26.08.2011 · IWW-Abrufnummer 112851
Oberlandesgericht Celle: Urteil vom 23.02.2011 – 3 U 174/10
1. Sagt der Steuerberater dem Mandanten hinsichtlich einer bestimmten steuerrechtlichen Fragestellung zu, die Entwicklung in einem bestimmten Rechtsgebiet (hier: Pflicht des selbständigen Familienhelfers zur Entrichtung von Umsatzsteuer) zu beobachten, und hat er aufgrund dessen Anlass anzunehmen, es könnte zu einer zeitnahen Änderung einer bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung kommen, ist er unter Umständen verpflichtet, auch ohne ausdrückliche Weisung des Mandanten Einspruch gegen ergangene Steuerbescheide einzulegen oder zumindest vor Ablauf der Einspruchsfrist mit diesem Rücksprache zu halten. In diesem Zusammenhang kann er verpflichtet sein, auch Periodika internationaler Natur im Blick zu behalten.
2. Verlässt sich der Mandant aufgrund vorhergehender Absprachen auf eine solche Handlungsweise des Steuerberaters, erlangt er die gemäߧ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebliche Kenntnis erst dann, wenn er erfährt, dass die erwartete Einlegung des Einspruchs unterblieben ist.
3 U 174/10
In dem Rechtsstreit
Steuerberater R. H., ...,
Beklagter und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
...,
gegen
C. B., ...,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigter:
...,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 5. August 2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 19. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren früheren Steuerberater, auf Schadensersatz wegen von ihr zu Unrecht entrichteter Umsatzsteuer in Anspruch.
Die Klägerin ist von Beruf selbständige Familienhelferin. Sie wurde in dem hier maßgeblichen Zeitraum - ebenso wie ihr zwischenzeitlich von ihr geschiedener Ehemann - in steuerlichen Angelegenheiten von dem Beklagten betreut. Das Steuerberatungsmandat umfasste neben der allgemeinen steuerlichen Beratung auch die Buchführung, die Erstellung der Jahresabschlüsse mittels EinnahmenÜberschussRechnung gemäߧ 4 Abs. 3 EStG sowie die Anfertigung der Steuererklärungen. Die Klägerin führte im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit in den Jahren 2000 bis 2004 keine Umsatzsteuer ab. Im Juni 2005 fand eine Umsatzsteuersonderprüfung durch das Finanzamt H.Land I bei der Klägerin statt, in deren Folge das Finanzamt am 25. Juli 2005 (für das Jahr 2000) und am 8. August 2005 (für die Jahre 2001 bis 2004) Umsatzsteuerbescheide über Steuernachzahlungen in Höhe insgesamt 12.233,81 € erließ. Ob die Klägerin den Beklagten damit beauftragte, Rechtsbehelfe gegen die Bescheide einzulegen, ist zwischen den Parteien streitig. In dem Schreiben des Beklagten vom 11. August 2005 an die Beklagte heißt es, die Bescheide seien von ihm geprüft worden und nicht zu beanstanden (Bl. 13 d. A.). Ob dem Schreiben die in Rede stehenden Steuerbescheide, die an den Beklagten als Bevollmächtigten der Klägerin adressiert gewesen waren, beigefügt waren, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls sagte der Beklagte der Klägerin gegenüber zu, hinsichtlich der Entwicklung der Rechtsprechung und Literatur in diesem Bereich "am Ball" zu bleiben. Die Klägerin zahlte in der Folge auf die Umsatzsteuerschuld 11.875,68 €, den Differenzbetrag hatte sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt erbracht. Der Beklagte legte gegen die Steuerbescheide innerhalb der gesetzlichen Frist keinen Einspruch ein, weshalb diese in Bestandskraft erwuchsen. Am 18. August 2005 erging ein - im März 2006 im Bundessteuerblatt und in der Zeitschrift "DStRE" (Deutsches Steuerrecht) veröffentlichtes - Urteil des Bundesfinanzhofs, wonach dieser seine bisherige Rechtsprechung zur Umsatzsteuerpflicht von eng mit der Sozialfürsorge verbundenen Berufsgruppen änderte (V R 71/03, BFHE 211, 543 ff. [BFH 18.08.2005 - V R 71/03]). Der Versuch des Beklagten, mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 trotz Rechtskraft noch eine Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2004 zu erwirken (vgl. Bl. 86 d. A.), blieb erfolglos. Das Finanzamt lehnte mit Bescheid vom 12. Januar 2006 eine Abänderung mit der Begründung ab, die Anträge seien unzulässig (Bl. 74 d. A.). Eine im Jahr 2007 vor dem Niedersächsischen Finanzgericht erhobene Klage (5 K 435/07) nahm der Beklagte mit Schriftsatz vom 10. Februar 2008 zurück (Bl. 72 d. A.). das Verfahren wurde daraufhin gemäߧ 72 Abs. 2 FGO eingestellt (Bl. 71 d. A.). Die Klägerin erfuhr von dem Verfahren erst durch den Kostenbeschluss des Finanzgerichts vom 31. Januar 2008.
