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  • 05.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122137

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 24.04.2012 – 15 K 365/11

    - Die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder hinsichtlich der Abgabefristen für die Steuererklärungen dienen dazu, einen Interessenausgleich zwischen Stpfl., steuerberatenden Berufen und Finanzbehörden herzustellen.
    - Ergibt sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen VZ eine hohe Abschlusszahlung, ist das FA im Regelfall gehalten, die Steuererklärungen mit angemessener Frist für einen Zeitpunkt vor Ablauf der allgemein verlängerten Fristen anzufordern.
    - Eine Abschlusszahlung bei der ESt berechtigt das FA, auch zur termingebundenen Abgabe der USt- und GewSt-Erklärung aufzufordern.
    - Ein gesetzlicher Anspruch auf Verlängerung der regulären Erklärungsfrist besteht nicht.


    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Aufforderung des Beklagten (des Finanzamts - FA -) zur termingebundenen Abgabe der Steuererklärungen für das Jahr 2011 rechtmäßig ist.
    Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Jahre 2010 bezogen sie u. a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Aus dem Abrechnungsteil des Bescheides für 2010 über Einkommensteuer vom xx.07.2011 ergab sich für Einkommensteuer eine Abschlusszahlung in Höhe von knapp 27.000 Euro.
    Mit Bescheid vom yy.08.2011 forderte das FA die Kläger auf, die Einkommensteuer-, die Umsatzsteuer- und die Gewerbesteuererklärung für das Jahr 2011 spätestens am 31.07.2012 einzureichen. Zur Begründung verwies das FA auf § 149 der Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 25 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG), §§ 56, 60 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 2000 (EStDV 2000), § 18 und ggf. § 22 b des Umsatzsteuergesetzes (UStG), § 14 a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und § 25 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV). Eine Fristverlängerung über den 31.07.2012 hinaus sei nicht möglich. Dies gelte auch, wenn die Steuererklärungen von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe gefertigt würden. Bei Nichtabgabe der Erklärungen sei das FA zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen berechtigt, und der Kläger müsse mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags rechnen.
    Hiergegen legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung machten sie im Wesentlichen geltend, der angefochtene Bescheid werde nicht ausreichend begründet und sei daher ermessensfehlerhaft. In der Vergangenheit angefallene hohe Abschlusszahlungen berechtigten die Finanzbehörde nicht, zur Abgabe der Steuererklärungen vor dem 31.12. des auf den Veranlagungszeitraum folgenden Kalenderjahres (hier: 2012) aufzufordern. Denn das FA habe die Möglichkeit, die Vorauszahlungen anzupassen und dadurch Steuernachzahlungen zu verhindern.
    Das FA wies den eingelegten Rechtsbehelf als unbegründet zurück. Die Aufforderung zur termingebundenen Abgabe der Steuererklärungen sei ermessensfehlerfrei ergangen. Die obersten Finanzbehörden der Länder gäben mit Zustimmung des Bundesministers der Finanzen (BMF) für jeden Veranlagungszeitraum gleich lautende Erlasse bekannt, die die Abgabefristen und die Verlängerungsmöglichkeiten regelten. Die Fristen für die Abgabe von Steuererklärungen steuerlich beratener Steuerpflichtiger würden regelmäßig bis zum 31.12. des Folgejahres verlängert. Die Finanzbehörden seien jedoch berechtigt, einzelne Steuererklärungen jederzeit innerhalb angemessener Frist anzufordern. Dies solle insbesondere dann geschehen, wenn sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine hohe Abschlusszahlung ergeben habe oder hohe Abschlusszahlungen erwartet würden. Die Finanzverwaltung habe zu verhindern, dass Steuerpflichtige finanzielle (Zins-) Vorteile gegenüber den Steuerzahlern erhielten, die ihre Steuererklärungen frühzeitig abgäben. Der Steuerpflichtige selbst könne hohe Nachzahlungen dadurch vermeiden, dass er dem FA Änderungen bei den Besteuerungsgrundlagen mitteile und die Anpassung der Vorauszahlungen beantrage. Im Streitfall belaufe sich die Abschlusszahlung für Einkommensteuer 2010 auf über 25.000 Euro, so dass das FA berechtigt gewesen sei, den Kläger zur vorzeitigen Abgabe der Steuererklärungen aufzufordern. Im Übrigen habe das FA bei den Vorauszahlungen Anpassungen vorgenommen.
    Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung des Bescheides vom yy.08.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung begehren. Zur Begründung berufen sie sich vor allem auf die Grundsätze, die das Finanzgericht (FG) Düsseldorf im Urteil vom 29.07.2011 12 K 2461/11 AO (DStR 2011, 1760) aufgestellt hat.
    Das FA nimmt im Klageverfahren im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Bezug.
    Dem Gericht lag zur Entscheidung ein Band Einkommensteuerakten „Hilfsakte” vor.
    Gründe
    Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in deren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtgerichtsordnung - FGO -). Das FA durfte unter Verkürzung der von der Finanzverwaltung allgemein bis 31.12.2012 verlängerten Frist die Kläger auffordern, die Einkommensteuer-, die Umsatzsteuer- und die Gewerbesteuererklärung für das Jahr 2011 bis 31.07.2012 abzugeben.
    1. Da es sich bei der Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer um Jahressteuern handelt und da im EStG, UStG, GewStG sowie in den jeweiligen Durchführungsverordnungen nichts anderes bestimmt ist, sind die Steuererklärungen spätestens fünf Monate nach dem jeweiligen Kalenderjahr abzugeben (§ 149 Abs. 2 Satz 1 AO). Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 AO kann diese Frist auf Antrag oder von Amts wegen verlängert werden. Die Entscheidung über einen Fristverlängerungsantrag ist eine Ermessensentscheidung (vgl. etwa BFH-Urteil vom 11.4.2006 VI R 64/02, BFHE 213, 268, BStBl II 2006, 642).
    Über die Steuererklärungsfristen ergehen jährlich gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder, etwa für das Jahr 2010 der Erlass vom 3.1.2011 (Niedersächsisches Finanzministerium S 0320 - 58 - 33 11, BStBl I 2011, 44) und für das Jahr 2011 der Erlass vom 2.1.2012 (Niedersächsisches Finanzministerium S 0320 - 59 - 33 11, BStBl I 2012, 58). Dadurch erlassen die obersten Finanzbehörden in Ausfüllung des ihnen zustehenden Ermessensspielraums Richtlinien für die Gewährung von Verlängerungen hinsichtlich der Abgabefristen für Steuererklärungen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 213, 268, BStBl II 2006, 642, unter II. 2. a). Die gleich lautenden Erlasse dienen dazu, einen Interessenausgleich zwischen Steuerpflichtigen, steuerberatenden Berufen und Finanzbehörden herzustellen (vgl. FG Düsseldorf, Urteil in DStR 2011, 1760; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 149 AO Rz. 14). In Abschnitt I. der Erlasse wird die Abgabefrist für Steuererklärungen datumsmäßig bestimmt. Hiernach endet die Abgabefrist der Steuererklärungen für die Jahre 2010 und 2011 jeweils am 31.5. des Folgejahres. Abschnitt II. enthält Regelungen für die Gewährung von Fristverlängerungen. Sofern die Steuererklärung durch einen Angehörigen der steuerberatenden Beruf angefertigt wird, wird die Frist nach Abschnitt II. Abs. 1 vorbehaltlich des Abs. 2 nach § 109 AO allgemein bis zum 31.12.2011 bzw. 2012 verlängert. Abs. 2 lautet:
    „Es bleibt den Finanzämtern vorbehalten, Erklärungen mit angemessener Frist für einen Zeitpunkt vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern. Von dieser Möglichkeit soll insbesondere Gebrauch gemacht werden, wenn
    - für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum die erforderlichen Erklärungen verspätet oder nicht abgegeben wurden,
    - für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum kurz vor Abgabe der Erklärung bzw. vor dem Ende der Karenzzeit nach § 233a Abs. 2 Satz 1 AO nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden,
    - sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine hohe Abschlusszahlung ergeben hat,
    - hohe Abschlusszahlungen erwartet werden,
    - für Beteiligte an Gesellschaften und Gemeinschaften Verluste festzustellen sind oder
    - die Arbeitslage der Finanzämter es erfordert.”
