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  • · Fachbeitrag · Geltendmachung eines Honoraranspruchs

    Hilfe, der Mandant will nicht zahlen: Die gerichtliche Durchsetzung von Gebührenforderungen

    von RA Dr. Gregor Feiter, Düsseldorf

    | Vermittlungsverfahren wegen streitiger Honorarforderungen von Steuerberatern gehören zum Tagesgeschäft der Steuerberaterkammern. In vielen Fällen gelingt eine außergerichtliche Einigung. Was aber ist aus Sicht des Steuerberaters zu beachten, um berechtigte Honorarforderungen gerichtlich durchzusetzen, wenn der Mandant keinerlei Zahlungsbereitschaft zeigt? |

    Grundlegende Arbeiten des Steuerberaters

    Die Beauftragung eines Rechtsanwalts ist sinnvoll, auch wenn in Verfahren vor den Amtsgerichten kein Anwaltszwang besteht. Seine Aufgabe ist es, eine schlüssige Klage zu verfassen, die richtigen Anträge zu stellen, ausreichend Beweise anzubieten und alle relevanten Tatsachen rechtzeitig vorzubringen, damit keine prozessualen Nachteile entstehen. Allerdings wird auch der beste Anwalt einer Honorarklage nicht zum Erfolg verhelfen können, wenn im Vorfeld die folgenden grundlegenden Dinge nicht beachtet wurden, die ausschließlich im Verantwortungsbereich des Steuerberaters liegen.

     

    Auftragsumfang schriftlich festlegen

    Ist der Auftragsumfang schriftlich festgelegt, wird damit zugleich die Grundlage für die Reichweite der Honorarforderungen geschaffen. Der Steuerberater kann mit einem schriftlichen Steuerberatungsvertrag erfolgreich dem Einwand entgegentreten, ein Auftrag sei gar nicht erteilt worden. Bei der Beschreibung des Auftragsumfangs ist es wichtig, streitanfällige Punkte von vornherein eindeutig zu regeln. Bei einem Kleinunternehmer sollte z.B. schriftlich dokumentiert werden, dass dieser eine Bilanz wünscht, obwohl er nicht bilanzierungspflichtig ist.

     

    PRAXISHINWEIS |  Da sich der einmal festgelegte Auftragsumfang im Laufe der Zeit ändern kann und neue Aufträge hinzu kommen können (z.B. der Auftrag für eine Selbstanzeige), ist es empfehlenswert, sich solche neuen Aufträge schriftlich erteilen zu lassen.

     

     

    Die erbrachten Leistungen korrekt abrechnen

    Unabhängig davon, ob die erbrachten Leistungen nach Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) oder nach Vereinbarung abgerechnet werden, gilt, dass die Honorarforderung erst dann einforderbar (klagbar) ist, wenn dem Mandanten die erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt wurden. Im Falle einer Vereinbarung genügt es, in der Rechnung auf die Vereinbarung Bezug zu nehmen und die Rechnung zu unterschreiben. Wird nach vereinbarten Stundensätzen abgerechnet, sollte der Rechnung allerdings eine prüfbare Leistungsbeschreibung beigefügt werden. Bei einer Abrechnung nach StBVV müssen alle Formerfordernisse des § 9 StBVV erfüllt sein.

    Problem: Zeitgebühren/Stundensätze

    Größter Streitpunkt in Gebührenrechtsauseinandersetzungen sind Zeitgebühren bzw. vereinbarte Stundensätze. Grundsätzlich empfiehlt es sich, bereits bei Rechnungsstellung eine prüfbare Leistungsbeschreibung mitzuliefern. Die Anforderungen an die Prüfbarkeit sind außerordentlich hoch. Der abgerechnete Zeitaufwand muss in einer auch im Nachhinein verständlichen Weise bezeichnet sein - insbesondere muss er für Dritte nachvollziehbar sein. Dies bedeutet, dass bei abgerechneten Besprechungen und Telefonaten nicht nur Datum, Uhrzeit und Teilnehmer stichwortartig erfasst werden, sondern auch der Gesprächsinhalt.

     

    MERKE |  Die von der Rechtsprechung gestellten hohen Anforderungen an eine Leistungsbeschreibung werden in einem Honorarprozess nur dann erfüllt werden können, wenn die Mitarbeiter der Kanzlei entsprechend geschult sind und es feste kanzleiinterne Regeln gibt, welche Zeiten und Zeiteinheiten erfasst werden, wann die Zeiten erfasst werden und wie vollständig die Beschreibung der Tätigkeiten sein muss.

