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  • · Fachbeitrag · Vergütung bei Annahmeverzug

    Zum Honoraranspruch des Steuerberaters bei Annahmeverzug des Mandanten

    von RA Dr. Gregor Feiter, Düsseldorf

    | Das OLG Düsseldorf (29.8.17, I-23 U 153/16) hat über den Fall eines Steuerberaters entschieden, der seinen Vergütungsanspruch auch auf § 615 BGB (Annahmeverzug des Mandanten) stützte, ohne dass dem Anspruch tatsächlich erbrachte Leistungen zugrunde lagen. Dabei machte es grundsätzliche Ausführungen zur Reichweite des § 615 BGB . |

    Sachverhalt

    Ein langjähriger Mandant forderte von seinem Steuerberater die Rückzahlung von Vorschüssen für Steuerberatungsleistungen in Höhe von 17.850 EUR nebst Zinsen. Ein schriftlicher Steuerberatungsvertrag existierte nicht. Gegenstand des Mandatsverhältnisses waren die Lohn- und die Finanzbuchführung, die Anfertigung der Steuererklärungen, die Aufstellung des Jahresabschlusses und die steuerrechtliche Beratung. Der Steuerberater erhielt monatliche Vorauszahlungen, die er vom Konto des Mandanten abbuchte. Für die Jahre 2011 und 2012 betrugen diese Vorauszahlungen insgesamt 17.850 EUR. Der Mandant begehrte die Rückzahlung, weil der Steuerberater 2011 und 2012 außer den Lohnabrechnungen keinerlei Leistungen erbracht hatte. Der Steuerberater hatte den Mandanten zwar gebeten, die für die Finanzbuchführung erforderlichen Belege zur Verfügung zu stellen. Dies geschah aber nicht, da der Mandant zu diesem Zeitpunkt bereits einen anderen Steuerberater mit der Buchführung etc. beauftragt hatte. Eine Kündigung des Mandatsverhältnisses durch den Mandanten erfolgte erst zu einem späteren Zeitpunkt in 2013/2014.

    Vergütungsanspruch laut LG Düsseldorf

    Das LG Düsseldorf (8.11.16, 16 O 208/13) hatte den Steuerberater zur Rückzahlung von (nur) 13.364,31 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das LG ging von der Anwendbarkeit des Dienstvertragsrechts aus und war der Auffassung, dass dem Steuerberater neben der Vergütung für die Lohnbuchführung 2011 und 2012 in Höhe von jeweils 526,46 EUR (insgesamt 1.052,92 EUR) auch eine Vergütung für die Finanzbuchführung 2011 in Höhe von 3.432,77 EUR zustand, obwohl er hierfür keine Leistungen mehr erbracht hatte. Das LG war der Auffassung, dass sich ein Vergütungsanspruch aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs aus § 615 BGB ergebe.

    Vergütungsanspruch laut OLG Düsseldorf

    Demgegenüber bejahte das OLG Düsseldorf einen Vergütungsanspruch des Steuerberaters nur für die geleisteten Lohnbuchführungstätigkeiten 2011 und 2012 i. H. v. insgesamt 1.052,92 EUR und kam damit im Ergebnis zu einer höheren Rückzahlungsverpflichtung i. H. v. 16.797,08 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlich entstandener Anwaltsvergütung. Einen Vergütungsanspruch nach § 615 BGB für die Finanzbuchführung 2011 verneinte das OLG.

    StBVV als lex specialis im Verhältnis zu § 615 BGB

    Zwar sei die Anwendung des § 615 BGB aufgrund der Charakterisierung des Steuerberatungsvertrags als Dienstvertrag grundsätzlich eröffnet. Indem der Mandant die für die Finanzbuchführung benötigten Belege nicht übersandt hatte und dadurch wegen Unterlassens einer erforderlichen Mitwirkungshandlung in Verzug gelangt war, könnte der Steuerberater eigentlich für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne selbst zur Nachleistung verpflichtet zu sein. § 615 BGB sei in dem vorliegenden Fall aber dennoch nicht anwendbar, sondern vielmehr durch die speziellen Regelungen des Gebührenrechts ausgeschlossen.

     

    Gebührenrechtlich sei Voraussetzung für die Entstehung des Vergütungsanspruchs, dass der Steuerberater mit der Ausführung irgendeiner Tätigkeit ‒ hier bei monatlich auszuführender Finanzbuchführung mit den für den jeweiligen Monat anfallenden Arbeiten ‒ begonnen habe (vgl. § 12 Abs. 4 StBVV). Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen. Eine noch weitere Vorverlagerung der Anspruchsentstehung auf den Zeitpunkt der Aufforderungsschreiben des Steuerberaters zur Überlassung der Buchführungsbelege würde dazu führen, dass ein noch nicht entstandener Anspruch überhaupt erst begründet würde. Dies sei aber nicht Zweck des § 615 BGB, der keinen eigenständigen (Schadenersatz-)Anspruch gewähre, sondern nur den ursprünglichen Erfüllungsanspruch aufrecht erhalte (so auch BAG 24.9.14, 5 AZR 593/12, Abruf-Nr. 173499).

    Gibt es Ausnahmen vom Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“?

    Die Entscheidung des OLG Düsseldorf betraf einen Fall, in dem zwischen Steuerberater und Mandant kein schriftlicher Steuerberatungsvertrag existierte. Sie deckt sich mit der gesetzlichen Regelung, wonach der Dienstverpflichtete im Falle der Kündigung grundsätzlich nur einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen kann (§ 628 Abs. 1 S. 1 BGB). Das bedeutet aber nicht, dass der Anwendungsbereich des § 615 BGB für Steuerberater generell verschlossen wäre.

     

    In der Rechtsprechung sind wiederholt Fallkonstellationen anerkannt worden, in denen der Steuerberater unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs Honorar für nicht mehr erbrachte Leistungen verlangen konnte. Allen Fällen war gemeinsam, dass zwischen Steuerberater und Mandant ein schriftlicher Steuerberatungsvertrag bestand. Entweder kam der Mandant seinen vertraglichen Mitwirkungspflichten zur Überlassung der Belege nicht nach (OLG Koblenz 1.12.05, 6 U 951/04, Urteil unter dejure.org) oder der Mandant kündigte den Vertrag, ohne hierzu berechtigt zu sein, weil das Kündigungsrecht nach § 627 BGB wirksam ausgeschlossen war oder ein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen vorlag (Feiter, Die neue StBVV, 2. Aufl. Rz. 28).

     

    FAZIT | Im Falle eines schriftlichen Steuerberatungsvertrags ist ein Honoraranspruch unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs möglich. Um das Honorar erfolgreich geltend machen zu können, muss der Steuerberater den Mandanten aber immer in Annahmeverzug setzen und ihm die vereinbarten Leistungen weiterhin anbieten.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2018 | Seite 102 | ID 45200492