    Soweit die Finanzbehörden ermächtigt sind, nach ihrem Ermessen zu entscheiden, überprüfen die Steuergerichte, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 102 FGO). Sind Ermessensrichtlinien erlassen, überprüfen die Steuergerichte, ob sich die Behörde an die Richtlinie gehalten hat, ob die erlassene Ermessensrichtlinie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält und ob sie von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch macht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 213, 268, BStBl II 2006, 642, unter II. 2. b). Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl. BFH-Urteil vom 28.6.2000 X R 24/95, BFHE 192, 32, BStBl II 2000, 514, unter II. 2. c); von Groll in Gräber, FGO, 7. Aufl., § 102 Rz. 13, m. w. N.). Für den Streitfall bedeutet dies, dass auf den Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung abzustellen ist.
    Obwohl der Erlass vom 2.1.2012 über die für das Jahr 2011 geltenden Steuererklärungsfristen (BStBl I 2012, 58) bei Erteilung des angefochtenen Bescheides noch nicht ergangen war, ist die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur termingebundenen Abgabe der Steuererklärungen auch an dieser ermessensregelnden Verwaltungsvorschrift (vgl. BFH-Urteil in BFHE 213, 268, BStBl II 2006, 642, unter II. 2. c) zu messen und auch die Rechtmäßigkeit dieses Erlasses ist nach Maßgabe der vom BFH aufgestellten Grundsätze zu prüfen. Denn aufgrund der Jahrzehnte langen Praxis der obersten Finanzbehörden musste das FA bei Erteilung des angefochtenen Bescheides davon ausgehen, dass die obersten Finanzbehörden auch für das Jahr 2011 gleich lautende Verwaltungsvorschriften über die Steuererklärungsfristen erlassen würden. Was den Regelungsgehalt solcher Vorschriften angeht, bestand kein Anlass für die Annahme, dass für das Jahr 2011 andere Regelungen als für das Jahr 2010 getroffen würden.
    Werden diese Grundsätze auf den Streitfall übertragen, ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Die an den Kläger ergangene Aufforderung zur termingebundenen Abgabe der Steuererklärungen entspricht sowohl den Bestimmungen der AO über Steuererklärungspflichten als auch den Vorgaben des Erlasses vom 2.1.2012 (BStBl I 2012, 58). Die Ermessenserwägungen, die das FA jedenfalls in der Einspruchsentscheidung angestellt hat, lassen keinen Ermessensfehler erkennen. Auch der ermessensregelnde Erlass vom 2.1.2012 (BStBl I 2012, 58) selbst ist nicht zu beanstanden.
    Die Aufforderung zur termingebundenen Abgabe der Steuererklärungen überschreitet nicht die durch § 149 Abs. 2 Satz 1 AO gezogenen Grenzen. Die in dieser Bestimmung vorgesehene 5-Monatsfrist wird durch den angefochtenen Bescheid nicht verkürzt. Vielmehr hat das FA von der durch § 109 Abs. 1 Satz 1 AO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, diese Frist zu verlängern, und zwar um zwei Monate. Darüber hinaus werden im Streitfall die im Erlass geregelten Voraussetzungen für eine Abweichung von der allgemein gewährten Fristverlängerung erfüllt. Während Abschnitt II. Abs. 2 Satz 1 den Finanzbehörden allgemein die Befugnis einräumt, Steuererklärungen vor Ablauf der generell verlängerten Frist anzufordern, sind in Satz 2 Fälle aufgezählt, in denen die Behörden den Steuerpflichtigen zur termingebundenen Abgabe auffordern „sollen”. Als Soll-Vorschrift bringt Satz 2 zum Ausdruck, dass die Finanzbehörde in den genannten Fällen grundsätzlich eine Fristverkürzung anordnen muss. Nur in atypischen Fällen darf von der Richtlinie abgewichen werden. Ob ein atypischer Fall vorliegt, ist am Zweck der Verwaltungsvorschrift zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.1981 VII R 2/80, BFHE 134, 231, BStBl II 1982, 141, zu § 93 Abs. 1 Satz 3 AO).
