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  • 30.07.2014 · IWW-Abrufnummer 142236

    Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 15.04.2014 – 3 U 633/13

    1. Die Aufgabe des Steuerberaters richtet sich zwar grundsätzlich zunächst nach dem Inhalt und dem Umfang des erteilten Mandats. Der Steuerberater ist dabei verpflichtet, sich mit den steuerrechtlichen Punkten zu befassen, die zur pflichtgemäßen Erledigung des ihm erteilten Auftrags zu beachten sind. Nur in den hierdurch gezogenen Grenzen des Dauermandats hat er den Auftraggeber auch ungefragt über die bei der Bearbeitung auftauchenden steuerrechtlichen Fragen zu belehren (in Anknüpfung an BGH, Urteile vom 07.03.2013 - IX ZR 64/12 - NJW-RR 2013, 983 ff; vom 04.03.1987 - IV a ZR 222/85 - WM 1987, 661 f.; vom 26.01.1995 - IX ZR 10/94 - BGHZ 128, 358, 361; vom 28.11.1966 - VII ZR 132/64 - WM 1967, 72, 73; vom 06.12.1979 - VII ZR 19/79 - WM 1980, 308, 309; vom 26.01.1995, aaO).

    2. Zu den vertraglichen Nebenpflichten des Steuerberaters gehört es, den Mandanten nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB vor Schaden zu bewahren und auf Fehlentscheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urteil vom 07.05.1991 - IX ZR 188/90 - WM 1991, 1303, 1304; vom 26.01.1995, aaO, 362; vom 21.07.2005 - IX ZR 6/02 - WM 2005, 1904, 1905).

    3. Auch wenn der Steuerberater keinen ausdrücklichen Auftrag zur körperschaftsteuerlichen Gestaltungsberatung hat, muss er die im Rahmen eines Dauermandats anfallenden Fragen von sich aus aufgreifen und mit dem Mandanten erörtern. Im Rahmen eines umfassenden Dauermandats (in Anknüpfung an BGH Urteil vom 23.02.2012 - IX ZR 92/08 - VersR 2012, 872; Urteil vom 20.11.1997 - IX ZR 62/97 - VersR 1998, 598 = WM 1998, 299, 300; OLG Köln, Urteil vom 19.02.1999 - 19 U 115/98 - OLGR Köln 1999, 265 ff., OLG Bamberg, Urteil vom 28.04.2006 - 6 U 23/05 - DB 2006, 1262 ff.), welches alle Steuerarten umfasst, die für den Auftraggeber in Betracht kommen, ist er verpflichtet zur Beratung einschließlich der Möglichkeit zu zivilrechtlichen Steuergestaltungen auch jenseits der konkret bearbeitenden Angelegenheiten (in Anknüpfung an BGH, Urteile vom 23.02.2012 - IX ZR 92/08 - VersR 2012, 872; vom 11.05.1995 - IX ZR 140/94 -VersR 1995, 1062, 1065; vom 20.11.1997, aaO).


    In dem Rechtsstreit
    ABC Baulandentwicklungs GmbH, gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer ...
    Klägerin und Berufungsklägerin,
    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... -
    gegen
    1. Oliver A.....
    Beklagter und Berufungsbeklagter,
    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...-
    2. Dipl.-Ing. Helmut R....
    Beklagter und Berufungsbeklagter,
    - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... -
    hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Grünewald, die Richterin am Oberlandesgericht Haberkamp und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2014
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mainz - Einzelrichter - vom 12. April 2013 wird zurückgewiesen.
    2.

    Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
    3.

    Dieses Urteil und das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Mainz sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Gründe

    I.

    Die Klägerin nimmt den Beklagten zu 1. als ehemaligen Steuerberater und den Beklagten zu 2. als früheren Geschäftsführer auf Schadensersatz in Anspruch.

    Die in dem vorliegenden Rechtstreit zunächst klagende ABC Ausgleichsflächen GmbH (nachfolgend: A. GmbH) und die ABC Baulandentwicklungs GmbH (nachfolgend B. GmbH) waren Schwestergesellschaften. Beide Firmen gehören der sogenannten AB-Gruppe an. Aufgrund eines Verschmelzungsvertrages der beiden Firmen vom 24.08.2012 firmiert die Klägerin nunmehr unter der Bezeichnung ABC Baulandentwicklungs GmbH (Handelsregisterauszug des Amtsgerichts M. vom 20.09.2013 zu HRB ....).

    Der Beklagte zu 1) war für die A. GmbH bis zum Jahr 2004 umfassend und ab Mitte 2004 im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses sowie der jeweiligen Steuererklärungen als Steuerberater tätig. Zugleich war er Steuerberater der B. GmbH. Der Beklagte zu 2) war bis Mai 2008 Geschäftsführer der A. GmbH.

    Die A. GmbH, vertreten durch den Beklagten zu 2), schloss mit der B. GmbH am 12.12.2005 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (Anlage K I, GA 9 ff., im Folgenden: GAV). Gemäß § 2 GAV verpflichtete sich die A. GmbH, ihren gesamten Gewinn an die B. GmbH abzuführen.

    Der Beklagte zu 1) war an der Erstellung des GAV nicht beteiligt sondern erhielt von dem beurkundenden Notar eine Abschrift der notariellen Urkunde übersandt. Im März 2006 beantragte er die Herabsetzung der Körperschaftssteuervorauszahlungen für die A. GmbH und berücksichtigte den Inhalt des GAV bei der Erstellung des Jahresabschlusses der A. GmbH zum 31.12.2006 (Anlage K II, GA 13 ff). Danach betrug der Jahresüberschuss "0" €, so dass bei der A. GmbH keine Steuern eingefordert wurden (Anlage K III, Bescheid des Finanzamtes Mainz-Bingen vom 08.08.2007 für 2006 über Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag, GA 30 f.).

