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Wege in die Partnerschaft und wieder heraus: So gelingen Zusammenschluss und Nachfolgeregelung
von Alexander Jost, Lauf
| Die Gründe, warum sich Steuerberater seit einigen Jahren immer häufiger zusammenschließen, sind vielfältig: So wird es für den traditionellen Einzelberater zunehmend schwieriger, die immer differenzierteren Anforderungen seiner Mandantschaft zu erfüllen. Hinzu kommen wachsender Wettbewerbsdruck, eine angespannte Lage auf dem Personalmarkt und die wichtige Frage der Nachfolgeregelung. Doch ebenso schwierig wie zunächst einmal einen geeigneten Partner für die Zeit der aktiven Berufsausübung zu finden ist es, die Nachfolge innerhalb einer Partnerschaft zu regeln. |
Partnerschaften erfreuen sich großer Beliebtheit
Die Partnerschaft liegt bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern hoch im Kurs - das offenbart der Blick in die aktuelle Berufsstatistik. So nimmt nicht nur die Anzahl der Steuerberaterpraxen insgesamt in Deutschland ständig zu und erreichte mit 79.885 Steuerberatern und 53.647 Praxen zum 1.1.13 einen neuen Höchstwert. Vielmehr lässt sich seit Jahren auch ein leichter Konzentrationstrend erkennen, denn die Zahl der Sozietäten und Partnerschaften wächst etwas stärker als die Gesamtzahl der Praxen.
Die aktuelle Statistik weist zum Stichtag 1.1.13 insgesamt 37.613 Einzelpraxen aus, 7.176 Kanzleien werden als berufliche Zusammenschlüsse - etwa in Form der Partnerschaftsgesellschaft - geführt und 8.858 agieren als Steuerberatungsgesellschaften. Einen starken prozentualen Zuwachs verzeichnete (wie auch schon in den beiden Jahren zuvor) die Partnerschaftsgesellschaft, die sich aufgrund ihrer Haftungsbegrenzung zunehmender Beliebtheit erfreut. Doch auch die Anzahl der Steuerberatungsgesellschaften ist in 2012 um 2,3 % gewachsen.
Vorteile einer Partnerschaft
Der Gang in die Partnerschaft, Gesellschaft oder Sozietät ist für Steuerberater unter vielen Gesichtspunkten eine äußerst attraktive Option: So lassen sich durch den Zusammenschluss mit einem Kollegen ad hoc Kundenkreise in Branchen oder Regionen ansprechen, zu der die Kanzlei bis zu diesem Zeitpunkt keinen Zugang hatte. Strategisch interessant ist dies besonders dann, wenn einer der Partner über eine Spezialisierung oder besonderes Beratungs-Know-how verfügt. In Zeiten des immer komplexer werdenden Steuerrechts sorgt die Zusammenarbeit dafür, dass eine hochqualifizierte - und für die Kanzlei wirtschaftliche - Beratung in allen Bereichen möglich ist.
Außerdem erleichtert die geteilte Führung die Übernahme von Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen. Das belastende Gefühl vieler Einzelberater, nie ausfallen zu dürfen, entfällt. Doch auch bei der täglichen Führung der Kanzlei erleichtert der Zusammenschluss mit einem Kollegen vieles. So können sich die beiden Partner die Führungsaufgaben so aufteilen, dass jeder genau das erledigt, was ihm am ehesten liegt.
Partner gewünscht: Anforderungen und Vorgehensweise
Wer sich mit dem Gedanken trägt, seine Kanzlei künftig nicht mehr allein, sondern mit einem Partner zu führen, steht vor der grundsätzlichen Frage, in welcher Form dies verwirklicht werden soll. Denkbar ist entweder der Zusammenschluss mit einer bestehenden Kanzlei oder die Aufnahme eines Berufsträgers ohne eigene Strukturen und Mitarbeiter. Beide Konzepte bringen Vor- und Nachteile mit sich, die idealerweise mit einem externen Kanzleiberater diskutiert werden sollten.
