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  • · Fachbeitrag · Lohn- und Gehaltsabrechnung

    Anlass für ein neues Beratungsgeschäft: Mit der Lohnabrechnung einen Fuß in die Tür setzen

    von Dipl.-Volksw. Dirk Kunde, Hamburg

    | Lohn- und Gehaltsabrechnungen werden aufgrund regelmäßiger Änderungen der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften immer komplexer. Neben branchenspezifischen Regeln kommen weitere elektronische Schnittstellen hinzu. So wird diese Dienstleistung für manche Kanzlei zum Zuschussgeschäft. Doch mithilfe der richtigen (Software-)Partner lässt sich das Blatt wenden, und die Abrechnung wird zum Anlass für ein neues Beratungsgeschäft. |

    Ausgründung oder Integrieren der Lohnbuchhaltung?

    Kann eine Leistung nicht kostendeckend erbracht werden, sollte der Anbieter sie aufgeben oder auslagern. Dieser Satz könnte in jedem BWL-Lehrbuch stehen. Die Lohn- und Gehaltsabrechnung ist in vielen Kanzleien ein entsprechendes Beispiel. Deshalb konzentrieren sich diverse IT-Anbieter auf diesen Bereich. Gibt man „Lohn- und Gehaltsabrechnung“ bei Google ein, stößt man auf die Lohnunion, Lohndirekt und Taxlohn. Letzteres ist eine Ausgründung von drei Steuerberatungskanzleien in Neutraubling bei Regensburg. Durch die Bündelung der Abrechnungen werden Skaleneffekte erzielt.

     

    Doch so eindeutig die Sachlage auf den ersten Blick sein mag, es gibt auch Auslagerungsgegner: „Die Lohnabrechnung gehört zum Kerngeschäft eines Steuerberaters. Sie dient als Einstieg zur Akquise in Sachen Beratung, aber auch der Finanzbuchhaltung“, sagt RA Detlef Bischoff. Der Geschäftsführer der Connex Steuer- und Wirtschaftsberatung in Halle (Saale) will den Bereich nicht externen Dienstleistern überlassen. „Vor allem für das Neugeschäft mit größeren Unternehmen ist unser Angebot der Lohn- und Gehaltsabrechnung hilfreich“, ist Bischoff überzeugt. Von den insgesamt 300 Mitarbeitern in den 32 Connex-Niederlassungen beschäftigen sich 15 ausschließlich mit Lohnabrechnungen, noch mal so viele übernehmen zusätzlich weitere Aufgaben. Die Kanzleigruppe ist vor allem in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen für Mandanten aus dem Mittelstand und dem Handwerk aktiv.

     

    Für die Lohn- und Gehaltsabrechnung hat sich Connex für eine Softwarelösung von Addison aus dem Hause Wolters Kluwer entschieden. „Addison ist eine lokal installierte Software, die im Zusammenspiel mit unserem Online-Portal funktioniert“, sagt Martin Bauer, Bereichsleiter Lohn und Gehalt bei Wolters Kluwer in Ludwigsburg, dem Hersteller der Software. Die Kanzlei, der Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer erhalten einen passwortgeschützten Zugang zum Online-Portal. Arbeitgeber können die monatlichen Abrechnungen und Auswertungen einsehen, herunterladen oder archivieren. Arbeitnehmer erhalten eine Mail mit der Benachrichtigung, dass eine neue Lohnabrechnung hinterlegt wurde. Er oder sie kann die Abrechnung einsehen, herunterladen und ausdrucken. Die Online-Archivfunktion entlastet die Personalabteilung der angeschlossenen Arbeitgeber. Benötigt ein Arbeitnehmer beispielsweise für einen neuen Mietvertrag die letzten drei Gehaltsnachweise und ihm fehlt eine, kann er das PDF-Dokument eigenständig aus dem Online-Portal herunterladen und ausdrucken.

    Lohnabrechnung herunterladen

    Das Rechenzentrum von Addison mit Standort in Deutschland fungiert als Drehscheibe für die diversen elektronischen Meldungen. Somit benötigt die Kanzlei beispielsweise kein eigenes Dakota-Zertifikat. Auf Wunsch übernimmt das Addison-Portal eine Pufferfunktion. Die Elster-Meldungen können vordatiert, von der Steuerberatungskanzlei erstellt und vom Rechenzentrum termintreu versendet werden. So werden Leerzeiten der Kanzleimitarbeiter vermieden. Für Connex bietet die Software noch einen Vorteil: Sämtliche Daten werden nahtlos in die Finanzbuchhaltung übernommen.