    Im Streitfall hatte das FA für die Einkommensteuererklärung die durch Abschnitt II. Abs. 2 Satz 2 intendierte Ermessensentscheidung zu treffen. Denn aus dem Abrechnungsteil des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2010 ergab sich eine Einkommensteuernachzahlung von mehr als 26.000 Euro. Hierbei handelt es sich um eine „hohe Abschlusszahlung” i. S. des Abschnitts II. Abs. 2 Satz 2 3. Spiegelstrich. Anhaltspunkte dafür, dass im Lichte des Richtlinienzwecks ein atypischer Fall vorliegt, ergeben sich nicht aus den Akten und werden auch von den Klägern nicht vorgetragen. Das FA war also im Hinblick auf die Einkommensteuererklärung 2011 gehalten, die durch Verwaltungsvorschrift allgemein gewährte Fristverlängerung unter Beachtung des Richtlinienzwecks zu verkürzen. Die Verkürzung der allgemein nachgelassenen Erklärungsfrist von zwölf Monaten auf sieben Monate begründet keinen Ermessensfehler, der zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt. Vor dem Hintergrund der für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum angefallenen Abschlusszahlung wird ein sachgerechter Interessenausgleich zwischen Kläger, steuerlichem Berater und FA hergestellt: Kläger und steuerlicher Berater sind frühzeitig, nämlich mehr als elf Monate zuvor, über das Fristende in Kenntnis gesetzt worden, und ihnen werden über die gesetzliche Erklärungsfrist hinaus zwei weitere Monate für die Erstellung der Erklärungen zugestanden. Das FA hat dadurch die Möglichkeit, die Veranlagungsarbeiten noch in dem auf den Veranlagungszeitraum (2011) folgenden Kalenderjahr (2012) abzuschließen. Dieses Vorgehen dient gerade im Falle hoher Abschlusszahlungen der Gleichmäßigkeit der Steuerfestsetzung (§ 85 AO).
    Nach Abschnitt II. Abs. 2 Satz 1 und 2 des Erlasses vom 2.1.2012 (BStBl I 2012, 58) durfte das FA allein wegen der Abschlusszahlung bei der Einkommensteuer auch zur termingebundenen Abgabe der Umsatzsteuer- und der Gewerbesteuererklärung für das Jahr 2011 auffordern. Insoweit kann dahinstehen, ob die Festsetzung des Gewerbe-steuermessbetrags für das Jahr 2010 eine hohe Gewerbesteuernachzahlung zur Folge hatte, und es ist unschädlich, dass sich aus der an den Kläger ergangenen Mitteilung für 2010 über Umsatzsteuer ein Restguthaben ergibt. Denn das FA hat mit Blick auf eine effektive Aufgabenerledigung und damit auch auf die Erfüllung der sich aus § 85 AO ergebenden Besteuerungsgrundsätze ein Interesse daran, die Veranlagung eines Steuerpflichtigen zur Einkommen- und Umsatzsteuer sowie die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags in einem Arbeitsgang abzuschließen.
    Da das FA nach Abschnitt II. Abs. 2 Satz 2 3. Spiegelstrich des Erlasses vom 2.1.2012 (BStBl I 2012, 58) gehalten war, zumindest die Einkommensteuererklärung vorzeitig anzufordern, sind die in der Einspruchsentscheidung angestellten Ermessenserwägungen insgesamt als ausreichend anzusehen. Sie ermöglichen eine Ermessenskontrolle innerhalb der durch § 102 FGO vorgegebenen Grenzen.
