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  • · Fachbeitrag · Steuerberaterhonorar

    Keine Abrechnung im 15-Minuten-Takt ‒ und was das für Steuerberater bedeutet

    von Simon Beyme, StB/Syndikus-RA/FA f SteuerR, Geschäftsführer Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg

    | Der BGH hat am 13.2.20 (IX ZR 140/19) entschieden, dass die formularmäßige Vereinbarung eines 15-Minuten-Takts in anwaltlichen Vergütungsvereinbarungen gegenüber Verbrauchern unwirksam ist. Zudem erklärte der BGH auch eine Mindestvergütungsklausel („mindestens das 3-fache der gesetzlichen Vergütung“) für unwirksam. Was war geschehen? |

     

    • Hintergrund

    Ein Arbeitnehmer hatte einen Fachanwalt für Arbeitsrecht im Zusammenhang mit einem Aufhebungsvertrag beauftragt. Die vorformulierte Vergütungsvereinbarung sah eine Abrechnung nach Zeit mit einem Viertel des Stundensatzes von 290 EUR pro angefangene 15 Min. vor. Außerdem sollte der Arbeitnehmer mindestens das Dreifache der gesetzlichen Vergütung zahlen und eine Abfindung dem Gegenstandswert hinzugerechnet werden. Der RA handelte einen Abwicklungsvertrag mit einer Abfindung von 10.000 EUR für den Mandanten aus. Er verrechnete die Abfindung mit seinem Honorar von knapp 11.300 EUR und forderte den Rest vom Mandanten ein. Laut BGH konnte der RA nur mit einer Vergütung von rund 1.500 EUR aufrechnen, was dem tatsächlichen, minutengenau berechneten Aufwand (4 Std. und 28 Min.) zum vereinbarten Stundensatz entsprach.

     

    Was monierte der BFH konkret?

    Die formularmäßige Vereinbarung eines 15-Minuten-Takts sei ‒ jedenfalls gegenüber Verbrauchern ‒ unangemessen i. S. v. § 307 BGB und deshalb unwirksam. Ein Zeittakt von 15 Min., der auch durch belangloseste Tätigkeiten ausgelöst und beliebig oft angewendet werden könne, sei ungerechtfertigt.

     

    Auch die vom RA als „vergleichbar“ angeführte Vorschrift des § 13 S. 2 StBVV, die eine Abrechnung im Halbstundentakt erlaubt, führt laut BGH zu keinem anderen Ergebnis. Die Sätze des § 13 S. 2 StBVV (30 ‒ 70 EUR je angefangene halbe Stunde) lägen deutlich unter den von Rechtsanwälten bei vereinbarten Stundenhonoraren üblicherweise in Rechnung gestellten und gelten zudem nur für bestimmte und nicht für alle Tätigkeiten von Steuerberatern, so dass insofern keine Vergleichbarkeit vorliegt.

     

    Die formularmäßige Mindestvergütungsklausel sei ebenfalls nach § 307 BGB unwirksam, da sie zusätzlich zur Vervielfältigung des Gegenstandswerts auch dessen Erhöhung um die Abfindung vorsah. Damit sei bei Vertragsschluss nicht erkennbar, auf welcher Grundlage am Ende abgerechnet werde.

     

    Was bedeutet die Entscheidung für Steuerberater?

    Hinsichtlich der Anwendbarkeit dieser Entscheidung auf das Verhältnis zwischen Steuerberater und Mandant ist auf folgende Besonderheiten hinzuweisen:

     

    • Rechnen Steuerberater nach StBVV ab, hat das Urteil keine Auswirkungen. Die Anwendung der Zeitgebühr nach § 13 S. 2 StBVV (30 bis 70 EUR je angefangene halbe Stunde) ist in den gesetzlich vorgesehenen Fällen (z. B. § 28 oder § 29 StBVV) unproblematisch.

     

    • Die Entscheidung erging ausdrücklich zu einem Verbraucher, Steuerberatern betreuen hingegen weit überwiegend Unternehmensmandate. Zwar hält sich der BGH ein Hintertürchen offen („jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern unwirksam“) und schließt nicht aus, dass ein 15-Minuten-Takt auch gegenüber Unternehmern unwirksam sein könnte; naheliegend ist diese „Gefahr“ aber nicht.

     

    • Abrechnungen nach Zeit sind weiter möglich. Die Vereinbarung einer Vergütung nach Zeit ist für Steuerberater nach § 4 StBVV zulässig. Wirksam ist jedenfalls eine minutengenaue Abrechnung. Eine Aussage, was sonst „unterhalb“ des 15-Minuten-Takts zulässig ist, traf der BGH hingegen nicht. Hilfreicher war hier die Vorinstanz (OLG München 5.6.19, 15 U 318/18), die in der Urteilsbegründung angab, dass ein 6-Minuten-Takt (noch) akzeptabel wäre. Dies wird auch in der Literatur für zulässig gehalten (z. B. Schons, AnwBl 2019, 491). Ebenfalls möglich sind Klauseln, die eine Aufrundung am Ende eines jeden Arbeitstags vorsehen (OLG Düsseldorf 8.2.11, I-24 U 112/09).

     

    • Die im Fall verworfene Mindestvergütungsklausel hing mit der Spezialität in Arbeitsrechtsstreitigkeiten zusammen, wonach die Abfindung keine Berücksichtigung beim Gegenstandswert findet, § 42 Abs. 2 GKG. Ohne diesen Zusatz wäre die Vereinbarung des Dreifachen der gesetzlichen Gebühr höchstwahrscheinlich ok gewesen, da der BGH die Vereinbarung eines vervielfachten Gegenstandswerts grundsätzlich erst ab Überschreiten des fünffachen der gesetzlichen Gebühren für unangemessen erachtet (BGH 10.11.16, IX ZR 119/14). Die reine Vervielfältigung der gesetzlichen Vergütung um einen Faktor bis max. 5 ist daher bei Vergütungsvereinbarungen nach § 4 StBVV grundsätzlich weiter möglich.

     

    FAZIT | Unmittelbar hat das Urteil des BGH „nur“ auf Vergütungsvereinbarungen mit Verbrauchern Auswirkungen. Möglich ist aber, dass sich durch die Entscheidung Vergütungs-Zeittakte unterhalb von 15 Minuten auch bei Unternehmensmandaten etablieren. Steuerberater, die hier vorsorglich auf Nummer Sicher gehen wollen, sollten bei Vergütungsvereinbarungen nach Zeit höchstens im 6-Minuten-Takt oder gleich minutengenau abrechnen.

     
    Quelle: ID 46499480