· Fachbeitrag · Weiterbildung
Für jeden die passende Weiterbildung: Zeit und Geld sparen mit Webinaren & Co.
von Alexandra Buba, M. A., freie Wirtschaftsjournalistin, Nürnberg
| Steuerberater sind gesetzlich zur Weiterbildung verpflichtet. Deshalb steht auch eine Vielzahl von Anbietern auf einem unübersichtlichen Markt bereit. Insbesondere im Internet haben sich viele neue Angebote entwickelt, die Kanzleien helfen, einfach und effizient up to date zu bleiben. Und auch das klassische Präsenzseminar behält seine Berechtigung. Aber welche Formate sind für Steuerberater relevant und bieten den größten Lernerfolg? |
Der aktuelle Trend: mobiles Lernen
Wissen ist zwar gerade in der Informationsgesellschaft Macht, in seinem Übermaß gelegentlich aber auch eine regelrechte Plage. Die Kunst besteht in der Sortierung. Bei der Auswahl der richtigen Weiterbildung für Steuerberater geht es in erster Linie darum, das passende Angebot zu identifizieren. In den vergangenen Jahren haben sich neben den Klassikern - Fachliteratur und Präsenz-Seminar - neue digitale Lernformen herausgebildet. So tauchen inzwischen permanent neue Begrifflichkeiten wie Webinar, MOOCS (Massive Open Online Courses), Gamification oder Social Learning auf. Als wichtigster Trend gilt derzeit das mobile Lernen - jederzeit und überall.
Doch bringen diese neuen Möglichkeiten tatsächlich mehr Lernerfolg in kürzerer Zeit? Sind die Formate überhaupt alle für Steuerberater relevant? Und ist altbacken, wer heute noch eigens hundert Kilometer zu einer Fachtagung fährt? Keineswegs, meinen Lernprofis.
Strategische und menschliche Facetten von Weiterbildung
„Die wirklich wichtigen Veränderungen sind für mich weniger das Auftauchen von technischen Möglichkeiten, E-Learning-Varianten und Modebegriffen, sondern folgende strategischen und menschlichen Faktoren: die zunehmende Bedeutung von Weiterbildung als Maßnahme gegen Fachkräftemangel, für den Umgang mit sehr raschen Veränderungen von gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, aber auch das veränderte Lernverhalten“, erklärt etwa Frank Küffner, Leiter DATEV-Kolleg. „Die Aufmerksamkeitsspanne nimmt ab, die Geschwindigkeit, mit der Informationen aufgenommen und bewertet werden, nimmt hingegen zu.“
Auf diese Veränderungen stellen sich die Bildungsanbieter im Moment ein und passen ihre Inhalte an. Der Markt für Online-Bildungsangebote verzeichnet derzeit zweistellige Zuwachsraten. In der Anfangszeit noch experimentell und kostenlos, entwickelten Bildungsanbieter in den vergangenen Jahren Online-Seminare zum professionellen Format weiter. Inzwischen bieten nicht nur die berufsständischen Anbieter TeleTax GmbH und DWS Steuerberater-Online GmbH eine große Bandbreite an Themen an, sondern auch Fachverlage wie z.B. das IWW (www.seminare.iww.de).
Wahl der Seminarform ist themen- und typabhängig
„Ob Steuerberater eher Online- oder Präsenz-Seminare buchen, ist sowohl themen- als auch typabhängig“, weiß Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer. „Vor allem die jüngeren Berufsangehörigen wenden sich zunehmend den neuen Medien zu und präferieren die Vorteile der Online-Fortbildung. Sie sind unabhängig von Zeit und Ort, womit eine hohe Flexibilität ermöglicht wird. Die Seminare sind zeitlich uneingeschränkt abrufbar und können sowohl im Team als auch allein genutzt werden.“ Andererseits sei für viele der unmittelbare Kontakt mit dem Referenten bzw. der fachliche Austausch mit anderen Seminarteilnehmern von großer Bedeutung. Insofern werden Online-Seminare den Besuch von Präsenz-Seminaren und -Lehrgängen zwar ergänzen, nicht aber ersetzen können.
Die Bundessteuerberaterkammer selbst bietet ausschließlich Präsenz-Seminare an. Die Online-Fortbildung wird über die Tochtergesellschaft des DWS-Instituts, die DWS Steuerberater-ONLINE-GmbH, organisiert: Im Zentrum steht die multimediale Weiterbildung im Steuerrecht und in der anwendungsorientierten Betriebswirtschaftslehre.
