05.10.2016 · IWW-Abrufnummer 189003
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 30.08.2016 – 10 K 1897/16 U, F, AO
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand:
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Zu entscheiden ist vorrangig, ob dem Kläger Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist zu gewähren ist.
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Der Kläger wohnt in A und betrieb bis mindestens August 2015 eine Rechtsanwaltskanzlei in B. A gehört zum Zuständigkeitsbereich des Finanzamts C und B zum Zuständigkeitsbereich des Beklagten.
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Mangels Abgabe von Erklärungen stellte der Beklagte mit Bescheid vom 15.05.2015 für das Jahr 2013 Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 25.000 € im Schätzwege gesondert fest. Zudem wurde die Umsatzsteuer (USt) 2013 mit Bescheid vom 15.05.2015 auf 12.806 € geschätzt. Dies führte zu einer USt-Nachzahlung von 3.520,05 €. Zugleich wurden Zinsen zur USt i.H.v. 17 € und ein Verspätungszuschlag zur USt i.H.v. 700 € festgesetzt. Die beiden Bescheide wurden einzeln versendet und dem Kläger jeweils am 18.05.2015 unter seiner Privatadresse mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
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Der Kläger legte gegen diese Bescheide mit Schreiben vom 28.06.2015 Einspruch ein und beantragte Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist. Zur Begründung gab er an, dass er seit März 2015 arbeitsunfähig erkrankt sei. Er leide unter einem akuten Erschöpfungssyndrom mit psychosomatischer Symptomatik. Hinzu komme, dass er seit November 2014 kein Personal mehr in seiner Anwaltskanzlei beschäftige und aus diesem Grund die anwaltliche Tätigkeit seit März 2015 aus gesundheitlichen Gründen vollständig zum Erliegen gekommen sei. Dem Einspruchsschreiben lagen die Umsatzsteuererklärung sowie eine Einnahmenüberschussrechnung für das Jahr 2013 bei. Darin hat der Kläger einen Gewinn von 13.309,67 € sowie festzusetzende USt von 10.870,21 € (Nachzahlung 1.584,26 €) berechnet.
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Nach Hinweis des Beklagten, dass der Kläger nicht hinreichend dargelegt habe, aus gesundheitlichen Gründen an der Einhaltung der Einspruchsfrist gehindert gewesen zu sein, trug der Kläger mit Schreiben vom 17.07.2015 ergänzend vor, dass er seine Kanzlei seit dem 09.03.2015 nur noch an einzelnen Tagen in der Woche aufgesucht und diese mit einem „Notbetrieb“ aufrechterhalten habe. Und zwar habe sich seine ehemalige Bürogemeinschaftskollegin, Frau Rechtsanwältin D, bereit erklärt, die in der Kanzlei eingegangene Post nach Wichtigkeit zu sortieren und Fristsachen zu vermerken. Während seiner Erkrankung an der Privatanschrift eingehende Post für die Kanzlei sei von seiner Ehefrau in die Kanzlei verbracht worden, so auch die beiden Bescheide vom 15.05.2015. Offensichtlich seien die Bescheide dort von Frau D nicht als fristgebundene Angelegenheiten behandelt worden. Jedenfalls sei keine Frist im Fristenkalender vermerkt worden und es würden auch entsprechende handschriftliche Fristanmerkungen auf den Bescheiden fehlen. Am Samstag, dem 27.06.2015 habe er seine Kanzlei aufgesucht, um dort die vorsortierte Post zu bearbeiten. Im Fach für den „normalen“, nicht fristgebundenen Posteingang habe er die Bescheide vom 15.05.2015 vorgefunden. Er habe sich dann telefonisch mit Frau D in Verbindung gesetzt. Frau D habe mitgeteilt, dass ihr offensichtlich ein Fehler unterlaufen sein müsse. Sie habe sich daraufhin angeboten, ihn am 28.06.2015 bei der Erstellung der Umsatzsteuerjahreserklärung und der Gewinnermittlung zu unterstützen. Frau D sei ihm als gewissenhaft arbeitende Person bekannt, die als Rechtsanwältin die Bedeutung von fristgebundenen Angelegenheiten kenne. Aus diesem Grund habe er die angebotene unterstützende Hilfe angenommen. Warum ausgerechnet die beiden Bescheide vom 15.05.2015 fehlerhaft von Frau D bearbeitet worden seien und Fristabläufe nicht notiert worden seien, sei nicht aufklärbar. Er - der Kläger - sei jedenfalls ohne eigenes Verschulden daran gehindert gewesen, die Einspruchsfrist einzuhalten.
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Dem Schreiben vom 17.07.2015 lagen eidesstattliche Versicherungen von Frau D und der Ehefrau des Klägers bei. Die Ehefrau des Klägers, Frau E, gab an, dass im Mai 2015 ein Schreiben des Finanzamts B mit Postzustellungsurkunde unter der Privatanschrift angekommen sei. Sie habe dieses Schreiben nach einigen Tagen in die Kanzlei nach B gebracht. Das müsse um den 22./23.05.2015 gewesen sein. Daran, ob der Umschlag des Schreibens noch vorhanden gewesen sei und sie das Schreiben mit dem Umschlag oder nur das Schreiben alleine in die Kanzlei gebracht habe, könne sie sich nicht erinnern. In der Kanzlei habe sie das Schreiben auf den Schreibtisch der ehemaligen Mitarbeiterin gelegt.