    Im Rahmen einer ab 2008 für die Jahre 2003 bis 2006 durchgeführten Betriebsprüfung des Finanzamts bei der A. GmbH stellte sich bei der Bewertung des GAV das Fehlen einer körperschaftssteuerlichen Organschaft i.S.d. § 14 KStG heraus mit der Folge der Besteuerung des ermittelten Gewinns (Anlage K IV, Bericht über die Außenprüfung des Finanzamts Mainz-Süd vom 02.10.2010, GA 37 ff.). Danach entstanden bei der A. GmbH für die Jahre 2006 und 2007 Körperschaftssteuern, Zinsen zur Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschläge für Körperschaftssteuer in einer Gesamthöhe von 188.726,60 €. Dieser Betrag wird mit der Klage geltend gemacht. Hinsichtlich der Zusammensetzung des Gesamtbetrages im Einzelnen wird auf die Aufstellung auf Seite 3 des angefochtenen Urteils (GA 358 ff.) Bezug genommen. Der GAV wurde in der berichtigten Bilanz der A. GmbH vom 01.08.2008 nicht mehr berücksichtigt. Eine formale Aufhebung des Vertrages erfolgte nicht.

    Im Jahre 2008 erfolgten Umstrukturierungen innerhalb der RS-Gruppe. Zwischen der A. GmbH und dem Beklagten zu 2) fanden Gespräche u. a. über die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Beklagten zu 2) statt. In der mit der A. GmbH und B. GmbH und weiteren Beteiligten der RS-Gruppe getroffenen "Vergleichsvereinbarung" vom 19.03/20.03.2008 (Anlage B 1, GA 95-99) kam man u.a. überein, dass der Beklagte zu 2) seine Geschäftsführertätigkeit beendet und seine Anteile u. a. an der A. GmbH "auf noch zu benennende Dritte" überträgt. In der Vereinbarung heißt es weiter: "Mit Vollzug dieser Vereinbarung verzichten die Beteiligten auf jegliche Ansprüche aus den streitigen Rechtsverhältnissen, ob bekannt oder unbekannt."

    Mit zwei Geschäftsanteilskaufverträgen vom 05.04.2008 übertrag der Beklagte zu 2) von ihm gehaltene Anteile an der A. GmbH und B. GmbH auf die Rathgeber-Plan GmbH für Bauplanung und Beratung (Urk. - Nrn. 494 und 495/2008, Notar Schneemann, Anlage B 3, GA 241ff., 248 ff). Unter V. 10. der Urkunden heißt es jeweils gleichlautend. "Die Bücher, Aufzeichnungen und Unterlagen der Gesellschaft sind ordnungsgemäß geführt und stehen der Gesellschaft weiterhin zur Verfügung".

    Mit Urk.-Nr. 501/2008, ebenfalls vom 05.04.2008, erklärten der Beklagte zu 2. und die Beteiligten der ABC-Gruppe eine "Erfüllungs-, Umsetzungs- und Durchführungsvereinbarung zur Vergleichsvereinbarung vom 19./20.03.2008" (Anlage B 2, GA 100 ff.). Unter V. 6. wird auf die "Vergleichsvereinbarung" vom 19.03/20.03.2008 Bezug genommen mit dem Hinweis: "Die Vereinbarung ist den Beteiligten in allen Teilen bekannt."

    Die Klägerin hat vorgetragen,

    der Beklagte zu 1) habe seine Pflichten als Steuerberater verletzt. Mit dem Abschluss des GAV hätten ihre Gesellschafter die Begründung einer körperschaftssteuerlichen Organschaft im Sinne des § 14 KStG bezweckt, mit der Folge, dass der Gewinn der A. GmbH steuerlich der mit hohen Verlusten belasteten B. GmbH zugerechnet worden wäre, so dass für die A. GmbH keine Steuern angefallen wären. Der Beklagte zu 1) habe darauf hinweisen müssen, dass das gewünschte steuerliche Ergebnis bei einer Schwesterkonstruktion, wie sie zwischen der A. GmbH und der B. GmbH vorgelegen habe, nicht herbeigeführt werden könne. Bei pflichtgemäßer Beratung hätten die Gesellschafter die Voraussetzungen einer Organschaft herbeigeführt und die bezweckte Steuerersparnis erzielt. Zumindest wäre der GAV nicht abgeschlossen worden und die Gewinne bei der A. GmbH verblieben. Der Beklagte zu 2) habe als Geschäftsführer in Kenntnis der Umstände ebenfalls auf diese Situation hinweisen müssen.

    Die Klägerin hat beantragt,

    die Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 188.726,60 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit sowie weitere 2.380,80 € außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.

    Die Beklagten haben beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte zu 1) hat geltend gemacht,

    da er bei dem Abschluss des GAV nicht beteiligt gewesen sei, habe ihn auch keine Hinweis- und Aufklärungspflicht gegenüber der A. GmbH getroffen. Unabhängig davon habe die Hausbank der A. GmbH und der B. GmbH, die Mainzer Volksbank, den Abschluss des GAV zur eigenen Kreditabsicherung und zur Stärkung der B. GmbH gewollt. Dem Drängen der Bank seien die Gesellschafter durch den Abschluss des GAV nachgekommen. Da das Ziel des GAV allein die Bilanzkonsolidierung gewesen sei, seien steuerliche Fragen nicht geprüft worden.

    Der Beklagte zu 2) hat die Auffassung vertreten, etwaige Ersatzansprüche seien im Hinblick auf die Vergleichsvereinbarung vom 19,/20.03.2008 ausgeschlossen. Er sei zum damaligen Zeitpunkt nicht bereit gewesen, seine GmbH-Anteile in eine andere Gesellschaft einzubringen. Zudem seien etwaige Ansprüche verjährt.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