Ab dem Veranlagungszeitraum 2005 entrichtet die Klägerin keine Umsatzsteuer mehr.
Mit Schreiben vom 7. April 2008 (Bl. 10 f. d. A.) wandte sich der Beklagte an seine Haftpflichtversicherung, die G. VersicherungsAG, die jedoch eine Regulierung des Schadens ablehnte. Er zahlte in der Folge jedoch - aus welchem Grund ist zwischen den Parteien streitig - freiwillig einen Betrag in Höhe von 5.000 € an die Klägerin.
Diese hat mit der am 18. November 2009 bei Gericht eingegangenen Klage gegen den Beklagten einen Betrag in Höhe von 6.875,68 € (die Differenz zwischen den von ihr im August 2005 gezahlten 11.875,68 € abzüglich der von dem Beklagten überwiesenen 5.000 €) geltend gemacht.
Sie hat behauptet, sie habe dem Beklagten mit Blick auf die von ihr und anderen Familienhelfern in Zweifel gezogene Pflicht zur Entrichtung von Umsatzsteuer mitgeteilt, dass entsprechende Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft (nachfolgend EuGH) anhängig seien, die Auswirkungen auf das deutsche Steuerrecht hätten. Hierüber sei der Beklagte überdies nach eigenem Bekunden selbst informiert gewesen. Nach Eingang der sie belastenden Steuerbescheide, die sie ihrerseits nicht übermittelt bekommen habe, habe der Beklagte ihr erklärt, er werde die Rechtsauffassung des Finanzamts nicht akzeptieren. Es müsse aber zunächst gezahlt werden, da die Bescheide nur "offen gehalten" werden könnten. Über die unterbliebene Einspruchseinlegung habe er die Klägerin nicht informiert. Auf wiederholte Nachfrage habe er stets versichert, "die Sache laufe". Unstreitig habe sie im Juli 2006 anlässlich eines von dem Beklagten erhobenen Einspruchs gegen die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für den Veranlagungszeitraum I/2006 erneut wegen des Sachstandes bezüglich der Veranlagungsjahre 2000 bis 2004 nachgefragt. Erst bei dieser Gelegenheit habe die Klägerin vom Beklagten erfahren, dass er es versäumt habe, die Verfahren offen zu halten, er die Angelegenheit aber in ihrem Sinne klären werde. Auch über den im Dezember 2005 gestellten Antrag und dessen Ablehnung im Januar 2006 habe der Beklagte die Klägerin nicht unterrichtet. Den Betrag von 5.000 € habe der Beklagte - auch wenn die Angabe eines bestimmten Grundes nicht erfolgt sei - daher als Schadensersatz gezahlt und damit ihre ihm gegenüber geltend gemachten Ansprüche anerkannt. Da sie diese Zahlung - unstreitig - als neutralen Ertrag habe verbuchen müssen, sei ihr eine Steuermehrbelastung in Höhe von 2.225,88 € entstanden.
Der Beklagte ist dem Begehren der Klägerin entgegengetreten und hat eine Pflichtverletzung in Abrede genommen. Er hat einen Auftrag, ein Rechtsbehelfsverfahren gegen die Umsatzsteuerbescheide zu führen, bestritten. Er habe auch nicht zugesichert, Einspruch einzulegen. Die Bescheide des Finanzamtes hätten überdies der damals geltenden Sach und Rechtslage entsprochen. Soweit über eine Umsatzsteuerpflicht von Familienhelfern gesprochen worden sei, hätten sich seine Äußerungen lediglich darauf bezogen, Literatur und Rechtsprechung weiterhin zu verfolgen. Von dem im August 2005 ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofs habe er vor seiner Veröffentlichung Anfang 2006 keine Kenntnis gehabt. Er sei - so hat er gemeint - ferner nicht verpflichtet gewesen, insoweit Nachforschungen anzustellen. Auch nach Veröffentlichung der Entscheidung habe zu seinen Gunsten eine Karenzzeit von 4 bis 6 Wochen bestanden. Etwaige frühere Entscheidungen des EuGH hätten sich lediglich allgemein mit der Frage der Umsatzsteuerbefreiung für soziale Dienste befasst und andere Sachverhalte betroffen. Vor der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 18. August 2005 seien ihm solche Verfahren oder Entscheidungen auch nicht bekannt gewesen. Hätte er Einsprüche gegen die Steuerbescheide eingelegt, wären diese mit höchster Wahrscheinlichkeit vom Finanzamt noch vor Veröffentlichung der BFHEntscheidung als unbegründet zurückgewiesen worden. Überdies hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht, das beide Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2010 persönlich angehört hat, hat nach Übergang ins schriftliche Verfahren der Klage zum überwiegenden Teil stattgegeben. Soweit es sie abgewiesen hat, hat es dies mit Steuervorteilen, die die damals noch gemeinsam mit ihrem früheren Ehemann veranlagte Klägerin aufgrund der Entrichtung der Umsatzsteuer bei der Einkommensteuer erzielt habe, begründet. Dem Beklagten sei eine schuldhafte Verletzung der ihm der Klägerin gegenüber obliegenden vertraglichen Pflichten vorzuwerfen, indem er die Umsatzsteuerbescheide des Finanzamtes habe bestandskräftig werden lassen. Ob es einen ausdrücklichen Auftrag gegeben habe, könne dahinstehen, denn er hätte auch ohne einen solchen die Umsatzsteuerbescheide anfechten müssen. Da für die Klägerin die Frage der Umsatzsteuerpflicht von großer Bedeutung gewesen sei, wäre es vom Beklagten zu erwarten gewesen, dass er Kenntnis von dem anhängigen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof gehabt hätte. Selbst wenn er das Urteil vom 18. August 2005 nicht gekannt hätte, hätte er zumindest auf ein Ruhen des Verfahrens vor dem Finanzamt hinwirken müssen bzw. notfalls Klage erheben müssen. Den Inhalt des Urteils hätte er auch vor seiner Veröffentlichung durch Nachfrage bei der Presseabteilung des Gerichts herausfinden können. Der Anspruch der Klägerin sei nicht gemäߧ§ 195, 199 BGB verjährt, denn die Klägerin habe Kenntnis von einem etwaigen Schaden erst mit Erhalt des ablehnenden Bescheids des Finanzamtes vom 12. Januar 2006 erlangt.