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  • 13.02.2007 · IWW-Abrufnummer 070497

    Landgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 29.04.2005 – 5/35 StL 2/05

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    5/35 StL 2/05

    Landgericht Frankfurt am Main

    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In der Strafsache XXX

    berufsrechtlicher Verfehlungen

    hat die 35. Strafkammer - Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen - des Landgerichts Frankfurt am Majn in der Hauptverhandlung vom 29.04.2005, an der teilgenommen haben:

    XXX

    für R e c h t erkannt:

    Der Steuerberater wird wegen Berufspflichtverletzung verwarnt.

    Er hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

    Gründe:

    I.

    Der Steuerberater hat an der Fachhochschule in Mainz Betriebswirtschaft studiert. Er war als Angestellter in verschiedenen Steuerberaterbüros steuerlich beratend tätig. Er bestand die Steuerberaterprüfung und wurde Ende 1994 zum Steuerberater bestellt. Er betreibt inzwischen eine eigene Steuerberaterpraxis. Sein monatlicher Nettoverdienst daraus liegt um 3.000 Euro.

    II.

    Der Steuerberater beriet seine Mandanten XXX und XXX seit Jahren als Steuerberater. Im September 2000 sprach er mit dem Mandanten über eine Eigenheimzulage für den Ausbau ihres Wohnhauses in XXX. Die Beteiligten beabsichtigten eine Eigenheimzulage für das Objekt für das Jahr 2000 zu beantragen, in der Erwartung, dass das Objekt in diesem Jahr fertiggestellt wird. Als der Steuerberater von dem Mandanten nichts Gegenteiliges hörte bezüglich der Fertigstellung des Hauses, erklärte er mit Antrag vom 19.10.2000 gegenüber dem Finanzamt XXX, dass die Fertigstellung im Jahr 2000 erfolgt sei und die Wohnung von der Tochter benutzt wurde. Daraufhin bewilligte das Finanzamt mit Bescheid vom 07.12.2000 eine Eigenheimzulage von 17.040,-- DM für die Jahre 2000 bis 2007, wovon 2.130,-- DM für das Jahr 2000 ausgezahlt wurde. Tatsächlich erfolgte die Fertigstellung erst im Jahre 2002. Der Steuerberater sprach dem Mandanten zu, dass man es ruhig mal probieren könne, den Antrag beim Finanzamt XXX zu stellen.

    In dem wegen des Vorwurfs der betrügerischen Erlangung der Eigenheimzulage geführten Strafverfahren gegen die Mandanten wurde am 30.04.2004 vor dem Amtsgericht XXX verhandelt. Der als Zeuge vernommene Steuerberater sagte in diesem Verfahren aus: "Das habe ich so nicht gesagt, dass wir es trotzdem probieren".
    Gemeint war der Antrag auf Erhaltung der Eigenheimzulage. Zum anderen sagte der Steuerberater: "Ich wusste nicht, dass die Wohnung noch nicht bezugsfertig sei".

    Diese beiden Äußerungen entsprachen nicht der Wahrheit, was der Steuerberater auch wusste.

    Gegen die Mandanten des Steuerberaters wurde in dem gegen sie geführten Strafverfahren wegen Betruges eine Geldstrafe festgesetzt.

    Das Amtsgericht XXX verurteilte den Steuerberater unter Freisprechung vom Vorwurf der Anstiftung zum Betrug wegen uneidlicher: Falschaussage zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 90,- Euro.

    Vom Vorwurf der Anstiftung zum Betrug sprach das Amtsgericht den Steuerberater frei, da es insoweit Zweifel hatte, ob der Steuerberater in Bezug auf den erstrebten Vermögensvorteil der Mandanten vorsätzlich gehandelt hat. Das Amtsgericht führte aus, dem Steuerberater sei nicht zu widerlegen, dass er die Hoffnung gehabt habe, das Haus werde noch im Jahre 2000 durch die Eheleute XXX fertiggestellt. Auf seine Berufung, die er auf das Strafmaß beschränkt hatte, verringerte das Landgericht die vom Amtsgericht verhängte Strafe und bestimmte eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 90,- Euro.

    Das Landgericht hielt dem Steuerberater einen Aussagenotstand zugute. Der Steuerberater habe die Unwahrheit gesagt, um von sich selbst die Gefahr abzuwenden, wegen einer Beteiligung an der Tat seiner Mandanten bestraft zu werden.

    III.