    Eine Haftung des Beklagten zu 1) wegen der Verletzung seiner Pflichten als Steuerberater scheide aus. Es könne dahinstehen, ob er im Rahmen eines Dauermandats auf das Fehlen einer Organschaft im Sinne des § 14 KStG habe hinweisen müssen. Denn auch bei unterstellter Pflichtverletzung sei diese nicht ursächlich für den geltend gemachten Schaden. Im Rahmen der von dem Mandanten nachzuweisenden haftungsausfüllenden Kausalität sei zu klären, wie sich der Mandant bei vertragsgerechter Beratung verhalten hätte, was die Prüfung der in Betracht kommenden Handlungsalternativen erfordere, deren Rechtsfolgen mit den Handlungszielen der Mandanten zu vergleichen seien. Auf die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens könne sich der Mandant nur dann berufen, wenn bei zutreffender Belehrung eine bestimmte Entschließung mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen sei. Der A. GmbH hätten nach eigenem Vortrag mehrere Handlungsalternativen zur Verfügung gestanden. Der vermisste Hinweis auf das Fehlen einer Organschaft hätte Veranlassung gegeben, den Antrag auf Herabsetzung der Körperschaftssteuervorauszahlung nicht zu stellen und im Jahresabschluss zum 31.12.2006 den Jahresüberschuss nicht mit "0" anzugeben. In diesem Fall, so das Landgericht, wären die Steuern allerdings gleichwohl angefallen. Es habe, so das Landgericht weiter, auch nicht die Möglichkeit und Bereitschaft bestanden, den Vertrag vom 12.12.2005 aufzuheben und eine Umstrukturierung durch Einbringung in die B. GmbH vorzunehmen. Denn diese Maßnahmen seien bis heute nicht ergriffen worden. Die im Abschlussbericht der Betriebsprüfung erwähnte berichtigte Bilanz der A. GmbH vom 01.08.2008, in der die Gewinnabführung nicht mehr enthalten gewesen sei, lege eine steuerrechtliche Eigenprüfung der A. GmbH zum Vorliegen einer Organschaft nahe. Diese habe ebenfalls nicht zu einer Umstrukturierung geführt. Selbst das Ausscheiden des Beklagten zu 2) habe keine strukturellen Veränderungen bei den beiden Gesellschaften nach sich gezogen. Zudem sei der Beklagte zu 2) nicht bereit gewesen, seine Anteile an der A. GmbH in die B. GmbH einzubringen. Es verbliebe die faktische Aufhebung des GAV wie sie die A. GmbH mit ihrer berichtigten Bilanz vom 01.08.2008 dokumentiert habe. Auch dadurch sei die Steuerschuld nicht vermieden worden. Darüber hinaus habe die A. GmbH ihren vermeintlichen Schaden nicht ausreichend dargelegt. Der Vortrag beschränke sich auf die Darstellung der nachgezahlten Steuern nebst Zuschlägen, ohne den Vorteil, der durch die verspätete Zahlung der Steuern erzielt worden sei, gegenzurechnen. Ein Ersatzanspruch scheide schließlich auch wegen eines haftungsausschließenden Mitverschuldens der A. GmbH aus. Denn diese habe selbst vorgetragen, dass der den GAV beurkundende Notar den Beklagen zu 2) auf die steuerlichen Risiken hingewiesen habe. Dieses Wissen des Beklagten zu 2) als ihrem damaligen Geschäftsführer müsse sich die A. GmbH aber zurechnen lassen.

    Etwaige Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) seien mit dem Abschluss der Vergleichsvereinbarung vom 19./20.03.2008 erloschen.

    Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

    Sie trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags vor,

    das Landgericht habe zu Unrecht eine Kausalität der Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) für den Schadenseintritt verneint. Falls bereits im Jahr 2006 erkannt worden wäre, dass das steuerlich bezweckte Ergebnis des GAV nicht habe herbeigeführt werden können, wäre für die Steuerzahlung eine Rückstellung gebildet worden. Damit wäre ein um die Steuerlast reduzierter Gewinn verblieben, der an die B. GmbH hätte abgeführt werden müssen. Aufgrund des fehlenden Hinweises sei keine Rückstellung gebildet und der Gewinn in voller Höhe an die B. GmbH abgeführt worden. Nachdem erst im Jahre 2008 bzw. endgültig 2011 durch Feststellung des Finanzamts festgestanden habe, dass eine steuerliche Organschaft nicht vorliege, hätten zwar Forderungen in Höhe der Steuer gegen die B. GmbH erhoben werden können. Diese seien aber nicht werthaltig gewesen, weil die B. GmbH nicht in der Lage gewesen sei, Zahlungen zu leisten. Die Tatsache, dass in der Bilanz vom 01.08.2008 für das Jahr 2006 eine Gewinnabführung nicht mehr enthalten sei, was nach Auffassung des Landgerichts auf eine steuerliche Eigenprüfung zum Vorliegen einer Organschaft hindeute und der Umstand, dass keine Umstrukturierung durchgeführt worden sei, lasse nicht auf einen fehlenden Umgestaltungswillen der A. GmbH schließen. Das Landgericht verkenne, dass mit einer Gestaltung im Jahre 2008 oder in den Folgejahren keine Veränderung der steuerlichen Situation für die Jahre 2006 und 2007 mehr habe herbeigeführt werden können. Die im Rahmen der Betriebsprüfung berichtigte Bilanz der A. GmbH stelle lediglich die Steuerbilanz dar. Handelsrechtlich seien die entsprechenden Verpflichtungen aus dem GAV zu berücksichtigen. Der Umstand, dass der Beklagte zu 2) bestritten habe, zur Einbringung seiner Anteile bereit gewesen zu sein, verkenne, dass sämtliche Gesellschafter bemüht gewesen seien, eine steuerrechtlich optimale Gestaltung herbeizuführen (Beweis: Zeugnis des Herrn Bing). Das Landgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Schaden nicht ausreichend dargelegt worden sei. Es liege auch kein den Schadensersatzanspruch ausschließendes Mitverschulden vor.

    Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) seien nicht durch die "Vergleichsvereinbarung" vom 19.03/20.03.2008 erloschen. Diese stelle lediglich eine privatschriftliche Regelung dar, die zu ihrer Wirksamkeit der notariellen Beurkundung bedürfe. Die Beurkundung sei erst am 05.04.2008 mit der "Erfüllungs-, Umsetzungs- und Durchführungsvereinbarung zur Vergleichsvereinbarung vom 19./20.03.2008" (Urk.-Nr. 501/2008) erfolgt. Zuvor habe der Beklagte zu 2) in den Urkunden über die Geschäftsanteilsabtretungen umfangreiche Zusicherungen hinsichtlich der Richtigkeit des Jahresabschlusses gemacht, obwohl er gewusst habe, dass der GAV steuerlich nicht wirke. Erst im Hinblick auf diese Zusicherungen sei die "Erfüllungs-, Umsetzungs- und Durchführungsvereinbarung zur Vergleichsvereinbarung vom 19./20.03.2008" beurkundet worden. Der Beklagte zu 2) habe arglistig gehandelt und verhalte sich rechtsmissbräuchlich, wenn er sich auf den Verzicht berufe.

