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  • 10.01.2013 · IWW-Abrufnummer 130063

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 06.05.2009 – I-21 U 121/08

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    OLG Düsseldorf, 26.05.2009

    I-21 U 121/08

    Tenor:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das am 08.08.2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit sich in der Hauptsache insoweit erledigt hat, als die Beklagte durch das Versäumnisurteil vom 08.05.2006 verurteilt worden ist, an die Klägerin 3.162,26 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.02.2006 zu zahlen.

    In Höhe von 1.470,27 € zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.02.2006 wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

    Von den in erster Instanz entstandenen Kosten tragen die Klägerin 24 % und die Beklagte 76 %; die Beklagte hat überdies die durch ihre Säumnis verursachten Kosten zu tragen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 15 % und die Beklagte zu 85 %.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.
    Gründe

    Von der Wiedergabe des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, § 26 Nr.8 EGZPO abgesehen.

    I.

    Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache zu einem geringen Teil Erfolg.

    1. Nachdem die Beklagte bereits vor Eingang des Mahnantrags 1.500 € auf die Honorarforderung der Klägerin gezahlt hatte, stand der Klägerin gemäß §§ 611, 631 Abs. 1, 675 BGB noch ein Anspruch gegen die Beklagte auf Vergütung ihrer Buchführungsleistungen in Höhe von weiteren 3.162,26 € zu. Da die Beklagte auch diesen Betrag an die Klägerin gezahlt hat, ist festzustellen, dass sich der Rechtsstreit insoweit erledigt hat.

    Entgegen der Ansicht der Beklagten konnte die Klägerin eine Erhöhung des vereinbarten monatlichen Bruttoentgelts für die Buchführungsleistungen von 177,93€ auf 285,36 € ab dem 01.05.2003 und auf 345,91 € ab dem 01.06.2004 beanspruchen. Diese Erhöhungsmöglichkeit ergibt sich aus der Regelung in § 4 Abs. 3 des Mandatsvertrags. Dort heißt es nämlich:

    "Am Ende eines jeden Jahres kann das Honorar für das folgende Jahr von dem Genannten zu 2. nur um die Inflationsrate erhöht werden, es sei denn, dass der Umfang der Buchführung um mehr als 10 % gestiegen ist."

    Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Umsatz der Beklagten und damit der Umfang der Buchführung haben sich seit dem Jahr 1998 bis zum Jahr 2002 um mehr als 10 % erhöht. Die Auslegung der Beklagten, wonach das Honorar allenfalls um die Inflationsrate erhöht werden kann und auch nur dann, wenn der Umfang der Buchführung nicht um 10 % ansteigt, findet weder im Wortlaut der Vereinbarung eine Stütze noch ergibt sie sich aus dem Sinn und Zweck der Vereinbarung: Die Möglichkeit, das Honorar um die Inflationsrate zu steigern, wird vielmehr erweitert durch den 2. Halbsatz in § 4 Abs. 3 des Vertrags. Danach kann das Honorar auch dann erhöht werden, wenn der Buchführungsaufwand um mehr als 10 % gestiegen ist. Die Formulierung "es sei denn" schränkt nicht die Möglichkeit, das Honorar um die Inflationsrate anzupassen, ein, sondern erweitert sie für den Fall einer Mehrbelastung im Buchhaltungsbereich. Der Einschub "es sei denn" bezieht sich nämlich auf die mit dem Wort "nur" eingeleitete begrenzte Anpassungsmöglichkeit um die Inflationsrate und ergänzt diese um eine weitere Variante.

    Diese Auslegung der Vereinbarung orientiert sich auch an Sinn und Zweck der Regelung. Danach soll die Erhöhung des Honorars nicht im Belieben der Parteien stehen sondern an feste Voraussetzungen gebunden werden. Sie soll sich zum einen an der Inflationsrate ausrichten, damit sich das Honorar der Klägerin durch zwischenzeitliche Preissteigerungen nicht faktisch reduziert. Überdies soll der Fall erfasst werden, dass sich der geschuldete Arbeitsaufwand für den Steuerberater deutlich erhöht. Dies kann an der Erhöhung des Umsatzes festgemacht werden. Denn im Regelfall wird mit der Erhöhung des Umsatzes auch ein Mehr an Buchführungsaufwand und -tätigkeit verbunden sein. Wie die Beklagte selbst ausführt, macht es keinen Sinn die Regelung dahin auszulegen, dass eine Erhöhung des Honorars um die Inflationsrate gerade dann ausgeschlossen werden soll, wenn sich der Arbeitsaufwand erhöht hat. Die Auslegung einer Regelung hat sich daran zu orientieren, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsitte verstehen musste (vgl. Palandt-Heinrichs/ Ellenberger, BGB, 68. Auflage, § 133 Rdn. 9). Zu berücksichtigen ist vor allem die bestehende Interessenlage. Eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung gebietet es, die Regelung dahin zu bewerten, dass die nur sehr begrenzte Honorarerhöhung um die Inflationsrate für den Fall der Steigerung des Arbeitsaufwands erweitert wird. Nur hierdurch wird die Möglichkeit einbezogen, dass das Unternehmen wächst und sich der Buchführungsaufwand deutlich steigert.