    Die Feststellungen zur Person beruhen auf den glaubhaften Angaben des Steuerberaters,

    Hinsichtlich des Anschuldigungsvorwurfs hat sich der Steuerberater dahin eingelassen, dass er keine Falschaussage begangen habe. Er sei bei der Vernehmung am 30.04.2004 missverstanden worden. Er habe zwar gesagt, man könne es ruhig mal probieren; bezogen habe er diesen Satz aber darauf, dass die Wohnung noch 2001 fertig werde. Er habe sich vorzuwerfen, bei Antragsteilung nicht persönlich überprüft zu haben, ob das Objekt fertiggestellt sei. Er bedaure auch die den Eheleuten XXX entstandenen Belastungen durch das Strafverfahren.

    Die Feststellungen zur Sache beruhen auf den verlesenen, nach § 109 Abs. 3 Satz 1 Steuerberatungsgesetz bindenden Feststellungen in dem genannten Urteil des Amtsgerichts und des Landgerichts XXX, die die Einlassung des Steuerberaters betreffend einem bloßen Missverständnis widerlegen.

    IV.

    Der Steuerberater hat gegen seine Berufspflichten verstoßen, indem er bei Beratung seiner Mandanten über die Stellung. eines Antrags auf Eigenheimzulage eine rechtswidrige Antragstellung als wählbare Handlungsmöglichkeit hinstellte und damit zumindest objektiv mitursächlich wurde für ein strafrechtlich relevantes Verhalten seiner Mandanten sowie deren Belastung mit einem gegen sie geführten Strafverfahren.
    Außerdem stellt die uneidliche Falschaussage eine Berufspflichtverletzung dar.

    Die für seine Mandanten strafrechtsrelevante Beratung. stellt einen Verstoß gegen die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung (§ 57.Abs. 1 Steuerberatungsgesetz) dar; die Falschaussage schädigt als strafbares Verhalten das Vertrauen in den Berufsstand (§ 57 Abs. 2).

    V.

    Gegen den Steuerberater war eine berufsrechtliche Maßnahme zu treffen.

    Die Kammer ist bei der Bestimmung der Rechtsfolgen unter Berücksichtigung des in § 92 Abs. 2 Steuerberatungsgesetz zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers davon ausgegangen, dass nach einer Bestrafung im Strafverfahren grundsätzlich von einem berufsrechtlichen Verfahren abzusehen ist. Die Kammer bejaht allerdings - trotz Freisprechung des Steuerberaters vom Vorwurf der Beteiligung am Betrug der Eheleute XXX die Erforderlichkeit durch eine berufsrechtliche Maßnahme gegen den Steuerberater auf, diesen einzuwirken und das Ansehen des Berufs zu wahren.

    Dem Steuerberater ist vor Augen zu führen, dass die von ihm immer noch nicht eingeräumte, einen Rechtsbruch verharmlosende. Beratung mit strafrechtlichen Folgen für die Mandanten ein berufliches Versagen bedeutet, dass berufsrechtlich nicht reaktionslos bleiben darf. Die Allgemeinheit verlangt zu Recht ein korrektes Verhalten des Steuerberaters, der sich nicht einmal den Anschein geben darf, er billige steuerunehrliches Verhalten. Zu dem ist die außerberufliche Verfehlung der Falschaussage vor Gericht im besonderen Maße geeignet, Achtung und Vertrauen im Hinblick auf den Beruf zu beeinträchtigen. Die Tätigkeit eines Steuerberaters verlangt in besonderer Weise eine funktionierende und effektive Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen.

    Die Kammer hat zu Gunsten des Steuerberaters berücksichtigt, daß seine Verfehlung durch Leichtfertigkeit bei der Beratung und eine bei seiner Aussage vorliegenden Notstandssituation im Sinne von § 157 StGB, d. h. die Furcht vor strafrechtlicher Verfolgung bei wahrheitsgemäßer Aussage gekennzeichnet ist. Der seit vielen Jahren als selbständiger Steuerberater tätige Angeschuldigte ist berufsrechtlich nicht vorbelastet. Zudem liegt die Verfehlung annähernd 5 Jahre zurück.

    Gegen ihn spricht das Gewicht der Berufspflichtverletzung. Gesetzestreue und Gewissenhaftigkeit stellen ein Kernelement der Tätigkeit des Steuerberaters als Organ der Steuerrechtspflege dar.

    Die Kammer hat - vor dem Hintergrund der bereits erfolgten strafrechtlichen Ahndung sowie der durch Leichtfertigkeit und Aussagenotstand gekennzeichneten, subjektiven Seite seiner Verfehlung eine Warnung als gerade noch ausreichend angesehen.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 148 Steuerberatungsgesetz.

    RechtsgebietSteuerberatungsgesetzVorschriften§§ 57, 89, 90, 92 Steuerberatungsgesetz