dem Begriff des Gewerbes auseinander, der in der GewO selbst nicht definiert ist. Vom Vorliegen eines Gewerbes sei auszugehen, wenn es sich um eine erlaubte, auf Gewinnerzielung gerichtete und auf Dauer angelegte selbstständige Tätigkeit handelt, die nicht den Bereichen der Urproduktion, den freien Berufen oder der bloßen Verwaltung eigenen Vermögens zuzurechnen ist. Die Tätigkeit als Berufsbetreuer erfülle alle Merkmale des Gewerbebegriffs, da es sich um eine erlaubte, auf Gewinnerzielung gerichtete, auf Dauer angelegte und selbstständige Tätigkeit handele. Sie sei auch kein freier Beruf, setze insbesondere keine höhere Bildung oder schöpferische Begabung voraus. Dies werde dadurch bestätigt, dass die Betreuungstätigkeit vorrangig als Ehrenamt ausgestaltet sei, § 1897 Abs. 6 S. 1 BGB. Eine spezielle berufliche Ausbildung werde vom Gesetz nicht gefordert. Es fehle auch an der für einen freien Beruf typischen fachlichen Unabhängigkeit, da der Berufsbetreuer seine Entscheidungen nicht kraft überlegenen Fachwissens treffe.
Die Betreuertätigkeit gehöre auch nicht zu der berufstypischen freiberuflichen Tätigkeit eines Rechtsanwalts, weil sie keine spezifischen juristischen Kenntnisse und keine juristische Ausbildung voraussetze. Sie werde zudem aufgrund gerichtlicher Bestellung und nicht im Rahmen eines rechtsgeschäftlich erteilten Mandats ausgeübt. Insbesondere die Vergütungsregelung für Betreuer zeige, dass die Übernahme von Betreuungen keine dem Rechtsanwalt vorbehaltene oder ihn in besonderer Weise charakterisierende Tätigkeit sei. Die Vergütung richte sich nach der Regelung des Betreuungsrechts und gerade nicht nach dem anwaltlichen Gebührenrecht. Für die neben dem Rechtsanwaltsberuf ausgeübte gewerbliche Betreuertätigkeit seien die entsprechenden Vorschriften der GewO deshalb anwendbar.
Zweck gewerberechtlicher Anzeigepflicht umfasst auch Berufsbetreuer
Das BVerwG führt sodann aus, dass es nach Sinn und Zweck des § 14 GewO geboten sei, Berufsbetreuer von der Anwendung der GewO nicht auszunehmen. Die zuständigen Behörden sollen über die Gewerbeanzeige ein genaues Bild über die Zahl und die Art der Gewerbetreibenden bekommen. Durch die Anzeige werde es ihnen ermöglicht, bei Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder bei Nichterfüllung der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung einzuschreiten. Dieser ordnungsrechtliche Zweck der gewerberechtlichen Anzeigepflicht werde weder durch die Aufsicht des Vormundschaftsgerichts, noch durch die Überwachung seitens der Rechtsanwaltskammern sichergestellt.
Kein Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH
Das BVerwG sieht keinen Widerspruch zu den Urteilen des BFH (15.6.10, VIII R 10/09, Abruf-Nr. 102816 und VIII R 14/09, Abruf-Nr. 102972), in denen der BFH unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat, dass die Einnahmen eines Berufsbetreuers den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen und nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren sind. Das BVerwG weist darauf hin, dass der BFH die Tätigkeit eines Berufsbetreuers nicht als freiberufliche Tätigkeit angesehen habe, sondern dass es lediglich um die Qualifizierung der Einkünfte ging. Der BFH habe die Einkünfte zwar nicht als gewerblich qualifiziert, sondern als Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Steuerrechtliche Regelungen seien auf die GewO allerdings nicht ohne Weiteres übertragbar: Während es im Steuerrecht um fiskale Ziele gehe, gehe es der GewO um die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Wirtschaftsleben.
Hinweis | Die bisherige Rechtsprechung des BFH verlangt allerdings, dass die Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG höchstpersönlich ausgeübt und nicht auf fachlich vorgebildete Hilfskräfte übertragen wird.
Konsequenzen für die berufsrechtliche Einordnung
Das Berufsrecht verbietet grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit (§ 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG). Ebenso wie die GewO enthält das StBerG aber keine Legaldefinition, sondern setzt den Begriff der gewerblichen Tätigkeit als unbestimmten Rechtsbegriff voraus. Angesichts dieser Unsicherheit hat sich die berufsgerichtliche höchstrichterliche Rechtsprechung wiederholt an die steuer- und gewerberechtliche Definition angelehnt und definiert die gewerbliche Tätigkeit ebenfalls als selbstständiges, gleichmäßig fortgesetztes und maßgeblich von erwerbswirtschaftlichem Streben nach Gewinn bestimmtes Handeln, das keinem freien Beruf unterfällt (BVerfG 15.2.67, 1 BvR 529/62; BGH 4.3.96, StbSt (R) 4/95, NJW 96, 1833; BGH 25.2.03, StbSt (R) 2/02, NJW 03, 1540).
Aus der Identität des Gewerbebegriffs nach der GewO und des StBerG folgt aber noch nicht zwingend, dass die Tätigkeit als Berufsbetreuer deshalb auch unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten eine gewerbliche Tätigkeit ist. Denn der Regelungszweck, der dem Verbot der gewerblichen Tätigkeit nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG zugrunde liegt, ist ein völlig anderer als der, auf den die Anzeigepflicht nach § 14 Abs. 1 S. 1 GewO basiert. Der Inkompatibilitätsregelung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG liegt die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, dass eine gewerbliche Zweit- oder Nebentätigkeit im typischen Regelfall die verlässliche Einhaltung der allgemeinen Berufspflichten des Steuerberaters i.S. einer abstrakten Gefahr zu beeinträchtigen droht (BVerwG 26.9.12, 8 C 26.11, Abruf-Nr. 123303). Die Tätigkeit eines Berufsbetreuers ist durch eine selbstständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt. Die Übernahme derartiger Tätigkeiten, zu denen z.B. die Testamentsvollstreckung und die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied gehören, beinhaltet grundsätzlich kein erhöhtes Gefährdungspotenzial im Hinblick auf die Einhaltung der Berufspflichten. Dies ergibt sich aus den Regelungen in § 57 Abs. 3 Nr. 2 und 3 StBerG sowie dem Katalog der vereinbaren Tätigkeiten in § 15 BOStB und der hierzu ergangenen Rechtsprechung.
FAZIT | Steuerberater, die als Berufsbetreuer tätig werden, üben auch künftig eine vereinbare Tätigkeit aus, und zwar unabhängig vom Umfang der übernommenen Betreuungen. Der Umfang kann - wenn es an einer höchstpersönlichen Ausübung fehlt - allerdings steuerrechtlich zu gewerblichen Einkünften führen. Einer Genehmigung der Tätigkeit als Berufsbetreuer durch die zuständige Steuerberaterkammer bedarf es nicht. Es ist aber die Anzeigepflicht nach § 14 GewO zu beachten. |