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  • · Fachbeitrag · Kanzleientwicklung

    Sechs gute Gründe, warum eine Kanzlei einen Kanzlei-Coach haben sollte

    von Ralf Ecker, Bexbach

    | Sie haben doch sicher einen Rechtsanwalt oder einen Notar in Ihrem Expertennetzwerk. Vielleicht arbeiten Sie auch zu bestimmten Themen mit einem Berufskollegen zusammen. Mit diesem Beitrag möchte ich Ihnen nahelegen, Ihr Expertennetzwerk um einen Kanzlei-Coach zu erweitern, damit Sie und insbesondere Ihre Mitarbeiter in diesen anspruchsvollen Zeiten einen Profi an der Seite haben, der Ihnen dabei hilft, eingefahrene Denkmuster zu verlassen und brachliegende Ressourcen zu heben. Mit sechs Thesen möchte ich Sie für dieses Thema sensibilisieren und Ihnen die handfesten Vorteile verdeutlichen. |

    Was meine ich mit Kanzlei-Coaching?

    Seit mehreren Jahren begleite ich Steuerkanzleien und deren Mitarbeiter als Coach, Impulsgeber und Mediator in ihrer anspruchsvollen und stressigen Tätigkeit. Immer wieder werde ich dabei mit den unterschiedlichsten Themen konfrontiert ‒ zumeist in meiner Haupttätigkeit als Personalentwickler und Führungskräftecoach. Die Palette reicht von Kommunikations-, Führungs- und Beziehungsthemen bis hin zu ganz simplen Tipps z. B. wie man sich effektiv auf eine mündliche Steuerberaterprüfung vorbereitet. Meine Kerntätigkeit als Kanzlei-Coach beginnt bei strategischen und strukturellen Themen, in die ich von den Partnern einbezogen werde und endet bei operativen Maßnahmen und Handlungen, die das Miteinander verbessern.

     

    Es ist mein Ziel als Kanzlei-Coach, den Menschen und damit der Kanzlei dabei zu helfen, sich zu verbessern, Ressourcen zu stärken und zu heben, proaktiver mit Belastungsfaktoren umzugehen und sich vorrangig auf ihre Kernkompetenzen zu fokussieren.

     

    • Sechs Thesen, die für ein Kanzlei-Coaching sprechen
    • 1. Coaching stärkt Ihre Arbeitgebermarke (Employer Branding) und ist Ihr USP am Arbeitsmarkt: Kanzleien stehen im Wettbewerb um die Talente. Eine starke Arbeitgebermarke hilft dabei, sich vorteilhaft am Arbeitsmarkt zu positionieren. Kanzlei-Coaching hilft Ihnen dabei, eine Arbeitgebermarke zu entwickeln und ‒ noch wichtiger ‒ sie zu leben. Bewerber nehmen das schon heute als USP wahr.
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    • 2. Coaching stärkt Ihre Führungskompetenz: Nicht jedem wurde es in die Wiege gelegt, Menschen zu führen. Aber Kanzlei-Coaching unterstützt Sie dabei, entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten aufzubauen und weiterzuentwickeln.
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    • 3. Coaching stärkt das Betriebsklima: Kanzlei-Coaching kann potenzielle Konflikte sehr schnell erfassen und mit den Beteiligten auflösen, sodass die Energie wieder dorthin fließen kann, wohin sie fließen soll, nämlich in die gemeinsame Tätigkeit für den Mandanten!
    • 4. Coaching macht Ihre Mitarbeiter zu besseren Mitarbeitern: Kanzlei-Coaching hilft Mitarbeitern dabei, Ihre Ressourcen und Potenziale besser zu entfalten, gerade auch im Hinblick auf wichtige Skills, wie Agilität, Resilienz und Veränderungsbereitschaft.
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    • 5. Coaching schont Ihre wichtigste Ressource: den Menschen: Kanzlei-Coaching schützt Ihre Substanz, indem es den Menschen als Zuhörer zur Seite steht, hilfreiche Tipps gibt, Ressourcen öffnet und Lösungskompetenzen fördert.
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    • 6. Coaching ist aktives Gesundheitsmanagement: Mit Mitteln des Kanzlei-Coachings können Belastungsfaktoren reduziert und Resilienzfaktoren gefördert werden.
     