     

    Die technische Zweiteilung, lokale Software-Installation in der Kanzlei und Onlineverbindung zu einem Rechenzentrum, hat sich bei den meisten Software-Anbietern etabliert. Die Datev bietet „Lohn und Gehalt“ als PC-Programm an. Die Datensicherung als auch der Versand elektronischer Meldungen erfolgt über das Rechenzentrum der Genossenschaft in Nürnberg. Alternativ können Kanzleimitarbeiter mit LODAS arbeiten. Bei diesem Lohnabrechnungsprogramm erfolgt die Datenverarbeitung komplett im Datev-Rechenzentrum. Auf Wunsch werden hier auch Lohnabrechnungen für die Arbeitnehmer gedruckt, kuvertiert und verschickt. Ein aufwendiger und vor allem teurer Vorgang, den die Online-Portale zunächst reduzieren und eines Tages komplett überflüssig machen werden. Mit der Zunahme von Online-Rechnungen im privaten Umfeld beispielsweise beim Internet-, Telefon- und Kabelanschluss sowie anderen Verträgen wird die Akzeptanz des digitalen „Lohnzettels“ steigen.

     

    „Der Mitarbeiter erhält jeden Monat eine Mail mit einem Link zu unserem Online-Portal“, beschreibt Franz Stein, Prokurist und Bereichsleiter Produktmanagement und Support bei Agenda Informationssysteme in Rosenheim den Ablauf. Dann kann der Arbeitnehmer entscheiden, ob er einen Ausdruck für seine Unterlagen anfertigt oder das Online-Archiv nutzt.

     

    Zu einem „Renner“ hat sich das SBS Software WebCenter entwickelt, sagt PR-Manager Hans-Joachim Sterrer. Als virtuelles schwarzes Brett ermöglicht es den Datei-Transfer zwischen Mandanten und Steuerberater als auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Software-Entwickler aus Bretten hat zudem eine umfangreiche Rechenzentrumslösung mit ASP-Funktionalität (Application Service Providing) im Angebot. Als sogenannter OEM-Hersteller (Original Equipment Manufacturer) ermöglicht SBS Software den Einsatz seines Entgeltabrechnungs-Systems auch anderen Software-Häusern unter eigenem Namen.

     

    Auch Eurodata aus Saarbrücken bietet mit seinem Programm Edlohn eine reine Cloud-Lösung an, die beispielsweise von HMD Software aus Andechs empfohlen wird.

    Digitale Komplexität

    Die Verarbeitung im Rechenzentrum bietet auch Vorteile bei der Implementierung der elektronischen Schnittstellen. Jeden Monat müssen Daten an Arbeitgeber, Finanzverwaltung, Krankenkasse, Statistische Ämter und Banken übermittelt werden. „Die Datenübermittlungsverfahren wurden in den letzten Jahren immer mehr zu Datenaustauschverfahren“, wie es Datev-Sprecher Benedikt Leder formuliert. Als Beispiele nennt er die Elektronischen Lohnsteuer Abzugsmerkmale (ELStAM) sowie Bescheinigungen Elektronisch Annehmen (BEA). Es geht nicht mehr nur um die Übermittlung der Daten, sondern auch um die Verarbeitung der jeweiligen Rückmeldung.

     

    Christof Kurz von Eurodata bewertet diese Entwicklung kritisch: „Die von der Verwaltung im Rahmen der E-Government-Strategie ausgerufene Vereinfachung durch die Digitalisierung der Meldeprozesse wird derzeit auf dem Rücken der Lohnabteilungen ausgetragen. Der Anwender benötigt neben dem normalen Fach-Know-how zusätzlich immer mehr Wissen und Erfahrung in den einzelnen digitalen Verfahren, um auf Rückmeldungen der Verwaltung entsprechend reagieren zu können.“ Hier wirke die Digitalisierung gnadenlos. Konnten bei papiergebundenen Anträgen viele Eingabefelder einfach übergangen werden, weil sie für die Beurteilung im konkreten Fall nicht notwendig waren, laufen in der digitalen Welt unvollständige Anträge in Validierungsfehler bei den Annahmestellen, so Kurz.