     

    Lösung: Anerkenntnisklausel?

    In den Fällen, in denen viele Leistungen nach Zeitaufwand abgerechnet werden, z.B. weil dies mit dem Mandanten vereinbart wurde, empfiehlt es sich, in der Vergütungsvereinbarung eine Anerkenntnisklausel vorzusehen. Die Vereinbarung sollte beinhalten, dass der Steuerberater dem Mandanten monatlich eine prüfbare Rechnung stellt und dieser Rechnung eine Leistungsübersicht über die abgerechneten Stunden beifügt. Die Vereinbarung sollte darüber hinaus eine Regelung enthalten, wonach die in Rechnung gestellten Zeiten als anerkannt gelten, wenn der Mandant nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums (z.B. eines Monats nach Erhalt der Berechnung) widerspricht. Auf diese Rechtsfolge sollte zusätzlich in den monatlichen Rechnungen hingewiesen werden.

     

    Hinweis | Zwar ist die Zulässigkeit solcher Klauseln in der Literatur umstritten. Unter den aufgezeigten Voraussetzungen allerdings wird davon ausgegangen, dass eine solche Klausel wirksam ist. Rechtsprechung hierzu ist bislang nicht bekannt, sodass ein Restrisiko verbleibt.

     

    Was die formelle Seite betrifft, ist zu beachten, dass § 13 StBVV (Zeitgebühr) keine selbstständige Anspruchsnorm ist. Dies bedeutet, dass § 13 StBVV immer in Verbindung mit einer den Gebührenanspruch begründenden Norm in der Gebührenrechnung zitiert werden muss. Bei der Teilnahme an einer Betriebsprüfung muss es etwa heißen: „§ 29 Nr. 1 i.V. mit § 13 S. 1 Nr. 1, S. 2 StBVV“. Damit die Rechnung insoweit prüfbar ist, muss zumindest der Stundensatz oder der Zeitaufwand (besser beides) angegeben werden.

     

    Hinweis | Das Zitiergebot gilt nicht für § 15 StBVV (Umsatzsteuer). Es ist deshalb kein Formfehler, wenn § 15 StBVV im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer in der Berechnung nicht angegeben wird. Die Umsatzsteuer ist nicht Teil der Vergütung (§ 1 Abs. 1 StBVV) und deshalb in § 9 StBVV auch nicht ausdrücklich genannt.

     

    Formelle Fehler der Gebührenrechnung können noch im Prozess dadurch geheilt werden, dass die notwendigen Angaben (im Rahmen der anwaltlichen Schriftsätze) nachgeholt werden oder dem Mandanten eine berichtigte Berechnung mitgeteilt wird. Die erforderliche Spezifizierung kann sogar noch in der Berufungsinstanz nachgeholt werden. Probleme können dann entstehen, wenn die Prozessförderungspflichten nicht beachtet wurden sowie unter Kostengesichtspunkten (§§ 93, 97 Abs. 2 ZPO).

    Verzicht auf Formerfordernisse

    Auf die Formerfordernisse kommt es dann nicht an, wenn der Mandant auf deren Einhaltung wirksam verzichtet hat. Eine solche Verzichtserklärung sollte schriftlich erfolgen. Ein entsprechender Verzicht kann auch im Rahmen eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses erklärt werden. Dieses hat den Vorteil, dass eventuelle formelle Rechnungsmängel im Honorarprozess außen vor bleiben, weil der Honoraranspruch ausschließlich auf das Schuldanerkenntnis gestützt wird.

    Besonderheiten bei vereinbarten Gebühren

    Bei der Abrechnung nach einer vereinbarten Vergütung wird es in der Regel keinen Streit über die Angemessenheit der Vergütung geben, wenn die (schriftliche) Vereinbarung insoweit eindeutige Regelungen enthält. Problematisch kann jedoch die Abrechnung nach vereinbarten Stundensätzen sein. Dem kann mit einer Anerkenntnisklausel entgegengetreten werden.

     

    PRAXISHINWEIS |  Sollten im Laufe des Prozesses Zweifel an der Wirksamkeit der Vergütungsvereinbarung auftreten oder sollte das Gericht zu erkennen geben, dass die abgerechneten Stunden durch die vorgelegte Leistungsbeschreibung nicht hinreichend belegt sind, empfiehlt es sich hilfsweise, die gesetzlichen Gebühren in Rechnung zu stellen. Versäumt es der Steuerberater in einer solchen Situation, eine Gebührenrechnung nach StBVV nachzuschieben, müsste die Honorarklage vollumfänglich abgewiesen werden. Der Mandant schuldet nur dann die gesetzliche Vergütung nach StBVV, wenn die entsprechenden Leistungen hilfsweise ordnungsgemäß in Rechnung gestellt werden.