Voraussetzung: Genügend Umsatz für mehrere Partner
Zunächst bedarf es eines kritischen Blicks auf den Kanzlei-Umsatz. Nur wenn dieser bestimmte Grenzen nicht unterschreitet, ist die Hereinnahme eines Partners überhaupt realisierbar. So sollten auf jeden Partner zwischen 400.000 und 500.000 EUR Umsatz entfallen, damit der daraus resultierende Gewinn nicht nur einen angemessenen Lebensunterhalt sicherstellt, sondern ggf. auch für den Kapitaldienst zur Verfügung steht. Erwirtschaftet eine Kanzlei beispielsweise 600.000 EUR Umsatz, dann kann dies nur im Ausnahmefall für zwei Partner ausreichend sein - nämlich dann, wenn nicht viel Personal vorhanden und die Rendite entsprechend hoch ist. Doch solche Kanzleien sind eher die Ausnahme.
Bei etwa 1 Mio. EUR Jahresumsatz verläuft die Grenze, jenseits der es sinnvoll ist, einen dritten Partner zu integrieren. Liegt die Rendite bei 35 %, entfällt bei zwei Partnern auf jeden davon ein Gewinnanteil in Höhe von 175.000 EUR. Bei drei Partnern reduziert sich dieser auf rund 120.000 EUR. Dies kann ausreichend sein, sofern die Mittel, die für die Rückführung eines etwaigen Darlehens zur Finanzierung des Anteilskaufs aufgewendet werden müssen, verhältnismäßig gering sind. Bei einer hohen Belastung allerdings sinkt das persönliche Einkommen eines potenziellen neuen Partners schnell unter den Betrag, den er als angestellter Steuerberater möglicherweise mühelos erzielen könnte. Liegt zudem die Rendite noch deutlich unter 35 %, wird das Modell für alle Beteiligten gleichermaßen unattraktiv.
Hinweis | Dieses Rechenexempel verdeutlicht, dass die Option, einen Berufsträger in die Kanzlei zu integrieren, lediglich für einen Teil der Beraterschaft gegeben ist. Für den anderen Teil bietet sich nur die Fusion an.
Herausforderung: Den richtigen Partner finden
Wenn es die finanziellen Voraussetzungen hergeben, stehen Kanzleien, die einen Berufsträger integrieren wollen, vor der Herausforderung, einen passenden Partner zu finden und zu gewinnen. Dabei ist das Risiko, sich den Falschen ins Boot zu holen, beträchtlich. Minimieren kann dies letztlich nur eine vorgeschaltete Anstellung mit der Option auf Partnerschaft. Denn Papier ist bekanntlich geduldig. Das gilt in besonderer Weise für Verträge, die künftige Partnerschaften regeln sollen. Nicht selten wird bei Aufnahme eines neuen Partners viel Mühe darauf verwendet, sämtliche relevanten Punkte zu identifizieren, zu vereinbaren und festzuschreiben. Schließlich wollen sich beide Seiten bestmöglich absichern. Wie sich der neue Kollege anschließend jedoch tatsächlich einführt, ob sein Führungsstil und seine Arbeitsweisen zu den anderen Partnern und zur Kanzlei passen, entzieht sich nicht nur einer vertraglichen Regelung, sondern ist selbst nach zahlreichen Gesprächen nicht absehbar. Das zeigt sich immer erst in der Praxis.
PRAXISHINWEIS | Unerwartete Schwierigkeiten schließt aus, wer einer Partnerschaft grundsätzlich ein Angestelltenverhältnis - mit der klar geregelten Option auf Beteiligung zu einem bestimmten Zeitpunkt - vorschaltet. Dabei ist es wichtig, nicht nur eine entsprechende Formulierung (z.B. „Wenn beide Seiten dies wünschen ...“) mit in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, sondern zeitgleich bereits einen unterschriftsreifen Partnerschaftsvertrag zu erarbeiten. Nur wenn alle Eckpunkte der geplanten Beteiligung schon im Vorfeld der Anstellung festgeschrieben sind, ersparen sich beide Partner unangenehme Dauerverhandlungen über Details während der Angestelltentätigkeit. |
Konditionen und Termine für die Partnerschaft
Das zentrale Thema ist für beide Seiten die Höhe des Anteils und der damit verbundene Kaufpreis. An dieser Stelle ergibt sich weniger Stoff für Diskussionen, wenn die Partner der Kanzlei ihre Anteile im Vorfeld ohnehin regelmäßig bewertet und zudem die Szenarien für den Ausstieg geregelt haben. Neben den Konditionen und Modalitäten müssen insbesondere die Termine festgelegt werden. Die Vertragspartner definieren sowohl den Zeitpunkt des Beginns der Partnerschaft als auch den des Ausstiegs.