     

    Im Bereich des Baulohns mit seinen elektronischen Meldeverfahren für die Zusatzversorgungskassen erhöht sich die Komplexität weiter, aber auch die digitalen Verfahren für Betriebsrentner oder Versorgungskassen für freie Berufe sind nicht zu unterschätzen. Für den Bereich Baulohn als auch Angestellte im öffentlichen Dienst bieten die meisten Software-Häuser Zusatzmodule an. Generell gilt bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung, je mehr variable und leistungsabhängige Bestandteile ein Lohn enthält, je mehr Beschäftigungsverhältnisse im Unternehmen vorkommen (Saison-, Teilzeitkräfte, Mini-Jobber etc.), umso höher ist der Erfassungs- und Abrechnungsaufwand. Während das externe Meldewesen bereits weitestgehend digitalisiert ist, kommen viele Arbeitnehmer-Stundenlisten noch immer auf Papier in der Kanzlei an, berichtet Detleff Bischoff aus der Praxis. „Doch die Disziplin ist da sehr gut“, sagt der Connex-Geschäftsführer. Als A und O der Lohnbuchhaltung sieht er die Stammdatenpflege. Mitarbeiter werden befördert, heiraten oder bekommen Kinder. Nur wenn diese persönlichen Daten stimmen, kann der Lohn korrekt berechnet, ausgezahlt und gemeldet werden.

    Hoher Schulungsbedarf

    Insbesondere die laufenden gesetzlichen Änderungen in dem Bereich bleiben eine Hürde für eine Kanzlei. „Die Änderungen kommen im Monatsrhythmus“, so Bischoff. Viele davon sind branchenspezifisch. Hat die Kanzlei keinen Mandanten aus der betroffenen Branche, mögen die Änderungen irrelevant sein. Doch sobald ein neuer Mandant einer anderen Branche hinzukommt, bedeutet das mitunter viel „Nachholbedarf“ beim Lohnbuchhalter. „Der Schulungsaufwand ist nicht zu unterschätzen“, sagt Bischoff. Alle drei Monate müsse ein Lohnbuchhalter zum Seminar. Bei Connex hat man eine hausinterne Weiterbildung etabliert, die auch auf Online-Schulungen setzt, sodass Reisekosten und -zeit gering gehalten werden.

     

    Hilft das alles nicht, bleibt nur die Auslagerung an einen Dienstleister. „Insbesondere bei kleineren Kanzleien sorgen Urlaub, Krankheit oder der Weggang des Lohnbuchhalters für Schwierigkeiten. Wir bieten einen gleichbleibenden und durchgehenden Service“, sagt Thorsten Meier, Geschäftsführer der Lohnunion. An den Standorten Kiel, Hamburg und Berlin verarbeitet das Unternehmen monatlich über 10.000 Abrechnungen. Dabei bleibt die Steuerberatungskanzlei auf Wunsch das Gesicht zum Mandanten. Sämtliche Kommunikation erfolgt weiterhin über den Steuerberater. In Sachen Datensicherheit unterliegt die Lohnunion den Pflichten des Bundesdatenschutzgesetzes. Sie arbeitet ausschließlich mit zertifizierten Rechenzentren zusammen. Zusätzlich lässt sich Meier bei Neueinstellungen von Mitarbeitern ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.

     

    Die Lohnunion zählt etliche Steuerberatungskanzleien zu seinen Kunden. Insbesondere bei kleineren Kanzleien beobachtet Meier, dass die übernommenen Daten teilweise fehlerhaft sind. „Ist nur ein Mitarbeiter in der Kanzlei für die Abrechnung verantwortlich, fehlt es im Team an fachlichem Austausch und Know-how“, sagt Meier. Die Tücke liege im Detail, denn gesetzliche Regelungen haben unterschiedliche Auswirkungen, je nachdem ob der Mandant Arzt, Freiberufler, Handwerker oder aus dem produzierenden Gewerbe ist. Dieses Wissen kann Meier in seinem 20-köpfigen Team leichter vorhalten, als eine Kanzlei, zu deren Kernaufgaben die Lohnabrechnung nicht gehört. Auch die Lohnunion bietet ihren Kunden ein Online-Portal an, in dem Arbeitnehmer ihre Lohnabrechnung als PDF-Dokument einsehen können. Auf Wunsch werden die Abrechnungen auch gedruckt, kuvertiert und entweder gebündelt an den Arbeitgeber oder einzeln an die Arbeitnehmer verschickt.

    Kosten und Deckungsbeiträge

    Das Angebot der Lohnunion startet bei 6,99 EUR pro Abrechnung. Ein Preisvergleich zwischen den Anbietern ist nicht einfach, da die Startpreise jeweils unterschiedliche Leistungen umfassen. Bei Lohndirekt geht es ab 3,99 EUR los und Eurodata gibt den Preis für eine All-Inklusiv-Abrechnung mit rund 1,30 EUR an.

