· Fachbeitrag · Elektronischer Rechnungsaustausch
Weniger Aufwand bei der Fibu, aber viele Diskussionen mit Mandanten?
von Alexandra Buba, M. A., freie Wirtschaftsjournalistin Nürnberg
| Elektronische Rechnungen sollen schon bald keine einfachen PDF-Dokumente mehr sein, sondern besonders angereicherte Dateien, die die Rechnungsdaten automatisch an die Buchhaltungssoftware übergeben. Das händische Abtippen oder die fehlerhafte Bearbeitung mit Texterkennungssoftware gehören dann der Vergangenheit an. Doch was bedeutet das für die praktische Arbeit der Steuerberater? Entwertet oder bereichert der automatisierte Rechnungsdatenfluss die Buchführungs- und Beratungstätigkeit? |
ZUGFeRD - auch zugkräftig für das Angebot von Kanzleien?
„Ihr drückt doch ohnehin nur noch auf den Knopf und dann kommt der Abschluss raus.“ Diese Einschätzung von Mandanten beunruhigt Steuerberater zu Recht. Denn mangelnde Wertschätzung der Beratungsleistung ist gelegentlich der erste Schritt in die Honorardiskussion. In jedem Fall aber ist sie ein wichtiges Signal für eine generelle Unzufriedenheit des Mandanten, der schlichtweg wenig Nutzen in dem sieht, was seine Steuerberatungskanzlei für ihn tut. Eine neue Entwicklung könnte nun dieser Wahrnehmung weiter Vorschub leisten - wenn Steuerberater nicht gegensteuern und transparenter machen, wo der Wert ihrer Leistung für den Mandanten liegt.
Die Rede ist von einem Datenstandard namens „ZUGFeRD“ (= Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland). Er beschreibt im Wesentlichen die Struktur von Daten in elektronischen Rechnungen, die anschließend automatisiert in die Fibu- und ERP-Systeme einfließen können. Technisch ist dies die künftige elektronische Rechnung nach ZUGFeRD PDF/A-3-Dokument mit einer eingebetteten XML-Datei. In dieser XML-Datei sind alle wesentlichen Informationen der Rechnung strukturiert enthalten.
Auf den ersten Blick unterscheidet sich eine solche Rechnung nicht von den bisherigen PDF-Dokumenten, die als E-Mail-Rechnung beim Mandanten eingegangen sind. Doch im Hintergrund sorgt die XML-Datei für den Datenfluss ins Empfängersystem - so dieses ZUGFeRD-fähig ist. Ist es das nicht, kann die Rechnung wie bisher auch entweder händisch eingegeben oder per OCR im Texterkennungsverfahren weiter verarbeitet werden. „In dieser Zweigleisigkeit liegt die Stärke des Standards“, erklärt Diplom-Informatiker Gerhard Schmidt, Kanzleisoftwareberater aus Berlin, der an der Erarbeitung mitgewirkt hat.
E-Rechnung hat wichtige Unterstützer
Die Entwicklung des Standards geht auf die Initiative von Wirtschaftsverbänden zurück. Inzwischen sind auch drei wichtige Ministerien mit im Boot. Damit spricht einiges dafür, dass der elektronische Rechnungsdatenaustausch bald Realität werden wird. „Wichtig ist nun, dass die Softwarehersteller den Standard schnellstmöglich in ihre Programme einbauen, damit er sich durchsetzt“, weiß Schmidt. Im Moment sieht es ganz so aus, als würde dies auch so kommen.
Erste Kanzleisoftwarehersteller haben ZUGFeRD schon in petto oder arbeiten intensiv daran. So zeigte etwa Simba bereits auf der CeBIT 2013 einen Prototypen. Allen anderen Anbietern weit voraus ist der österreichische Marktführer für Kanzleisoftware, BMD, der mittlerweile auch auf dem deutschen Markt vertreten ist. BMD ist beim ZUGFeRD deshalb Vorreiter, weil in Österreich bereits seit fünf Jahren ein vergleichbarer Standard existiert und so schon erste Erfahrungen damit gemacht wurden. Allerdings konnte sich ebInterface, so der Name der österreichischen Version, bislang nicht durchsetzen. Magister Wolfgang Foißner von BMD führt dies aber weniger auf den Standard als solches als vielmehr auf die Tatsache zurück, dass in Österreich bis Anfang dieses Jahres noch die Pflicht zur elektronischen Signatur auf elektronisch versandten Rechnungen bestand.