    These 1: Coaching stärkt Ihre Arbeitgebermarke und ist Ihr USP am Arbeitsmarkt

    Wie es am Arbeitsmarkt aussieht, brauche ich niemandem zu schildern. Steuerberater müssen sich nicht vorrangig um neue Mandanten bemühen, sondern darum, die vorhandenen Mandanten ausreichend zu bedienen und, um Ihrem Namen gerecht zu werden, diese auch steuerlich und betriebswirtschaftlich gut und umfänglich zu beraten, um dadurch sukzessive höhere Honorare zu generieren und zumindest die eigenen Kostensteigerungen (Löhne, EDV, …) aufzufangen. Dazu benötigen Sie kompetente, loyale und leistungsorientierte Mitarbeiter! Die aber sind Ihr wesentlichster Engpass. Das erfordert aber eine attraktive Arbeitgebermarke, die Mitarbeiter magisch anzieht und sie nicht vertreibt.

     

    Um eine stabile und attraktive Arbeitgebermarke dauerhaft zu etablieren, benötigen Sie Menschen, die sich entweder inhouse oder extern (Coach) dauerhaft um Ihr wichtigstes Asset (Ihre Mitarbeiter) kümmern, damit Ihre Arbeitgebermarke sichtbar wird bzw. bleibt. Da menschliche Beziehungen dynamisch und immer auch latent konfliktgeladen sind, hilft ein einmaliges Aufpolieren nicht wirklich, da der Glanz nach einiger Zeit schnell wieder verschwindet. Nur dann, wenn Sie Ihre Arbeitgebermarke dauerhaft pflegen, wird Ihnen diese dauerhaft die gewünschten Erträge bringen.

    These 2: Coaching stärkt Ihre Führungskompetenz

    Steuerberater sind wegen ihrer Ausbildung und praktischen Erfahrung herausragende Fachkräfte in steuerlichen Fragen, was sie meist zeitlich auch weitestgehend ausfüllt. Der Umgang mit Mitarbeitern wird so am Rande bewerkstelligt und sich im Wege des Learning by Doing mit der Zeit angeeignet. Manche Kanzleiinhaber sind hier echte „Naturtalente“ und beherrschen den Balanceakt „Mitarbeiterführung ‒ Kanzleiführung ‒ fachliche Arbeit“ recht gut. Viele Kanzleiinhaber widmen sich jedoch lieber ihren Kernkompetenzen (der steuerlichen Beratung) und führen die Mitarbeiter so nebenher, in der Hoffnung, dass diese halt das machen, was sie machen sollen: „deklarieren und funktionieren“. Sie sind deswegen keine schlechten Chefs, sie sind sich lediglich ihrer knappen Ressourcen bewusst und hoffen, dass alles möglichst rund läuft. Aber so sind Probleme vorprogrammiert.

     

    Kanzlei-Coaching unterstützt Sie dabei, Ihre eigenen Führungskompetenzen zu verbessern. Es holt Sie genau dort ab, wo Sie stehen und aus Führungstheorie wird gelebte und insbesondere sofort angewandte und umsetzbare Führungspraxis. Sie erfahren nicht aus einem Artikel, einem Buch oder einem Seminar allgemeine Grundsätze und theoretische Konstrukte, wie Sie führen sollten, sondern Sie führen konkret in Ihrer Kanzlei, indem Sie mit dem Coach gemeinsam an den kanzleispezifischen Themen und Herausforderungen arbeiten. Die sich wiederholende Zusammenarbeit (Exzellenz entsteht aus Wiederholung) fördert automatisch und zwangsläufig Ihre Führungskompetenzen und das, ohne dass Sie sich anstrengen und viel Zeit investieren müssen.

    These 3: Coaching verbessert das Betriebsklima

    Die Ursache vieler Probleme liegt nicht unbedingt auf der Sachebene, sondern auf der Beziehungsebene. Das gilt im Besonderen in den Fällen einer einseitigen Interpretation, denen oftmals mit neutralem Auge betrachtet, eine völlig unspektakuläre Situation oder Kommunikation vorausgegangen ist. Liegt aber eine Störung auf der Beziehungsebene erst einmal vor, dann setzt ein sich selbst verstärkender Effekt ein und aus einem Schneeball wird leicht eine Lawine. Besteht der Konflikt tatsächlich nur im Kopf der einen Seite, wundert sich die andere Seite zu Recht, was da los ist und warum der andere plötzlich so „komisch“ ist. Kanzlei-Coaching kann hier früh intervenieren und von einem neutralen dritten Standpunkt aus die Situation klären.

     

    • Missverständnis als Ursache für einen schwelenden Konflikt

    In einem Gespräch erzählt mir eine neue Mitarbeiterin der Kanzlei, dass sie vom Chef zutiefst enttäuscht sei. Der Kanzleiinhaber habe ihr zu verstehen gegeben, dass die Fortbildung, auf die sie sehr stolz sei, für die Kanzlei keine Rolle spiele. Sie habe deswegen Angst, zum Ende der Probezeit entlassen zu werden. Aus meinen Gesprächen mit dem Chef, zu dem ein solches Verhalten auch nicht passen wollte, wusste ich aber, dass er die Mitarbeiterin sehr schätze und hoffte, sie nach der Probezeit übernehmen zu können. Ohne Intervention hätte sich die Mitarbeiterin eine andere Stelle gesucht, da sie sich ja von einer Kündigung bedroht sah und der Chef hätte eine hoffnungsvolle Mitarbeiterin verloren ‒ eine Lose-lose-Situation für beide.

