Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Erfahrungsaustausch

    Unser Weg zum digitalen Belegwesen

    von StB Gregor Mattheisen, Neuss, www.mattheisen.de

    | StB Gregor Mattheisen ist einer von zwei Partnern einer Steuerberatungskanzlei mit zehn Mitarbeitern. Bereits 2011 hatte sich die Kanzlei daran gemacht das digitale Belegwesen einzuführen. 2013 wurde DATEV Unternehmen online eingeführt und 2018 wurde mit www.fibubelege.de eine eigene Lösung entwickelt, um möglichst früh digitale Arbeitsprozesse zu unterstützen. In diesem Beitrag beschreibt Gregor Mattheisen den Weg seiner Kanzlei zum digitalen Belegwesen, welche Schritte unternommen und wie die Probleme auf dem Weg gelöst wurden. |

    Der Pendelordner ist tot ‒ Es lebe der Pendelordner

    Man könnte meinen, dass das digitale Belegwesen inzwischen Standard in der deutschen Steuerberaterlandschaft ist. Dies war zumindest bis vor Kurzem meine persönliche Einschätzung. Dass wir hiervon weit entfernt sind, wurde mir auf dem DATEV-Regional Infotag 2019 in Düsseldorf bewusst. 54 % der ca. 33.000 DATEV-Berater sind immer noch der „Generation-Pendelordner“ zuzuordnen. Das sind jene Berater, die nicht auf Grundlage digitaler Belege buchen bzw. nicht DATEV Unternehmen online (DUo) nutzen, sondern immer noch auf Basis von Papierbelegen arbeiten. Und die verbleibenden 47 % sind äußerst heterogen. So haben lediglich 7 % der Berater mehr als 20 DUo-Mandate, betreuen aber 62 % der gesamten DUo-Mandate.

     

    • DATEV Unternehmen online bei Steuerberatern

    Anzahl der Berater (Anteil)

    Anzahl DUo-Mandate je Berater

    Anzahl DUo-Mandate gesamt (Anteil)

    8.044 (25 %)

    1 bis 5

    17.946 (10 %)

    4.672 (14 %)

    6 bis 20

    52.137 (28 %)

    2.426 ( 7 %)

    mehr als 20

    112.883 (62 %)

     

    Quelle: https://www.datev.de/web/de/media/datev_de/pdf/veranstaltungen/regional_info_tage/2019_1/digitale_zukunft_mit_datev-2.pdf

    2011 ‒ Wie die Digitalisierung bei uns begann

    Dass wir als eher kleine Kanzlei mit zehn festen Mitarbeitern und zwei Partnern zur fortschrittlichsten Gruppe (7 %) gehören (Digitale Kanzlei 2019), ist wohl dem Umstand geschuldet, dass wir bereits im Jahr 2011 damit begonnen haben, einen Großteil unserer Mandanten-Buchhaltungen auf Grundlage digitaler Belege zu erfassen. Die Umstellung erfolgte dabei nicht stufenweise, sondern in einem großen Schnitt mit der Einführung eines DM-Systems, in dem zunächst sämtliche Belege gespeichert wurden. Ca. 50 % der Buchführungsmandate wurden ab dem 1.1.11 mit digitalen Belegbildern gebucht.

     

    Umstellungskriterien

    Bei der Auswahl, welche Mandate umgestellt wurden, waren im Wesentlichen zwei Faktoren ausschlaggebend ‒ Mandatsgröße und verantwortlicher Mitarbeiter:

     

    • Mandatsgröße: Hinsichtlich der Mandatsgröße vertrete ich auch heute noch die Auffassung, dass „Kleinstmandate“ nicht zwingend digital gebucht werden sollten. Der mit der Belegdigitalisierung verbundene Zeitaufwand ist oftmals unverhältnismäßig hoch.