Wegfall des Signaturzwangs befördert E-Rechnung
In Deutschland sorgte der Gesetzgeber nach der geänderten Mehrwertsteuersystemrichtlinie bereits im vergangenen Jahr sehr schnell für eine liberale Regelung des elektronischen Rechnungsversands. Demnach genügt in der Praxis im Grunde eine Rechnungseingangskontrolle nebst einer sicheren Archivierung des elektronischen Belegs, der letztlich allein von Bedeutung ist. Sämtliche Dokumentationsprozeduren der Vorläuferregelung sind nicht länger erforderlich.
Diese Erleichterungen verschaffen der elektronischen Rechnung Auftrieb: Immer mehr PDF-Dokumente landen in den E-Mail-Postfächern der Mandantenunternehmen und damit auch in der Steuerkanzlei. Ein weiterer Schub lässt sich durch die Zielvorgaben der öffentlichen Hand erwarten, die in den kommenden Jahren deutlich mehr Rechnungen elektronisch erhalten will. Das führt dazu, dass der Druck bei den Lieferanten steigt, elektronische Rechnungen zu versenden. Zu diesen zählen auch kleinere Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe. Noch aber ist nicht nur bei ihnen die Unsicherheit groß, wie damit denn eigentlich zu verfahren ist. Sind sie wirklich so archiviert, dass nicht irgendwann doch ein Finanzbeamter daran Anstoß nimmt? Das fragen sich viele Mandanten - aber auch Steuerberater. Auch dieser Problematik will ZUGFeRD Rechnung tragen.
Archivierung wird erleichtert
Mit dem PDF/A-3-Format wurde bewusst ein Dateityp gewählt, der allen Erfordernissen der Langzeitarchivierung genügt. „Die Schriften sind z.B. allesamt eingebettet und werden nicht etwa dynamisch aus dem System generiert - was bei normalen PDFs ja der Fall ist und selbstverständlich dazu führt, dass die heute verwendeten Dokumente keineswegs unveränderbar und dauerhaft lesbar archiviert werden können“, so Schmidt. Der neue Dateityp stellt diese Probleme ab.
PRAXISHINWEIS | Steuerberater sollten ihren Mandanten die Scheu nehmen, elektronische Rechnungen anzunehmen und diese gegebenenfalls für sie archivieren. Außerdem ist es durchaus sinnvoll, Unternehmensmandanten zu ermuntern, selbst elektronische Rechnungen zu versenden. Das spart nicht nur bei den großen Telekommunikationsanbietern, sondern auch dem Mittelstand Zeit und Geld. |
Effizientere Abläufe durch stärkere Automatisierung
Der Rechnungsdatenstandard und der in der Folge damit verbundene elektronische Rechnungsdatenversand bringen der Kanzlei etwas mehr Automatisierung - und damit spürbare Effizienzgewinne. Bislang führten elektronische Belege in den meisten Kanzleien eher dazu, dass eine heterogene Menge aus der vormals homogenen Belegmenge entstand. Neben den normalen Ablauf bei der Bearbeitung einer Papierrechnung trat die Notwendigkeit, einen eigenen Prozess für die wenigen elektronischen Belege einzuführen.
In der Regel besteht die Bearbeitung elektronischer Rechnungen aus dem Ausdrucken und manuellen Eintippen der einzelnen buchungsrelevanten Daten oder der Texterkennung per OCR. Bei letzterer liegt die Trefferquote bei 70 bis 90 % - je nach Güte der Software und Art der Belege. Das führt im weiteren Arbeitsablauf dazu, dass im Buchungsvorschlag alle Daten noch einmal von einem Mitarbeiter überprüft werden müssen. Die Zeitersparnis ist dadurch am Ende gering.
