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  • 05.01.2012 · IWW-Abrufnummer 120751

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 15.11.2011 – 11 K 2203/10 AO

    Die Erstattung eines Steuerguthabens auf das in der Steuererklärung angegebene Konto der zwischenzeitlich geschiedenen Ehefrau erfolgt mit Rechtsgrund und kann damit nicht nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO zurückgefordert werden, wenn bis zur Veranlassung der Erstattung keine andere Bankverbindung mitgeteilt wird und zuvor kein abweichender Wille der Steuerpflichtigen bzgl. des Erstattungsempfängers erkennbar war.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 11. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 15.11.2011 für Recht erkannt:
    Tatbestand:
    Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Rückforderungsbescheids.
    Die Klägerin ist die geschiedene Ehefrau des Herrn N1. C.. Die Ehegatten lebten seit dem 01.08.2007 getrennt und wurden im Juni 2009 geschieden.
    In ihren auf Zusammenveranlagung gerichteten Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen der Jahre 2005 und 2006, die von einem Steuerberater erstellt worden sind, hatten die Ehegatten als Bankverbindung das Konto 000001 bei der Sparkasse H. angegeben und das Feld „Kontoinhaber lt. Zeilen 2 u. 3” (=Ehemann) angekreuzt. Die gleichen Angaben befinden sich auch in der ESt-Erklärung 2007, die von den Ehegatten am 04.03.2009 eingereicht worden ist und in der sie auf den Umstand, dass sie seit dem 01.08.2007 getrennt leben, ausdrücklich hinweisen.
    Zwei Tage später, am 06.03.2009, gab Herr C. auch seine auf die Durchführung einer Einzelveranlagung gerichtete ESt-Erklärung für das Streitjahr 2008 ab. Die Erklärung wurde wiederum durch einen Steuerberater gefertigt und benennt erneut das Konto 000001 bei der Sparkasse H. als Bankverbindung. Zudem ist wiederum das Feld angekreuzt, wonach der oben angegebene Steuerpflichtige/Ehemann der Kontoinhaber sei.
    Der Beklagte setzte die ESt 2008 mit Bescheid vom 02.06.2009 auf xx.xxx EUR fest. Da der Sachbearbeiter zeitnah erkannt hatte, dass Unterhaltsleistungen unberücksichtigt geblieben waren, erging bereits am Folgetag (03.06.2009) ein Änderungsbescheid, mit dem die ESt nur noch auf xx.xxx EUR festgesetzt wurde. Beide Bescheide wiesen im Abrechnungsteil Guthaben aus. Sie enthielten zudem die Mitteilung, dass die Guthaben nach etwaiger Verrechnung mit Gegenansprüchen auf das Konto 000001 bei der Sparkasse H. erstattet werden würden.
    Am 03.06.2009 rief Herr C. beim Beklagten an und teilte mit, dass es sich bei dem angegebenen Konto um das Konto seiner Ehefrau handele und er seine neue Bankverbindung schriftlich mitteilen werde. Er tat dies, indem er auf dem ESt-Bescheid 2008 vom 02.06.2009 die dort genannte Kontoverbindung durchstrich, handschriftlich eine Kontonummer bei der …-Bank H. ergänzte und dem Beklagten am 03.06.2009 eine Abschrift zufaxte. Am 04.06.2009 ging zudem eine Abschrift des ESt-Bescheids 2008 vom 03.06.2009 per Fax beim Beklagten ein, auf der Herr C. ebenfalls handschriftlich die Kontoverbindung korrigiert hatte.
    Die Erstattungsbeträge aus den beiden ESt-Bescheiden von insgesamt x.xxx,xx EUR, deren Auszahlung maschinell gesteuert durchgeführt wurde, wurden dem in der ESt-Erklärung angegebenen Konto bei der Sparkasse H. am 04.06.2009 gutgeschrieben.
    Der Beklagte nahm die Vorgänge zum Anlass, am 13.07.2009 gegenüber der Klägerin den streitgegenständlichen Rückforderungsbescheid zu erlassen, mit dem diese gem. § 37 Abs. 2 AO zur Rückzahlung der o.g. auf ihrem Konto eingegangenen x.xxx,xx EUR aufgefordert wurde.
    Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch wandte die Klägerin ein, dass der Auszahlung an sie eine wirksame Zahlungsanweisung ihres geschiedenen Ehemanns zu Grunde gelegen habe und die Auszahlung auf ihr Konto daher mit Rechtsgrund erfolgt sei. Die Zahlungsanweisung liege darin, dass Herr C. in seiner ESt-Erklärung 2008 ihr Konto als Bankverbindung angegeben habe. Im Übrigen habe sie, die Klägerin, davon ausgehen dürfen, dass es sich um eine bewusste Überweisung seitens ihres geschiedenen Ehemanns gehandelt habe, da dieser in vergleichbarer Höhe mit den gerichtlich festgelegten Unterhaltszahlungen säumig gewesen sei.
    Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 12.05.2010 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass in den Eintragungen auf dem Mantelbogen der ESt-Erklärung keine wirksame Zahlungsanweisung des Herrn C. zu sehen sei. Eine Zahlungsanweisung sei eine Willenserklärung, bei deren Auslegung der wirkliche Wille zu erforschen sei. Im Streitfall seien die Angaben des Erstattungsberechtigten nicht eindeutig gewesen. Bei der auf dem Mantelbogen eingetragenen Bankverbindung handele es sich unstreitig um ein Konto der Klägerin, jedoch habe der Erstattungsberechtigte als Kontoinhaber sich selbst angegeben. Die Kontoverbindung sei offensichtlich aus der Vorjahreserklärung, die noch als Zusammenveranlagung abgegeben worden sei, abgeschrieben worden. Dabei habe der Erstattungsberechtigte zu keinem Zeitpunkt gewollt, dass die zu erwartende Steuererstattung auf das Konto der Klägerin gezahlt werde. Dies ergebe sich u.a. daraus, dass er sich noch am selben Tag, an dem ihm der erste ESt-Bescheid zugegangen sei und er den Fehler erkannt habe, mit dem Finanzamt in Verbindung gesetzt habe, um diesem seine „richtige” Bankverbindung mitzuteilen. Aber selbst dann, wenn es sich bei den Angaben im Mantelbogen um eine wirksame Zahlungsweisung handele, sei die Auszahlung an die Klägerin ohne Rechtsgrund erfolgt. Denn gem. § 224 Abs. 3 AO gelte bei Überweisungen als Zahlungstag der dritte Tag nach der Hingabe oder Absendung des Auftrags an das Kreditinstituts. Im Streitfall seien die Zahlungsaufträge am 02.06.2009 bzw. 03.06.2009 an die Bank gegangen, so dass Zahlungstag der 05. bzw. 06.09.2009 sei. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch keine wirksame Zahlungsanweisung mehr vorgelegen, da Herr C. diese am 03.06.2009 widerrufen habe.
    Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Rückforderungsbescheids. Sie hält daran fest, dass eine wirksame Zahlungsanweisung vorgelegen habe und die Auszahlung auf ihr Konto deshalb mit Rechtsgrund erfolgt sei.
    Sie geht davon aus, dass der Beklagte die beiden Auszahlungen über x.xxx,xx EUR (Bescheid vom 02.06.2009) und x.xxx,xx EUR (Bescheid vom 03.06.2009) gleichzeitig mit den vorgenannten Bescheiden angewiesen habe. Die Durchführung der eigentlichen Zahlung sei dann nur noch ein maschineller Vorgang, der zentral gesteuert werde. Mit Auslösung des entsprechenden Bescheids werde gleichzeitig eine Zahlungsanweisung vorgenommen. Also sei spätestens mit Bescheiderstellung der willentliche Akt des Finanzamts zeitlich abgeschlossen gewesen. Die Bekanntgabe einer anderen Kontoverbindung durch Herrn C. sei erst danach erfolgt, nämlich für den Bescheid vom 02.06.2009 am 03.06.2009 und für den Bescheid vom 03.06.2009 am 04.06.2009.
    Die Klägerin beantragt,
    den Rückforderungsbescheid vom 13.07.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.05.2010 aufzuheben.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Finanzamtsakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe:
    Die Klage ist zulässig und begründet.
    Der Rückforderungsbescheid vom 13.07.2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
    Der Beklagte hat die Klägerin zu Unrecht aufgefordert, die auf ihrem Konto eingegangenen Erstattungsbeträge aus den ESt-Bescheiden 2008 des Herrn C. zurückzuzahlen. Denn die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 AO liegen nicht vor.
    Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrages. Dies gilt gem. § 37 Abs. 2 Satz 2 AO auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt.
    Im Streitfall geschah die Auszahlung auf das Konto der Klägerin mit Rechtsgrund. Denn aufgrund der ESt-Bescheide 2008 vom 02.06.2009 und 03.06.2009 war Herr C. Inhaber von Erstattungsansprüchen i.H.v. x.xxx,xx EUR und er hat dem Beklagten eine wirksame Zahlungsanweisung erteilt, die diesen ermächtigte, die für Herrn C. bestimmten Auszahlungsbeträge auf ein Konto der Klägerin zu überweisen. Der rechtliche Grund für die Zahlung ist auch nicht nachträglich weggefallen i.S.d. § 37 Abs. 2 Satz 2 AO.