     

    • Mitarbeiter: Unser Mitarbeiterstamm bestand 2011 ausschließlich aus langjährig beschäftigten Mitarbeitern (jüngster Mitarbeiter 1991 eingestellt). Analoge Prozesse hatten sich eingespielt und liefen mehr oder weniger, ohne dass es größerer Abstimmungen bedurfte. Umso erfreulicher war die große Bereitschaft seitens unserer Mitarbeiter den digitalen Wandel mitzugestalten, wofür ich noch heute sehr dankbar bin. Zwar hatten wir eine gewisse Wunschvorstellung unserer Belegschaft gegenüber geäußert, dennoch konnte jeder Mitarbeiter selbst die Entscheidung treffen, ob und welche seiner Mandate von der digitalen Umstellung betroffen sein sollten.

     

    Wie war das doch gleich mit dem Zeitgewinn?

    Die Einführung des digitalen Belegwesens ist oftmals (so auch bei uns) an die Erwartung geknüpft, dass mit dem OCR-basierten Auslesen der Belegbilder und der damit verbundenen (Teil-)Vorerfassung der Buchungssätze ein Zeitgewinn erzielt werden kann. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil, der sich spätestens bei der Jahresabschlusserstellung zeigt, ist der, dass die (digitalen) Belege dauerhaft in der Kanzlei zur Verfügung stehen.

     

    Während sich die dauerhafte Belegverknüpfung mit dem Buchungssatz als echter Vorteil herausstellte, war ein Zeitvorteil zunächst nicht festzustellen. Den Zeitaufwand, den der Scanvorgang (einschließlich Entheften etc.) beanspruchte, hatten wir unterschätzt. Da unsere Mitarbeiter anfänglich im Scanprozess involviert waren, war zeitlich nichts gewonnen. Nachdem wir dies erkannt hatten, stellten wir für diesen Zweck eine Teilzeitkraft ein. Bald lief dieser Prozess reibungslos. Von nun an verschaffte uns die Belegdigitalisierung als Kanzlei einen Vorteil.

    2013 ‒ Die Einführung von DATEV Unternehmen online

    Den Vorteil der Belegdigitalisierung wollten wir unseren Mandanten nicht vorenthalten und stellten erste Mandate 2013 auf Unternehmen Online um. Über diese Cloud-Anwendung erhielten unsere Mandanten somit u. a. ein digitales Belegarchiv, konnten Zahlungen ausführen und Kassenberichte schreiben.

     

    Das schätzen die Mandanten an DUo

    Es sind vor allem folgende Funktionen, die unsere Mandanten an Unternehmen Online schätzen:

     

    • Zahlungsaufträge werden über DUo nahezu vollautomatisch angelegt und müssen nicht manuell über das Bankinterface erfasst werden.
    • Die Belegsuche im digitalen Belegarchiv ist wesentlich effizienter.
    • Mit einer entsprechenden Verfahrensdokumentation können Belege nach dem ersetzenden Scannen vernichtet werden.

     

    Ich habe festgestellt, dass sich innerhalb unserer Mandantschaft ein Trend hinsichtlich der Überzeugung zu DUo erkennen lässt:

     

    • Je größer das Unternehmen, desto wahrscheinlicher die Entscheidung pro DUo.
    • Die meisten Unternehmer sehen DUo grundsätzlich positiv, fürchten jedoch den mit der Belegdigitalisierung verbundenen Zeitaufwand ‒ zumindest dann, wenn der Unternehmer diese Aufgabe selbst übernehmen müsste. Sobald ein Sekretariat oder anderes Büropersonal vorhanden ist, steigt die Wahrscheinlichkeit des Einsatzes von DUo.
    • Neumandanten sind leichter zu überzeugen als Bestandsmandanten. Inzwischen ist für uns der Einsatz von DUo bei Neumandanten Bedingung.
    • Das Alter der Mandanten ist weniger ausschlaggebend als gedacht.
    • Auch kleinere Mandanten sind oft bereit, die Kosten für DUo zu tragen. Bei uns galt lange der Ansatz: Wenn die Kosten für DUo (ca. 15 EUR) mehr als 10 % der Fibu-Gebühren betragen, wird DUo nicht angeboten. Aber auch kleinere Mandanten erkennen oft einen Mehrwert und sind dann bereit, die Kosten selbst zu tragen.

     

    Gretchenfrage: Wer sollte die Belege scannen?