     

    Welchen Preis eine Kanzlei von ihrem Mandanten für die Abrechnung verlangen kann, hängt von etlichen Faktoren ab. Dazu zählen unter anderem die Wettbewerbssituation als auch die wirtschaftliche Situation der Region. Für eine Normalabrechnung liegt die Preisspanne zwischen 10 und 15 EUR. Für Sonderabrechnungsformen wie Baulohn oder Öffentlicher Dienst liegen die Preise zwischen 15 und 20 EUR. „Es gibt Kanzleien, die konsequent eine Deckungsbeitragsrechnung im Lohn verfolgen und damit die Lohnabrechnung zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell entwickelt haben“, sagt Leder von der Datev.

     

    Wie sehr die richtige Software-Lösung dabei helfen kann, zeigt ein Beispiel aus Karlsruhe. „Im Bereich Lohn und Gehalt konnten wir die Produktivität um fast 30 % erhöhen“, sagt WP Olaf Meyer, Geschäftsführender Partner in der dhmp Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in Karlsruhe. „Das hat dazu geführt, dass wir trotz steigender Personalkosten und steigendem Fortbildungsaufwand bei gleichbleibenden Preisen unseren Deckungsbeitrag deutlich erhöhen konnten.“ Hier half der Umstieg auf eine andere Software. Die Kanzlei verfügt über die kritische Größe von 150 Mitarbeitern, die an sechs Standorten für die Kanzlei tätig sind. Doch auch kleinere Kanzleien, bei denen die Deckungsbeitragsrechnung negativ ausfällt, sollten die Lohn- und Gehaltsabrechnung nicht sofort einstellen. Diese Dienstleistung ist der „Fuß in der Tür“ des Mandanten. Die regelmäßigen Abrechnungen sind Anlass für weitere Kommunikation sowie Beratung. Wer sich in der Materie auskennt, kann seinem Mandanten beispielsweise steueroptimierte Arbeitgeberleistungen anstelle von Lohn- und Gehaltserhöhungen für die Mitarbeiter vorschlagen. Detlef Bischoff von Connex ist optimistisch und will durch diese Dienstleistung weiter wachsen: „Wir sehen hier gute Marktchancen, um an größere Kunden heranzutreten.“

     

    • Beispielrechnung: Ab wann rechnen sich Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Kanzlei?

    Einnahmen

    Anzahl Lohnabrechnungen pro Monat und Mitarbeiter

    Umsatz je Lohnabrechnung

    monatlicher Umsatz

    800

    10 EUR*

    8.000 EUR

    Ausgaben

    Bruttogehalt Kanzlei-Mitarbeiter

    AG-Anteile zur Sozialversicherung in Höhe von 22 %

    Gemeinkostenzuschlag in Höhe von 50 %

    Schulungsaufwand**

    Kosten

    3.200 EUR*

    704 EUR

    1.600 EUR

    250 EUR

    5.754 EUR

    Deckungsbeitrag

    2.246 EUR

     

     

    * Die Höhe der Erlöse für eine Lohnabrechnung sowie das Gehalt eines Kanzleimitarbeiters variieren ja nach Region. Die Zahlen dienen nur als Anregung für eine eigene Ermittlung von Unterdeckung oder Überschuss. Übernimmt der Mitarbeiter weitere Arbeiten in der Kanzlei, sind deren Deckungsbeiträge hinzuzurechnen.

    ** Veranschlagter Schulungsaufwand in Höhe von 3.000 EUR pro Jahr

     

    Checkliste / 

    • Verdient Ihre Kanzlei mit Lohn- und Gehaltsabrechnungen Geld?
      • Ja: Dienstleistung weiteren Mandanten anbieten (Skaleneffekte).
      • Nein: Auslagerung an einen Dienstleister / Wechsel des Softwareanbieters.
    • Setzt Ihr Software-Anbieter gesetzliche Veränderungen zeitnah um?
    • Haben Sie einen kompetenten Anbieter für Schulungen Ihrer Lohnbuchhalter? (Kosten- und Zeitvergleich: Online- vs. Präsenzschulungen)
    • Bietet der Software-Anbieter alle notwendigen Schnittstellen an (Finanzamt, Krankenkasse, Statistische Landesämter, Berufsgenossenschaft, Banken etc.)?
    • Werden sämtliche elektronischen Meldungen reibungslos übermittelt?
    • Gibt es für den Mandanten/Arbeitnehmer eine Online-Plattform zur Ansicht/Abruf der Lohn- und Gehaltsabrechnungen?
    • Besteht eine elektronische Datenübernahme der Lohnabrechnung in die Finanzbuchhaltung?
     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2015 | Seite 47 | ID 43043357