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  • · Fachbeitrag · Mitarbeiterführung

    So führen Sie Mitarbeiter im/aus dem Homeoffice

    von Marion Ketteler, Münster, www.kanzleiprofiling.de

    | Das Führen von Mitarbeitern im/aus dem Homeoffice ist für die meisten eine komplett neue Führungssituation. Um Mitarbeiter auf Distanz gut führen zu können, muss eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt werden, die im Büro vor Ort keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen. Es braucht eine andere Art der Führung, Technik, klare Regeln und Freiräume, damit das Homeoffice weder zur Einsamkeitsfalle noch zum Bindungsabbruch führt. Beide Aspekte guter Führung beleuchtet dieser Artikel. |

    Überdenken Sie Ihre Führungsrolle!

    Welcher Führungstyp sind Sie? Der kontrollierende, der abends die Leistungserfassungen der Mitarbeiter durchgeht und diese überwacht? Der Kollegen an der Teeküche an die Arbeitsplätze scheucht und der bei fünfminütiger Verspätung einen Vortrag hält? Dann haben Sie jetzt echt ein Problem. Führung von Mitarbeitern im Homeoffice funktioniert nicht über Kontrolle, sondern über Vertrauen. Im Homeoffice können Sie Ihre Mitarbeiter nicht mehr 1 : 1 überwachen. Das ist aber auch gar nicht nötig. Solange die durchschnittliche Bewertung von Arbeitspaket zu Geld stimmt, ist doch alles in Ordnung.

     

    • Beispiel

    Wenn eine Mitarbeiterin („Lerche“) schon um 15:00 Uhr mit dem Tagespensum fertig ist: Super. Dann kann sie gerne in den Wald spazieren gehen. Der Kollege („Eule“) hat vielleicht herausgefunden, dass er abends noch einmal eine gute Konzentrationszeit hat und teilt sich seine Arbeit nun anders ein. Prima: Solange er an den regelmäßigen und verbindlichen Besprechungen teilnimmt und seine Erreichbarkeit sicherstellt, kann er doch gerne eine lange Mittagspause machen und abends von 20:00 ‒ 22:00 Uhr noch ein wenig arbeiten.

     

    Führung im Homeoffice ist ergebnisorientiert. Stimmen die Zeiten und Leistungen, ist alles ok. Wenn nicht, gehen Sie gemeinsam auf die Suche nach den Ursachen und versuchen Sie Ihre Mitarbeiter so konkret wie möglich zu unterstützen. Was sind die Verhinderer der Arbeit? Fehlt es an Konzentration, weil kein abgeschlossenes Arbeitszimmer vorhanden ist? Dann helfen vielleicht gut abschirmbare Kopfhörer, die der Mitarbeiter aufsetzen kann, damit Ruhe herrscht.

     

    Beachten Sie | (Der Aufbau von) Vertrauen ist die größte Herausforderung beim Führen von räumlich verteilten Teams. Gerade der Mangel an persönlichen Kontakten und die fast nur auf den reinen Informationsaustausch gerichtete Kommunikation erschweren aber die Vertrauensbildung und gehen auf die Dauer zulasten der Teamidentität.

    Stärken Sie die Kommunikation!

    Wenn alle im Büro sind, können auch alle ganz leicht zusammenkommen: Besprechungen, fachlicher und persönlicher Austausch, eine gemeinsame Mittagspause ‒ alles kein Problem. Mal eben den Kopf beim Kollegen in den Raum stecken und eine Frage stellen ‒ tägliche Praxis. Auch Führungskräfte nutzen die kurzen Wege für schnelle Absprachen, einfache Konfliktklärung und vieles mehr. Im Homeoffice ist das alles erst einmal unmöglich. Jede Kontaktaufnahme bedeutet den Hörer in die Hand zu nehmen, eine E-Mail zu schreiben oder zu einem virtuellen Meeting einzuladen. Dieses so wichtige „Nebenher“ bzw. „Auf dem Weg“ gibt es nicht.

     

    Fördern Sie den Austausch untereinander

    Zusammenarbeit muss in Zeiten dezentraler Arbeitsplätze völlig neu gedacht und organisiert werden. E-Mails reichen da bei weitem nicht aus und sind kein geeignetes Medium zum Austausch und zur Sammlung von Inhalten zu unterschiedlichen Themenbereichen. Als Führungskraft sollten Sie das Problem adressieren. Sie sollten Verständnis wecken und die Mitarbeiter auffordern, viel in Kontakt miteinander zu kommen. Das setzt natürlich auch eine entsprechende technische Infrastruktur voraus: Zum einen natürlich echte Kollaborationstools und Möglichkeiten, virtuelle Besprechungen abzuhalten und zum anderen auch die technische Ausstattung der Mitarbeiter: Headset mit Mikrofon sollte zur Grundausstattung im Homeoffice gehören.

