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  • · Nachricht · § 233a AO

    Verzinsung von Steuernachforderungen

    | Durch die Vollverzinsung nach § 233a AO sollen Liquiditätsvorteile ausgeglichen werden, die dem Steuerpflichtigen oder dem Fiskus aus dem verspäteten Erlass eines Steuerbescheides ergangen sind. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Liquiditätsvorteile tatsächlich zu einem Zinsvorteil geführt haben, so eine aktuelle Entscheidung des FG Hamburg. |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger, der als Sozius einer Partnergesellschaft als Insolvenzverwalter tätig war, wandte sich gegen die Festsetzung von Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer. Das FA hatte im Zuge einer Betriebsprüfung seine Einkünfte aus der Verwaltertätigkeit als gewerblich eingestuft und wollte wegen der Abfärbewirkung dieser gewerblichen Einkünfte die gesamten Einkünfte der Partnergesellschaft als gewerblich einstufen. In der Folge kam es über die ergangenen Steuerbescheide zu einem langjährigen Rechtsstreit, der vor Gericht letztlich mit einer gütlichen Einigung beendet wurde.

     

    Gütliche Einigung

    Das FA war hiernach bereit, nur die Einkünfte aus der Tätigkeit als Insolvenzverwalter als solche aus Gewerbebetrieb zu beurteilen. Auf der Basis dieses Übereinkommens wurden neue Steuerbescheide erlassen. Das FA verlangte gleichzeitig Nachzahlungszinsen. Hiergegen wehrte sich der Steuerpflichtige mit dem Argument, die zunächst erstattete und nunmehr nochmals verlangte Einkommensteuer habe von ihm im Hinblick auf den schwebenden Rechtsstreit nicht längerfristig angelegt werden können. Er habe die ursprüngliche Steuererstattung, die er jetzt zurückzahlen müsse, auch nicht gewollt. Deswegen müsse man den Anwendungsbereich des § 233a AO entsprechend einschränken. Der Steuerpflichtige drang mit seinen Argumenten nicht durch.

     

    Zweck des § 233a AO ist es, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden. Auf die Gründe, die zu einer verspäteten Festsetzung führen, kommt es dabei nicht an. Liquiditätsvorteile, die dem Steuerpflichtigen oder dem Fiskus aus dem verspäteten Erlass eines Steuerbescheids typischerweise entstanden sind, sollen mithilfe der sogenannten Vollverzinsung ausgeglichen werden. Ob die möglichen Zinsvorteile tatsächlich entstanden sind, ist grundsätzlich unbeachtlich. Auch ungewollte oder unwesentliche Zins- oder Liquiditätsvorteile sollen kompensiert werden. Die reine Möglichkeit der Kapitalnutzung bzw. die bloße Verfügbarkeit über einen bestimmten Geldbetrag reichen auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, um die Bestimmung anzuwenden. Für die Festsetzung von Nachzahlungszinsen kommt es somit nicht darauf an, dass die Kläger die Einkommensteuererstattung nicht längerfristig anlegen konnten, weil sie jederzeit damit gerechnet haben, dass die vom FA abweichend beurteilte Art der Einkünfte in ihrem Sinne rechtlich geklärt werden würde. Dabei handelte es sich um eine rein persönliche Einschätzung der Kläger, nicht jedoch um einen offenkundigen Sachverhalt.

     

    PRAXISHINWEIS | Eine einschränkende Auslegung des § 233 a AO ist nach Meinung des Gerichts auch nicht auf der Grundlage des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes geboten. Bei Steuergesetzen ist zu berücksichtigen, dass sie in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen Sachverhalte typisieren, um praktikabel zu sein, und damit in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die so gezogenen weiten Grenzen waren für die Richter vorliegend nicht überschritten. Der Senat verweist den Kläger im Übrigen ausdrücklich auf die Möglichkeit, ein gesondertes Billigkeitsverfahren zu betreiben. Dass ihm vom Finanzamt eine Art „Zwangsdarlehen“ aufgedrängt worden ist, kann unter Umständen einen Erlass auf der Grundlage des § 227 AO rechtfertigen.

     

    Fundstellen

    • FG Hamburg 23.10.13, 2 K 321/13 n.v., astw.iww.de Abruf-Nr. 141972 
    Quelle: ID 42814812