    Mit der Einführung von DUo wurde der Scanprozess auf den Mandanten verlagert. Dieser vermeintliche Vorteil für unsere Kanzlei entpuppte sich allerdings zumindest teilweise/zeitweise als Nachteil. Es stellte sich schnell heraus, dass der Scanprozess unsere Mandanten teilweise vor Herausforderungen stellte:

     

    • Belege wurden doppelt oder gar nicht gescannt, was für entsprechende Rückfragen sorgte.
    • Die Auflösung des Scanners beim Mandanten war zu niedrig. Daher war die Bildqualität schlecht und die Ergebnisse der automatischen Texterkennung (OCR) mussten nachgearbeitet werden.
    • Die Dateien der Belege waren zu groß, was hohe Speicherkosten durch die DATEV verursachte.
    • Mehrere Belege wurden als eine Datei eingescannt, statt einer Datei pro Beleg.

     

    Der Zeitvorteil für die Mitarbeiter war dahin. Wir mussten kreativ werden, um diesen Zeitvorteil wiederzuerlangen.

     

    Alles steht und fällt mit dem Scanner. Schlechter Scanner = schlechtes Belegbild, geringe Geschwindigkeit, wenige Funktionen = frustrierter Mandant. Viele Mandanten haben All-in-One-Systeme (Druck/Fax/Scan). Wenn es sich dabei nicht gerade um die großen Standgeräte handelt, machen die Geräte meist nicht wirklich Spaß. Nach einiger Recherche haben wir einen Tischscanner (Preis ca. 400 EUR) für Testzwecke erworben und empfehlen diesen inzwischen unseren Mandanten.

     

    Das hat den großen Vorteil, dass wir den Scanner schnell konfigurieren können:

     

    • Im Scanprofil werden Zielordner für Rechnungseingang, Kasse und Sonstiges angelegt. Rechnungsausgänge werden direkt als PDF erzeugt und müssen daher nicht gescannt werden.

     

    • Einseitige Rechnungen werden als Stapel eingescannt, der Scanner macht aus jeder Seite eine Datei. Mehrseitige Rechnungen werden einzeln eingescannt. Wichtig ist auch, dass der Scanner Thermopapier (Tankquittungen) einscannen kann.

     

    • Zum Senden der gescannten Belege zu DUo nutzen wir den DATEV-Belegtransfer. Dieses Tool überwacht die zuvor angelegten Ordner und sendet automatisch, sobald Belege in den Ordnern abgelegt werden. Wir empfehlen unseren Mandanten Belege nach Möglichkeit täglich zu scannen und im Anschluss gesondert abzuheften, damit nicht doppelt gescannt wird.

    2018: Die automatische Rechnungsbearbeitung per E-Mail

    Zahlreiche Eingangsrechnungen erhalten Mandanten per E-Mail. Gängige Praxis ist es, die Rechnungen aus den Anhängen manuell zu kopieren und in Ordnerstrukturen abzulegen. Dies kann schnell zu einer arbeitsintensiven und lästigen Aufgabe werden. Leider ist es nicht möglich, Buchführungsbelege per E-Mail direkt an DUo zu senden. Das stört mich bis heute.

     

    Unsere Kanzleilösung: www.fibubelege.de

    Inzwischen haben wir diesen Prozess für unsere Mandanten mit unserer eigenen Lösung www.fibubelege.de automatisiert. Auf Wunsch erhalten Mandanten von uns eine gesonderte E-Mail-Adresse für den Rechnungseingang. Sie teilen diese entweder ihren Lieferanten mit oder leiten Eingangsrechnungen aufgrund von Regeln auf diese E-Mail-Adresse weiter. Im Anschluss erfolgt durch uns eine vollautomatische Weiterleitung der Rechnungen an DUo.

     

    Unsere Mandanten, die www.fibubelege.de nutzen, bitten inzwischen ihre Lieferanten, von der Papierrechnung auf E-Mail-Rechnung umzustellen. Im Sinne des Klimaschutzes ist dies durchaus zu befürworten.

