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  • 17.04.2012 · IWW-Abrufnummer 121143

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 23.02.2012 – 5 K 397/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Az.: 5 K 397/10
    (Revision eingelegt – BFH-Az.: II R 15/12)
    Tatbestand
    Die Klage richtet sich gegen ein Sammelauskunftsersuchen nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO).
    Mit Auskunftsersuchen von 10.05.2010 ersuchte der Beklagte - aufgrund eines internen Auftrages der OFD - die Klägerin um Auskunft über Verkäufe niedersächsischer Unternehmen in den Jahren 2007 bis 2009 als Drittanbieter über die Internetplattform xy.de.
    Die website www.xy.de, deren Domaininhaberin die Klägerin ist, war früher von der Klägerin betrieben worden. 2007 bis 2009 war die M. S.a.r.l., die Muttergesellschaft der Klägerin, Betreiberin der website (mit Ausnahme der M-Plattform …). Die xy.de M-Plattform wurde ebenso wie andere Angebote für Drittanbieter auf dieser Website von der S. S.a.r.l. betrieben.
    Gegenüber diesen beiden Gesellschaften mit Sitz in Luxemburg erbrachte die Klägerin im Zusammenhang mit dem Betrieb der Website Dienstleistungen, denen folgende vertragliche Vereinbarungen zugrunde lagen:
    • In dem am 18.06.2008 geschlossenen „C. … Agreement“ (Anlage 1) verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der M. S.a.r.l. zur Erbringung von Supportleistungen gegenüber Händlern und Kunden der xy.de-Verkaufsplattform ab 01.01.2007.
    • In dem am 18.06.2008 geschlossenen “S. … Agreement” (Anlage 2) verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der M. S.a.r.l. zu den in Anhang A unter Ziff. 1.1 bis 1.6 im Einzelnen bezeichneten Dienstleistungen wie beispielsweise der Steuer- und Rechtsberatung ab 01.01.2007.
    • In dem “Data … Agreement” (Anlage 3) vom 01.05.2006 verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der S. S.a.r.l. zu Datenverarbeitungsleistungen auf der Grundlage luxemburgischen Rechts, insbesondere Luxemburger Datenschutzbestimmungen.
    Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern auf die Verträge Bezug genommen.
    Mit dem Auskunftsersuchen begehrt der Beklagte im Einzelnen folgende Auskünfte:
    „Welche Nutzer von XY mit Wohn- oder Firmen- bzw. Geschäftssitz in Niedersachsen haben in der Zeit vom 01.01.2007 bis 31.12.2009 für mehr als 17.500 € pro Jahr Verkäufe über XY (…) getätigt?
    Zu den betroffenen Nutzern benötige ich folgende Angaben:
    1. Name, Vorname, Geburtsdatum (soweit vorhanden) und Anschrift; bei Gesellschaften zusätzlich Bezeichnung der Gesellschaft, und – soweit vorhanden – Name, Vorname und das Geburtsdatum der Gesellschafter, Telefon und email-Adresse.
    2. Weitere XY-Teilnehmernamen (Pseudonyme)
    3. Bankverbindung/Kreditkartennummer,
    Einzelaufstellung der Verkäufe der jeweiligen oben angegebenen Nutzer mit mindestens folgenden Angaben:
    a) XY-Mitgliedsnamen
    b) Datum des Verkaufs- bzw. Auktionsende
    c) Artikelbezeichnung
    d) Verkaufspreis bzw. Höchstgebot
    e) Artikelnummer
    f) Anzahl der verkauften Artikel pro Angebot.“
    Zur Begründung führte der Beklagte u. a. Folgendes aus:
    „Im Rahmen umfangreicher Internetermittlungen der Steuerverwaltung wurde festgestellt, dass Nutzer von Internetplattformen, bei denen diese die Möglichkeit haben, Wirtschaftsgüter unter Pseudonymen zum Verkauf anzubieten, ihre steuerlichen Pflichten nicht immer ordnungsgemäß erfüllen. Im Vertrauen auf die durch die Pseudonyme geschaffene relative Anonymität der Verkaufstätigkeiten erklären viele Nutzer ihre an sich steuerpflichtigen Verkaufserlöse nicht oder nicht vollständig“
    Der Sprungklage hiergegen stimmte der Beklagte nicht innerhalb der Monatsfrist zu, sondern wies sie als Einspruch durch Einspruchsbescheid als unbegründet zurück. Wegen deren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
    Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Klägerin die Aufhebung des jedenfalls rechtswidrigen Sammelauskunftsersuchens begehrt.
