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Verfahrensdokumentation und Hinzuschätzungsbefugnis
| Darf das FA hinzuschätzen, bloß weil keine Verfahrensdokumentation vorgelegen hat oder schlimmer noch, weil die vorgelegte Verfahrensdokumentation Fehler enthielt? |
Mit dieser spannenden Frage beschäftigt sich Dr. Stephan Peters in seinem Beitrag „Hinzuschätzung bei fehlender oder unzureichender Verfahrensdokumentation in der Betriebsprüfung?“ (BBP 21, 264). Er kommt zu dem Ergebnis, dass eine fehlende oder eine fehlerhafte Verfahrensdokumentation nicht geeignet ist, die Vermutung der Richtigkeit der Buchführung nach § 158 AO zu widerlegen und ‒ isoliert ‒ auch nicht zu einer Schätzung dem Grunde nach berechtigen.
Ausschlaggebend ist, dass es keine gesetzliche Verpflichtung gibt, eine Verfahrensdokumentation zu erstellen. Maßgebend sind zunächst allein die steuerlichen Vorschriften (§ 147 Abs. 1 AO und § 146 Abs. 4 AO). Sollte die Finanzverwaltung bei der Überprüfung der Einhaltung dieser Vorschriften auf formelle Mängel stoßen, muss sie weiter prüfen, ob diese Mängel Zweifel an der sachlichen Richtigkeit rechtfertigen. Hierzu wird sie sich die tatsächlichen Prozesse beim Steuerpflichtigen ansehen. Wenn im Zuge dessen Pflichtverletzungen ersichtlich sind, kann sich hieraus eine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach ergeben. Andererseits folgt hieraus aber auch, dass die tatsächlichen Prozesse beim Steuerpflichtigen sehr wohl den formellen Buchführungsvorgaben entsprechend können, selbst wenn keine Verfahrensdokumentation oder eine fehlerhafte Verfahrensdokumentation vorgelegt wird.
Weiterführender Hinweis
- Hinzuschätzung bei fehlender oder unzureichender Verfahrensdokumentation in der Betriebsprüfung? (Peters, BBP 21, 264)
- Die Verfahrensdokumentation aus Sicht einer Betriebsprüfung (KP 21, 127)
- Die Verfahrensdokumentation ‒ notwendiges Übel oder Chance für ein neues Geschäftsfeld? (KP 21, 32)
- Die Verfahrensdokumentation als Einstieg in die Prozess- und Digitalisierungsberatung (KP 21, 198)
- Ist die Verfahrensdokumentation vielleicht doch nur ein Papiertiger? (KP-Online-Nachricht vom 21.11.19)