In Zukunft kann sich das alles deutlich vereinfachen. „Ab einer Quote von 50 % elektronischer Rechnungen stellen sich tatsächlich Effizienzsteigerungen ein“, schätzt Giesen. Sind diese Dokumente zudem nach ZUGFeRD erstellt, fließen sie automatisch in die Finanzbuchführungssoftware, die einen Buchungsvorschlag erzeugt, dessen Daten nicht mehr auf Richtigkeit geprüft werden müssen. Notwendig ist nur noch die Buchung selbst. Ein Knopfdruck eben, oder?
Steuerberater bleibt unentbehrlich
„Tatsächlich werden sämtliche Automatisierungsschritte nie dazu führen, die intellektuelle Leistung zu ersetzen, die notwendig ist, um einen Sachverhalt korrekt zu verbuchen“, sagt Jens Klein vom Ostfilderner Softwarehaus Simba, das ebenfalls bereits an der Integration von ZUGFeRD in die Kanzleisoftwarelösung arbeitet. Diese Leistung wird sich der Mandant auch in Zukunft entweder beim Steuerberater einkaufen oder im eigenen Unternehmen Mitarbeiter dafür beschäftigen müssen. Letztlich bezahlt er genau dafür und nicht etwa für das Abschreiben der Zahlungsinformationen.
„Die vollautomatische Buchführung wird es nie geben“, weiß auch Informatiker Schmidt, „der elektronische Rechnungsdatenaustausch ist der letzte Schritt in der Reihe dessen, was an Automatisierung möglich ist und schließt sich nur logisch an die elektronische Ausgangsrechnung und den automatischen Einbezug der Kontodaten an.“
Das macht deutlich, an welcher Stelle auch in Zukunft die Kompetenz der Fibu-Mitarbeiter gefragt sein wird. Es zeigt durch Blick in die Vergangenheit - Stichwort Kontoauszugsmanager - aber auch, welche Arbeitserleichterungen durch den neuen Standard noch zu erwarten sind.
Viel mehr Beratung möglich
Für die Kanzleien eröffnet sich durch den Effizienzgewinn und die damit verbundene Zeitersparnis aber eine ungeheure Chance: Zeitnäheres und vollständigeres Buchen als dies etwa bislang bei den 4/3-Rechnern der Fall war, erlaubt Liquiditätsvorschauen zu einem Zeitpunkt, da sie dem Mandanten auch noch von Nutzen sind. Die Kommunikation dieser Leistung - und vor allem ihres Nutzens - fordert den Steuerberater in einer viel stärkeren Weise, als es bislang notwendig war. Der Steuerberater muss sich als derjenige positionieren, der dem Mandanten all diejenigen Aufgaben abnimmt, mit denen dieser sich selbst nicht belasten will - möglicherweise die Archivierung seiner Rechnungsdokumente. Außerdem ist er zuverlässig erreichbarer Ansprechpartner in all den steuerrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen, auf die Unternehmen mal eben eine schnelle Antwort benötigen. Die Frage nach der Erstellung rechtlich korrekter elektronischer Rechnungen ist eine davon.
Beachten Sie | Wichtig ist an dieser Stelle vor allem eines, wie Ulrich Giesen vom Hildener Systemhaus SPECTRUM weiß: „Die Steuerberater müssen innerhalb dieser ganzen Veränderungen Herr über die Prozesse beim Mandanten bleiben, sonst laufen sie Gefahr, irgendwann ausgebootet zu werden.“ Das funktioniert aber nur über qualifizierte Beratung und echtes Verständnis der Abläufe im Mandantenunternehmen. ZUGFeRD liefert dafür den Einstieg. Die ersten Fragen der Mandanten dazu an die Steuerberater werden spätestens dann auftauchen, wenn die DATEV den Standard in Unternehmen online integriert hat - und das ist in jedem Fall deutlich vor der Integration in Steuerberaterlösungen geplant.
