05.06.2007
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 26.04.2007 – IX ZR 118/04
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
IX ZR 118/04
vom 26. April 2007
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 26. April 2007
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 14. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 14. Mai 2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 168.726,32 ¤ festgesetzt.
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 544 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortentwicklung des Rechts erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Die von der Beschwerde als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage, ob ein Steuerberater mit unangekündigten und unvorhersehbaren Gesetzesänderungen rechnen und sein Verhalten, etwa durch größtmögliche Beschleunigung rechtsgeschäftlicher Umsetzungen, darauf ausrichten muss, stellt sich nicht. Das Berufungsgericht hat der Beklagten vielmehr vorgeworfen, dass sie trotz eines konkreten Hinweises des Steuerberaters J. auf die bevorstehende nachteilige Gesetzesänderung Mitte Juli 1997 nicht unverzüglich reagierte, indem sie die Verschmelzung sofort beurkunden und zum Handelsregister anmelden ließ. Der vom Berufungsgericht erhobene Vorwurf ging dahin, dass die Beklagte einen individuellen Informationsvorsprung nicht zugunsten des Mandanten genutzt hat. Insoweit liegt der Sachverhalt hier anders als in dem vom Senat mit Urteil vom 15. Juli 2004 (IX ZR 472/00, NJW 2004, 3487) entschiedenen Fall, in dem es darum ging, inwieweit der Steuerberater Veröffentlichungen in der Tages- oder Fachpresse über Vorschläge zur Änderung des Steuerrechts verfolgen muss, um für den Mandanten nachteiligen Gesetzesänderungen in seiner Beratungs- bzw. Gestaltungspraxis zuvorkommen zu können. Im Übrigen war der Vorschlag zur Einfügung eines § 50c Abs. 11 EStG mit dem Ziel, Gestaltungen zu verhindern, durch die Gewinne von Kapitalgesellschaften letztlich steuerfrei vereinnahmt werden konnten, bereits aus dem Koalitionsentwurf eines Jahressteuergesetzes 1996 vom 27. März 1995 (BT-Drucks. 13/901 Seite 14) bekannt. Die damals einsetzende Kritik bot keine Gewähr dafür, dass der Gedanke endgültig fallen gelassen wurde, weil der Gang des Gesetzgebungsverfahrens nicht vorhergesehen werden konnte.
Die Revision ist auch nicht wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zuzulassen. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung das Gericht, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 42, 367; 60, 5; 67, 41). Das Berufungsgericht hat das Vorbringen der Beklagten weder in entscheidungserheblicher Weise übergangen, noch Streitiges irrigerweise als unstreitig behandelt. Die klägerische Behauptung, Mitte Juli 1997 sei im Hause der Beklagten aufgrund eines Anrufs des Steuerberaters J. bekannt gewesen, dass der Bundesrat den Gesetzesbeschluss vom 26. Juni 1997 abgelehnt habe und der Vermittlungsausschuss eine Änderung des § 50c EStG und die Einführung weiterer Missbrauchsbekämpfungsvorschriften plane, hat die Beklagte nicht bestritten. Die Ausdehnung des § 50c EStG auf den Anteilserwerb von einem anrechnungsberechtigten Veräußerer, um die es angesichts der schon im Zusammenhang mit dem Entwurf des Jahressteuergesetzes 1996 geführten Diskussion ausschließlich gehen konnte, war im vorliegenden Fall infolge der Verweisung gemäß § 4 Abs. 5 UmwStG für die Ermittlung des Verschmelzungsergebnisses und damit für den Erfolg des "Umwandlungsmodells" von zentraler Bedeutung. Die Feststellung des Berufungsgerichts, J. habe die Beklagte in dem Telefonat auf die Möglichkeit hingewiesen, das Umwandlungsmodell könne infolge einer gesetzlichen Änderung nicht mehr anwendbar sein, ist deshalb verfahrensgrundrechtlich nicht zu beanstanden.
Mit ihrer Rüge, das Berufungsgericht habe die Kausalität der Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden fehlerhaft beurteilt, weil die Einfügung des § 50c Abs. 11 EStG nach § 52 Abs. 1 EStG auch in den Fällen des § 4 UmwStG für den gesamten Veranlagungszeitraum 1997 Geltung beanspruche und die geplante Gestaltung mit dem Erwerb der GmbH-Anteile durch die Klägerin im Juni 1997 bereits unumkehrbar in Gang gesetzt worden sei, legt die Beklagte keinen Zulassungsgrund dar. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Regelung des § 52 Abs. 1 EStG habe im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot so ausgelegt werden müssen, dass sie keine Umwandlungsfälle erfasse, in denen die Anmeldung der Verschmelzung zum Handelsregister bis zum 5. August 1997 erfolgt ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Denn sie betrifft nur Übergangsfragen zu auslaufendem Recht.
Das Berufungsgericht hat den Anspruch auf rechtliches Gehör auch nicht dadurch verletzt, dass es erhebliches Vorbringen der Beklagten zur Schadenshöhe nicht zur Kenntnis genommen h ätte. Es durfte die klägerische Behauptung, bei dem Gesellschafter T. sei ohne Anwendung des Sperrbetrages auf das Verschmelzungsergebnis abgesehen von einem erstattungsfähigen Körperschaftsteuerguthaben noch eine weitere Steuerersparnis in Höhe von 212.958 DM zu erwarten gewesen, rechtsfehlerfrei der Schadensberechnung zugrunde legen.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.