    1. Herr C. hatte im Mantelbogen seiner ESt-Erklärung 2008 das Konto der Klägerin als Kontoverbindung angegeben. Bei der Angabe einer Bankverbindung in einer Steuererklärung handelt es sich nach dem objektiven Erklärungsgehalt um eine Anweisung an das Finanzamt, etwaige sich aus der Veranlagung ergebende Steuerguthaben auf dieses Konto zu überweisen (vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 26.09.2002 – IV 425/2000, DStRE 2003, 181).
    Ob Herr C. tatsächlich eine Willenserklärung mit diesem Inhalt abgeben wollte, ist für die Wirksamkeit der Willenserklärung ohne Belang. Zwar sind Willenserklärungen auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Bei der Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen ist jedoch nicht der wirkliche Willen des Erklärenden entscheidend, sondern maßgebend ist, wie der Erklärungsempfänger die Willenserklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (Palandt, BGB, § 133 Rn. 9 m.w.N.). Dabei dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die dem Empfänger bei Zugang der Erklärung bekannt oder für ihn erkennbar waren. Vermochte der Empfänger nicht zu erkennen, dass eine Willenserklärung irrtümlich abgegeben worden ist, ist sie mit ihrem nach außen erkennbaren Inhalt wirksam, auch wenn der Erklärende tatsächlich etwas ganz anderes gewollt haben mag.
    So verhält es sich auch im Streitfall. Zwar mag Herr C. am 06.03.2009, als er seine ESt-Erklärung 2008 abgegeben hat, nicht den Willen gehabt haben, seine ESt-Guthaben auf ein Konto seiner geschiedenen Ehefrau auszahlen zu lassen. Dieser abweichende Wille ist aus der von ihm getätigten Zahlungsanweisung jedoch nicht erkennbar. Insbesondere war die Zahlungsanweisung – anders als der Beklagte meint – nicht offensichtlich widersprüchlich und deshalb unbeachtlich. Herr C. mag zwar unrichtigerweise angekreuzt haben, selbst Kontoinhaber zu sein. Die Angabe, wer der Inhaber des angegebenen Kontos ist, gehört jedoch nicht zum notwendigen Inhalt einer Zahlungsanweisung. Entscheidend für die inhaltliche Bestimmtheit einer Zahlungsanweisung sind allein die Angaben zur Kontonummer und Bankleitzahl, da durch diese das Konto, auf das die Erstattungen vom Finanzamt zu überweisen waren, hinreichend bezeichnet wird. Zudem war für das Finanzamt bei Eingang der ESt-Erklärung 2008 (Zugang der Willenserklärung) nicht erkennbar, dass die Angabe des Kontoinhabers falsch war. Dies gilt erst recht, wenn berücksichtigt wird, dass auch schon in den ESt-Erklärungen 2005 bis 2007 behauptet wurde, dass Inhaber des Kontos 000001 bei der Sparkasse H. der Ehemann, also Herr C., sei. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass dem Beklagten schon bei Eingang der ESt-Erklärung 2008 positiv bekannt gewesen ist oder für ihn zumindest deutlich erkennbar war, dass das dort genannte Konto ein Konto der Klägerin ist, liegen nicht vor.
    Auch lagen keine anderen objektiven Anhaltspunkte vor, die darauf hinwiesen, dass die Angabe des Kontos 000001 nicht dem tatsächlichen Willen des Herrn C. entsprach. Insbesondere ließ der Umstand, dass die Ehegatten getrennt lebten, nicht diesen Schluss zu. Es liegt in der Sphäre der (ehemaligen) Ehegatten, wie sie ihre rechtlichen Angelegenheiten untereinander regeln wollen, und hierzu kann es auch durchaus gehören, etwaige Verbindlichkeiten gegenüber dem geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten im abgekürzten Zahlungsweg zu tilgen – zum Beispiel, indem das Finanzamt angewiesen wird, Guthaben auf das Konto des anderen (ehemaligen) Ehegatten auszuzahlen.
    2. Die Zahlungsanweisung wurde mit Zugang beim Empfänger (hier: Abgabe der ESt-Erklärung) am 06.03.2009 wirksam. Ein Widerruf, der das Wirksamwerden gem. § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB verhindert hätte, war bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt.
    Herr C. hatte vielmehr erst am 03.06.2009 zu erkennen gegeben, dass er eine Überweisung auf ein anderes Konto wünschte. Diese neue Zahlungsanweisung wirkt nur für die Zukunft. Sie enthält die Aussage, dass die bisherige Zahlungsanweisung nicht länger gelten solle und der Beklagte zur Auszahlungen von Erstattungen ab sofort ausschließlich das neu benannte Konto bei …-Bank H. nutzen möge.