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Frau D gab in ihrer eidesstattlichen Versicherung an, dass sie zweimal pro Woche in die Kanzlei des Klägers gefahren sei und dort die eingegangene Post gesichtet und nach Wichtigkeit sortiert habe. Bei fristgebundenen Angelegenheiten habe sie die Fristen im Fristenkalender notiert. Dabei habe sie offensichtlich den Bescheid des Finanzamts B über Umsatzsteuer 2013 falsch sortiert. Der Kläger habe die Kanzlei seit März 2015 nur noch sporadisch aufgesucht und ausschließlich unaufschiebbare Aufgaben erledigt. Sie habe ihn telefonisch darüber informiert, welche anwaltlichen Angelegenheiten dringend zu bearbeiten seien und welche Angelegenheiten mit Fristen verbunden seien. Bei seinen Besuchen in der Kanzlei habe der Kläger dann die von ihr vorgegebenen Fristabläufe bearbeitet. Am Samstag, dem 27.06.2015, habe sie der Kläger aufgeregt angerufen und mitgeteilt, dass er in dem Fach für den „normalen“ Posteingang den Bescheid über die Jahresumsatzsteuer 2013 vorgefunden habe, für den kein Fristablauf vermerkt gewesen sei. Am 17.08.2015 (Bl. 15 der Akte 10 V 2545/15 A(U,AO)) teilte Frau D in Ergänzung ihrer eidesstattlichen Versicherung mit, dass der Grund dafür, dass sie lediglich den USt-Bescheid erwähnt habe, darin liege, dass sie dem Kläger am 28.06.2015 lediglich bei der Erstellung der USt-Erklärung geholfen habe. Von ihrem Fehler seien zwei Bescheide betroffen gewesen.
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Der Beklagte lehnte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 24.07.2015 ab. Zur Begründung führte er aus, dass der Gesichtspunkt „Krankheit“ für eine Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist schon deshalb nicht ausreiche, weil der Kläger keine Angaben zu Art und Schwere der Erkrankung und zum Umfang der Beeinträchtigung gemacht habe und er nach eigenen Angaben in der Lage gewesen sei, die Kanzleipost zumindest in gewissem Umfang zu bearbeiten. Der Gesichtspunkt „Fehlsortierung durch Frau D“ führe zu keinem anderen Ergebnis, da es sich hierbei nicht nur um ein bloßes Büroversehen handele, sondern um einen offenkundigen Fehler einer fachkundigen Person.
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Mit Schreiben vom 06.08.2015 beantragte der Kläger erneut Aussetzung der Vollziehung. Er stellte dabei klar, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung nicht damit begründet werde, dass er arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Diese Information habe ausschließlich dem Verständnis gedient. Nicht die Erkrankung sei der Grund der Fristversäumnisse, sondern ausschließlich die fehlerhafte Bearbeitung durch Frau D. Frau D sei weder seine Vertreterin noch seine Bevollmächtigte noch eine mit ihm zusammenarbeitende Kollegin gewesen, sondern ausschließlich als unselbständige Hilfskraft tätig gewesen. Fehler von Hilfspersonen seien ihm nicht zuzurechnen. Ihn treffe auch kein Organisationsverschulden, zumal er mit Frau D eine gewissenhafte Person ausgewählt habe. Diese sei sich der Bedeutung einer ordnungsgemäßen Fristenverwaltung bewusst und habe die übrigen Fristen ordnungsgemäß notiert. Insbesondere seien die im fraglichen Zeitraum eingegangenen monatlichen Umsatzsteuerbescheide ordnungsgemäß mit Fristen versehen und im Fristenbuch eingetragen worden. Lediglich der Gewinnfeststellungsbescheid 2013 sowie der Umsatzsteuerbescheid 2013 seien fehlerhaft dem „normalen“, nicht fristgebundenen Posteingang zugeordnet worden, der räumlich getrennt in speziellen Posteingangskästen abgelegt werde. Die Bearbeitung der fristgebundenen Angelegenheiten habe ihm persönlich oblegen. Aus diesem Grund habe er die Kanzlei an ein bis zwei Tagen pro Woche aufgesucht und dort die wichtigen, sprich fristgebundenen Angelegenheiten bearbeitet. Am 27.06.2015 habe er den normalen Posteingang durchgeschaut und dabei den Fehler entdeckt.
