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  • · Nachricht · Sozialversicherungspflicht

    Versicherungspflicht für freiberufliche Steuerberaterin

    | Das LSG Bayern (19.6.24, L 16 BA 72/22) hat entschieden, dass eine Steuerberaterin, die ab dem 1.4.18 als vermeintlich freiberufliche Mitarbeiterin in einer Steuerberatungskanzlei tätig war, als abhängig Beschäftigte einzustufen ist und somit der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Trotz flexibler Arbeitszeiten und einer umsatzbasierten Vergütung erkannte das Gericht eine deutliche Eingliederung in den Kanzleibetrieb, wodurch die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung überwogen. |

     

    Die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft in Form einer GmbH, hatte eine langjährige Angestellte nach deren Kündigung ab dem 1.4.18 freiberuflich als Steuerberaterin beschäftigt. Ein schriftlicher Vertrag regelte die Zusammenarbeit. Die Beigeladene sollte ihre Arbeitszeit frei einteilen und wurde überwiegend durch eine Umsatzbeteiligung vergütet. Sie nutzte die Infrastruktur der Kanzlei, wie einen Arbeitsplatz, EDV-Zugänge und eine Fachbibliothek. Ihre Aufgaben umfassten die selbstständige Bearbeitung von Mandaten, wobei sie regelmäßig die Kanzleileitung über den Arbeitsfortschritt informierte. Die DRV stellte jedoch fest, dass die Steuerberaterin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand und versicherungspflichtig nach dem Recht der Arbeitsförderung war. Wegen der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung (Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze) und der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung war nur die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung streitig.

     

    In der Berufung argumentierte die Klägerin, dass die Steuerberaterin als freie Mitarbeiterin eigenverantwortlich arbeite und ein Unternehmerrisiko trage. Das LSG Bayern folgte dieser Argumentation nicht. Das Gericht betonte, dass die Beigeladene trotz gewisser Freiheiten, wie der flexiblen Zeiteinteilung, eng in den Kanzleibetrieb eingebunden war. Die Mandate wurden von der Kanzlei akquiriert, und die Beigeladene trat nach außen nicht als eigenständige Unternehmerin auf. Auch das finanzielle Risiko sei gering, da die Kanzlei regelmäßig Vorschüsse auf ausstehende Zahlungen leistete und das Ausfallrisiko bei Mandanteninsolvenz nicht von der Beigeladenen getragen wurde.

     

    PRAXISTIPP | Die Frage der Abgrenzung zwischen einer selbstständigen Tätigkeit und einer abhängigen Beschäftigung ist ein zentraler Aspekt im Sozialversicherungsrecht. Insbesondere bei freien Berufen wie Steuerberatern sind die Übergänge oft fließend. Entscheidend ist neben den vertraglichen Vereinbarungen das Gesamtbild der Tätigkeit, wobei Faktoren wie die Eingliederung in betriebliche Strukturen, Weisungsgebundenheit und das wirtschaftliche Risiko eine wesentliche Rolle spielen (BSG 20.7.23, B 12 BA 1/23 R, BSG 13.12.22, B 12 KR 16/20 R). In diesem Fall sprach die Nutzung der Kanzlei-Infrastruktur, die enge Zusammenarbeit mit der Kanzleileitung sowie das Fehlen eines nennenswerten unternehmerischen Risikos gegen eine selbstständige Tätigkeit.

     
    Quelle: ID 50186379