     

    Problem: Upload-Größe von Mobile App-Dateien

    Gerade auf Geschäftsreise bietet es sich an, Belege/Quittungen mit dem Handy per App zu digitalisieren. Hierzu bietet die DATEV mit Upload Mobil eine Lösung an. Die Einrichtung ist leider recht kompliziert, da eine zweite DATEV-App (Smart-Login) benötigt wird. Während die DATEV auf ihrem „Onlinerechner für Speichergebühren“ eine Dateigröße für gescannte Seiten von 50 bis 100 KB empfiehlt, beträgt die Dateigröße, die durch Upload-Mobil entsteht, bei einigen Mobiltelefonen ca. 1 MB. Bei Mandanten, die hauptsächlich mit dieser App arbeiten (insbesondere jüngere Menschen), ist dieser Umstand wegen der hohen Speicherkosten nicht tragbar. Wegen der Möglichkeiten, die sich durch www.fibubelege.de ergeben, sind unsere Mandanten nicht an die App der DATEV gebunden. Wir empfehlen daher unseren Mandanten inzwischen eine andere App, die Dateigrößen von ca. 100 KB erzeugt.

     

    Ein weiterer Vorteil: SmartLogin und die komplizierte Installation der DATEV-App kann unterbleiben. Natürlich weisen wir unsere Mandanten auf eine dadurch entstehende höhere Datenunsicherheit hin.

     

    Alternative Lösungen aus dem DATEV-Umfeld

    Wenn man sich heute mit der Digitalisierung von Papierbelegen zwecks Ablage in Unternehmen Online befasst, wird man feststellen, dass es inzwischen mehrere Anbieter auf dem Markt gibt, die dieses Thema zum Geschäftsmodell gemacht haben. Diese sind meist DUo vorgeschaltet und verfügen über eine DATEV-Connect Online Schnittstelle. Die meisten dieser Anbieter bieten folgende Leistungen an:

    • Upload per Mobile App
    • Upload per Webbrowser (geht auch in Unternehmen Online)
    • E-Mail-Weiterleitung
    • DirektScan per Webbrowser
    • Automatisierter Belegdownload aus Onlineportalen

     

    Mit Ausnahme der letzten Funktion haben wir im Wesentlichen diese Funktionen mit relativ wenig Aufwand selbst realisiert.

     

    Scanservice für „Papierjunkies“

    Es gibt sie noch, die „Papierjunkies“. Warum sollte es bei den Mandanten anders sein als bei den Beratern? Wer zum Arbeiten Papier bevorzugt, ist nicht zwingend einem digitalen Belegarchiv abgeneigt. Die größte Hürde zur digitalen Buchführung liegt oftmals im Scanprozess. Mandanten fürchten den damit verbundenen Aufwand und sehen keinen adäquaten Mehrwert. Daher bieten wir unseren Mandanten einen Scanservice an. Sie schicken uns ihre Belege (wöchentlich, zweiwöchentlich oder monatlich) und wir erstellen ein digitales Belegarchiv. Den damit verbundenen Aufwand (nicht mehr und nicht weniger) lassen wir uns vergüten. Es geht uns bei dieser Tätigkeit nicht darum Geld zu verdienen, sondern Mehrwerte für die Mandanten zu schaffen.

    2019 ‒ Unsere Agenda für die kommenden Jahre

    Dass Digitalisierung für die Mandanten ein entscheidendes Kriterium sein kann, stellt man dann fest, wenn Mandantenwechsel stattfinden, weil Berater nicht digital arbeiten. Die Bedeutung der Digitalisierung wird weiter zunehmen. Höchste Zeit für die „Generation ‒ Pendelordner“ umzudenken. Wir haben für die Zukunft folgende Punkte auf der Digital-Agenda:

    • Ausbildung von Mitarbeitern zu Fibutronikern
    • Digitale Signatur (Kanzlei/Mandant)
    • Online-Gebührenkalkulator
    • Papierloses Büro
    • Papierlose Kommunikation mit Mandanten
    • Automatisierte Informationsbereitstellung für Mandanten

     

    Das ist die Basis, auf der wir unseren Mandanten eine aussichtsreiche digitale Zukunft anbieten.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2019 | Seite 193 | ID 46096201