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Mit Schriftsatz vom 17.08.2015 stellte der Kläger einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei Gericht. In Ergänzung seines bisherigen Vortrags trug er vor, dass er die unter seiner Privatanschrift eingegangene betrieblich veranlasste Post (die ausschließlich vom Finanzamt B gestammt habe) manchmal auch selbst in die Kanzlei nach B gebracht habe. Die Schriftsätze, die von Frau D in die Posteingangsbox für „normale“ Post gelegt worden seien, habe er „einen längeren Zeitraum“ nicht bearbeitet, was angesichts des Umstands, dass es sich dabei nicht um Fristangelegenheiten und damit nicht um eilige Angelegenheiten gehandelt habe, auch nicht erforderlich gewesen sei. Am 27.06.2015 habe er die Posteingangsbox für die normale Post zufällig durchgesehen, da keine aktuellen und eiligen Dinge von ihm zu bearbeiten gewesen seien. Dabei habe er zwischen einer Vielzahl von Anschreiben und Schriftsätzen auch die beiden Bescheide vom 15.05.2015 gefunden, verbunden mit einer Büroklammer. Dazwischen hätten sich die Zustellungsurkunden für beide Bescheide befunden. Durch die Zusendung von betrieblich veranlassten Schreiben oder Bescheiden - wie hier der beiden Bescheide vom 15.05.2015 - an seine private Wohnanschrift würden diese keine Privatangelegenheit, sondern es handele sich weiterhin um betrieblich veranlasste Angelegenheiten, die auch eine Bearbeitung im Betrieb nach sich ziehen würden. Diesbezüglich habe er die organisatorische Maßnahme veranlasst, dass alle beruflich bedingten Schreiben, die an seine private Wohnanschrift zugestellt würden, von seiner Ehefrau unverzüglich in sein Büro verbracht würden. Im Übrigen sei keine Vorschrift existent, die einem Steuerpflichtigen den Ort oder die Art und Weise der Bearbeitung seiner Steuerangelegenheiten vorschreibe.
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Ebenfalls am 17.08.2015 setzte der Beklagte den Gewinnfeststellungsbescheid ganz und den USt-Bescheid teilweise von der Vollziehung aus. Der bei Gericht gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde daraufhin bezüglich der Gewinnfeststellung übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und die Kosten des insoweit abgetrennten Verfahrens wurden mit Beschluss vom 03.10.2015 – 10 V 3414/15 (F) dem Kläger auferlegt. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des USt-Bescheids 2013 wurde mit Beschluss vom 03.11.2015 - 10 V 2545/15 A (U, F, AO) als unbegründet abgelehnt. Das Gericht vertrat dabei die Auffassung, dass eine Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist nicht in Betracht komme. U.a. heißt es in dem Beschluss wie folgt:
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„Im Streitfall liegt kein bloßes Büroversehen vor, sondern vielmehr trifft den Antragsteller ein Organisationsverschulden dergestalt, dass in keiner Weise kontrolliert wurde, ob tatsächlich alle Fristen erfasst sind. Nach eigenem Vortrag hat der Antragsteller die Posteingangsbox mit der „normalen“, nicht fristgebundenen Post nicht regelmäßig durchgesehen, sondern eher „zufällig“ und z.T. sogar nur mit Abständen von mehr als einem Monat. Letzteres ergibt sich daraus, dass der Antragsteller den Bescheid erst am 27.06.2015 „entdeckt“ hat, obwohl der Bescheid schon in der Woche nach dem 18.05.2015 in die Kanzlei verbracht worden sein soll. Offensichtlich wurde die „normale“ Post also in der Zeit von Mitte/Ende Mai bis Ende Juni nicht durchgesehen. Allein dies begründet schon den Vorwurf fahrlässigen Verhaltens und damit den Ausschluss einer Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist. Denn es war systemimmanent, dass etwaige Fehlsortierungen möglicherweise nicht rechtzeitig erkannt werden würden.
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Darüber hinaus scheidet eine Wiedereinsetzung auch deshalb aus, weil nicht erkennbar ist, dass der Antragsteller Frau D überhaupt kontrolliert hat. Wird ein Wiedereinsetzungsantrag darauf gestützt, dass einer Hilfsperson ein Fehler unterlaufen sei, muss im Rahmen der Wiedereinsetzungsfrist auch dargelegt werden, dass die Hilfsperson ordnungsgemäß ausgewählt, unterwiesen und überwacht wurde. An letzterem fehlt es hier. Denn es ist nicht ersichtlich, dass - und falls ja wie - der Antragsteller Frau D, die nicht mit der selbständigen Bearbeitung der Angelegenheiten des Antragstellers, sondern nur mit der Postsortierung und Fristenerfassung betraut und damit nur als Hilfskraft eingesetzt wurde, tatsächlich überwacht hat. Der Antragsteller hat diesbezüglich nichts vorgetragen. Allein schon der Umstand, dass die Posteingangsbox mit der „normalen“ Post nicht regelmäßig durchgesehen wurde, spricht gegen eine Überwachung.“
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den vorgenannten Beschluss vom 03.11.2015 - 10 V 2545/15 A(U, F, AO) Bezug genommen.