PRAXISHINWEIS | Steuerberater tun gut daran, sich mit allen Facetten des sogenannten E-Invoicings, der elektronischen Rechnungsstellung, zu beschäftigen und ihren Mandanten als kompetente Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Das unterbindet dann auch von vornherein die Mandanteneinschätzung, alles gehe ohnehin auf Knopfdruck. |
Einstieg in die Prozessberatung als neues Beratungsfeld
Der umgekehrte Fall - also der Umgang mit den empfangenen elektronischen Rechnungen - ist dagegen eine weitaus kompliziertere Angelegenheit und wirft eine ganze Reihe grundsätzlicher Folgefragen auf. Die simpelste ist die nach einer zentralen E-Mail-Adresse, bei der sämtliche elektronischen Rechnungen, die das Unternehmen erhält, ankommen sollen. Doch wie gelangen Papierdokumente und elektronische Belege in denselben Topf? Wie sieht die Weiterverarbeitung bis hin zur Verbuchung und dem Zahlungsverkehr aus? Beschäftigt sich der Steuerberater damit, steckt er bereits mitten in der Prozessberatung.
In der Tat befördern die technologischen Weiterentwicklungen in der Datenverarbeitung wie nun durch ZUGFeRD den Steuerberater immer stärker in diese Position. Obwohl viele Steuerberater vergleichsweise wenig IT-affin sind, wird ihnen nicht zuletzt durch ihre jahrzehntelange Erfahrung mit dem Einsatz von Datenverarbeitung auch von außen unterstellt, dass sie für diese Rolle prädestiniert sind. Ein Beispiel dafür liefert die Initiative „Deutschland sicher im Netz e.V.“, die Steuerberater gern mit der Aufgabe betraut sähe, bei ihren Mandanten das Thema IT-Sicherheit voranzutreiben.
Dies ist sicher ein ehrenwerter Ansatz, kann aber für die Steuerberater nur dann funktionieren, wenn eine solche Beratung auch honorarpflichtig geleistet wird. Dies gilt analog selbstverständlich auch für alle Fragen rund um die elektronische Rechnung. Insofern bietet ZUGFeRD tatsächlich die Chance, nicht nur zeitnäher zu buchen und den Mandanten anschließend - etwa bei der Überwachung seiner offenen Posten - zu unterstützen, sondern auch, sich ein völlig neues Beratungsfeld zu erschließen.
Neue Mandantengruppen ansprechen
Doch nicht nur die Beratungsinhalte verändern sich durch die stärkere Automatisierung. Es wird vielmehr auch deutlich einfacher, regional weiter entfernte Mandanten zu betreuen.
Wer dies als Steuerberater bislang getan hat, war zumindest bei der arbeitsteiligen Buchführung stets deutlich stärker auf die zuverlässige und korrekte Mitarbeit dieser Mandanten angewiesen, als es etwa bei denjenigen vor Ort der Fall war. Der Steuerberater musste sich darauf verlassen, dass die Mandanten sämtliche Dokumente korrekt scannten sowie alle Daten und Dokumente übermittelten. Wenn durch ZUGFeRD nun die Daten automatisch in die Systeme fließen, verringert sich selbstverständlich die Fehlerrate. Es kann nichts mehr vergessen werden, erst später auftauchen oder ganz unauffindbar sein. Die Zusammenarbeit wird stressfreier und klappt reibungsloser. Das erlaubt Steuerberatungskanzleien, ohne zusätzlichen Aufwand auch Mandanten zu betreuen, die weiter entfernt sind, und diese z.B. mittels einer Spezialisierung auch gezielt zu akquirieren.
Und die eigene E-Rechnung?
Steuerberater selbst können im Übrigen keine elektronischen Rechnungen versenden - daran ändert auch ZUGFeRD nichts. Denn noch immer sieht das Berufsrecht vor, dass ein Partner das Dokument eigenhändig unterschreibt. Einzelne Experten raten nun dazu, die Mandanten schriftlich auf diese Unterschrift verzichten zu lassen. Andere gehen davon aus, dass eine Signaturkarte genügt, um der Vorschrift zu entsprechen. Beides erscheint eher fragwürdig. Insofern müssen Steuerberater wohl ihre eigenen Honorarrechnungen noch eine Weile ganz traditionell auf Papier ausfertigen. Unter Marketinggesichtspunkten - etwa im Hinblick auf Mandanten, die ermuntert werden sollen, E-Rechnungen zu verschicken und sie ohne ungutes Gefühl auch anzunehmen oder ganz generell, um sich als innovativer Steuerberater zu positionieren - ist dies sicherlich äußerst unglücklich.