Gute Gründe für digitale Inhalte
Das digitale Lernen erlaubt eine weitaus effizientere und kontinuierlichere fachliche Weiterbildung als dies bei Präsenz-Seminaren möglich ist. Reisekosten entfallen und die Seminare sind vergleichsweise günstig. In der Steuerberatungsbranche haben sich inzwischen Preise um die 100 EUR pro Seminar herausgebildet. Auch können eine ganze Reihe von Abonnements zu bestimmten Themenkomplexen inzwischen zu einem reduzierten Preis gebucht werden. „Wer regelmäßig Online-Seminare besucht, spart nicht nur Geld, sondern steigt damit auch vom punktuellen auf das kontinuierliche Lernen um“, erklärt Küffner. „Das ist zwar für die meisten erst einmal schwierig, gewährleistet in der Folge aber einen größeren Lernerfolg.“
Digitales Fortbildungsangebot für Steuerberater
Bei den Seminaren, die für Steuerberater derzeit digital angeboten werden, kann zwischen Live-Seminaren und Aufzeichnungen unterschieden werden. Während die Aufzeichnung entweder über DVD bezogen oder als Webcast abgerufen werden kann, ist ein Live-Seminar (oder auch Webinar genannt) interaktiv ausgelegt und erlaubt die Kommunikation zwischen Referenten und Teilnehmern. Daher gibt es stets einen fixen Termin, zu dem das Seminar stattfindet. Der Vortrag wird in der Regel via VoIP (Voice over Internet Protocol) übertragen. Die Technik funktioniert in beide Richtungen, wenn der Teilnehmer ein Mikro oder Headset an seinen PC angeschlossen hat. Heute können sich zwar ohne technische Probleme mehrere Personen gleichzeitig per VoIP unterhalten; häufig ist aber dennoch vorgesehen, Fragen und Kommentare per Chat abzugeben, um Rückkopplungen auszuschließen.
Theoretisch können sich bei einem Online-Seminar beliebig viele Teilnehmer hinter den Bildschirm setzen - tatsächlich nehmen i.d.R. auch mehrere Mitarbeiter gleichzeitig teil. Dagegen projizieren erst wenige Kanzleien den Referenten via Beamer an die Wand ihres Konferenzraums und versammeln das Team vollständig zur Weiterbildung. DATEV-Kolleg-Leiter Küffner schätzt, dass mittlerweile ein Drittel aller DATEV-Seminare online besucht werden.
Bei der Gestaltung des Angebots orientiert sich die DATEV sowohl an unterschiedlichen Lerntypen als auch an den verschiedenen Zielgruppen: Azubis, Neu- bzw. Wiedereinsteiger, Chefs, Programmanwender. Ein besonderes Angebot der DATEV ist der sogenannte Kanzlei-Organisationsbeauftragte. Für eine monatliche Pauschale stehen diesem Personenkreis - den die Steuerberater ernennen - fast das gesamte Weiterbildungsangebot und zudem spezielle Workshops für den kollegialen Erfahrungsaustausch zur Verfügung. Damit sollen die Kanzlei-Organisationsbeauftragten ihre Rolle als Wissensträger und Multiplikator auch in Fragen der Software-Nutzung erfüllen können.
Eine Alternative: Lernprogramme
Neben den gerade boomenden Online-Seminaren finden Steuerberater und ihre Mitarbeiter auch eine ganze Reihe von Lernprogrammen auf dem Markt, bei denen Quellen und Querverweise im Gegensatz zur gedruckten Fachliteratur unmittelbar verlinkt sind. „Wir haben einen treuen Kundenstamm für unsere Programme“, berichtet StB Dipl.-Kfm. Maik Czwalinna, Referent Steuerrecht beim Deutschen Steuerberaterverband (DStV) und Redakteur bei der TeleTax GmbH in Berlin. Das 2001 von der DATEV und dem DStV gemeinschaftlich gegründete Unternehmen setzt bewusst auf die beiden Produktlinien Online-Seminar und Lernprogramm.
„Es ist auch eine Frage des Typs“, weiß Czwalinna, „lerne ich gern allein oder bin ich lieber in einer Community? Gefällt mir Frontalunterricht oder lese ich lieber etwas für mich nach?“ Wer mit einem Lernprogramm arbeitet, bestimmt sein Tempo selbst und erspart sich möglicherweise Diskussionen, die ihn nicht weiterbringen. Im Gegensatz zum reinen Studium von Fachliteratur bietet Lernsoftware die Möglichkeit, Inhalte unmittelbar zu vertiefen: Wichtige Stellen lassen sich sofort komfortabel per Mausklick im Kommentar nachlesen. Gleichzeitig bleibe die Aktualität gewährleistet. Auf Gesetzesänderungen und aktuelle Urteile werde sofort reagiert und das Angebot erarbeitet.