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Klagabweisungsantrag, soweit er keinen Erfolg hatte, weiter verfolgt. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und beruft sich weiterhin auf die Einrede der Verjährung.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 5. August 2010 - 19 O 281/09 - die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sei verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Für den Beginn des Laufs der 3jährigen Verjährungsfrist sei maßgeblich, wann sie - die Klägerin - Kenntnis von dem Schadensersatzanspruch erlangt habe. Überdies sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte Handlungen zur Schadensbeseitigung bzw. begrenzung wider besseres Wissen vorgetäuscht habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils - insoweit auch wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge - Bezug genommen.
II. Die Berufung des Beklagten bleibt ohne Erfolg.
1. Das Landgericht hat zu Recht den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz an die Klägerin in Höhe von 5.131,62 € gemäߧ 280 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 611, 675 BGB verurteilt.
a) Zweck der Steuerberatung ist es, dem Auftraggeber fehlende Sach und Rechtskunde auf diesem Gebiet zu ersetzen. Die pflichtgemäße Steuerberatung verlangt daher sachgerechte Hinweise über die Art, die Größe und die mögliche Höhe eines Steuerrisikos, um den Auftraggeber in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen zu wahren und Fehlentscheidungen zu vermeiden (BGH, Urteil vom 15. November 2007 - IX ZR 34/04). Welche konkreten Pflichten daraus abzuleiten sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (BGHZ 129, 386, 396. WM 2009, 1376 [BGH 19.05.2009 - IX ZR 43/08]).
Wegen der richtungsweisenden Bedeutung, die höchstrichterlichen Entscheidungen für die Rechtswirklichkeit zukommt, hat sich der Berater bei der Wahrnehmung seines Mandats grundsätzlich an dieser Rechtsprechung auszurichten (BGH, Urteil vom 6. November 2008 - IX ZR 140/07 = BGHZ 178, 258 ff., zitiert nach juris Rn. 9. BGHZ 145, 256, 263. BGH, Urteil vom 30. September 1993 IX ZR 211/92, WM 1993, 2129, 2130, zitiert nach juris. Urteil vom 21. September 2000 - IX ZR 127/99, WM 2000, 2431, 2435 [BGH 21.09.2000 - IX ZR 127/99], zitiert nach juris). Maßgeblich ist die jeweils aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung im Zeitpunkt seiner Inanspruchnahme. Hierbei darf der Berater in der Regel auf deren Fortbestand vertrauen, weil von einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen abgewichen zu werden pflegt (BGH, Urteil vom 30. September 1993, aaO. BGHZ 178, 258 ff., aaO., Rn. 9). Entgegenstehende Judikatur von Instanzgerichten und vereinzelte Stimmen im Schrifttum verpflichten den Rechtsanwalt (und ebenso den Steuerberater) regelmäßig nicht, bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben die abweichende Meinung zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 30. September 1993, aaO., BGHZ 178, 258 ff., juris Rn. 9). Eine Änderung der Rechtsprechung hat der Berater allerdings in Betracht zu ziehen, wenn ein oberstes Gericht darauf hinweist oder neue Entwicklungen in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft Auswirkungen auf eine ältere Rechtsprechung haben können und es zu einer bestimmten Frage an neueren höchstrichterlichen Entscheidungen fehlt (BGH, aaO.). Eine Verpflichtung des Beraters, die Rechtsprechung der Instanzgerichte und das Schrifttum einschließlich der Aufsatzliteratur heranzuziehen, kann ausnahmsweise auch dann bestehen, wenn ein Rechtsgebiet aufgrund eindeutiger Umstände in der Entwicklung begriffen und (neue) höchstrichterliche Rechtsprechung zu erwarten ist (BGH, Urteil vom 21. September 2000, aaO., 2435, BGHZ 178, 258 ff., Rn. 9). Hat ein Rechtsanwalt (oder Steuerberater) eine Angelegenheit aus einem solchen Bereich zu bearbeiten, muss er auch Spezialzeitschriften in angemessener Zeit durchsehen, wobei ihm ein "realistischer Toleranzrahmen" zuzubilligen ist (BGH aaO.). Entscheidend sind insoweit insbesondere die Umstände des einzelnen Falls. Grundsätzlich wird darauf abzustellen sein, mit welchem Grad an Deutlichkeit (Evidenz) eine neue Rechtsentwicklung in eine bestimmte Richtung weist (BGHZ 178, 258 ff. Rn. 10).