     

    Auf dem Markt gibt es eine Fülle von intuitiv bedienbaren, einfachen und preiswerten Tools, die die wirkliche Zusammenarbeit in Teams ermöglicht. Von Kanban-Boards bis zu Programmen, die alles aus einer Hand ermöglichen- die Sammlung von Inhalten und gemeinsame Besprechungen und Bearbeitungen von Inhalten. Das spart Zeit, unnötige Datenkopien und sichert die Informationsweitergabe an alle mit wenigen Klicks, weil hier Themen und Austausch an einer gemeinsamen Stelle abgebildet werden können.

     

    PRAXISTIPP | Man kann digitale Kommunikationsmedien nach ihrer medialen Reichhaltigkeit unterschieden. Es gibt wenig reichhaltige Medien, wie E-Mails oder Messaging-Dienste. Sie übermitteln nur rein informative Inhalte, emotionale und relationale Botschaften werden nicht transportiert. Reichhaltigere Medien (Videokonferenz-Tools) übermitteln nicht nur den Sachinhalt einer Nachricht, sondern auch die Mimik und Gestik des Anderen und damit persönliche Informationen. Das ist eine wichtige Bedingung für den Vertrauens- und Beziehungsaufbau bzw. -erhalt im räumlich verteilten Team.

     

    Überlassen Sie das Thema aber nicht einfach Ihren Mitarbeitern, sondern schauen Sie, dass diese Tools auch wirklich genutzt werden. Selbst wenn Sie am Anfang mit etwas Gegenwind rechnen müssen, gewöhnen sich doch alle schnell an neue Kommunikationsformen, wenn sie den Nutzen und Sinn erkennen können. Es liegt an Ihnen, das zu vermitteln und vorzuleben. Machen Sie es Ihren Mitarbeitern leicht, in Kontakt zu kommen. Nutzen Sie Tools, die einfach zu bedienen und anwenderfreundlich sind. Bauen Sie keine technischen Hürden auf. Und vor allen Dingen:

     

    Strukturieren Sie den Austausch untereinander ...

    Verlassen Sie sich nicht darauf, dass das alles schon irgendwie laufen wird. Nehmen Sie das Ruder aktiv in die Hand und strukturieren Sie die Kommunikation in Ihrer Kanzlei. Gerade wenn mehrere Medien nebeneinander eingesetzt werden, kann es rasch zu Verwirrungen kommen.

    • Beispiel

    Sie können z. B. mit den Mitarbeitern Leitlinien erarbeiten, in welchen Situationen welches Medium eingesetzt werden soll

     

    • Telefon ‒ in dringenden/komplexen Angelegenheiten
    • E-Mail ‒ in allen anderen Fällen
    • Kollaborationstool‒ wenn an gemeinsamen Dokumenten gearbeitet wird
    • Video-(Konferenz)-Tool ‒ nur für Besprechungen
    • Chat ‒ für die informelle Kommunikation

     

    Auf diese Weise gibt bereits der gewählte Kommunikationskanal einen ersten Aufschluss über das Anliegen.

     

    Das reicht natürlich nicht aus, um jeden da abzuholen, wo er ist Machen Sie regelmäßig, anfangs am besten täglich, ein gemeinsames Statusmeeting, in dem Sie folgende Dinge besprechen:

     

    • Musteragenda für ein Statusmeeting
    • Was war gestern?
    • Was steht heute an?
    • Gibt es geänderte Prioritäten?
    • Gibt es (auch persönliche) Herausforderungen?
    • Wer braucht wobei Unterstützung?
    • Wer hat eine pfiffige Lösung für ein typisches Homeoffice Problem
     

    Beachten Sie | Vergessen Sie nicht den informellen Austausch. Schlagen Sie gemeinsame virtuelle Kaffeepausen vor oder ein gemeinsames „Feierabendbier“ am Rechner.