Zu den Pflichten des eintretenden Kollegen gehört es, sich um die Finanzierung des Vorhabens zu kümmern - und ebenfalls bereits zum Zeitpunkt des Eintritts in das Angestelltenverhältnis Unterlagen über entsprechende Zusagen vorzulegen. Dies mag dem Juniorpartner in spe möglicherweise verfrüht erscheinen. Vergegenwärtigt man sich jedoch, dass letztlich die Wertsicherung der Kanzlei im Vordergrund steht, erfährt ein solches Procedere schnell seine Berechtigung: Die etablierten Partner schützen sich auf diese Weise davor, den Mandanten verfrüht potenzielle Nachfolger zu präsentieren und bei einem Scheitern den damit verbundenen Imageschaden in Kauf nehmen zu müssen. Außerdem sprechen sie durch die vergleichsweise hohe Hürde von vornherein nur ernsthafte Anwärter an.
Worst Case: Auflösung einer Partnerschaft
Eine Garantie dafür, dass die Partnerschaft hält, bieten auch diese Maßnahmen nicht, doch sie reduzieren die Wahrscheinlichkeit dafür drastisch. Geht die Partnerschaft dennoch in die Brüche, schließt sich ein aufwendiger Prozess an, der nicht selten Jahre in Anspruch nimmt. Im besten Fall erreichen die (Ex-)Partner eine einvernehmliche Trennung und bemühen die Gerichte nicht. Der wichtigste Aspekt, dem beide Parteien in dieser Situation ihre Hauptaufmerksamkeit zuwenden sollten, ist die Kommunikation mit den Mandanten. Unterbleibt diese Krisenkommunikation oder wird sie nur mangelhaft ausgeführt, dezimiert nicht nur die eventuell anstehende Realteilung den eigenen Mandantenstamm, sondern es verflüchtigen sich viele Mandate ohnehin ganz schnell. Denn viel schwerer als die organisatorischen und finanziellen Lasten, die eine Trennung mit sich bringt, wiegt der Verlust an Vertrauen.
Hinweis | Mandanten und Mitarbeiter reagieren im Übrigen gleichermaßen empfindlich auf Fluktuation im Führungskreis. Oberstes Ziel der trennungswilligen Partner muss es sein, möglichst viele Mandanten zu behalten - und dies funktioniert nur, wenn beide möglichst lange an einem Strang ziehen.
Nachfolge: Anteile gezielt und mit Plan übertragen
Das Ausscheiden eines Partners müssen Steuerberater aber nicht nur im Konfliktfall, sondern regelmäßig aus Altersgründen organisieren. Findet sich nicht unmittelbar ein interner Nachfolger, muss der Anteil des Ausscheidenden im Normalfall auf dem Markt veräußert werden. Dabei sind Teile von Einheiten generell schwerer zu verkaufen als kleine Gesamtkanzleien. Es gibt hierzulande inzwischen eine ganze Reihe von Kanzleien, bei denen der Umsatzanteil pro Partner auf über 1 Mio. EUR angewachsen ist. Für diese Anteile einen einzelnen Steuerberater als Käufer zu finden, ist äußerst schwierig. Die wenigsten Existenzgründer sind heute bereit, eine so hohe Summe zu investieren, um am Ende doch nur einer von mehreren bei der Entscheidung sämtlicher unternehmerischer Belange zu sein. Hinzu kommt ein Arbeitsmarkt, der hochqualifizierten und spezialisierten Steuerberatern durchaus Gehaltsspannen zwischen 100.000 und 110.000 EUR im Angestelltenverhältnis bietet - ganz ohne Risiko und finanzielle Verpflichtungen.
Im Endeffekt führt dies dazu, dass zu wenig Existenzgründer als potenzielle Nachfolger für die mittelgroßen Kanzleien zur Verfügung stehen. Als Alternative zur Veräußerung der Einzelbeteiligung ziehen diese Kanzleien dann häufig die Fusion mit einer Kanzlei ähnlicher Größe in Betracht.