    2. Die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Buchführungshonorars liegen vor. Hier hat sich nach der Darstellung der Klägerin der Umfang der Buchführung vom Jahr 1998 zum Jahr 2002 um mehr als 10 % erhöht. Sie macht das zu Recht an den Umsatzzahlen fest. Der Umsatz hat sich im Jahr 1998 von 344.094,60 DM auf 498.132,30 € im Jahr 2002 mehr als verdoppelt. Dass damit auch der Aufwand für die Buchführung jedenfalls um mehr als 10 % gewachsen ist, ist offensichtlich Die Bedeutung des Umsatzes als direkter Indikator für den mit der Buchführung verbundenen Aufwand spiegelt sich in der Berechnung der Gebührensätze der Tabelle C der Steuerberatergebührenverordnung wieder. Denn sie orientieren sich für das Buchführungshonorar an dem Jahresumsatz des Auftraggebers. Die Umsatzzahlen geben den Umfang der Geschäftstätigkeit wieder. Die erhöhte Geschäftstätigkeit wirkt sich auch af die im Rahmen der Buchführung zu leistende Tätigkeit aus. Demgemäss lässt auch die Umsatzsteigerung von 2002 zu 2003 um 28,99 % auf 642.541,48 € auf einen Buchführungsmehraufwand von mehr als 10 % schließen.

    3. Entgegen der Ansicht der Beklagten erlaubt der erste Halbsatz des § 4 Abs. 3 des Mandatsvertrags die einseitige Erhöhung des Honorars durch den Steuerberater; eine vertragliche Einigung wird nicht vorausgesetzt. Nach dieser Regelung wird dem eingangs des Vertrags als "Genannten zu 2" bezeichneten Geschäftsführer der Klägerin ausdrücklich die Möglichkeit zur Erhöhung eingeräumt. Dies ergibt sich aus der Formulierung "kann das Honorar für das folgende Jahr von dem Genannten zu 2 um die Inflationsrate erhöht werden".

    Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 07.05.2003 die Zahlung einer erhöhten Buchhaltungspauschale von 285,36 € monatlich als Vorschlag formulierte und "das Einverständnis zu dieser Neuregelung voraussetzend" einen neuen Mandatsvertrag übersandte. Zwar war die Klägerin einseitig zur Erhöhung des Honorars berechtigt, der Umfang der Erhöhung unterliegt aber der Billigkeitskontrolle. Überdies bedarf die Vereinbarung eines neuen Pauschalhonorars gemäß § 14 StBGebV der Schriftform. Angesichts dieser Umstände ist es nachvollziehbar, dass die Klägerin nicht af ihrem einseitigen Erhöhungsrecht pochen wollte, sondern eine Lösung im gegenseitigen Einvernehmen bevorzugte. Nachdem die Beklagte hierauf nicht eingegangen ist, hat die Klägerin ihre Absicht, das Honorar anzuheben, nicht aufzugeben. Dass die Klägerin ihr Erhöhungsrecht ausüben und durchsetzen wollte, zeigt ihre Rechnung vom 06.06.2003, mit der sie den erhöhten Betrag verlangte.

    4. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, auch Mitte der Jahre 2002 und 2003 sei die Klägerin berechtigt gewesen, eine Erhöhung für das jeweils noch laufende Jahr zu verlangen, wenn sich im vorangegangenen Jahr der Umsatz erhöht hatte. Ohne Erfolg rügt die Beklagte in der Berufung, nur am Ende eines Jahres könne eine Honorarerhöhung verlangt werden.