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Der Kläger erhob daraufhin zwei Anhörungsrügen und legte u.a. eine von ihm selbst abgegebene eidesstattliche Versicherung vom 09.11.2015 sowie eine eidesstattliche Versicherung der Frau D vom 12.11.2015 vor, in denen Einzelheiten zur Fristenkontrolle geschildert wurden. Die Anhörungsrügen blieben erfolglos (Beschlüsse vom 24.11.2005 – 10 V 3537/15 A (F) und 10 V 3521/15 A (U, AO). Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde 1 BvR 184/16 wurde nicht zur Entscheidung angenommen.
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Nach Aktenlage hat der Kläger seine Kanzlei Ende 2015 von B nach C verlegt. Das Finanzamt C erklärte sich mit Schreiben vom 19.01.2016 damit einverstanden, dass das Verfahren betreffend USt 2013 vom Beklagten gem. § 26 Satz 2 AO fortgeführt wird.
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Der Beklagte verwarf die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 01.06.2016 unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Finanzgerichts als unzulässig wegen Verfristung.
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Der Kläger hat sodann Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist vorliegen würden und die Einsprüche mithin nicht verfristet seien.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürften bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlasst haben müsse, um Wiedereinsetzung zu erlangen, nicht überspannt werden. Dies habe das Finanzgericht in seinem Beschluss betreffend die Aussetzung der Vollziehung nicht beachtet. Insbesondere überspanne es die Anforderungen bezüglich der Auswahl, Unterweisung und Überwachung von Frau D , da nicht hinreichend berücksichtigt werde, dass Frau D selbst Rechtsanwältin sei. Auch habe das Finanzgericht im vorgenannten Beschluss frei erfunden, „dass in keiner Weise kontrolliert wurde, ob tatsächlich alle Fristen erfasst sind“.
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Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts sei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch nicht wegen Versäumung der Antragsfrist ausgeschlossen. Der BGH habe mit Beschluss vom 09.12.2009 - IV ZB 30/09 ausgeführt, dass erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, auch noch nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden dürfen. So verhalte es sich auch im Streitfall in Bezug auf den Vortrag zur Fristenkontrolle.
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Wie die Fristenkontrolle erfolgt sei, sei bereits durch die beiden eidesstattlichen Versicherungen vom 09.11.2015 und 12.11.2015 dargelegt und glaubhaft gemacht worden. Und zwar es sei so gewesen, dass wöchentlich ca. 20 bis 30 beruflich veranlasste Schreiben in der Kanzlei eingehen würden. Darin enthalten seien ca. 10 bis 20 Schreiben, die keiner anwaltlichen Bearbeitung bedürften hätten und für die die Postbox „normale Post“ eingerichtet worden sei. Für die übrigen 10 bis 20 Schreiben wöchentlich sei die Postbox „Fristsachen“ aufgestellt worden, in die nicht nur Notfrist-Angelegenheiten gekommen seien, sondern vielmehr alle Post, die eine zeitnahe Bearbeitung erfordert habe. Zu Frau D Aufgaben habe es gehört, den Kanzleibriefkasten sowie das Gerichtsfach beim Landgericht B zu leeren, die Post einschließlich etwaiger auf dem Schreibtisch oder im Faxgerät liegender Eingänge zu sichten, Fristen im Fristenkalender sowie auf dem jeweiligen Schreiben einzutragen, Gerichts- und andere Termine im Terminkalender einzutragen und die bearbeiteten Posteingänge auf die zwei Posteingangsboxen zu sortieren. Diese organisatorischen Maßnahmen hätten er und Frau D bereits am 09.03.2015 zusammen entwickelt und sie hätten sich in den zweieinhalb Monaten bis zum Eingang der streitgegenständlichen Bescheide bewährt. Insbesondere habe er - der Kläger - unmittelbar nach Einführung der organisatorischen Maßnahmen im März 2015 bei jedem Aufenthalt in der Kanzlei beide Posteingangsboxen durchgesehen und zum Teil abgearbeitet. Am 27.03.2015 habe zudem ein Gespräch mit Frau D stattgefunden, in dem die Effizienz und Praktikabilität der eingeführten Maßnahmen zur Qualitätssicherung im Bereich Posteingang geprüft und für effizient befunden worden seien. Im April habe er den gesamten Posteingang an zwei Tagen durchgesehen und auch diesmal keine fehlerhaften Zuordnungen festgestellt, weshalb keine Veranlassung bestanden habe, die Posteingangsbox für normale Posteingänge auch weiterhin in zeitlich engen Abständen zu kontrollieren. Alle übertragenen Aufgaben seien von Frau D vollständig fehlerfrei erledigt worden. Aus diesem Grund habe ab dem 16.05.2015 keine wöchentliche oder 14-tägige Durchsicht des normalen Posteingangs mehr stattgefunden.
