· Fachbeitrag · Neue Dienstleistungen
So finden Sie unter Ihren Mandanten die richtigen für die betriebswirtschaftliche Beratung
von Carl-Dietrich Sander, Unternehmerberater, Kaarst
| Die Kanzleien gehen das Thema betriebswirtschaftliche Beratung sehr unterschiedlich an. Die Bandbreite reicht von gar nicht über zufallsgesteuert oder mehr oder weniger systematisch bis zur Auslagerung in eine Tochtergesellschaft mit gezielter Marktbearbeitung. In diesem Beitrag möchte ich Ihnen zeigen, wie Sie aus Ihrer Mandantschaft die passenden Kunden für eine zielgerichtete Ansprache herausfiltern. |
Die Struktur Ihrer gewerblichen Mandanten ‒ ein Einstieg
Die erste Frage ist die nach der derzeitigen Struktur der gewerblichen Mandantschaft. Viele Kanzleien nutzen zur Beschreibung Unterscheidungen wie Branche, Umsatzgröße oder Mitarbeiterzahlen, regionales Einzugsgebiet. Diese Selektionskriterien geben erste hilfreiche Antworten auf Fragen wie:
- Haben wir einen oder mehrere Branchenschwerpunkte ‒ und wie nutzen wir diese heute und in Zukunft z. B. als Branchenspezialist?
- Haben wir Schwerpunkte in bestimmten Unternehmensgrößen. Wie differenzieren wir mit Blick darauf heute unsere Beratungs- und Betreuungsaktivitäten und wie wollen wir diese morgen nutzen?
- Haben wir regionale Schwerpunkte ‒ und was bedeuten diese heute und morgen für unsere Aktivitäten mit diesen Mandanten?
Für die Arbeit an der Frage, welches die passenden Kunden für einen (weiteren) Ausbau der betriebswirtschaftlichen Beratung sind, reicht diese Sicht auf die Mandantenstrukturen aber nicht aus.
1. Selektion: Die 80-/20-Regel
Schauen Sie sich bitte einmal die Grafik an. Diese Einteilung bestätigt sich in Analysen immer wieder. Und auch spontan ‒ also ohne tiefgründiges Einsteigen in die Zahlen ‒ wird diese Einteilung von Kanzleien immer wieder bestätigt. 80 % des Ertrags wird mit 20 % der Mandate erzielt.
Im ersten Moment irritiert die untere Gruppe: Der negative Ertrags-Beitrag dieser Mandate resultiert aus unproduktiver Zusammenarbeit. Hier sammeln sich die Mandanten, die oft erst nach Mahnung bezahlen, die häufig die Zusammenarbeit bemängeln, die unzuverlässig in der Zulieferung von Daten sind ‒ und oft auch diejenigen, die einem selber nicht unbedingt so sympathisch sind. Und wenn dann noch mehrere dieser Negativ-Kriterien kumulieren, ist eigentlich schon klar, dass mit diesen Mandanten kein Geld (mehr) verdient wird. Aus dieser Einteilung ergeben sich viele spannende Fragen, auf die Sie und Ihre Mitarbeiter unter Umständen ganz unterschiedliche Antworten haben.
PRAXISTIPP | Bereiten Sie das Thema doch für die nächste Teambesprechung vor und diskutieren Sie im Team die folgenden Fragen. Vielleicht sehen die Antworten so oder so ähnlich aus. |
|
|
2. Selektion: Die Top-Mandanten der oberen Gruppe
Mit diesen Schlussfolgerungen können Sie einen Schritt konkreter werden: Widmen Sie sich jetzt Ihren Top-Mandanten, denen aus der oberen Gruppe. Nehmen Sie ein Blatt Papier zur Hand und notieren Sie die Namen in vier Kategorien: Umsatz, Ertrag, Geschäftspotenzial kurzfristig und mittelfristig. Beim Ertrag entscheiden Sie, welche Ertragsgröße Sie hier nutzen möchten. Und bei den Potenzialen legen Sie bitte anfangs fest, welche Potenziale Sie in den Blick nehmen wollen ‒ alle Geschäftspotenziale oder vielleicht nur diejenigen in der betriebswirtschaftlichen Beratung oder eine andere Differenzierung.