    Die Klägerin beantragt nunmehr,

    unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zu verurteilen, an sie 188.726,60 € nebst 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Die Beklagten beantragen,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Beklagte zu 1) trägt vor,

    soweit die Klägerin einen Schaden daraus herleite, dass eine Rückstellung im Jahresabschluss unterblieben sei, verkenne sie, dass eine Rückstellung die Steuerlast nicht beeinflusst hätte. Wenn der abgeführte Gewinn an die ehemalige Schwestergesellschaft geringer gewesen wäre, hätte auch ohne Bildung der Rückstellung ein entsprechender Erstattungsanspruch gegen diese bestanden. Die Klägerin müsse sich vorhalten lassen, bis heute keine Forderungen gegen die B. GmbH geltend gemacht zu haben. Die Klägerin habe ihren Schaden nach wie vor nicht ausreichend dargelegt. Soweit die Klägerin auf einen bilanziellen Schaden abstelle, verkenne sie, dass auch der Rückzahlungsanspruch gegen die ehemalige Schwestergesellschaft bilanziert werden könne und müsse. Durch die Verschmelzung sei in rechtlicher Hinsicht Konfusion eingetreten, mit der Folge, dass ein etwaiger Schaden der Klägerin weggefallen sei.

    Der Beklagte zu 2) trägt vor,

    die Vergleichsvereinbarung vom 12.03./20.03.2008 sei wirksam und habe nicht der notariellen Form bedurft. Jedenfalls sei der Mangel mit der am 05.04.2014 erfolgten Beurkundung der "Erfüllungs-, Umsetzungs- und Durchführungsvereinbarung zur Vergleichsvereinbarung vom 19./20.03.2008" geheilt worden.

    Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

    Die Parteien haben nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht nachgelassene Schriftsätze eingereicht.

    II.

    Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

    1) Das Landgericht hat eine Haftung des Beklagten zu 1) als Steuerberater der A. GmbH nach §§ 675, 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung seiner vertraglichen Pflichten als Steuerberater zu Recht verneint.

    a) Der Senat ist allerdings, wie bereits in der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2014 erörtert (GA 486 f.), der Auffassung, dass der Beklagte zu 1), der Kenntnis von dem GAV hatte, im März 2006 die Herabsetzung der Körperschaftssteuervorauszahlungen beantragte und den Inhalt des GAV bei der Erstellung des Jahresabschlusses zum 31.12.2006 berücksichtigte, verpflichtet war, auf die fehlenden Voraussetzungen einer Organschaft im Sinne des § 14 KStG hinzuweisen. Voraussetzung der körperschaftssteuerlichen Organschaft ist u.a. die finanzielle Eingliederung des Organträgers an der Organgesellschaft dergestalt, dass dem Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft zusteht. Das Finanzamt hat in seinem Bericht vom 02.12.2010 festgestellt, dass mangels Beteiligung der B. GmbH an der A. GmbH keine finanzielle Eingliederung und damit keine Organschaft im Sinne von § 14 KStG vorliege (Anlage K 4, S. 5, GA 41). Hierüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.

    Die Aufgabe des Steuerberaters richtet sich zwar grundsätzlich zunächst nach dem Inhalt und dem Umfang des erteilten Mandats (BGH, Urteil vom 07.03.2013 - IX ZR 64/12 - NJW-RR 2013, 983 ff; Urteil vom 04.03.1987 - IV a ZR 222/85 - WM 1987, 661 f.; vom 26.01.1995 - IX ZR 10/94 - BGHZ 128, 358, 361). Der Steuerberater ist dabei verpflichtet, sich mit den steuerrechtlichen Punkten zu befassen, die zur pflichtgemäßen Erledigung des ihm erteilten Auftrags zu beachten sind. Nur in den hierdurch gezogenen Grenzen des Dauermandats hat er den Auftraggeber auch ungefragt über die bei der Bearbeitung auftauchenden steuerrechtlichen Fragen zu belehren (BGH, Urteile vom 28.11.1966 - VII ZR 132/64 - WM 1967, 72, 73; vom 06.12.1979 - VII ZR 19/79 - WM 1980, 308, 309; vom 26.01.1995, aaO). Zu den vertraglichen Nebenpflichten des Steuerberaters gehört es, den Mandanten nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB vor Schaden zu bewahren und auf Fehlentscheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (BGH, Urteil vom 07.05.1991 - IX ZR 188/90 - WM 1991, 1303, 1304; vom 26.01.1995, aaO, 362; vom 21.07.2005 - IX ZR 6/02 - WM 2005, 1904, 1905). Auch wenn der Steuerberater keinen ausdrücklichen Auftrag zur körperschaftsteuerlichen Gestaltungsberatung hat, muss er die im Rahmen eines Dauermandats anfallenden Fragen von sich aus aufgreifen und mit dem Mandanten erörtern. Im Rahmen eines umfassenden Dauermandats (BGH Urteil vom 23.02.2012 - IX ZR 92/08 - VersR 2012, 872; Urteil vom 20.11.1997 - IX ZR 62/97 - VersR 1998, 598 = WM 1998, 299, 300; OLG Köln, Urteil vom 19.02.1999 - 19 U 115/98 - OLGR Köln 1999, 265 ff., OLG Bamberg, Urteil vom 28.04.2006 - 6 U 23/05 - DB 2006, 1262 ff.), welches alle Steuerarten umfasst, die für den Auftraggeber in Betracht kommen, ist er verpflichtet zur Beratung einschließlich der Möglichkeit zu zivilrechtlichen Steuergestaltungen auch jenseits der konkret bearbeitenden Angelegenheiten (BGH, Urteil vom 23.02.2012 - IX ZR 92/08 - VersR 2012, 872; vom 11.05.1995 - IX ZR 140/94 -VersR 1995, 1062, 1065; vom 20.11.1997, aaO; Bamberger/Roth-Fischer, BGB, BeckOK, 30. Edition, Stand 01.02.2014, § 675 Rn. 35 f.; Thoma, Hinweispflichten bei beschränktem Dauermandat, WPK Magazin 2012, Nr. 2, 56 f.).