Blended Learning oder integriertes Lernen
Jede Woche erscheinen in seinem Haus 15-Minuten-Einheiten zur aktuellen Rechtsprechung - einen Bildungsrhythmus, den Czwalinna für angemessen hält: „Regelmäßige Fortbildung ist sowohl aus Qualitäts- als auch aus Haftungsgründen unerlässlich. Der BFH hat den Steuerberatern ja gerade einmal sechs Wochen Zeit gegeben, die aktuelle Rechtsprechung kennenzulernen.“ Mit dieser Anforderung Schritt zu halten, fällt vermutlich am leichtesten, wenn man Präsenz- und Online-Seminar kombiniert. Auch für diese Form gibt es einen Begriff: Blended Learning oder integriertes Lernen.
Lernforscher bescheinigen Blended-Learning-Konzepten einen besonders hohen Lernerfolg, da sie die Vorteile von Präsenz-Veranstaltungen mit denen des E-Learnings kombinieren. Wesentlich dabei ist, dass die Teilnehmer sich im Selbststudium bereits vorbereitet haben, ehe sie eine Veranstaltung vor Ort besuchen. „Blended Learning ist in Kanzleien momentan schwer zu platzieren. Es ist zu Beginn einfach anstrengender, kontinuierlich zu lernen und sich eigenverantwortlich neues Wissen anzueignen, das dann in Präsenzphasen für Fallstudien und Aufgaben vorausgesetzt wird“, weiß Küffner. „Da ist es viel bequemer, sich um neun Uhr in einem Hotel einzufinden und dann einfach mal gespannt zu sehen, ob der Referent einen den Tag lang fesseln und einem Neues beibringen kann.“ Bereits eingeführt hat die DATEV Blended Learning für Studierende - mit dem sogenannten DATEV-Führerschein. Die Studieninhalte werden dabei je nach Modul als E-Learning-Einheit mit DATEV-Referenten vermittelt oder durch Professoren und Dozenten der Hochschule. Abgeschlossen wird der Führerschein über eine bundeseinheitliche Prüfung, die ebenfalls online stattfindet.
Grenzen des elektronischen Lernens
Dieser Boom der elektronischen Bildung bedeutet aber keineswegs zwangsläufig, dass Präsenz-Seminare künftig von der Bildfläche verschwinden werden, denn das Lernen am Bildschirm hat seine Grenzen. So benötigen Online-Lerner generell eine höhere Selbstlernkompetenz als Teilnehmer eines realen Seminars. Zudem sind sie in der Kanzlei - oder im Falle der mobil Lernenden an einem anderen Ort ihrer Wahl - permanent Ablenkungen und Unterbrechungen ausgesetzt. Das begrenzt die Dauer eines Online-Seminars auf maximal zwei Stunden.
Außerdem gibt es eine Fülle von Themen, die sich grundsätzlich nicht für die Vermittlung via Netz eignen. Mediationstechniken, Rhetorik oder Verhandlungsführung etwa lassen sich per praktischer Übung in einer Gruppe weitaus effektiver aneignen als über den Bildschirm. „Das Präsenz-Seminar verschafft Ihnen zudem den geistigen Freiraum, sich in einer anderen Umgebung mit einem einzigen Thema zu beschäftigen“, erläutert Küffner, der selbst als Dozent arbeitet. „Das Erlebnis, gemeinsam mit anderen von Angesicht zu Angesicht zu diskutieren, Aufgaben zu lösen, möglicherweise auch neue Kolleginnen oder Kollegen persönlich kennen zu lernen, ist außerdem in absehbarer Zeit durch keine noch so raffinierte Technologie zu ersetzen.“
Lernerlebnis und Lernerfolg hängen eng miteinander zusammen. Jeder kennt es: Man erinnert sich noch nach Jahren an das Gesicht des Referenten, den Seminarraum, das nette Pausengespräch und die Anekdote am Rande und verknüpft damit auch die wesentlichen Inhalte. Es liegt nahe, dass sich diese Form des Lernens besonders für die Weiterentwicklung der unternehmerischen und persönlichen Kompetenzen eignet. Rein Steuerfachliches allerdings ist im elektronischen Bereich perfekt aufgehoben.
Weiterführender Hinweis
- Das Seminarangebot des IWW Instituts für Steuerberater finden Sie auf seminare.iww.de unter „Steuern“. Die nächsten Online-Seminare finden am 25.4.14 „Löhne und Gehälter professionell“ und am 26.6.14 „Aktuelles Steuerrecht“ statt.