    Die zeitliche Regelung in § 4 Abs. 3 des Mandatsvertrags, wonach "am Ende eines jeden Jahres... das Honorar für das folgende Jahr" sich erhöhen kann, soll ausschließen, dass Veränderungen im Umfang der Buchführung während eines laufenden Kalenderjahres unmittelbar zu einer Honorarerhöhung berechtigen. Kurzfristiger Mehraufwand soll nicht langfristig zu einer Anhebung der Vergütung führen. Überdies kann erst nach Ablauf eines Kalenderjahres die Umsatzentwicklung des Jahres und damit der Buchführungsaufwand abschließend beurteilt werden. Zu Recht weist das Landgericht aber darauf hin, dass der Umsatz, damit der Buchführungsaufwand und auch die Inflationsrate wegen der fortlaufenden Geschäftstätigkeit nicht immer exakt am Ende eines Kalenderjahres festgestellt werden können. Wird also erst im Folgejahr eine Umsatzsteigerung im Vorjahr festgestellt, wäre die Klägerin gehindert vor dem Jahresende auf eine Honorarerhöhung hinzuwirken, wenn der Auffassung der Beklagten gefolgt würde. Die Klägerin könnte also erst mit einer zeitlichen Differenz von einem Jahr auf die Umsatzsteigerung reagieren. Dem widerspricht aber der Wortlaut der vertraglichen Regelung, wonach bereits das Honorar für das "folgende Jahr" erhöht werden kann. Danach soll unmittelbar auf die Arbeitsentwicklung im Vorjahr reagiert werden dürfen. Somit kann frühestens am Ende eines Jahres erhöhter Geschäftstätigkeit für das nachfolgende Jahr eine Honorarerhöhung verlangt werden. Das bedeutet, dass nach Ablauf dieses Bemessungsjahres auch noch im Laufe des Folgejahres auf eine Erhöhung des Honorars hingewirkt werden kann.

    5. Das Erhöhungsverlangen der Klägerin hat aber keine einseitige Änderung der Pauschalhonorarvereinbarung zur Folge. Eine Pauschalhonorarvereinbarung unterliegt der Schriftform gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 StBGebV. Eine Anpassung der Pauschale bedarf ebenfalls der Einhaltung der Voraussetzungen des § 14 StBGebV (vgl. Charlier/Berners, Praxiskommentar, Steuerberatergebührenverordnung, 2. Auflage, § 14 Rdn. 43). Da die Parteien sich über eine Anpassung nicht einig geworden und diese deshalb auch nicht schriftlich fixiert haben, ist das erhöhte Honorar nicht als Pauschalhonorar wirksam vereinbart. Allerdings kann die Klägerin dann entsprechend der StBGebV abrechnen (Charlier/Berners, a.a.O. Rdn. 39). Das ist hier geschehen.

    Gemäß § 33Abs. 1 StBGebV beträgt die Monatsgebühr für die Buchführung 2/10 bis 12/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle C. Der Gebührenrahmen hat sich an den Bewertungsfaktoren zu orientieren, die auch bei der Pauschalhonorarvereinbarung erheblich waren (vgl. Charlier/Berners, a.a.O. Rdn. 9). Denn der Steuerberater hat durch die Pauschalhonorarvereinbarung eine Bestimmung im Sinne des § 11 StBGebV vorgenommen. Die Klägerin hat nachvollziehbar dargetan, dass sich die 1998 vereinbarte Pauschalvergütung von monatlich 300 DM netto an eine 7/10 Gebühr bei einem Umsatz von 400.000 DM angelehnt hat. Das von ihr errechnete erhöhte Honorar richtet sich nach dieser Bestimmung des Gebührenrahmens. Denn sie setzt eine 6/10-Gebühr des jeweiligen Umsatzes des Vorjahres an. Bei einem Umsatz im Jahr von bis zu 500.000 € beträgt die 6/10-Gebühr 246 € netto, also 285,36 € brutto.

    Indes beläuft sich für das Jahr 2004 die begehrte 6/10-Gebühr nicht auf 382,80 € monatlich - wie verlangt - sondern auf 345,91 € brutto. Der in dem Erhöhungsverlangen vom 08.06.2004 genannte Umsatz von 713.888,84 € stimmt nicht mit der Aufstellung der Umsätze überein, die die Klägerin mit Schriftsatz vom 29.08.2006 selbst vorgelegt hat. Danach betrug der Umsatz im Jahr 2003 642.541,48 €. Die Parteien haben die Umsatzzahlen in der mündlichen Verhandlung vom 01.08.2008 für unstreitig erklärt. Dieser geringere Umsatz führt zu einer ebenfalls geringeren Buchhaltungsvergütung. Für den Zeitraum vom 01.06.2004 bis zum 31.08.2005 (dem Ende des Mandatsverhältnisses) ist das begehrte Honorar um insgesamt 533,35 € brutto (15 * (382,80 € - 345,91 €)) zu reduzieren.

    Mit Ausnahme der Erhöhung des Buchhaltungshonorars ist die Klageforderung in der Berufung von der Beklagten nicht angegriffen worden. Daher ist der in dem Feststellungsantrag benannte Zahlbetrag lediglich um den oben ermittelten Differenzbetrag von 553,35 € auf 3.162,26 € zu reduzieren. Aufgrund der Zahlung der Beklagten ist daher festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in Höhe von 3.162,26 € nebst Zinsen erledigt hat.

    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3, 344 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, Art.26 Nr. 8 EGZPO.

    Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO, die es gebieten, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

    Streitwert für das Berufungsverfahrens: 3.715,61 €

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 133 BGB § 157 BGB