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Die Klage richtet sich zudem gegen die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Gewinnfeststellung. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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Mit Bescheid vom 15.05.2015, der mit einfachem Brief zur Post aufgegeben wurde, wurde wegen Nichtabgabe einer Erklärung zur gesonderten Feststellung des Gewinns für das Kalenderjahr 2013 ein Verspätungszuschlag i.H.v. 300 € festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 26.08.2015 behauptete der Kläger, diesen Bescheid nicht erhalten zu haben. Beigefügt war eine eidesstattliche Versicherung des Klägers, in der es heißt, dass ihm lediglich am 18.05.2015 der Gewinnfeststellungsbescheid 2013 und der Umsatzsteuerbescheid 2013 förmlich zugestellt worden seien; diese Bescheide seien dann „ein oder zwei Tage später“ von seiner Ehefrau in die Kanzlei verbracht worden. Die Festsetzung des Verspätungszuschlags wurde daraufhin mit Bescheid vom 09.09.2015 aufgehoben. Mit Bescheid vom 01.06.2016 wurde sodann ein Verspätungszuschlag i.H.v. 375 € festgesetzt. Der Kläger hat hiergegen mit Schreiben vom 21.06.2016 Einspruch eingelegt.
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Mit seiner am 30.06.2016 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des Verspätungszuschlags. Dazu, warum er die Klage trotz des gerade erst eröffneten Einspruchsverfahrens für zulässig hält, hat er sich nicht geäußert.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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1. die Bescheide betreffend die Gewinnfeststellung 2013 und Umsatzsteuer 2013 vom 15.05.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.06.2016 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn auf 13.309 € festgestellt wird, die Umsatzsteuer auf 10.870,21 € festgesetzt wird und der Verspätungszuschlag und die Zinsen zur USt auf 0,00 € herabgesetzt werden
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sowie den Bescheid vom 01.06.2016 betreffend die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Gewinnfeststellung 2013 aufzuheben,
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2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hält daran fest, dass eine Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist nicht in Betracht komme.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die übersandten Steuerakten und die Schriftsätze der Beteiligten – auch soweit sie zu den Verfahren 10 V 2545/15 A (U, F, AO), 10 V 3414/15 (F), 10 V 3537/15 A (F) und 10 V 3521/15 A (U, AO) ergangen sind – Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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I. Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Gewinnfeststellung 2013 richtet.
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Gem. § 44 Abs. 1 FGO ist eine Klage in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, vorbehaltlich der §§ 45 und 46 FGO nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. Im Streitfall war gegen den Bescheid vom 01.06.2016 ein Einspruch statthaft, über den im Zeitpunkt der Klageerhebung jedoch noch nicht entschieden war.
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Angesichts des Umstands, dass der Kläger mit Schreiben mit 21.06.2016 ausdrücklich Einspruch eingelegt hat, kann es sich bei der Klage vom 30.06.2016 nicht um eine Sprungklage i.S.d. § 45 FGO handeln.
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Auch liegen die Voraussetzungen des § 46 FGO (Untätigkeitsklage) offensichtlich nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist eine Klage abweichend von § 44 FGO ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann gem. § 46 Abs. 1 Satz 2 FGO allerdings grundsätzlich nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden. Im Streitfall waren seit der Einspruchseinlegung jedoch bloß 9 Tage vergangen.
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Auch war der Senat nicht verpflichtet, das Verfahren nach § 46 Abs. 1 Satz 3 FGO auszusetzen. Wird eine Untätigkeitsklage zu früh erhoben, hat das Finanzgericht nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden, ob es das Verfahren mit Fristsetzung aussetzt oder eine Untätigkeitsklage durch Prozessurteil abweist (BFH, Beschluss vom 30.09.2015 – V B 135/14, BFH/NV 2016, 51). Im Streitfall ist eine Abweisung durch Prozessurteil geboten, da die Erhebung einer Klage nur 9 Tage nach Einspruchseinlegung rechtsmissbräuchlich war. Der Kläger hat dem Beklagten noch nicht einmal eine reelle Chance gegeben, über seinen Einspruch zu entscheiden.
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II. Im Übrigen ist die Klage zulässig, jedoch nicht begründet.
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Die Bescheide betreffend die Gewinnfeststellung 2013 und Umsatzsteuer 2013 vom 15.05.2015 sind bestandskräftig und können deshalb vom Gericht nicht mehr auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden.
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Der Kläger hat nicht rechtzeitig Einspruch eingelegt. Die Bescheide vom 15.05.2015 sind ausweislich der Postzustellungsurkunden am 18.05.2015 zugestellt worden, so dass die einmonatigen Einspruchsfristen am Donnerstag, dem 18.06.2015 abliefen. Einspruch wurde jedoch erst am 29.06.2015 und damit verspätet eingelegt.
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Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nach § 110 AO nur dann zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Gem. § 110 Abs. 2 AO ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Handlung nachzuholen, der Wiedereinsetzungsantrag zu stellen und durch Vortrag der entsprechenden Tatsachen zu begründen. Die Tatsachen sind im Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen.
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Jedes Verschulden, also auch einfache Fahrlässigkeit, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Allgemein gilt, dass jemand nicht ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist gehindert ist, wenn er die für einen gewissenhaft und sachgemäß handelnden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den Umständen zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (BFH, Beschluss vom 17.02.2010 – I R 38/09, BFH/NV 2010, 1283 m.w.N.).