Ähnlich ist die Pflichtenlage des Steuerberaters zu beurteilen, wenn aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu erwarten ist, dass sich diese demnächst auf eine - bislang abweichende - höchstrichterliche Rechtsprechung im Inland auswirken wird. In diesem Zusammenhang kann dem Steuerberater auch die Pflicht treffen, sich anhand allgemein zugänglicher Medien - etwa der Pressevorschau eines Obersten Gerichtshofs (hier des Bundesfinanzhofs) - einen Überblick darüber zu verschaffen, ob die - auch seinen Mandanten betreffende - Frage demnächst zur Entscheidung eines höchsten Gerichts ansteht.
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist anzunehmen, dass der Beklagte auch im vorliegenden Fall seine ihm gegenüber der Klägerin obliegenden Pflichten verletzt hat.
aa) Zwar hatte der Bundesfinanzhof noch im Jahr 2000 entschieden, dass Umsätze einer Familienhelferin weder nach § 4 Nr. 14 UStG noch nach § 4 Nr. 21 lit. b UStG steuerfrei seien (Urteil vom 24. August 2000 - V R 7/99, BFH/NV 2001, 651 f.). Weiter heißt es, eine Familienhelferin, deren Aufgabe es sei, Familien in sozialen Notlagen Hilfestellungen zu geben, erbringe keine heilhilfsberufliche Leistung gemäߧ 4 Nr. 14 Satz 1 UStG, weil es nicht zu ihren Aufgaben gehöre, Krankheiten bei bestimmten Menschen festzustellen, zu lindern oder zu heilen. Die Beschränkung der Steuerbefreiung auf Leistungen, die die menschliche Gesundheit beträfen, entspräche Gemeinschaftsrecht (Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. c EWGRL 388/77). Diese Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof später weiter bekräftigt (BFH, Beschluss vom 28. Februar 2002 - V B 31/01, BFH/NV 2002, 957 ff.).
Indes hatte der Europäische Gerichtshof bereits mit Urteil vom 7. September 1999 (Rs. C216/97 "Gregg", abgedruckt in: DStRE 1999, 803 ff. [EuGH 07.09.1999 - C 216/97]) entschieden, dass Artikel 13 Teil A Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern in dem Sinne auszulegen ist, dass die in den Buchstaben b und g dieser Bestimmungen enthaltenen Begriffe "andere ordnungsgemäß anerkannte Einrichtungen gleicher Art" und "andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" natürliche Personen, die ein Unternehmen betreiben, nicht von der Steuerbefreiung ausschließen. Mit Urteil vom 10. September 2002 (Rs. C141/00 "Kügler", abgedruckt in IStR 2002, 666 ff. [EuGH 10.09.2002 - C 141/00]) hat der Europäische Gerichtshof weiter ausgesprochen, die Steuerbefreiung des Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie 77/388 erfasse Leistungen der Behandlungspflege durch eine einen ambulanten Pflegedienst betreibende Kapitalgesellschaft, die - auch als häusliche Leistungen - von qualifiziertem Krankenhauspflegepersonal erbracht werden, nicht aber Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung (Anmerkung: mithin helfende Leistungen ohne heilhilfsberuflichen Charakter). Letztgenannte Leistungen stellten jedoch eng mit der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen im Sinne von Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG dar. Auf die Steuerbefreiung des Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388 EWG könne sich ein Steuerpflichtiger vor einem nationalen Gericht berufen, um sich einer nationalen Regelung zu widersetzen, die mit dieser Bestimmung unvereinbar sei. Es sei Sache des nationalen Gerichts, anhand aller maßgeblichen Umstände zu bestimmen, ob der Steuerpflichtige eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung sei.
Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt:
"Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verh ütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
(...)
g) Die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen."