    Die Wirksamkeit der bisherigen Zahlungsanweisung blieb durch die neue Zahlungsanweisung unberührt. Insbesondere ist die Wirksamkeit der bisherigen Zahlungsanweisung nicht durch Anfechtung rückwirkend entfallen (vgl. § 142 Abs. 1 BGB). Es fehlt bereits an einer Anfechtungserklärung i.S.d. § 143 BGB, da aus der bloßen Angabe einer neuen Kontoverbindung für den Erklärungsempfänger nicht ersichtlich ist, dass der Erklärende eine vom ihm früher erteilte Zahlungsanweisung wegen eines Willensmangels von Anfang an beseitigen will. Darüber hinaus ist auch nicht erkennbar, dass überhaupt eine Anfechtungsmöglichkeit wegen Irrtums nach §§ 119, 120 BGB vorliegt. Ein Irrtum i. S. dieser Vorschriften liegt insbesondere dann nicht vor, wenn der Erklärende in dem Bewusstsein, eine rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben, eine Urkunde unterschreibt, ohne deren Inhalt zuvor durchzulesen und ohne sich über deren Inhalt konkrete Vorstellungen zu machen. Denn ohne konkrete Vorstellung über den Inhalt einer Erklärung kann der Wille des Unterzeichners nicht von seiner Erklärung abweichen. So hat es sich offensichtlich auch im Streitfall verhalten. Dass Herr C. bei der Unterzeichnung der Steuererklärung irrtümlich davon ausgegangen ist, das Konto 000001 sei sein eigenes, hat er gegenüber dem Finanzamt nicht geltend gemacht, und dieser Sachverhalt ist auch nicht sonderlich wahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher ist es, dass der Steuerberater, der die ESt-Erklärung 2008 des Herrn C. für diesen erstellt hat, die Kontoverbindung aus den früheren Erklärungen übernommen hat und Herr C. die ihm vorgelegte vorbereitete ESt-Erklärung 2008 ohne Überprüfung der Kontoverbindung unterschrieben hat. In diesem Fall ist keine Anfechtung möglich.
    3. Die neue Zahlungsanweisung konnte der Beklagte nicht mehr beachten. Denn er hatte in dem Zeitpunkt, als ihm die neue Zahlungsanweisung zuging, bereits die Auszahlung der ESt-Guthaben auf das bisher benannte Konto 000001 veranlasst. Ausweislich der vorliegenden Akten wurde die gespeicherte Kontoverbindung unmittelbar nach dem Anruf des Herrn C. – jedenfalls noch vor Eingang des Faxes vom 03.06.2009 12:29 Uhr – gelöscht. Dies ergibt sich aus einem Aktenvermerk des Sachbearbeiters, der den Anruf des Herrn C. am 03.06.2009 entgegen genommen hat. Es heißt dort, die Kontoverbindung sei aufgrund des Anrufs des Steuerpflichtigen gelöscht worden und die neue Kontoverbindung werde noch schriftlich mitgeteilt.
    Trotz der sofortigen Löschung der Kontoverbindung war die Auszahlung der Guthaben jedoch nicht mehr zu verhindern. Die entsprechenden Zahlungsaufträge waren bereits an die Bank übersandt worden. Der Beklagte hatte seine für die Auszahlung der Steuerbeträge erforderliche Willenserklärung in dem Zeitpunkt, als er von der neuen Zahlungsanweisung erfuhr, somit bereits getroffen und war hieran auch gebunden. Denn gem. § 675p Abs. 1 BGB ist der Widerruf eines Zahlungsauftrags nur in den dort genannten – hier nicht vorliegenden – Ausnahmefällen möglich. Selbst wenn der Widerruf möglich gewesen wäre, hätte der Beklagte hiervon im Übrigen keinen Gebrauch machen müssen, da der Zahlungsvorgang der im Zeitpunkt der Veranlassung der Zahlung wirksamen Zahlungsanweisung entsprach.
    Dass die Überweisungsbeträge auf dem Konto der Klägerin erst am 04.06.2009 und damit nach der Mitteilung der neuen Kontoverbindung eingingen, ist ohne Bedeutung. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob für eine Zahlung eine wirksame Zahlungsanweisung vorliegt, ist der Zeitpunkt, zu dem der Leistende alles getan hat, um den Leistungserfolg herbeizuführen. Dies ist bei Überweisungen der Zeitpunkt, an dem der Zahlungsauftrag dem ausführenden Kreditinstitut übergegeben wird. Insbesondere greift im Streitfall nicht § 224 Abs. 3 AO, wonach bei Überweisungen der Finanzbehörden der dritte Tag nach der Hingabe oder Absendung des Auftrags an das Kreditinstitut als Tag der Zahlung gilt. Die Vorschrift ist nur für die Zinsberechnung und für die Frage der Rechtzeitigkeit einer Zahlung i.S.d. § 240 AO von Bedeutung, berührt jedoch weder den Zeitpunkt des Erlöschens der Steuerschuld noch die zivilrechtliche Wirksamkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts.
    4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

    VorschriftenAO § 37 Abs 2 Satz 1