05.08.2014 · IWW-Abrufnummer 142289
Landgericht Essen: Urteil vom 28.11.2013 – 18 O 130/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Essen
18 O 130/13
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.320,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 49 % und die Beklagte zu 51 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
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Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Steuerberatervertrag.
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Der Kläger ist Steuerberater und wurde von der Beklagten gemäß Vertrag vom 13.10.2011 zur Erbringung der dort genannten Steuerberaterleistungen beauftragt. Dem Steuerberatungsvertrag – wobei wegen Einzelheiten auf die Ablichtung Bl. 95 ff. d.A. Bezug genommen wird – lag eine „Anlage zum Steuerberatungsvertrag“ bei, in welcher die Einzelheiten der Vergütung geregelt wurden.
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Der Kläger macht im Einzelnen folgende Gebühren geltend:
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Für die im Juni 2012 erledigte laufende Buchhaltung und Führung der Lohnkonten sowie Fertigung der Lohnabrechnungen berechnete der Kläger mit Rechnung Nr. 201200272-10585 insgesamt 362,95 Euro (vgl. Bl. 31 d.A.). Auf diese Rechnung zahlte die Beklagte einen Betrag in Höhe von 345,63 Euro.
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Mit weiterer Rechnung Nr. 201200464-10585 (vgl. Bl. 80 – 81 d.A.) berechnete der Kläger den Jahresabschluss für das Jahr 2010, die Gewerbesteuererklärung für 2010, die Umsatzsteuererklärung und Körperschaftssteuererklärung für das Jahr 2010. Nach Abzug eines Vorschusses in Höhe von 5.000 Euro berechnete er hierfür noch 5.448,30 Euro. Die Beklagte zahlte auf diese Rechnung 3.500 Euro, so dass der Kläger hieraus noch eine Forderung in Höhe von 1.948,30 Euro geltend macht.
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Mit weiterer Rechnung Nr. 201200496-10585 (vgl. Bl. 35 d.A.) berechnete der Kläger insgesamt 362,95 Euro für die laufende Buchhaltung und Führung der Lohnkonten sowie Fertigung der Lohnabrechnungen für die Monate Oktober, November und Dezember 2012.
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Für die Prüfung der Körperschaftssteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 2009 und 2010 sowie die Durchführung eines Rechtsbehelfsverfahrens berechnete der Kläger mit Rechnung Nr. 201200560-10585 (vgl. Bl. 37 – 38 d.A.) insgesamt 871,79 Euro.
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Für die laufende Buchhaltung, Führung der Lohnkonten und Erstellung der Lohnabrechnung im Januar 2013 berechnete der Kläger mit Rechnung Nr. 201300038-10585 (vgl. Bl. 39 d.A.) 505,75 Euro.
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Ferner wurden durch den Kläger im Januar 2013 noch zwei Steuerbescheide des Beklagten geprüft, wofür der Kläger mit Rechnung Nr. 201300006-10585 (vgl. Bl. 40 d.A.) 65,69 Euro berechnete.
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Zuletzt erstellte der Kläger für die Beklagte den Jahresabschluss für das Jahr 2011, die Gewerbesteuererklärung, Umsatzsteuererklärung und Körperschaftssteuererklärung für das Jahr 2011 und stellte mit Kostennote Nr. 201300050-10585 insgesamt 13.864,69 Euro in Rechnung (vgl. Bl. 41-42 d.A.).
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Der Kläger meint, es könne dahinstehen, ob die mit der Beklagten getroffene Vereinbarung über die Vergütung den Anforderungen des § 4 StBGebV genüge. Die jeweiligen Obersätze des Gebührenrahmens seien nicht überschritten, so dass keine „höhere als die gesetzliche Vergütung“ im Sinne des § 4 StBGebV geltend gemacht werde.
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Der Kläger hat im Mahnverfahren auch vorgerichtliche Anwaltsgebühren und Auslagen in Höhe von 20 Euro geltend gemacht.
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Er beantragt zuletzt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.371,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (15.02.2013) zu zahlen.
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Für die Beklagte ist in der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2013 niemand erschienen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien, die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2013 und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
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I.
21
Nachdem die Beklagte die mündliche Verhandlung vom 28.11.2013 versäumt hat, war das tatsächliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Soweit es den Klageantrag rechtfertigte, war nach dem Antrag zu erkennen, im Übrigen war die Klage abzuweisen, § 331 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO.
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II.
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Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung von Vergütungen folgt aus §§ 611 Abs. 1, 675 Abs. 1 BGB i.V.m. mit den Vorschriften der StBGebV.