Bereits die vorstehend genannten Entscheidungen ließen die zukünftige Rechtsentwicklung klar erkennen und enthielten deutliche Anzeichen dafür, dass Berufe mit sozialer Ausrichtung - wie derjenige des Familienhelfers, der eng mit der Sozialfürsorge bzw. der Kinder und Jugendbetreuung verbunden ist - in Zukunft im Inland von der Steuerpflicht würden befreit werden müssen.
Die Tätigkeit eines Familienhelfers besteht gemäߧ 31 Satz 1 SGB VIII in der intensiven Betreuung von Familien bei ihrer Erziehungsaufgabe, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, bei der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen und in der Hilfe zur Selbsthilfe. Die Aufgaben der Familienhilfe sind auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in der Familie und eine Verbesserung des Erziehungsverhaltens der Eltern, der Interaktion der Familienmitglieder und auf Förderung der gesamten Rahmenbedingungen gerichtet (BFH Urteil vom 24. August 2000, aaO., juris Rn. 19. und 20). Dementsprechend lag es nahe, dass für die Angehörigen dieser Berufsgruppe die Umsatzsteuerpflicht fallen würde.
Mit Urteil vom 26. Mai 2005 (C498/03 "Kingscrest Associates Ltd., Montecello Ltd.", abgedruckt in: IStR 2005, 486 ff. [EuGH 26.05.2005 - C 498/03]) hat der Europäische Gerichtshof schließlich angenommen, der Begriff "von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung" in Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Sechsten Richtlinie 77/388 schließe eine private Einrichtung mit Gewinnerzielungsabsicht nicht aus.
Dem Europäischen Gerichtshof folgend hat der Bundesfinanzhof daher mit dem in Rede stehenden Urteil vom 18. August 2005 (V R 71/03, BFHE 211, 543 ff., BStBl. II 2006, 143 ff.) entschieden, dass Umsätze etwa aus LegasthenieBehandlungen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII erbracht und gegenüber dem Träger für die betroffene Sozialleistung abgerechnet werden, nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stellten die in Artikel 13 der Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen eigenständige Begriffe des Gemeinschaftsrechts dar und erforderten daher eine gemeinschaftsrechtliche Definition. Für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung genüge es, dass zwei Voraussetzungen erfüllt seien, und zwar zum einen, dass es sich um Leistungen handele, die mit der Fürsorge oder der sozialen Sicherheit verbunden seien, und zum anderen, dass diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit wesentlichem sozialen Charakter anerkannt worden seien, erbracht würden (BFH, aaO., zitiert nach juris Rn. 43 bis 46). Dementsprechend hat der Bundesfinanzhof in der Folgezeit eine steuerliche Befreiung auch für den Beruf des Familienhelfers anerkannt (BFH, Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428 ff. = BStBl II 2008, 634 ff.).
Folgerichtig wird die Klägerin seit dem Veranlagungszeitraum 2005 auch nicht mehr zur Umsatzsteuer herangezogen.
bb) Aufgrund der vorstehend nachgezeichneten Entwicklung hätte der Beklagte erkennen können, dass aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ins Wanken geraten musste, und daher zu erwarten war, dass Berufe sozialer Art - wie der von der Klägerin ausgeübte Beruf als Familienhelferin - in Zukunft mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit von der Umsatzsteuerpflicht befreit werden würden. Dies war der Fachliteratur, insbesondere auch Druckwerken wie der "DStRE" zu entnehmen, aufgrund derer der Beklagte sich als Steuerberater regelmäßig zu informieren hatte. Zwar ist ein Teil der Urteile des Europäischen Gerichtshofs in Zeitschriften wie der "IStR" (Internationales Steuerrecht) erschienen, von denen bezweifelt werden mag, ob sie zur Pflichtlektüre des Steuerberaters gehören (vgl. die vom Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des OLG Köln, DStR 2007, 1838, 1839). Dies ändert vorliegend aber nichts an der Pflichtverletzung des Beklagten. Denn es ist unstreitig, dass er die Frage besonders im Auge behalten sollte, weil die Klägerin von Beginn an der Auffassung war, der Umsatzsteuerpflicht nicht zu unterfallen. Wenn er solches zusagte, wäre es gerade im Hinblick auf die Umsatzsteuersonderprüfung des Finanzamtes und die in der Folge ergangenen Umsatzsteuerbescheide Aufgabe des Beklagten gewesen, den aktuellen Stand der Rechtsprechung - auch auf europäischer Ebene - zu erforschen und die weitere Entwicklung im Inland nachzuverfolgen. Dies beinhaltete nicht nur, die Recherche gerade wegen der in "DStRE" veröffentlichten Ausgangsentscheidung des Europäischen Gerichtshofs auf weitere Periodika ggf. internationaler Natur auszudehnen, sondern auch, sich über beim Bundesfinanzhof anhängige Verfahren zu informieren, was durch eine Recherche auf der Homepage des Gerichts mit wenig Aufwand zu klären gewesen wäre. Die obersten Gerichtshöfe des Bundes informieren die Öffentlichkeit mittels einer Pressevorschau über anstehende Entscheidungen in allgemein interessanten oder bedeutsamen Verfahren. Dass dies im Jahr 2005 beim Bundesfinanzhof anders gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Das Bestreiten des Beklagten entbehrt insofern der gebotenen Substanz. Nötigenfalls hätte der Beklagte auch durch einen Anruf bei der Pressestelle des Bundesfinanzhofs klären können, ob und wann Verfahren mit dem Thema Umsatzsteuerpflicht sozialer Berufe dort zur Entscheidung anstanden.