    Hat der Steuerberater fortlaufend Jahresabschlüsse erstellt und sowohl Körperschafts- und Gewerbesteuererklärungen erarbeitet, liegt zumindest ein inhaltlich beschränktes Dauermandat vor, welches den Steuerberater verpflichtet, bei erster Gelegenheit über die vorgefundenen steuerlichen Risiken des Mandatsgegenstands aufzuklären. Es kommt nicht darauf an, ob der Steuerberater einen darüber hinausgehenden Willen zur steuerlichen Betreuung hat.

    Danach oblag es dem Beklagten zu 1) auf etwaige Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit des GAV in Bezug auf eine fehlende organschaftliche Stellung der B. GmbH hinweisen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 1) nicht nur Steuerberater der A. GmbH, sondern auch Steuerberater der B. GmbH war und damit in Bezug auf Anteilsrechte Kenntnis von beiden Gesellschaften hatte.

    Dem steht nicht entgegen, dass nach dem Vortrag des Beklagten zu 1) der steuerliche Aspekt beim Abschluss des GAV nicht im Vordergrund gestanden haben soll, sondern man dem Wunsch der Hausbank nach einer Kreditabsicherung und Stärkung der B. GmbH entsprochen habe. Denn auch in diesem Fall war er im Zusammenhang mit der Antragstellung auf Herabsetzung der Körperschaftssteuer-vorauszahlungen für die A. GmbH mit steuerlichen Fragen befasst und schuldete er eine sachgerechte Aufklärung.

    Der Beklagte zu 1) hat danach schuldhaft gegen seine Pflichten als Steuerberater verstoßen.

    b) Diese Pflichtverletzung war jedoch nicht ursächlich für den Schaden.

    Zutreffend führt das Landgericht aus, dass es im Rahmen der von dem Mandanten nachzuweisenden haftungsausfüllenden Kausalität der Klärung bedarf, wie sich der Mandant bei vertragsgerechter Beratung verhalten hätte (BGH, Urteil vom 18.05.2006 - IX ZR 53/05 -NJW-RR 2006, 1645 ff.). Hierzu müssen die Handlungsalternativen geprüft werden, die dem Mandanten bei sachgerechter Belehrung offen gestanden hätten. Deren Rechtsfolgen müssen ermittelt sowie miteinander und mit den Handlungszielen des Mandanten verglichen werden (BGH, Urteil vom 18.05.2006 - IX ZR 53/05 - NJW-RR 2006, 1645; OLG Celle, Urteil vom 13.06.2007 - 3 U 238/06 - OLGR Celle 2007, 966 ff., [...] Rn. 57). Auf die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens kann sich der Mandant nur dann berufen, wenn bei zutreffender Belehrung im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände eine bestimmte Entschließung mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre. Voraussetzung hierfür sind danach Feststellungen, die im Falle sachgerechter Aufklärung durch den Berater aus der eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahe gelegt hätten. Die Vermutung beratungsgemäßen Verhaltens setzt einen Tatbestand voraus, bei dem der Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung eines Beraters und einem bestimmten Verhalten des Mandanten typischerweise gegeben ist, also auf Umständen beruht, die nach der Lebenserfahrung eine bestimmte tatsächliche Vermutung rechtfertigen (BGH, aaO; OLG Celle, aaO, [...] Rn.58).

    aa) Das Landgericht hat im Rahmen der von ihm erörterten ersten Handlungsalternative dargelegt, dass der vermisste Hinweis auf das Fehlen einer Organschaft hätte Veranlassung geben können, den Antrag auf Herabsetzung der Körperschaftsvorauszahlung nicht zu stellen und im Jahresabschluss zum 31.12.2006 den Jahresüberschuss nicht mit "0" anzugeben. In diesem Fall wären die Steuern aber gleichwohl angefallen und der Gewinn der A. GmbH an die B. GmbH abzuführen gewesen. Die A. GmbH hätte mit diesem Vorgehen für eine Bilanzkonsolidierung ihrer mit hohen Schulden belasteten Schwestergesellschaft und damit auch zu einer Beruhigung der kreditgebenden Hausbank beigetragen, was zugleich im Interesse der für beide Gesellschaften identischen Gesellschafter gewesen sei.

    Hiergegen wendet die Berufung ein (BB 3, GA 429), für diesen Fall wäre eine Rückstellung bei der A. GmbH gebildet worden. Es wäre ein um die Steuerlast reduzierter Gewinn verblieben, der an die Schwestergesellschaft hätte abgeführt werden müssen, wäre der Vertrag nicht aufgehoben worden.

    Die Argumentation verfängt nicht. Es ist für den Senat nicht nachvollziehbar und von der Klägerin auch nach steuerrechtlichem Grund und Höhe nicht dargetan, inwieweit das Unterlassen einer Rückstellung einen im Streitverfahren relevanten Schaden darstellt. Zwar wäre der abzuführende Gewinn an die B. GmbH dadurch geringer gewesen. Die B. GmbH wäre jedoch gemäß § 3 Nr.1 des GAV (Anlage K I, GA 10 f.) verpflichtet gewesen, den Jahresfehlbetrag in Form der angefallenen Steuern gegenüber der A. GmbH auszugleichen. Ob dieser auch ohne Bildung einer Rückstellung gegebene Erstattungsanspruch der A. GmbH gegenüber der B. GmbH werthaltig war, kann dahinstehen. Denn die Klägerin hat nicht im Ansatz dargetan, in welcher Höhe sie Rückstellungen gebildet und wie sich diese steuerlich ausgewirkt hätten.

    Die Klägerin führt nunmehr in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 26.03.2014 (GA 501 ff.) aus, dass eine Rückstellung nach § 249 HGB für Steuerschulden für das laufende Geschäftsjahr zu bilden sei und Rückstellungen gemäß § 247 HGB zu den bilanzrechtlichen Schulden gehörten. Sie würden erfolgswirksam eingebucht und minderten den Gewinn. Nur der um die Steuerlast verminderte Gewinn wäre an die Schwestergesellschaft abgeführt worden. Durch die unterbliebene Rückstellungsbildung sei der Gewinn aber ohne Minderung um die Steuerlast abgeführt worden. Dadurch sei ein Schaden entstanden. Da die Rückstellung exakt in Höhe der zu zahlenden Steuer hätte gebildet werden müssen, handele es sich um den nämlichen Schaden.