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Dabei sind an die Sorgfaltspflichten eines Anwalts oder eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe besonders hohe Anforderungen zu stellen, nämlich eine äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 17.03.2010 – X R 57/08, BFH/NV 2010, 1780 m.w.N.). Steuerberater und Rechtsanwälte müssen deshalb in Mandantenangelegenheiten für eine zuverlässige Fristenkontrolle sorgen und die Organisation des Bürobetriebs so gestalten, dass Fristversäumnisse vermieden werden (u.a. BFH-Beschluss vom 27.07.2011 - IV B 131/10, BFH/NV 2011, 1909 m.w.N.). Unerlässliche Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Büroorganisation ist dabei ein Fristenkontrollbuch oder eine vergleichbare Einrichtung, in der der Ablauf sämtlicher Fristen vermerkt und eine Frist erst nach Vornahme der zu ihrer Einhaltung erforderlichen Handlung gestrichen wird (vgl. BFH, Beschluss vom 14.12.2011 – X B 50/11, BFH/NV 2012, 440). Dabei muss durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden, dass tatsächlich alle Fristen erfasst sind bzw. Fehler rechtzeitig aufgedeckt werden.
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Für die eigenen Steuerangelegenheiten eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters gelten die o.g. Grundsätze zumindest dann, wenn er sich seiner Büroorganisation bedient. Übergibt ein Rechtsanwalt oder Steuerberater seinem Büro eine eigene Sache zur Bearbeitung, so gelten hinsichtlich der Fristüberwachung die gleichen strengen Grundsätze wie bei Angelegenheiten von Mandanten (BFH, Urteil vom 02.03.1993 – IX R 75/89, BFH/NV 1993, 578).
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Unter Beachtung der o.g. Grundsätze war im Streitfall keine Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist zu gewähren.
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1. Und zwar war bereits nicht mit hinreichender Gewissheit feststellbar, dass sich der Sachverhalt tatsächlich so abgespielt hat wie es vorgetragen wurde. Letztlich handelt es sich bei dem Vortrag des Klägers, dass die beiden streitgegenständlichen Bescheide in dem Postkorb für nicht fristgebundene Post gelegen haben sollen, um eine bloße Behauptung. Ob die Bescheide dort tatsächlich gelegen haben, ist durch das Gericht nicht nachprüfbar und kann insbesondere auch nicht durch Frau D bestätigt werden, da diese nicht dabei war, als der Kläger die Bescheide gefunden haben will. Dass Frau D auf den Vorwurf des Klägers hin, dass keine Frist eingetragen sei, die Ansicht äußerte, den Bescheid wohl falsch sortiert zu haben, ist durchaus verständlich, bedeutet aber nicht, dass sie sich daran erinnert, die Bescheide tatsächlich falsch abgelegt zu haben, zumal eine Rechtsanwältin, die, wie der Kläger behauptet, stets zuverlässig arbeitet, fristgebundene Bescheide wohl kaum bewusst falsch ablegt und unbewusstes Verhalten nicht erinnerlich ist.
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Zudem ist unklar, wann die Bescheide überhaupt in die Kanzlei gelangt sind. Die Ehefrau des Klägers spricht in ihrer eidesstattlichen Versicherung ausdrücklich nur von einem Schreiben des Finanzamts B, das im Mai 2015 zugestellt worden sei und das sie am 22. oder 23. Mai in die Kanzlei verbracht habe. Dieser Vortrag passt jedoch nicht zum hiesigen Sachverhalt, denn es wurden am 18.05.2015 zwei Schreiben gleichzeitig zugestellt. Außerdem hatte der Kläger mit eidesstattlicher Versicherung vom 26.08.2015 behauptet, dass seine Ehefrau die beiden Bescheide bereits „ein oder zwei Tage später“ zur Kanzlei gebracht hat, was dem 19. oder 20. Mai entspräche. Aufgrund des widersprüchlichen Vortrags und aufgrund fehlender Aufzeichnungen ist es letztlich völlig ungewiss, wann die Bescheide überhaupt in der Kanzlei angekommen sind und was mit ihnen dort weiter geschehen ist.
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2. Aber selbst dann, wenn sich der Sachverhalt tatsächlich so zugetragen haben sollte, wie dies der Kläger behauptet, scheidet eine Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist aus. Denn es liegt kein bloßes – dem Kläger nicht zuzurechnendes - Büroversehen vor, sondern vielmehr trifft den Kläger ein eigenes Organisationsverschulden.
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Insoweit ist zunächst zu beachten, dass es sich bei dem Gewinnfeststellungsbescheid 2013 und dem Umsatzsteuerbescheid 2013 entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine „Angelegenheit der Kanzlei“ handelte, sondern um seine persönlichen Steuerangelegenheiten. Dass den Bescheiden der Gewinn bzw. die Umsätze aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt zugrunde lagen, ändert daran nichts.
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Zwar ist ein Steuerpflichtiger auch in eigenen Angelegenheiten grundsätzlich berechtigt, sich zwecks Überwachung von Fristen Hilfspersonen zu bedienen. Vor diesem Hintergrund kann es dem Kläger nicht generell zum Vorwurf gemacht werden, dass er den Bescheid in die Kanzlei hat verbringen lassen, um von dem dortigen Fristenkontrollsystem Gebrauch machen zu können, das er für die Zeit seiner Erkrankung für seine beruflichen Angelegenheiten eingerichtet hat.