Zusammenschluss auf Augenhöhe
Der Zusammenschluss auf Augenhöhe kann außerordentliche Chancen für beide Praxen eröffnen - wenn wesentliche Punkte bei der Integration beachtet werden. Denn auch wenn zwei Kanzleien eine ähnliche Größe und Struktur besitzen, die Unternehmenskultur ist im Normalfall grundverschieden. Dies führt im Falle einer Fusion fast unweigerlich zu Konflikten innerhalb der Mitarbeiterschaft. Gibt die Kanzlei-Leitung nicht unmissverständlich vor, an welchem der beiden Konzepte die Zukunft des gemeinsamen Unternehmens ausgerichtet werden wird, setzt normalerweise ein regelrechter Kampf der Systeme ein, bei dem sich selten die besten Ideen durchsetzen. Vielmehr arbeiten die Mitarbeiter bald gegeneinander statt miteinander. Jede Seite versucht, sich auf Kosten der anderen zu profilieren.
Diese Prozesse von vornherein zu unterbinden und für eine tragfähige Integration der beiden Ausgangskanzleien zu sorgen, ist die zentrale Aufgabe der Partner. Neue Strukturen und Leitbilder entwickeln sich nicht von selbst, sondern müssen vorgegeben werden. Das setzt voraus, dass zunächst einmal auf Partnerebene Einigkeit darüber besteht, wie die Zukunft der gemeinsamen Kanzlei - aber auch der ganz normale Arbeitsalltag - aussehen soll.
Nach dem Zusammenschluss: Chance zur Weiterentwicklung
Stimmen diese Voraussetzungen und gelingt dadurch die Post-Merger-Integration rasch, dann bietet ein solcher Zusammenschluss hervorragende Chancen zur Weiterentwicklung der Kanzlei: durch die neue Größe können zusätzliche Mandantengruppen angesprochen werden, das erweiterte Team erlaubt eine zunehmende Spezialisierung der einzelnen Mitarbeiter, die Partner entlasten sich gegenseitig in bestimmten Führungsbereichen und gewinnen Zeit für eine hochqualifizierte Beratung und besondere Mandanten.
Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung
Formalrechtlich könnte die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB) für interprofessionelle Kanzleien künftig eine attraktive Form sein, Zusammenschlüsse zu regeln. Mit ihr entsteht eine Rechtsform, die die Vorteile der Personengesellschaft mit denen einer GmbH maßgeschneidert für die Zusammenarbeit von Steuerberatern, Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern verbindet. Von Nachteil war die GmbH im Kontext Zusammenschluss und Nachfolge in den Augen vieler Kaufinteressenten bislang insofern, als dass die Anteile im Falle eines Kaufs nicht abschreibbar sind. Die Partnerschaftsgesellschaft mbB kann diese Problematik nun bei gleichzeitiger Haftungsbeschränkung auflösen und räumt damit eine wichtige Hürde bei der Schaffung von interprofessionellen Partnerschaften aus dem Weg. Siehe dazu auch den Beitrag „Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung passiert den Bundesrat“ in KP 13, 135.
Nachhaltigkeit: Klare Strategie entscheidet
Letztlich entscheiden rechtliche Gestaltungsvarianten aber nur in den wenigsten Fällen über Erfolg und Misserfolg einer Partnerschaft. Viel wichtiger ist, dass die Partner von ihrer Persönlichkeitsstruktur her miteinander harmonieren und eine ähnliche Vorstellung von der strategischen Ausrichtung ihrer Kanzlei haben. Das gilt sowohl für den Zusammenschluss von ähnlich großen Praxen, die bereits mehrere Partner haben, als auch für die Aufnahme eines einzelnen Steuerberaters.
Um überhaupt eine nachhaltige Strategie entwickeln zu können, sollten Steuerberater in jede berufliche Konstellation unbedingt auch die persönliche Ebene mit einbeziehen. Wer seine Lebensziele genau kennt, kann leichter eine Marschrichtung für die Entwicklung der Kanzlei definieren: Wie stark soll sie wachsen? Wie viele Partner sind ideal? Wann will ich mich zurückziehen? Es ist wichtig, diese Fragen frühzeitig (und ggf. immer wieder) zu beantworten. Denn kurzfristig etwa einen Anteil an einer Kanzlei zu veräußern, ist ebenso schwierig wie die Gestaltung einer Trennung von einem Partner, der zwar schnell gefunden war, aber dann doch irgendwie nicht passte.
Zum Autor | Alexander Jost, Vorstand der Jost AG, Autor des Buchs „Notfallplanung für Steuerberater - für Schicksalsschlag und Nachfolge“