Die von dem Beklagten mit Schriftsatz vom 16. Februar 2011 in Bezug genommenen Urteile des Bundesgerichtshofs (IX ZR 26/09) und des Oberlandesgerichts Stuttgart stehen der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Der hier zu entscheidende Fall unterscheidet sich von den dortigen Sachverhalten vor allem dadurch, dass die Parteien das Problem vorliegend von Anfang an im Fokus hatten und der Beklagte der Klägerin gerade zugesagt hatte, die Entwicklung zu verfolgen. Dies rechtfertigt es, an die vom Steuerberater zu erwartende Literaturrecherche pp. strengere Anforderungen zu stellen. Zum anderen hat der Bundesgerichtshof in dem genannten Urteil gerade ausdrücklich ausgesprochen, dass an den Steuerberater bei der Frage, inwieweit er Fachliteratur auszuwerten hat, strengere Anforderungen zu stellen sind, wenn ein Rechtsgebiet ersichtlich in der Entwicklung begriffen ist und (weitere) höchstrichterliche Rechtsprechung zu erwarten ist. Dann muss ein Berater, der eine Angelegenheit aus diesem Bereich zu bearbeiten hat, auch Spezialzeitschriften in angemessener Zeit durchsehen (BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 26/09, juris Rn. 17).
Es kommt mithin nicht entscheidend darauf an, ob der Beklagte bei Erlass der Steuerbescheide wusste, dass bereits seit dem Jahr 2003 beim Bundesfinanzhof ein Verfahren anhängig war, das aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes einen Wandel der bislang vertretenen Auffassung veranlassen konnte. Nur nebenbei bemerkt, erscheint es aber auch deshalb nicht glaubhaft, dass der Beklagte von der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 18. August 2005 erst mit ihrer Veröffentlichung im März 2006 zur Kenntnis genommen hat, weil er bereits mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 an das Finanzamt (Bl. 86 GA) versucht hat, doch noch eine Änderung der Steuerbescheide zu erwirken. Jedenfalls waren dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt die vorstehend zitierten Urteile des Europäischen Gerichtshofs, auf die er sich ausdrücklich bezogen hat, bekannt.
cc) Mit Blick auf die ersichtlich im Fluss befindliche Rechtsprechung hätte es dem Beklagten daher schon vor dem Hintergrund seiner Pflicht, zu Gunsten seiner Mandanten den sichersten Weg einzuschlagen, auch ohne ausdrückliche Weisung der Klägerin oblegen, die Umsatzsteuerbescheide im Rechtsbehelfsverfahren anzugreifen und im Falle ablehnender Entscheidungen gegebenenfalls Klage zu erheben bzw. der Klägerin einen entsprechenden Weg zumindest vorzuschlagen. Dies ist selbst für den Fall anzunehmen, dass sich - was unwahrscheinlich erscheint - das beim Bundesfinanzhof anhängige Verfahren nicht hätte recherchieren lassen. Denn es hätte schon wegen der bislang ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs dem sichersten Weg entsprochen, der Klägerin zu empfehlen, die Steuerbescheide anzufechten und auf diese Rechtsprechung hinzuweisen.
c) Es ist weiterhin anzunehmen, dass die Klägerin einem solchen Rat gefolgt wäre (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1993, aaO., juris Rn. 19). Dafür spricht bereits die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens. Überdies war sie ohnehin stets der Ansicht, zur Zahlung von Umsatzsteuer nicht verpflichtet zu sein, weshalb ihre Bereitschaft, Einspruch gegen die Bescheide einzulegen und ggf. Klage vor dem Finanzgericht zu erheben, auf der Hand lag.
d) Dass Rechtsbehelf bzw. Rechtsmittel Erfolg gehabt hätten, ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin seit dem Veranlagungsjahr 2005 nicht mehr zur Umsatzsteuer herangezogen wird. Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. August 2005 ist zudem im März 2006 veröffentlicht worden, weshalb anzunehmen ist, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt die mit der Entscheidung befassten Behörden bzw. Gerichte entsprechend entschieden hätten bzw. hätten entscheiden müssen. Dass das Verfahren im März 2006 bereits abgeschlossen gewesen wäre, ist hingegen fernliegend.
e) Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob der Beklagte durch Zahlung eines Betrages von 5.000 € seine Pflichtverletzung der Klägerin gegenüber rechtsverbindlich anerkannt hat, wenngleich das an die Versicherung gerichtete Schreiben vom 7. April 2008 darauf hindeutet, dass er selber davon ausging, seine Pflichten der Klägerin gegenüber verletzt zu haben. Dementsprechend hat sich der Beklagte bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht auch darüber verwundert geäußert, dass die Haftpflichtversicherung die Regulierung abgelehnt hat.
f) Der Anspruch der Klägerin ist schließlich nicht verjährt.