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Danach steht dem Kläger hinsichtlich der abgerechneten Einzelleistungen bei den jeweiligen Positionen maximal die Mittelgebühr zu.
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Aus der „Anlage zum Steuerberatungsvertrag“ kann der Kläger keine die Mittelgebühr nach der Steuerberatergebührenverordnung übersteigende Rahmengebühr verlangen. Die Vereinbarung der Parteien über die geschuldete Vergütung ist gemessen an § 4 StBGebV unwirksam, weil es bereits an der Bezeichnung „Vergütungsvereinbarung“ fehlt.
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Mangels formwirksamer Vergütungsvereinbarung kann der Kläger daher allenfalls ein Honorar unter Berücksichtigung der jeweiligen Mittelgebühr als die „angemessene Vergütung“ verlangen.
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Unter Berücksichtigung der bisher geltenden obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1999, Seite 510; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2005, Seite 1152, 1154; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 26.11.2009, Az.: 12 U 2/09 - zit. nach juris -) trug der Steuerberater im Sinne des § 315 BGB uneingeschränkt die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit jeder die Mindestgebühr überschreitende Gebührenbestimmung. Nach neuerer Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Hamm (vgl. u.a. Hinweisbeschluss vom 21.10.2011, Az.: 25 U 15/11) kann der Steuerberater nunmehr grundsätzlich die für den Durchschnittsfall angemessene Mittelgebühr ohne weitere Darlegung beanspruchen.
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Auf Grundlage dieser Rechtsprechung vertritt die Kammer die Auffassung, dass der Steuerberater alle Tatsachen darlegen und beweisen muss, die eine Abrechnung oberhalb der gesetzlichen Mittelgebühren rechtfertigen. Hieraus folgt auch, dass eine Gebührenvereinbarung im Sinne des § 4 StBGebV dann zu treffen ist, wenn die angemessene Vergütung, also die jeweiligen Mittelgebühren, überschritten wird. Denn es würde dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 StBGebV zuwider laufen, wenn der Steuerberater ohne Einhaltung jeglicher aus der Norm folgenden Voraussetzungen eine Gebührenvereinbarung treffen könnte, die abweichend von den für das Steuerberaterhonorar geltenden Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast eine Vereinbarung der gesetzlich vorgesehenen Höchstgebühren zulassen würde.
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Für den Mandanten wäre in diesem Fall auch nicht nachvollziehbar, ob die mit dem Steuerberater vereinbarte Vergütung noch angemessen ist. Denn das materielle Steuerrecht ist für den Laien so wenig nachvollziehbar, dass er ohne genaue Darlegung auch die Steuerberatervergütung nicht nachvollziehen kann.
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Etwas anderes folgt nach Auffassung der Kammer auch nicht ohne weiteres aus dem Beschluss des BGH vom 07.05.2013 (Az.: IX ZA 1/13). Der BGH hat in diesem Prozesskostenhilfeverfahren ausgeführt: „Ob die angefochtene Entscheidung zu § 4 StBVV (K 2, K 4, K 5, K 8, K 11 und K 14) in jedem Punkt richtig ist, kann dahinstehen. Jedenfalls fehlt es insoweit an der erforderlichen Obersatzabweichung. Nur solche Gebührenvereinbarungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform die, bezogen auf die jeweilige Angelegenheit, einen die gesetzliche Vergütung übersteigenden Honoraranspruch des Steuerberaters begründen soll (BGH, Urteil vom 21. September 2000 –IX ZR 437/09, WM 2000, 2435).“
31
Mangels weitergehender Begründung zur „Obersatzabweichung“ und im Hinblick auf die Bezugnahme des BGH auf seine Entscheidung vom 21.09.2000 vermag die Kammer diesem Beschluss nicht zu entnehmen, dass der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung dahingehend zu ändern beabsichtigte, dass nur im Falle einer Obersatzabweichung bei einer Honorarvereinbarung der Steuerberater die Tatbestandsmerkmale des § 4 StBGebV bzw. StBVV einzuhalten sind. Denn die in Bezug genommene Entscheidung vom 21.09.2000 verhält sich nicht zu der Frage einer Mittel- oder Obersatzabweichung im Hinblick auf § 4 Abs. 1 StBGebV bzw. StBVV, so dass dem o.g. Beschluss keine Klarstellung seitens des BGH hinsichtlich der hier streitentscheidenden Frage entnommen werden kann.
