· Fachbeitrag · Arbeitsrecht
Vertragliche Vereinbarung der Rückzahlung von Fortbildungskosten ‒ was geht und was nicht
von RA Hans-Günther Gilgan, Senden, www.gilgan.de
| Kanzleien übernehmen immer öfter Kosten der Fortbildung ihrer Mitarbeitenden ganz oder teilweise. Denn sie wollen eine Bindung der Mitarbeitenden erreichen. Übernommen werden vor allem die Kosten der Steuerberaterprüfung des Steuerfachwirts oder Fachassistentenlehrgänge. Um zu verhindern, dass Mitarbeitende mit bestandener Prüfung die Kanzlei dennoch verlassen, wird die Rückzahlung der Kosten für den Kündigungsfall vereinbart. Doch ist das zulässig und wenn ja, wie kann eine solche Vereinbarung rechtssicher aussehen? |
Fortbildung ist wichtiger denn je
Kaum ein Beruf ist mehr dem Wandel unterlegen als der des Steuerberaters. Auf allen Gebieten ist lebenslanges Lernen Pflicht. Arbeitgeber in der Branche haben daher erkannt, dass es für die Kanzlei immens wichtig ist, Mitarbeitende zu haben, die mit Blick auf Wissen und Können auf der Höhe der Zeit sind und fördern diese mit Aus-, Fort- und Weiterbildungen auf Kanzleikosten. Allerdings wollen sie dann auch, dass die Mitarbeitenden ihr Wissen und Können in der Kanzlei einbringen und nicht beim Konkurrenten. Arbeitsvertraglich werden dann Rückzahlungsklauseln vereinbart. Sie sollen einen Bleibedruck erzeugen. Solche Rückzahlungsklauseln sind zulässig. Es sind jedoch gewisse Beschränkungen zu beachten.
Was darf in der Rückzahlungsvereinbarung stehen?
Doch welche Kosten fallen nun unter die Fortbildungskosten? In der Regel sind das Kosten der Fortbildungsmaßnahme, Reisekosten, Verpflegung und ggf. Übernachtungskosten.
Das Ziel der Bindung lässt sich durch Rückzahlungsvereinbarungen erreichen. Damit stellt sich die Frage, was Gegenstand einer Rückzahlungsvereinbarung sein kann.
Gesetzlich verboten ist die Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel in betrieblichen Ausbildungsverhältnissen (§§ 12 Abs. 2, 26 BBiG). Daneben können vertragliche Aspekte zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsvereinbarung führen, die Sie keinesfalls zum Gegenstand der Vereinbarung machen dürfen:
- Grundlose Kündigung durch den Steuerberater
- Betriebs- oder personenbedingte Kündigung durch den Steuerberater
- Kündigung aus vom Steuerberater zu vertretenden Gründen
- Unverschuldete Krankheit der Mitarbeitenden
- Unangemessene Benachteiligung der Mitarbeitenden
- Nichtablegen der Prüfung hat Grund in der Sphäre des Steuerberaters
Vertraglich erlaubt sind hingegen folgende Aspekte:
- Nichterreichen des Ausbildungsziels
- Eigenkündigung des Mitarbeitenden
Beachten Sie | Allerdings hat z. B. das BAG (25.4.23, 9 AZR 187/22) entschieden, dass es unzulässig ist, schlechthin an das wiederholte Nichtablegen der Steuerberaterprüfung anzuknüpfen, ohne die dafür maßgeblichen Gründe zu betrachten. Liegen diese Gründe nicht in der Verantwortungssphäre des Arbeitnehmers, müssen diese von der Rückzahlungspflicht ausgenommen werden. Schon hier wird deutlich, dass einer Rückzahlungsvereinbarung enge Grenzen gesetzt sind und sich daher eine zurückhaltende Gestaltung der Rückzahlungsvereinbarung empfiehlt. Ggf. sollte die Formulierung von einem versierten Arbeitsrechtler übernommen werden.
