· Fachbeitrag · Kolumne
Sollten Mitarbeiter die Kanzleizahlen kennen?
von StB Jens Henke, Berlin
| In Vorträgen oder auch in Diskussionen in Online-Foren wird gern die Frage diskutiert, ob unsere Mitarbeiter die Ergebnisentwicklung der Kanzlei kennen sollten. Als Argumente dagegen werden in der Regel vorgebracht, dass man dadurch ja über die Einkommenssituation des Chefs Bescheid wüsste. Zudem würde die Kenntnis des Ergebnisses Neid erzeugen. |
Wir befinden uns als Kanzleien mitten in einem Wandel. Dieser hat nicht nur mit der Digitalisierung zu tun. Wir haben alle die Herausforderung, gute und mitdenkende Mitarbeiter zu finden und zu binden. Zudem haben wir berufsfremde Wettbewerber, die in die nicht einem berufsrechtlichen Vorbehalt unterliegenden Tätigkeitsfelder unserer Kanzlei vordringen. Dies alles bedeutet für uns, dass es unsere Aufgabe ist, kontinuierlich produktiver zu werden, unsere Erlösfelder gezielt und konsequent zu entwickeln und unsere Kosten im Blick zu behalten. Gleichzeitig bedeutet dies, unsere Mitarbeiter marktgerecht zu vergüten und ihnen eine langfristige Perspektive zu bieten.
Diesen Aufgaben können wir uns nicht alleine stellen, hierbei sind wir auch auf unsere Mitarbeiter angewiesen. Wir definieren die Ziele unserer Kanzlei, idealerweise unter Einbeziehung der Mitarbeiter. Diese Ziele müssen messbar sein. Ziele lassen sich am besten durch Zahlen messen. Die Zahlen gewinnen wir aus unserer eigenen Buchführung. Was spricht also dagegen, unseren Mitarbeitern, die in der Regel alle über eine kaufmännische Ausbildung oder sogar ein betriebswirtschaftliches Studium verfügen, unsere Zahlen zugänglich zu machen? Wenn man diese Zahlen transparent macht, hat man zudem die Möglichkeit, die Mitarbeitervergütung anhand dieser Zahlen zu entwickeln ‒ beispielsweise durch einen Jahresbonus, der sich an bestimmten Kennzahlen orientiert. Die Mitarbeiter in unsere Führungsentscheidungen und das Zahlenwerk einzubeziehen, dient nicht nur dazu, bestmögliche Entscheidungen zu treffen, sondern sie ist auch ein Signal von Wertschätzung.
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Stellen Sie die Zahlen zur Verfügung, die ihre Mitarbeiter wirklich benötigen. Dies sind die Kanzleiumsätze gegliedert nach Leistungsbereichen. Die Personalkostenquote in Prozent, bezogen auf die Gesamtleistung, sollte ebenfalls gezeigt werden. Bei Einzelkanzleien und Personengesellschaften sollte die Vergütung des Inhabers bzw. der Partner als kalkulatorischer Unternehmerlohn in den Personalkosten enthalten sein. Hierdurch ist auch eine bessere Vergleichbarkeit mit Kapitalgesellschaften gegeben. Raumkosten und EDV-Kosten können jeweils in Summe bzw. in Relation zur Gesamtleistung gezeigt werden. Die weiteren Kosten sollten als ein Block dargestellt werden. Eine Deckungsbeitragsanalyse je Mandant und Auftrag sollte regelmäßig, mindestens monatlich, mit den Mitarbeitern durchgeführt werden. Die Besprechung von individuellen Umsatzkennzahlen sollte nur in Einzelgesprächen erfolgen. Kanzleiinterne Rennlisten sind ‒ nicht nur aus arbeitsrechtlichen Gründen ‒ zu vermeiden. |