Checkliste / Unterteilung der Top-Mandate | ||||
Top-Mandanten nach Umsatz | ||||
Top-Mandanten nach Ertrag | ||||
Top-Mandanten nach Geschäftspotenzial für die kommenden zwölf Monate | ||||
Top-Mandanten nach Geschäftspotenzial für die kommenden drei Jahre | ||||
Versuchen Sie im ersten Schritt die Namen aus eigener Überlegung zu notieren ‒ und nehmen Sie erst im zweiten Schritt die EDV zur Hilfe. Auch diese Unterscheidung kann schon sehr spannend sein.
Aus der Gesamtschau ergeben sich wiederum interessante Fragen:
- Sind die Top-Mandate nach Umsatz und Ertrag dieselben? Wenn nicht, welche Konsequenzen hat das?
- Finden sich die Top-Mandate nach Umsatz und/oder Ertrag auch beim kurz- und langfristigen Geschäftspotenzial wieder? Und welche Konsequenzen hat das?
Die Konsequenzen wirken sich wiederum auf die einzelne Mandatsbeziehung, auf die Bedeutung des Mandats in der Kanzleistrategie und auf das Betreuungskonzept für das Mandat aus.
3. Selektion: Offen für betriebswirtschaftliche Themen
Mit Blick auf die Top-Mandate kann jetzt ein weiterer Selektions-Schritt erfolgen: Welche dieser Mandate schätzen Sie als offen für Themen der kaufmännischen Unternehmensführung und damit der betriebswirtschaftlichen Beratung ein? Die Antwort auf diese Frage beruht auf Gesprächserfahrungen ‒ aber Achtung, siehe oben: Wann haben Sie zuletzt den Beratungsbedarf gegenüber diesen Mandanten thematisiert? ‒ und ganz klar auf dem Bauchgefühl.
PRAXISTIPP | Ein weiterer Aspekt: Wenn Mandanten bereits im Alter der anstehenden Unternehmensnachfolge sind (Banken beurteilen dies im Rating ab einem Alter von 55 Jahren), dann beziehen Sie auch die potenziellen Nachfolger/innen in die Überlegungen mit ein. Vermutlich werden diese jünger und damit tendenziell offener sein. |
4. Selektion: Pilotkunden auswählen
Welche der Mandate aus der dritten Selektion sollen von wem, wie und worauf angesprochen werden? Hier empfiehlt sich ein weiterer Selektionsschritt: Die Kanzlei sucht eine kleine Anzahl von „Pilotkunden“ aus. Das sind diejenigen Mandanten, bei denen die größte Offenheit und damit Erfolgswahrscheinlichkeit für die Ansprache auf betriebswirtschaftliche Themen gesehen wird. Mit den Erfahrungen aus diesen Ansprachen werden dann die anderen Mandanten angesprochen.
Den Blick schärfen ‒ die Mannschaft einbeziehen
Die Selektion der passenden Mandate sollten die Berufsträger/innen in der Kanzlei nicht alleine durchführen. Die Mitarbeitenden haben einen anderen Blick auf die Mandanten ‒ weil sie aus der täglichen Zusammenarbeit einen anderen Zugang haben. Daher ist es immer sinnvoll, alle oder gezielt ausgesuchte Mitarbeitende in die Überlegungen einzubeziehen. Also beantworten diese Mitarbeitenden die gleichen Fragen wie die Berufsträger/innen.
PRAXISTIPP | Wenn Sie die Mitarbeiter auch in die vorhergehenden Selektionsschritte miteinbeziehen wollen, was ich Ihnen empfehle, da Sie so interessante Einsichten erfahren, berücksichtigen Sie bitte, dass einige Mitarbeiter die Meinung erst „frei äußern“, wenn sich der Chef positioniert hat. Dem begegnen Sie, indem Sie die vorhergehenden Selektionsschritte als eigenständig zu erledigende Aufgabe vergeben, deren Ergebnis in der Teamsitzung vorgestellt wird. |