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Vorzuwerfen ist dem Kläger jedoch, dass das von ihm diesbezüglich eingerichtete System, bei dem mehrere Hilfspersonen nacheinander tätig werden sollten, in hohem Grade fehleranfällig war und eine effektive Kontrolle, ob tatsächlich alle Fristen erfasst sind, von vornherein nicht ermöglichte. Denn der Kläger hatte keine Möglichkeit zu erkennen, ob alle Bescheide, die bei ihm zu Hause eingegangen waren, auch tatsächlich die Kanzlei erreicht haben. Dass er selbst oder seine Ehefrau darüber Aufzeichnungen geführt haben, welche Steuerbescheide unter der Privatanschrift eingegangen sind und wann diese von wem zur Kanzlei gebracht worden sind, wurde nicht vorgetragen und ist auch nicht anderweitig ersichtlich. Ohne derartige Aufzeichnungen war es dem Kläger jedoch unmöglich festzustellen, ob seine Ehefrau auch tatsächlich alle Bescheide zur Kanzlei gebracht hat und die Bescheide nicht etwa unterwegs (oder gar schon zu Hause) vergessen, verlegt oder verloren wurden. Ebenso wenig war es dem Kläger ohne Aufzeichnungen der Ehefrau dazu, wann diese welchen Bescheid in der Kanzlei abgegeben hat, nicht möglich zu kontrollieren, ob die entsprechenden Einspruchsfristen von der nächsten Hilfsperson - d.h. von Frau D - auch ordnungsgemäß eingetragen worden waren.
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Zu beachten ist insoweit auch, dass Kenntnisse darüber, wie ein Bescheid versendet wurde (mit Postzustellungsurkunde oder mit einfachem Brief) und wann der Bescheid bei einer Versendung mit einfachem Brief zur Post aufgegeben wurde, für eine ordnungsgemäße Fristberechnung unerlässlich sind. Der Kläger hätte seine Ehefrau daher anweisen müssen, alle Schreiben mit Briefumschlag zur Kanzlei zu bringen. Dass eine derartige Anweisung erteilt wurde, hat der Kläger nicht vorgetragen. Zudem spricht gegen das Vorliegen einer derartigen Anweisung, dass die Ehefrau in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 09.07.2015 angegeben hat, sich schon nach nur 1,5 Monaten nicht mehr daran erinnern zu können, ob sie ein um den 22./23. Mai in die Kanzlei verbrachtes Schreiben dort mit oder ohne Umschlag zurückgelassen habe. Hätte sie die Anweisung gehabt, alle Schreiben mit Umschlag abzuliefern, und hätte sie sich hieran typischerweise gehalten, hätte sie gar keinen Zweifel daran haben dürfen, dass das Schreiben natürlich - so wie dann immer - mit Umschlag abgeliefert wurde.
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Zudem ist zu beachten, dass die von einer Rechtsanwaltskanzlei zwecks Fristenkontrolle zu treffenden organisatorischen Maßnahmen nach der Rechtsprechung des BGH so beschaffen sein müssen, dass auch bei unerwarteten Störungen des Geschäftsablaufs, etwa durch Überlastung oder Erkrankung der zuständigen Angestellten, Verzögerungen der anwaltlichen Bearbeitung oder ähnliche Umstände, bei Anlegung eines äußersten Sorgfaltsmaßstabes die Einhaltung der anstehenden Frist - zumindest durch ein rechtzeitiges Fristverlängerungsgesuch - gewährleistet ist. Insbesondere muss sichergestellt sein, dass die zur wirksamen Fristenkontrolle erforderlichen Handlungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt, d.h. unverzüglich nach Eingang des betreffenden Schriftstücks, und im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 05.02.2003 – VIII ZB 115/02, NJW 2003, 1815). Diesen Anforderungen halten die vom Kläger getroffenen Organisationsmaßnahmen schon deshalb nicht stand, weil die Fristen nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt notiert wurden. Vielmehr konnten abhängig davon, wann die Ehefrau das nächste Mal zur Kanzlei fahren würde und wann Frau D das nächste Mal die Post durchsehen würde, viele Tage bis zur erstmaligen Fristerfassung vergehen. Dass der Kläger seine Ehefrau angewiesen hat, eingehende Post unverzüglich – d.h. noch am gleichen Tag – zur Kanzlei zu bringen, hat er nicht vorgetragen. Zwar wurde auf Seite 2 der Antragsschrift vom 17.08.2015 behauptet, dass die Ehefrau die unter seiner Privatanschrift eingegangene betrieblich veranlasste Post „unverzüglich“ in die Kanzlei gebracht habe. Diese Behauptung ersetzt jedoch keinen substantiierten Vortrag dazu, welche Anweisungen die Ehefrau konkret hatte. Außerdem wird sie durch die eidesstattliche Versicherung der Ehefrau widerlegt. Denn diese gibt an, „den“ Mitte Mai 2015 zugestellten Bescheid, bei dem es sich nach Vortrag des Klägers um die streitgegenständlichen, am 18.05.2015 zugestellten Bescheide handeln soll, erst am 22. oder 23. Mai - und damit gerade nicht unverzüglich - in die Kanzlei gebracht zu haben.