    Ungeachtet des Umstandes, dass dieser Vortrag nach Schluss der mündlichen Verhandlung ohne Schriftsatzvorbehalt erfolgt ist und dem Senat keine Veranlassung gibt, gemäß § 156 ZPO die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, ist für den Senat weiterhin nicht nachvollziehbar und von der Klägerin auch nicht dargetan, inwieweit die Erstellung einer abweichenden handelsrechtlichen Bilanz durch die Einstellung von Rückstellungen für zu leistende Steuerzahlungen zu einer Verminderung oder einem Entfall der Steuerzahllast geführt hätte.

    bb) Soweit das Landgericht im Rahmen der von ihm erörterten zweiten Handlungsalternative argumentiert, die behauptete Möglichkeit und Bereitschaft zur Aufhebung des GAV und ihrer Umstrukturierung in die B, GmbH zur Herstellung einer Organschaft überzeuge nicht, weil diese Maßnahmen bis heute nicht ergriffen worden seien, steht dem zwar entgegen, dass die Umstrukturierung der beiden Schwestergesellschaften mit Verschmelzungsvertrag und Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung des übernehmenden Rechtsträgers vom 24.08.2012 zwischenzeitlich erfolgt ist (Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Mainz vom 20.09.2013 zu HRB 32963, GA 470). Auch ist der GAV durch übereinstimmende Erklärungen vom 30.06.2011 zum 31.12.2011 aufgehoben worden (GA 470). Beides war dem Landgericht allerdings nicht bekannt. Zu Recht weist die Berufung auch darauf hin, dass eine steuerliche Gestaltung, die in den Jahren 2008 bzw. in den Folgejahren ergriffen worden wäre, keine Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung der Gesellschaft für die Jahre 2006 und 2007 gehabt hätte.

    Allerdings ist mit dem Landgericht anzunehmen, dass die Veränderung der Gesellschaftskonstruktion, wie sie jetzt auch durch den Verschmelzungsvertrag eingetreten ist, nichts darüber aussagt, ob seinerzeit eine Bereitschaft dazu bestanden hat, eine derartige Änderung auch vorzunehmen.

    Der Beklagte zu 2) hat bestritten, dass er zum relevanten Zeitpunkt bereit gewesen sei, seine Anteile an der A. GmbH in die B. GmbH einzubringen. Der unter Beweisantritt (Zeuge Bing) erfolgte Hinweis der Klägerin in der Berufungsbegründung (BB 6, GA 432), sämtliche Gesellschafter seien bemüht gewesen, eine möglichst steuerrechtlich optimale Gestaltung herbeizuführen, rechtfertigt keine andere Einschätzung; dem Beweisantritt war nicht nachzugehen. Es kann ohne Beweisaufnahme unterstellt werden, dass die Gesellschafter bemüht waren, eine steuerlich optimale Gestaltung herbeizuführen. Die in das Wissen des Zeugen Bing gestellte Behauptung ist aber nicht darauf gerichtet, dass der Beklagte zu 2) ausdrücklich oder konkludent erklärt habe, er sei mit einer Einbringung seiner Anteile an der A. GmbH in die B. GmbH einverstanden gewesen. Dafür gibt es auch für den damaligen Zeitpunkt keine sonstigen Anhaltspunkte. Die in der mündlichen Verhandlung erörterte Frage, warum der Beklagte zu 2) im Jahr 2008, nicht aber bereits im Jahr 2006 bereit gewesen sei, seine Anteile zu übertragen, hat der Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) für den Senat nachvollziehbar dahin beantwortet, dass Motiv für das Ausscheiden im Jahr 2008 gewesen sei, einen Schlussstrich zu ziehen, nachdem man sich zwischenzeitlich zerstritten habe.

    cc) Das Landgericht hat schließlich ausgeführt, dass als dritte Handlungsalternative die faktische Aufhebung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages verblieben sei, wie es die Klägerin mit ihrer berichtigten Bilanz vom 01.08.2008 dokumentiert habe. Hiergegen wendet die Klägerin ein, dass die in der berichtigten Bilanz unterlassene Gewinnabführung lediglich steuerlich erfolgt sei. Der Angriff der Berufung bleibt ohne Erfolg. Es ist nicht ersichtlich, welchen Einfluss dieser Vorgang auf den entstandenen Schaden hat. Die Bezugnahme der Klägerin auf einen bilanziellen Schaden ist unergiebig, da auch der Rückzahlungsanspruch gegen die ehemalige Schwestergesellschaft bilanziert werden muss.

    c) Soweit der Beklagte zu 1) geltend macht, aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Verschmelzung sei Konfusion eingetreten, mit der Folge, dass Schaden bei der Klägerin entfallen sei, mag offen bleiben, ob dies der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs entgegensteht (vgl. zum automatischen Erlöschen einer atypischen stillen GmbH, bestehend aus einer GmbH und einer GmbH & Co. KG als stiller Beteiligter im Falle einer Konfusion, FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.07.2009 - 5 K 268/06 - DStRE 2010, 21) . Wie bereits in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, hat der Senat Bedenken, ob durch den Eintritt einer Konfusion der beiden ehemaligen Schwestergesellschaften auch der aus dem Steuerrecht hergeleitete Schadensersatzanspruch in Wegfall geraten ist. Denn es ist zwischen dem Steuerschaden gegenüber dem Finanzamt einerseits und dem ursprünglichen Erstattungsanspruch der A. GmbH gegen die B. GmbH zu differenzieren.

    d) Die Klägerin hat jedenfalls ihren vermeintlichen Schaden nach wie vor nicht ausreichend dargelegt. Der Steuerberater, der seinem Auftraggeber wegen einer Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat diesen durch die Schadensersatzleistung so zu stellen, wie er bei pflichtgemäßem Verhalten des Steuerberaters stünde. Danach muss die tatsächliche Vermögenslage derjenigen gegenübergestellt werden, die sich ohne den Beratungsfehler ergeben hätte. Dies erfordert einen Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst (BGH, Urteil vom 20.01.2005 - IX ZR 416/00 - DB 2005, 1329 = WM 2005, 999 f. = MDR 2005, 866 f.).

    Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Klägerin nicht gerecht. Der Vortrag beschränkt sich auf die Darstellung der nachgezahlten Steuern nebst Zuschlägen, ohne den Vorteil, den sie durch die "verspätete" Zahlung der Steuern erzielte, gegenzurechnen. Hierauf hat bereits das Landgericht in seiner mündlichen Verhandlung vom 01.03.2013 (GA 331 f.) hingewiesen. Dem vermag die Klägerin nicht bereits mit dem Hinweis erfolgreich zu begegnen, ein Vorteilsausgleich sei nicht ersichtlich, weil die Zinsen, die sie an das Finanzamt zu zahlen gehabt habe, weit mehr seien, als der Vorteil aus der verspäteten Zahlung der Steuern. Hier hätte im Konkreten eine Vergleichsberechnung vorgenommen werden müssen, an der es auch in der Berufung fehlt.

    e) Da nach alledem ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 1) nicht besteht, kann dahin stehen, ob ein Anspruch, wie das Landgericht annimmt, auch an einem die Haftung ausschließenden Mitverschuldens der A. GmbH scheitert, weil diese sich das Wissen des Beklagten zu 2), der von dem Notar auf die steuerrechtlichen Risiken der Vertragsgestaltung hingewiesen worden sei, gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen müsse.

    2) Das Landgericht hat auch zu Recht die Klage gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen.

    a) Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 2) ist ein etwaiger Schadensersatzanspruch allerdings nicht verjährt. Der Beklagte zu 2) wird als ehemaliger Geschäftsführer der A. GmbH gemäß § 43 Abs.1 und 2 GmbHG in Anspruch genommen. Gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG verjähren die Ansprüche in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Eintritt des Schadens dem Grunde nach, ohne dass der Schaden in dieser Phase bereits bezifferbar sein muss. Es genügt die Möglichkeit der Erhebung einer Feststellungsklage (BGH, Urteil vom 21.02.2005 - II ZR 112/03 - DB 2005, 821 f. = ZIP 2005, 852 ff.).

    Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es sich um einen Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit einem Steuerschaden handelt. Der Bundesgerichtshof hat für die Haftung des Steuerberaters entschieden, dass beim Eintritt eines Schadens aufgrund eines fehlerhaften Rates eine Verschlechterung der Vermögenslage des Mandanten grundsätzlich erst mit Zugang des Steuerbescheids anzunehmen sei. Das gelte für alle Schadensfälle in Steuersachen, gleichgültig, ob die Schadensursache dazu führe, dass gegen den Mandanten ein Leistungsbescheid der Finanzbehörde ergehe oder ein Steuervorteil durch einen Feststellungs-(Grundlagen-) Bescheid versagt werde (BGH, Urteil vom 03.11.2005 - IX ZR 208/04 - DB 2006, 210 ff. = NJW-RR 2006, 642 ff. = WM 2006, 590 ff. = BB 2006, 182, [...] Rn. 8). Von welchen tatsächlichen oder rechtlichen Umständen die dem Steuerpflichtigen ungünstige Entscheidung im Einzelfall abhänge, sei danach rechtlich unerheblich. Es komme grundsätzlich nicht darauf an, welcher Art der vom Steuerberater zu verantwortende, für den nachteiligen Steuerbescheid ursächlich gewordene Fehler sei. Der Bundesgerichtshof hat ferner für die Haftung des Steuerberaters aus Fehlern, die durch eine Außenprüfung aufgedeckt werden und derentwegen Steuern nacherhoben werden, entschieden, dass die Verjährung solcher Schadensersatzansprüche erst mit der Schlussbesprechung über die Außenprüfung beginne (BGH, Urteil vom 16.01.1992 - IX ZR 56/91 - WM 1992, 741 f. = NJW 1992, 1694 f.).

    Diese Grundsätze sind auf die Frage des Verjährungsbeginns von Ansprüchen gegen den Geschäftsführer einer GmbH im Zusammenhang mit einer möglichen fehlerhaften steuerlichen Beratung des Steuerberaters entsprechend anzuwenden.

    Ausweislich des Berichts über die Außenprüfung fand die endgültige Schlussbesprechung zur Betriebsprüfung der A. GmbH am 11.10.2010 statt, so dass die Verjährungsfrist eines etwaigen Schadensersatzanspruchs gemäß §§ 199 Abs. 1 Nr. 1, 200 BGB mit Ende des Jahres 2010 zu laufen begann. Die am 28.12.2011 bei Gericht eingegangene Klage ist dem Beklagten zu 2) am 18.01.2012 zugestellt worden (GA 75 RS). Damit trat gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB eine Hemmung der Verjährung ein. Verjährung ist daher nicht eingetreten.

    b) Ob dem Beklagten zu 2) eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, kann dahin stehen. Denn etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus dessen damaliger Geschäftsführertätigkeit sind mit dem Abschluss der "Vergleichsvereinbarung" vom 19./20.03.2008, spätestens aber mit der notariell beurkundeten "Erfüllungs-, Umsetzungs- und Durchführungsvereinbarung zur Vergleichsvereinbarung vom 19./20.03.2008" vom 05.04.2008 gemäß § 779 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin hierauf verzichtet hat.

    Die A. GmbH und der Beklagte zu 2) haben mit der Vereinbarung vom 19./20.03.2008 ihre Rechtsverhältnisse umfassend geregelt. Zwischen den Vertragsparteien bestand Einigkeit, dass der Beklagte zu 2) seine Tätigkeit aufgibt und das Amt des Geschäftsführers niederlegt. Der Beklagte zu 2) verpflichtete sich gemäß Ziffer 1 g) zur Übertragung sämtlicher Anteile an der A. GmbH "auf noch zu benennende Dritte". Die Beteiligten der Vergleichsvereinbarung haben "mit Vollzug dieser Vereinbarung auf jegliche Ansprüche aus dem streitigen Rechtsverhältnis verzichtet".