     

    § 242 BGB (Treu und Glauben) beachten

    Häufig scheitert die erfolgreiche Geltendmachung eines Honoraranspruchs daran, dass sich der Anspruch im Einzelfall als treuwidrig i.S. von § 242 BGB erweist - z.B. weil der Steuerberater seinen Auftraggeber nicht vollständig oder falsch aufgeklärt und so vermeidbare Kosten verursacht hat.

     

    • Beispiel

    Der Steuerberater weist seinen Mandanten darauf hin, dass eine Selbstanzeige erforderlich ist, weil dieser über mehrere Jahre aus Unwissenheit Rentenbezüge nicht versteuert hat. Bestand keine Notwendigkeit für eine Selbstanzeige, weil der Mandant bei Abgabe der Erklärung nicht mit Hinterziehungsvorsatz oder leichtfertig handelte, besteht kein Anspruch auf eine Gebühr nach § 30 StBVV, sondern lediglich auf eine geringere Gebühr nach § 23 S. 1 Nr. 1 StBVV.

     

     

    § 242 BGB ist auch dann einschlägig, wenn der Steuerberater sich widersprüchlich verhält - etwa durch die Nachforderung von Honorar, obwohl er von seinem Leistungsbestimmungsrecht bereits endgültig und abschließend Gebrauch gemacht hat, sowie in den seltenen Fällen der Verwirkung des Honoraranspruchs.

     

    Achtung | Vorsicht ist bei einem Gebührenerlass/Gebührenverzicht geboten. Erklärt sich der Steuerberater z.B. entgegenkommenderweise auf der Gebührenrechnung zu einem bestimmten Abschlag (z.B. 3/10) bereit und zahlt der Mandant nicht, kann der Berater den ursprünglich in Rechnung gestellten höheren Betrag möglicherweise nicht erfolgreich einklagen.

    Leistungen zeitnah abrechnen

    Die erfolgreiche Geltendmachung eines Honoraranspruchs setzt voraus, dass dem Anspruch nicht die Einrede der Verjährung entgegengehalten werden kann. Deshalb empfiehlt sich grundsätzlich eine zeitnahe Abrechnung.

     

    MERKE |  Die regelmäßige Verjährungsfrist für Vergütungsansprüche beträgt drei Jahre. Sie beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden, also fällig geworden ist und in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder grob fahrlässig nicht erlangt hat, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.

     

     

    Gleiches gilt für vereinnahmte Vorschüsse. Unterlässt der Steuerberater schuldhaft die Abrechnung vereinnahmter Vorschüsse, ist es ihm nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich gegenüber dem Anspruch des Mandanten auf Abrechnung und Rückzahlung des nicht verbrauchten Vorschusses auf die Einrede der Verjährung zu berufen.

     

    FAZIT |  Um vor Gericht einen Vergütungsanspruch erfolgreich durchzusetzen, müssen die Weichen frühzeitig gestellt werden. Zahlt der Mandant nicht und stellt sich die Frage der gerichtlichen Geltendmachung, können nicht alle Versäumnisse der Vergangenheit zu diesem späten Zeitpunkt geheilt werden. Dies gilt insbesondere für eine nicht vorhandene schriftliche Beschreibung des Auftragsumfangs, für unterlassene Belehrungspflichten und für eine nicht vollständig prüfbare Leistungsbeschreibung. Daran ändert auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts als Prozessbevollmächtigtem nichts. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, die aufgezeigten grundlegenden Dinge - nicht nur im Hinblick auf eine mögliche gerichtliche Durchsetzung von Honoraransprüchen - kanzleiintern zu etablieren. Durch schriftliche Verträge, hinreichend spezifizierte Gebührenrechnungen und Leistungsbeschreibungen sorgen Sie im Verhältnis zu Ihrem Mandanten für ein Mehr an Transparenz und damit auch für ein Mehr an Gebührenakzeptanz.

     

    Weiterführender Hinweis

    • „Leider nicht immer zu vermeiden - Gerichtliche Durchsetzung von Honorarforderungen“ in KP 13, 47
    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 191 | ID 37649100