Zwar hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die Verjährungsfrist für einen Schadensersatzanspruch gegen einen Steuerberater nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes frühestens mit Zugang des dem Mandanten nachteiligen Steuerbescheids zu laufen beginnt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 3. November 2005 - IX ZR 208/04, DStR 2006, 443 f., zitiert nach juris Rn. 8. Versäumnisurteil vom 5. März 2009 - IX ZR 173/05, BFH/NV 2009, 1391 ff., zitiert nach juris Rn. 10 - jeweils m. w. N.). Dies betraf aber die Rechtslage nach
§ 68 StBerG a. F. Danach hinderte die Unkenntnis des Schadens und damit des Ersatzanspruchs den Verjährungsbeginn nicht (BGHZ 119, 69, 71). Hatte sich ein fehlerhafter Rat eines Steuerberaters in einer Steuersache in einem für den Mandanten nachteiligen Steuerbescheid niedergeschlagen, war nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine als Schaden anzusehende Verschlechterung der Vermögenslage des Mandanten grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Bescheids eingetreten. Dies galt für alle Schadensfälle in Steuersachen, gleichgültig, ob die Schadensursache dazu führte, dass gegen den Mandanten ein Leistungsbescheid der Finanzbehörde erging oder ein Steuervorteil durch einen Feststellungs (Grundlagen)Bescheid versagt wurde (BGH, Versäumnisurteil vom 5. März 2009, aaO., Rn. 10).
Auf den vorliegenden Fall ist hingegen neues Recht anzuwenden (vgl. Artikel 229 § 12 Abs. 1 Nr. 13 i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB), weshalb sich die Frage der Verjährung nach den seit dem 1. Januar 2002 geltenden Vorschriften der §§ 195, 199 BGB (n. F.) richtet. Die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist beginnt danach mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Schadensersatzanspruch des Mandanten im allgemeinen dann entstanden, wenn der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag seine Höhe auch noch nicht beziffert werden können. ferner dann, wenn durch die Verletzungshandlung eine als Schaden anzusehende Verschlechterung der Vermögenslage eingetreten ist, ohne dass feststehen muss, ob ein Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird, oder wenn eine solche Verschlechterung der Vermögenslage oder auch ein endgültiger Teilschaden entstanden ist und mit der nicht fernliegenden Möglichkeit weiterer, noch nicht erkennbarer, adäquat verursachter Nachteile bei verständiger Würdigung zu rechnen ist (BGHZ 129, 386, 388. BGH, Urteil vom 5. März 2009, juris Rn. 9 - jeweils m. w. N.). Vorliegend ist indes bereits nicht zu ersehen, dass die für die Klägerin nachteiligen Umsatzsteuerbescheide aufgrund eines fehlerhaften Rates des Beklagten ergangen sind. Vielmehr war Ursache der Steuerfestsetzung die zuvor erfolgte Umsatzsteuersonderprüfung durch das Finanzamt.
Die Pflichtverletzung des Beklagten lag vielmehr erst in der unterbliebenen Einlegung von Einsprüchen gegen die Steuerbescheide, die jedoch einen Monat nach Bekanntgabe (§ 355 Abs. 1 AO) hätte erfolgen müssen, weshalb der Schaden der Klägerin mit Ablauf der Einspruchsfristen Ende August bzw. im Laufe des Monats September 2005 (die Steuerbescheide datieren vom 25. Juli und 8. August 2005 und dürften zumindest dem Beklagten zeitnah zugegangen sein, worauf auch das Schreiben vom 11. August 2005 an die Klägerin hindeutet) eingetreten ist.
Die Klägerin hat hingegen erst in unverjährter Zeit von der Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sowie davon Kenntnis erlangt, dass die für sie nachteiligen Steuerbescheide bestandskräftig geworden sind.