    Die Berufung ist der Auffassung, die "Vergleichsvereinbarung" habe zu ihrer Wirksamkeit gemäß §§ 311 b BGB, 15 GmbHG der notariellen Beurkundung bedurft, weil sie als privatschriftliche Regelung die Verpflichtung zur Löschung von Grundschulden und zur Aufhebung eines Grundstückkaufvertrages sowie die Verpflichtung zur Übertragung von Geschäftsanteilen an einer GmbH enthalte (BB 8, GA 434). Sie meint, die "Vergleichsvereinbarung" sei erst durch die "Erfüllungs-, Umsetzungs- und Durchführungsvereinbarung zur Vergleichsvereinbarung vom 19./20.03.2008" und die zuvor stattgefundenen Anteilsübertragungen wirksam geworden. Der Beklagte zu 2) vertritt hingegen die Auffassung, eine Beurkundungspflicht habe nicht bestanden.

    Die Frage, ob die "Vergleichsvereinbarung" vom 19./20.03.2008 gemäß §§ 311 b BGB, 15 GmbHG der notariellen Beurkundung bedurfte, kann dahin stehen. Denn ein etwaiger Formmangel der Vereinbarung ist jedenfalls gemäß §§ 311 b Abs. 1 S. 2 BGB, 15 Abs. 4 S. 2 GmbHG durch die "Erfüllungs-, Umsetzungs- und Durchführungsvereinbarung zur Vergleichsvereinbarung vom 19./20.03.2008" und die zuvor stattgefundenen Anteilsübertragungen geheilt worden. Dies sieht auch die Klägerin nicht anders.

    Sie wirft dem Beklagten zu 2) aber vor, arglistig gehandelt zu haben. Vor der Beurkundung der "Erfüllungs-, Umsetzungs- und Durchführungsvereinbarung zur Vergleichsvereinbarung vom 19./20.03.2008" habe der Beklagte zu 2) in den Urkunden über die Geschäftsanteilsabtretungen nämlich umfangreiche Zusicherungen hinsichtlich der Richtigkeit des Jahresabschlusses gemacht, obwohl er gewusst habe, dass der GAV steuerlich nicht wirke. Erst im Hinblick auf diese Zusicherungen sei die "Erfüllungs-, Umsetzungs- und Durchführungsvereinbarung zur Vergleichsvereinbarung vom 19./20.03.2008" beurkundet worden. Der Beklagte zu 2) verhalte sich daher rechtsmissbräuchlich, wenn er sich auf den Verzicht berufe.

    Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

    Soweit die Klägerin geltend macht, der Beklagte zu 2) habe ausweislich des Schriftsatzes seines Prozessbevollmächtigten vom 04.12.2012, dort S.2 (GA 223 ff.), eingeräumt, ihm sei positiv bekannt gewesen, dass der GAV nicht wirksam sei, lässt sich solches dem Schriftsatz nicht entnehmen. Es ist dort lediglich ausgeführt, dass der A. GmbH zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichsvertrages positiv bekannt gewesen sei, dass es zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen hinsichtlich der Wirksamkeit des GAV gekommen sei. Dies wird für den Senat nachvollziehbar damit begründet, dass die Vereinbarung im März 2008 getroffen worden ist und damit zu einem Zeitpunkt, als die Betriebsprüfung hinsichtlich der Bewertung auch des GAV bereits angekündigt war. Ausweislich des Berichts über die Außenprüfung bei der A. GmbH erfolgte die Prüfungsanordnung bereits am 15.01.2008. Die Vereinbarungen sind damit in Kenntnis der anstehenden Betriebsprüfung erfolgt.

    Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich auch den Urkunden über die Anteilsübertragungen nicht entnehmen, dass der Beklagte zu 2) "umfangreiche Zusicherungen hinsichtlich der Richtigkeit des Jahresabschlusses gemacht" habe. Unter V. 10. der Urkunden heißt es jeweils gleichlautend lediglich: "Die Bücher, Aufzeichnungen und Unterlagen der Gesellschaft sind ordnungsgemäß geführt und stehen der Gesellschaft weiterhin zur Verfügung". Daraus können die von der Klägerin reklamierten umfangreichen Zusicherungen hinsichtlich der Richtigkeit des Jahresabschlusses nicht abgeleitet werden.

    c) Auch aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 26.03.2014 (GA 501 ff.) ergeben sich keine neuen Anhaltspunkte für ein arglistiges Verhalten des Beklagten zu 2). Soweit die Klägerin nunmehr ausführt, aufgrund von Recherchen nach der mündlichen Verhandlung und eines Gesprächs ihres Geschäftsführers mit Herrn Christian Bing habe sie Kenntnis davon erhalten, dass die Anteilsübertragungen der A. GmbH und der B. GmbH nur unter der Bedingung erfolgt seien, dass der Beklagte zu 2) ausdrücklich zugesichert habe, dass die Geschäfte der Gesellschaft ordnungsgemäß geführt und insbesondere keine Schäden und Verluste eingetreten seien, gibt dieser Vortrag zu einer Wiederöffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO und Vernehmung des hierzu benannten Zeugen Bing keine Veranlassung. Nach dem Vortrag soll die Zusicherung während der Beurkundungen erfolgt sein. Der Beklagte zu 2) habe sich als die Frage aufgekommen sei, dass er eine Zusicherung hinsichtlich der Richtigkeit der vorliegenden Buchführung abgegeben soll, Bedenkzeit ausgebeten, weshalb die Beurkundung vorübergehend unterbrochen worden sei. Bei sämtlichen hier in Rede stehenden Beurkundungen war aber der jetzige Geschäftsführer der Klägerin, Norbert Rathgeber, der ältere Bruder des Beklagten zu 2), zugegen. Es erschließt sich dem Senat daher nicht und ist auch von der Klägerin nicht dargetan, warum der Sachvortrag mit entsprechendem Beweisantritt nicht rechtzeitig gehalten worden ist. Zudem ist es für den Senat nicht nachvollziehbar, warum solche Zusicherungen, sofern sie abgegeben worden sind, nicht in die Urkunden aufgenommen worden sind.

    Nach alledem scheiden Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) aus.

    III.

    1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    2. Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.

    3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 188.726,60 € festgesetzt.

    RechtsgebieteBGB, HGB, KStGVorschriften§ 280 Abs. 1 BGB; § 281 Abs. 1 BGB; § 675 BGB; § 247 HGB; § 249 HGB; § 14 KStG