32
Unter Berücksichtigung dessen sind im Einzelnen nachfolgende Gebühren begründet und einforderbar:
33
Rechnung Nr. 201200272-10585
34
Hieraus werden keine Gebühren verlangt, vielmehrberechnet der Kläger zweimalige Rücklastschriftgebühren.
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17,32 Euro
36
Rechnung Nr. 201200464-10585 (Bl. 32 – 33)
37
Position 1 - 5.000,00 Euro
38
Position 2 104,40 Euro
39
Position 3 (gekürzt auf Mittelgebühr) 2.885,00 Euro
40
Position 4 (gekürzt auf Mittelgebühr) 807,80 Euro
41
Position 5 (gekürzt auf Mittelgebühr) 807,80 Euro
42
Position 6 (gekürzt auf Mittelgebühr) 461,60 Euro
43
Position 7 692,40 Euro
44
Position 8 129,20 Euro
45
Position 9 224,60 Euro
46
Position 10 224,60 Euro
47
Position 11 105,20 Euro
48
Position 12 20,00 Euro
49
netto 1.462,60 Euro
50
Umsatzsteuer 277,89 Euro
51
brutto 1.740,49 Euro
52
hierauf gezahlt 3.500,00 Euro
53
offen: - 1.759,51 Euro
54
Rechnung Nr. 201200496-10585 (Bl. 34 d.A.)
55
Position 1 (gekürzt auf Mittelgebühr) 105,60 Euro
56
Position 2 105,00 Euro
57
Position 3 20,00 Euro
58
netto 230,60 Euro
59
Umsatzsteuer 43,81 Euro
60
brutto 274,41 Euro
61
Rechnung Nr. 201200538-10585 (Bl. 35 d.A.)
62
Position 1 (gekürzt auf Mittelgebühr) 106,60 Euro
63
Position 2 105,00 Euro
64
Position 3 20,00 Euro
65
netto 230,60 Euro
66
Umsatzsteuer 43,81 Euro
67
brutto 274,41 Euro
68
Rechnung Nr. 201200587-10858 (Bl. 36 d.A.)
69
Position 1 (gekürzt auf Mittelgebühr) 106,60 Euro
70
Position 2 105,00 Euro
71
Position 3 20,00 Euro
72
netto 230,60 Euro
73
Umsatzsteuer 43,81 Euro
74
brutto 274,41 Euro
75
Rechnung Nr. 201200560-10585 (Bl. 37-38 d.A.)
76
Position 1 23,00 Euro
77
Position 2 23,00 Euro
78
Position 3 60,60 Euro
79
Position 4 606,00 Euro
80
Position 5 20,00 Euro
81
netto 732,60 Euro
82
Umsatzsteuer 139,19 Euro
83
brutto 871,79 Euro
84
Rechnung Nr. 201300038-10585 (Bl. 39 d.A.)
85
Position 1 (Tabelle und Rahmengebühr nicht angegeben) 0,00 Euro
86
Position 2 (gekürzt auf Mittelgebühr) 211,20 Euro
87
Position 3 20,00 Euro
88
netto 231,20 Euro
89
Umsatzsteuer 43,39 Euro
90
brutto 275,13 Euro
91
Rechnung Nr. 201300006-10585 (Bl. 40 d.A.)
92
Position 1 (§ 13 StBGV nicht angegeben) 0,00 Euro
93
Position 2 (wie Position 1) 0,00 Euro
94
Position 3 (keine einforderbare Hauptleistung) 0,00 Euro
95
0,00 Euro
96
Rechnung Nr. 201300050-10585
97
Position 1 139,20 Euro
98
Position 2 (gekürzt auf Mittelgebühr) 3.602,50 Euro
99
Position 3 (gekürzt auf Mittelgebühr) 1.008,70 Euro
100
Position 4 (gekürzt auf Mittelgebühr) 1.008,70 Euro
101
Position 5 (gekürzt auf Mittelgebühr) 576,40 Euro
102
Position 6 864,60 Euro
103
Position 7 105,20 Euro
104
Position 8 105,20 Euro
105
Position 9, ist ohne Erläuterung zweimal abgerechnet 0,00 Euro
106
Position 10 224,60 Euro
107
Position 11 20,00 Euro
108
netto 7.655,10 Euro
109
Umsatzsteuer 1.454,47 Euro
110
brutto 9.109,57 Euro
111
Gesamtsumme: 9.320,23 Euro.
112
Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen folgt ab dem 15.02.2013 aus §§ 288, 291 BGB, 696 Abs. 3 ZPO.
113
Die Entscheidungen über Kostenlast und Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 708 Ziffer 2, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.