    Auch der Erlass vom 2.1.2012 (BStBl I 2012, 58) selbst weist in Abschnitt II. Abs. 2 keine Ermessensfehler auf. Insbesondere besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Verlängerung der regulären Erklärungsfrist (vgl. BFH-Urteile vom 21.2.2006 IX R 78/99, BFHE 212, 8, BStBl II 2006, 399, unter II. 2. b), und in BFHE 192, 32, BStBl II 2000, 514, unter II. 3.). Außerdem ist anerkannt, dass die Finanzbehörde trotz der allgemeinen Fristverlängerung im Einzelfall die Steuererklärungen unter Beachtung der gesetzlichen Erklärungsfristen vorzeitig anfordern darf (vgl. Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 149 AO Rz. 24; Rätke in Klein, AO, 10. Aufl., § 149 Rz. 7; Seer, a. a. O., § 149 AO Rz. 13).
    2. Ein anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des FG Düsseldorf in DStR 2011, 1760. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte die Finanzbehörde die Vorabanforderung der Steuererklärung im Wesentlichen mit hohen Einkünften des Steuerpflichtigen und der Anwendung des Spitzensteuersatzes begründet. Jedenfalls im Verwaltungsverfahren - und nur hierauf kommt es bei der gerichtlichen Überprüfung einer Ermessensentscheidung an - hatte die Behörde nicht hinreichend klar und nachprüfbar dargelegt, dass sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine hohe Abschlusszahlung ergeben hatte oder dass mit hohen Abschlusszahlungen zu rechnen ist. Anders verhält es sich jedoch im Streitfall. Denn das FA hat zumindest in der Einspruchsentscheidung nachvollziehbar dargelegt, dass die Aufforderung zur termingebundenen Abgabe der Steuererklärungen auf der Abschlusszahlung für Einkommensteuer 2010 (vorangegangener Veranlagungszeitraum) beruhe.
    Auch unter einem anderen Gesichtspunkt können sich die Kläger nicht mit Erfolg auf das Urteil des FG Düsseldorf berufen. Der erkennende Senat teilt die vom FG Düsseldorf vertretene Ansicht, dass allein hohe Einkünfte und die Anwendung des Spitzensteuersatzes eine vorzeitige Anforderung der Steuererklärungen nicht zu rechtfertigen vermögen. Wäre dies der Fall, könnten die Finanzbehörden für alle Steuerpflichtigen, auf die diese Merkmale zutreffen und die steuerlich beraten sind, von der allgemeinen Fristverlängerung abweichende Erklärungsfristen anordnen. Dies wäre jedoch mit dem Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ebenso wenig wie mit den berechtigten Interessen der Angehörigen der steuerberatenden Berufe vereinbar. Die steuerlichen Berater haben ihre betriebliche Organisation auf die seit vielen Jahren geübte Verwaltungspraxis, die Erklärungsfristen allgemein bis zum 31.12. des Folgejahres zu verlängern, eingestellt. In diese Organisation, die eine gleichmäßige Bearbeitung der Steuerfälle durch die Berater und durch die Finanzbehörden gewährleistet (vgl. Heuermann, a. a. O., § 149 AO Rz. 24), würde eingegriffen, wenn für Mandanten mit hohen Einkünften generell die Erklärungsfristen verkürzt würden. Diese Gefahr besteht bei Anwendung der oben 1. genannten Grundsätze nicht. Insbesondere führt die vorzeitige Anforderung der Steuererklärungen in den Fällen, die im Erlass vom 2.1.2012 (BStBl I 2012, 58) unter Abschnitt II. Abs. 2 1. bis 4. Spiegelstrich genannt werden, nicht zu „Dauersachverhalten”. Auf den Streitfall bezogen bedeutet dies, dass das FA für jedes Steuerjahr zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen für eine Aufforderung zur vorzeitigen Abgabe der Steuererklärungen gegeben sind. Aus der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist also nicht abzuleiten, dass das FA ohne Weiteres auch die Steuererklärungen für die Folgejahre vorzeitig anfordern darf.
    3. Der Senat konnte gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden; die Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenAO § 109, AO § 149

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