     

    ... und gewähren Sie den Freiraum, eigene Formate zu entwickeln

    Natürlich muss es den Teams auch möglich sein, eigene Besprechungsformate zu entwickeln und zu leben. Manche Teams brauchen vielleicht mehr Kontaktmöglichkeiten als andere. Auch das hängt wieder von den Persönlichkeiten und der Art der Arbeit ab. Sehen Sie Besprechungszeit nicht als verlorene Arbeitszeit an, sondern als wichtige Plattform, um gemeinsam Ideen weiterzuentwickeln oder sich einfach auszutauschen und in Kontakt zu bleiben. Das ist für den Teamgeist mindestens genauso wichtig wie eine gemeinsame Zielerreichung. Beziehungen müssen gepflegt werden. Das gilt eben auch für Beziehungen von Kollegen auf Distanz.

    Entwickeln Sie ein offenes Ohr für die Mitarbeiter!

    Vielleicht fragen Sie sich, wie Sie das aktiv und aus der Distanz tun können. Wann immer ein Mitarbeiter sich über etwas beschwert, nehmen Sie die Beschwerde ernst und versuchen Sie, sie abzustellen. Versuchen Sie, die Arbeit Ihrer Mitarbeiter so reibungslos wie nur möglich ablaufen zu lassen. Braucht ein Mitarbeiter zusätzliches Equipment, damit er besser arbeiten kann? Feilschen Sie nicht lange und erfüllen Sie den Wunsch, sofern er nicht überzogen ist. Beschwert er sich darüber, dass er Sachverhalte nicht klären kann, weil Sie nicht erreichbar sind, machen Sie einen Termin aus und klären Sie das. Ihre Mitarbeiter werden sehr schnell merken, dass Sie versuchen, Ihnen das Arbeiten so leicht wie möglich zu machen. Das wird sie motivieren und auch sie werden sich bemühen, Ihnen entgegen zu kommen.

     

    Manchmal ist es auch hilfreich, einmal etwas Ungewöhnliches zu tun, damit der Frust aus der Welt ist, der sich angestaut hat.

     

    • Beispiel: Jammerlappen-Runde

    Bitten Sie alle Mitarbeiter, für die nächste Besprechung einen alten Lappen bereit zu halten. Dann läuten Sie die „Jammerrunde“ ein. Ihre Mitarbeiter können nun den persönlichen „Jammerlappen“ hochhalten und eine Minute ihr Leid klagen. Die anderen hören nur zu. Es geht nicht darum, alles sofort aus der Welt zu schaffen, sondern dem Jammern Raum zu geben. Das entlastet enorm, löst Frust und der Jammerlappen nimmt die Schärfe, weil es ja auch irgendwie lustig ist. So können Sie dann konstruktiv über die Lösung von Problemen sprechen.

     

    Ein Rat nicht nur für die Corona-Krise: Seien Sie nachsichtig

    Halten Sie aus, dass manche Ihrer Mitarbeiter jetzt nicht die Leistung abrufen können, die Sie gewohnt sind. Es werden wieder andere Zeiten kommen, in denen das möglich ist. Krisenzeiten können aber auch andere beflügeln, über sich hinauszuwachsen. Weil sie sich jetzt innerlich mehr erlauben, weil mehr möglich ist und mehr ausprobiert werden kann. Weil die Fehlertoleranz höher ist. Wie auch immer Sie Ihre Mitarbeiter im Homeoffice führen ‒ seien Sie sich der Auswirkungen bewusst. Es kann sein, dass die innere negative Einstellung dem Heimarbeitsplatz so groß ist, dass sich Fehler häufen oder die Produktivität leidet. Dann haben Sie herausgefunden, dass dieser Mitarbeiter auf Dauer nicht im Homeoffice arbeiten sollte ‒ es tut weder ihm noch der Kanzlei gut. Versuchen Sie dann bitte, ihn so schnell wie möglich zurück in die Kanzlei zu bekommen. Vielleicht reicht für den Anfang ja auch die Möglichkeit, sich mit einem Kollegen abzuwechseln und jeden zweiten Tag in die Kanzlei zu gehen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Ihre Mitarbeiter sind verschieden, ihre Bedürfnisse auch. Gehen Sie bitte darauf ein und bieten Sie jedem Mitarbeiter die Möglichkeit an, in den persönlichen Austausch mit Ihnen zu kommen. Das sichert die Bindung zur Kanzlei. Und das ist enorm wichtig, damit sie sich zugehörig fühlen. Anregungen hierfür finden Sie in dem Beitrag: „Homeoffice ist nicht Heimarbeit!“ (Ketteler, KP 20, Beitrag vom .......)
    Quelle: ID 46574132