Weitere Voraussetzungen
Mit der Fortbildung muss eine angemessene Gegenleistung für den Mitarbeitenden entstanden sein. Dabei kann es sich z. B. handeln um
- das Erlernen neuer Fähigkeiten,
- die Aktualisierung vorhandener Fähigkeiten,
- eine zusätzliche Qualifikation oder
- die Spezialisierung in einem bestimmten Fachgebiet,
- die Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt,
- ein höheres Gehalt oder
- eine höhere Position (ArbG Bayreuth 30.22.23, 1 Ca536/23).
In der Regel sind Rückzahlungsvereinbarungen in Formularverträgen enthalten, stellen somit allgemeine Auftragsbedingungen (AAB) dar mit der Folge, dass die §§ 305 ff. BGB gelten. Nach § 307 BGB darf danach keine unangemessene Benachteiligung der Mitarbeitenden vorliegen. Insbesondere muss der Mitarbeitende eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhalten haben. Diese kann darin liegen, dass mit der Fortbildungsmaßnahme die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden, z. B. durch eine dauerhaft finanzielle Gegenleistung in Form von höherem Gehalt oder einer höheren Position (zuletzt ArbG Bayreuth 30.11.23, 1 Ca 536/23).
Der Mitarbeitende muss erkennen können, welche Kosten der Steuerberater übernommen hat und damit Gegenstand einer Rückforderung sein können. Werden z. B. die Fortbildungskosten nur teilweise oder Reise- und Übernachtungskosten oder Trennungsgeld nicht vom Steuerberater übernommen, ist für den Mitarbeitenden nicht erkennbar, was genau er zurückzuzahlen hat.
Die Rückzahlungsverpflichtung setzt eine ausdrückliche Einigung zwischen Steuerberater und Mitarbeitenden im Arbeitsvertrag oder einer gesonderten Vereinbarung voraus sowie die Vereinbarung vor Beginn der Fortbildungsmaßnahme.
Bei der Bindungsdauer ist auf ein angemessenes Verhältnis zwischen Aus-/Fortbildungsdauer und Bindungsdauer zu achten. Die Rechtsprechung hat folgende Grundsätze entwickelt:
Übersicht / | |
Dauer der Fortbildungsmaßnahme bis zu | Bindungsdauer bis zu |
1 Monat | 6 Monaten |
2 Monaten | 1 Jahr |
3 ‒ 4 Monate | 2 Jahren |
6 ‒ 12 Monate | 3 Jahren |
> 24 Monate | 5 Jahren |
Besonders zu achten ist darauf, dass der Rückzahlungsbetrag die Kosten der Fortbildungsmaßnahme nicht übersteigt. Auch dürfen Sozialversicherungsbeiträge des Steuerberaters keinesfalls Gegenstand einer Rückzahlungsverpflichtung sein, wohl aber die des Mitarbeitenden.
Ein Rückzahlungsanspruch besteht nicht, wenn
- die Bindungsdauer zu lang ist,
- der Rückzahlungstatbestand zu weit ist oder
- der Rückzahlungsbetrag zu hoch ist.
Formulierungsvorschlag / |
Hat der Arbeitgeber die vollen Kosten der Fortbildungsmaßnahme unter Fortzahlung der Bezüge übernommen, ist der Mitarbeitende zur Rückzahlung der Bezüge sowie der Kosten der Fortbildungsmaßnahme verpflichtet, wenn
Für jeden Monat der Beschäftigung nach dem Ende der Aus-/Fortbildung wird unter Beachtung der Bindungsdauer der jeweils auf den Monat entfallende Rückzahlungsbetrag erlassen. |
PRAXISTIPP | Für die Rückzahlung von Fortbildungskosten bedarf es als Anspruchsgrundlage einer Vereinbarung im Arbeitsvertrag vor Beginn der Fortbildung. Rückzahlungsklauseln üben einen „Bleibedruck“ aus, indem der Arbeitnehmer je mehr zahlen muss, je früher er das Unternehmen nach Abschluss der Fortbildung verlässt. Rückzahlungsklauseln sind fehleranfällig, weshalb der genaue Wortlaut und vor allem die Bindungsdauer sowie die dafür angeführten Gründe sowie der Rückzahlungsbetrag sorgsam geprüft werden sollten. |