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3. Zudem scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schon aus formellen Gründen aus.
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Die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, sind innerhalb der Antragsfrist vollständig, substantiiert und in sich schlüssig darzulegen. Wird --wie im Streitfall-- ein nicht zuzurechnendes reines Büroversehen geltend gemacht, gehört zum erforderlichen schlüssigen Vortrag des "Kerns" der Wiedereinsetzungsgründe die Darlegung, warum ein Organisationsverschulden auszuschließen ist. Es müssen also die Organisationsmaßnahmen vorgetragen werden, die den konkreten Fehler als Büroversehen erkennen lassen. Dazu muss substantiiert und schlüssig vorgetragen werden, dass der Steuerberater/Rechtsanwalt alle Vorkehrungen getroffen hat, die nach vernünftigem Ermessen die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen geeignet sind. Hierzu gehört auch der Vortrag, dass die eingesetzten Hilfspersonen ordnungsgemäß ausgewählt, unterwiesen und überwacht wurden (vgl. BFH, Beschluss vom 24.01.2005 - III R 43/03, BFH/NV 2005, 1312; BFH, Beschluss vom 28.07.2015 – II B 150/14, BFH/NV 2015, 1434 m.w.N.).
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Daran fehlt es hier. Aus dem innerhalb der Antragsfrist des § 110 AO erfolgten Vortrag ging nicht hervor, dass und wie der Kläger Frau D kontrolliert hat.
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Zwar kann in den Fällen, in denen es sich bei der mit der Fristenerfassung befassten Hilfsperson um einen Rechtsanwalt handelt, regelmäßig unterstellt werden, dass die Hilfsperson ordnungsgemäß ausgewählt wurde. Auch bedarf ein Rechtsanwalt typischerweise keiner besonderen Unterweisung, um Fristen eigenständig berechnen und eintragen zu können. Jedoch müssen auch fachlich hochqualifizierte Hilfspersonen zumindest in gewissem Umfang überwacht werden. Hierzu hat der Kläger innerhalb der einmonatigen Antragsfrist des § 110 Abs. 2 AO, die mit der Entdeckung der Fristversäumnis am 27.06.2015 begann und am 27.07.2015 endete, jedoch nichts vorgetragen.
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Der Hinweis des Klägers auf den Beschluss des BGH vom 09.12.2009 - IV ZB 30/09 führt zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit ist zu beachten, dass der BGH in der o.g. Entscheidung selbst darauf hinweist, dass alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, grundsätzlich innerhalb der Antragsfrist vorgetragen werden müssen. Vor diesem Hintergrund kann sich der Rechtssatz, dass erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, auch noch nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden dürfen, nur auf solche Fälle beziehen, in denen die zur Begründung erforderlichen Tatsachen innerhalb der Antragsfrist zumindest im Kern dargelegt wurden. Sachvortrag zu einem Punkt, der bislang gar nicht angesprochen wurde, kann dagegen nicht nachgeholt werden, da der Grundsatz, dass der Sachvortrag zu den Wiedereinsetzungsgründen innerhalb der Antragsfrist erfolgen muss, ansonsten ins Gegenteil verkehrt würde.
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Im Streitfall ist zu dem Gesichtspunkt, dass und wie der Kläger die Rechtsanwältin D überwacht hat, innerhalb der Antragsfrist keinerlei Vortrag erfolgt, weshalb es sich bei dem mit Schriftsätzen vom 13.11.2015 zwecks Begründung der Anhörungsrügen erfolgten Vortrag zur Überwachung von Frau D nicht um die bloße Ergänzung eines schon im Kern angelegten Vortrags, sondern um neuen Vortrag handelt.
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Insoweit ist auch zu beachten, dass der Kläger den Posteingangskorb für die normale Post in dem Zeitraum 23.05.2015 bis 27.06.2015 offensichtlich nicht durchgesehen hat. Denn ansonsten hätte der Kläger schon früher bemerken müssen, dass die Bescheide in der falschen Posteingangsbox lagen. Damit stand bei Ablauf der Antragsfrist lediglich fest, dass jedenfalls die Posteingangsbox für die normale Post und damit auch die diesbezügliche Arbeit von Frau D über eine Zeitspanne von mehr als einem Monat gerade nicht kontrolliert worden ist, was bei etwaigen fehlsortierten Steuerbescheiden aufgrund der bloß einmonatigen Einspruchsfrist zwangsläufig zu Fristversäumnissen führen musste. Bei dieser Ausgangslage wäre es erst recht erforderlich gewesen, noch innerhalb der Antragsfrist darzulegen, dass Frau D überhaupt kontrolliert wurde und wie diese Kontrollmaßnahmen im Einzelnen ausgestaltet waren.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wurde nicht zugelassen, da kein Zulassungsgrund i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO ersichtlich war.