     

    These 4: Coaching macht Ihre Mitarbeiter zu besseren Mitarbeitern

    Wahrscheinlich wird niemand mehr ernsthaft den Nutzen gezielter Personalentwicklungsmaßnahmen infrage stellen? Es gibt inzwischen hinreichend genug Erkenntnisse, dass Personalentwicklung Mitarbeiter beruflich erfolgreicher macht. Die bereits vorgestellte Methode der Personalbilanz ist sogar wissenschaftlich untersucht und empirisch abgesichert („Werden Sie zum Mentor Ihrer Mitarbeiter!“, Ecker, KP 19, 213, „Entwickeln Sie Ihre Mitarbeiter ‒ Sie haben auf mittlere Sicht nur diese!“, Gaugler, KP 19, 198). Kanzlei-Coaching, das sich nicht als reines Inhaber-Coaching versteht, kann in puncto Personalentwicklung also einen wichtigen Beitrag leisten.

    These 5: Coaching schont Ihre wichtigste Ressource, den Menschen

    Der Druck auf den Einzelnen wird in den Kanzleien immer größer. Das war vor Corona so und wird auch nach Corona so bleiben. Hinzu kommen wirtschaftliche Herausforderungen und persönliche/familiäre Verpflichtungen. Das alles erzeugt dauerhaften Stress, der an der Substanz des Menschen zehrt. Auf lange Sicht führt das mit hoher Wahrscheinlichkeit zu psychischen und somatischen Erkrankungen.

     

    Wenn dem nicht durch ein aktives Kanzlei-Coaching Einhalt geboten wird, wirken sich die Belastungsfaktoren massiv auf die Leistungsfähigkeit aus und gefährden auch die unternehmerische Substanz.

     

    • Fallstudie: Grenzüberschreitungen im Miteinander

    Der Dauerkonflikt mit einer Kollegin hatte eine kompetente und geschätzte (langjährige) Assistentin der Geschäftsführung derart unter Stress gesetzt, dass sie ernsthaft nach Jobalternativen suchte. Mithilfe der im Coaching vermittelten, direkt anwendbaren Kommunikations- und Verhaltenstechniken gelang es ihr aber, der Kollegin Grenzen aufzuzeigen und auch einzuhalten. Der Chef hatte von alledem nichts mitbekommen. Er wäre nicht nur aus allen Wolken gefallen, wenn seine Assistentin gekündigt hätte, die Kanzleisubstanz hätte ebenfalls Schaden genommen, da bei ihr wichtige Prozesse zusammenliefen.

     

    These 6: Coaching ist aktives Gesundheitsmanagement

    Dieser Punkt folgt unmittelbar aus dem vorhergehenden. Der Schaden, den Burn-outs, Depressionen und psychosomatische Erkrankungen verursachen ist immens und kann Unternehmen und Familien an den Abgrund führen. Das Perfide an Stress ist, dass es keinen objektiven Pegelstand gibt, anhand dessen der Chef ablesen kann, dass das Fass bei Mitarbeiter A bald überläuft, Mitarbeiter B jedoch noch über freie Ressourcen verfügt. Stress entsteht durch eine doppelte Wahrnehmung, der Bedrohlichkeit einer Situation und der zur Bewältigung notwendigen Kompetenzen. Beide Einschätzungen sind hochgradig subjektiv. Aufgabe des Kanzlei-Coachings ist es, differenziert hinzuschauen, vorzubeugen und frühzeitig einzugreifen.

     

    PRAXISTIPP | Verschwinden durch Coaching alle Probleme, wie durch Zauberhand? Selbstverständlich nicht. Es besteht jedoch eine sehr viel höhere Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen Probleme und Herausforderungen proaktiv angehen und aus ihnen lernen und gestärkt daraus hervorgehen. Alle Herausforderungen unseres Lebens dienen dazu, an ihnen zu wachsen und nicht an ihnen zu zerbrechen. Allein schon diese veränderte innere Haltung gepaart mit gestärkter Lösungskompetenz kann dazu führen, dass aus einem unlösbaren Problem eine anspruchsvolle Herausforderung wird. Die Probleme bleiben. Die Herangehensweise, das Mindset und die Erfolgswahrscheinlichkeit aber haben sich durch Kanzlei-Coaching spürbar verbessert.

     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2022 | Seite 131 | ID 48091379