Der Gläubiger hat Kenntnis im Sinne von §§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, sobald er von seiner Vermögensbeeinträchtigung, ihrer Ursache (der Pflichtverletzung) und ihrem Urheber (hier durch den Berater) soviel erfährt, dass er eine hinreichend aussichtsreiche - nicht unbedingt risikolose - und daher zumutbare Klage auf Schadensersatz oder zumindest auf Feststellung einer Ersatzpflicht erheben kann. Erforderlich ist, dass der Geschädigte aufgrund seines Kenntnisstandes eine solche Klage schlüssig begründen kann (Zugehör in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rn. 1463). Maßgeblich ist die Kenntnis der Tatsachen, die bei richtiger Verknüpfung und rechtlicher Einordnung die Feststellung der Ersatzpflicht einer bestimmten Person erlauben. Danach hängt der Verjährungsbeginn nicht davon ab, dass der Geschädigte alle Einzelheiten des schädigenden Ereignisses, des weiteren Ursachenverlaufs und des Schadensbildes nach Art und Umfang kennt. Ob der Geschädigte die ihm bekannten Tatsachen zutreffend rechtlich würdigt, ist aus Gründen der Rechtssicherheit für den Verjährungsbeginn unerheblich (Zugehör, aaO., m. w. N.). Ist die Rechtslage unübersichtlich oder zweifelhaft, kann die Rechtsunkenntnis des Geschädigten den Verjährungsbeginn hinausschieben, weil ihm die sofortige Klageerhebung nicht zuzumuten ist. In Fällen unsicherer und zweifelhafter Rechtslage beginnt die Verjährung jedoch mit deren objektiver Klärung. Auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers von dieser Klärung kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07, WM 2008, 2155 ff, zitiert nach juris Rn. 19).
Es ist daher entscheidend, wann die Klägerin davon Kenntnis erlangt hat, dass der Beklagte ein Rechtsmittel gegen die Steuerbescheide nicht eingelegt hat. Allein das Schreiben des Beklagten vom 11. August 2005, in dem es heißt, der Beklagte habe die Umsatzsteuerbescheide 2000 bis 2004 geprüft und nichts zu beanstanden gefunden hat (vgl. Bl. 13 GA), vermittelte diese Kenntnis aufgrund der hier gegebenen besonderen Konstellation noch nicht. Infolge der unstreitigen Versicherung des Beklagten, wegen der Frage der Umsatzsteuerpflicht "am Ball zu bleiben", durfte die Klägerin erwarten, dass der Beklagte in Anbetracht der ersichtlich im Fluss befindlichen Rechtsentwicklung Einspruch einlegen würde, auch ohne dass dies ausdrücklich besprochen worden war, selbst wenn die anzufechtenden Bescheide der damals (noch) geltenden Rechtslage entsprachen. Hinzu kommt, dass das Urteil des Bundesfinanzhofs, das die Rechtsauffassung der Klägerin bestätigte, noch innerhalb der Rechtsbehelfsfrist ergangen ist und auch aus diesem Grund die berechtigte Erwartung der Klägerin bestand, dass der Beklagte, wenn er bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen Einspruch eingelegt hatte, spätestens dies zum Anlass genommen oder sie zumindest über die geänderte Situation informiert hätte. Dass die Klägerin die Kenntnis über diese Unterlassung in verjährter Zeit erlangt hat, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat sie unbestritten vorgetragen, den Beklagten immer wieder auf die Frage der Umsatzsteuerpflicht angesprochen zu haben, was gegen ihre Kenntnis spricht. Frühester möglicher Zeitpunkt, eine Kenntnis der Klägerin anzunehmen, ist daher - worauf das Landgericht zutreffend abgehoben hat - der Zugang des Bescheids vom 12. Januar 2006, mit dem die Änderung der Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2000 bis 2004 wegen Verfristung als unzulässig verworfen worden ist. Die Verjährung begann gemäߧ 199 Abs. 1 BGB daher allenfalls mit dem Schluss des Jahres 2006, mithin am 1. Januar 2007 an zu laufen und war am 31. Dezember 2009 vollendet. Die Erhebung der am 18. November 2009 eingegangenen und am 8. Dezember 2009 zugestellten Klage ist daher in unverjährter Zeit erfolgt und konnte die Verjährung noch rechtzeitig gemäߧ 204 Abs. 2 Nr. 1 BGB hemmen. Gegenteilige Anhaltspunkte hat der für die Einrede der Verjährung darlegungs und beweisbelastete Beklagte nicht vorgetragen.
Dass der Beklagte indes bewusst durch arglistiges Vorspiegeln, ein Rechtsmittelverfahren zu betreiben, die Klägerin von der Verwirklichung ihrer Ansprüche abgehalten hat, was einen Arglisteinwand begründen könnte (vgl. Zugehör, aaO., Rn. 378), ist hingegen nicht zu erkennen. Die Klägerin kann den entsprechenden Vortrag, den der Beklagte bestritten hat, jedenfalls nicht beweisen. Hierauf kommt es aus vorstehenden Gründen aber nicht mehr an.
g) Der Höhe nach steht der Klägerin der Anspruch in dem vom Landgericht ausgeurteilten Umfang zu. Die vom Landgericht - zutreffend - abgesetzten Vorteile nimmt die Klägerin hin. Im Übrigen steht die Anspruchshöhe zwischen den Parteien nicht im Streit.
2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 280 Abs. 2, §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 10. Juli 2009 dazu aufgefordert, den geltend gemachten Betrag bis zum 31. Juli 2009 zu zahlen, weshalb sich der Beklagte ab dem 1. August 2009 im Verzug befand.
III. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision gemäߧ 543 Abs. 2 ZPO hat der Senat nicht.