    Das Sammelauskunftsersuchen sei rechtswidrig, weil die Klägerin nicht zur Erteilung der Auskunft in der Lage sei. Sie sei nicht in die Abwicklung der Geschäfte der Drittanbieter, der Einziehung der Gebühren und die Verwaltung der Nutzung der xy.de M-Plattform involviert. Diese erfolge ausschließlich durch die Luxemburger S. S.a.r.l., die als alleinige Betreiberin der xy.de M-Plattform über die Verkäuferdaten verfüge (vgl. insofern auf www.xy.de „Impressum“ „website“). Diese sei eine rechtlich selbständige Schwestergesellschaft der Klägerin; beide Gesellschaften hätten mit der M. S.a.r.l. die gleiche Muttergesellschaft. Die Klägerin selbst sei lediglich eine Servicegesellschaft, die für die M. S.a.r.l. und die S. S.a.r.l. Dienstleistungen (u. a. Rechtsberatung) erbringe.
    Die für den Beklagten bedeutsamen Daten lägen auf Servern im Ausland (nämlich in …), die nicht der Klägerin gehörten und nicht von ihr gepflegt und verwaltet würden. Wie im Zusammenhang mit der erforderlichen Verfügung bei Betriebsstätten geklärt sei, begründeten Kontrollmöglichkeiten oder gelegentliche Zutrittsrechte allein noch keine zurechenbare Verfügungsmacht. So begründeten einzelne genau definierte Datenverarbeitungsmöglichkeiten bzw. Zugriffsrechte auf Daten, die verschiedenen Mitarbeitern der Klägerin zweckbezogen für ihre jeweiligen operativen Tätigkeiten erlaubt seien, keine Verfügungsmacht der Klägerin. Der Zugriff auf den Datenbestand im Zusammenhang mit der xy.de M-Plattform sei passwordgesteuert bzw. codiert, so dass der Zugang durch einen externen Administrator der Datenbank zugelassen (freigeschaltet) werden müsse. Eine freie Verfügbarkeit der Klägerin bestehe somit nicht.
    Die Klägerin habe gegen die S. S.a.r.l. auch keinen gesetzlichen oder vertraglichen Rechtsanspruch auf Herausgabe oder Auskunft. Aus den dem Gericht vorgelegten Verträgen ergebe sich, dass die Klägerin weder Daten der externen Verkäufer erhebe, sammle oder speichere, noch in ihrem Datenbestand verwalte.
    Kunden würden in der Datenschutzerklärung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die hierfür „Verantwortliche Stelle“ M. S.a.r.l. bzw. S. S.a.r.l. seien, während die Klägerin ausschließlich als „Datenverarbeiterin“ vorgestellt werde. We¬gen der Einzelheiten werde auf die als Anlage 3 übersandte Vereinbarung („Data ... Agreement“) verwiesen.
    Dieser Vertrag, der luxemburgischen Recht unterliege, begründe eine Auftragsdatenverarbeitung, wie sie das deutsche Recht in § 11 BDSG vorsehe. Die Klägerin als Auftragnehmerin unterliege bei der Verarbeitung der Daten der Auftraggeberin vollumfänglich dem Weisungsrecht der Auftraggeberin. Gem. Ziffer 5.6 des Vertrages sei es der Klägerin ausdrücklich untersagt, personenbezogenen Daten der Auftraggeberin weiterzugeben.
    Zwar treffe es zu, dass die S. S.a.r.l. in der Vergangenheit einzelne Daten - gewissermaßen aus Kulanz - an die Klägerin zur Beantwortung von Einzel-Aus¬kunftsersuchen deutscher Finanzämter übermittelt habe. Hierbei habe es sich aber jeweils um Einzelermittlungen der Finanzbehörden gegen bereits namentlich bekannte oder zumindest durch Pseudonym benannte Nutzer gehandelt.
    Das streitbefangene Sammelauskunftsersuchen sprenge den engen Rahmen der bisherigen Ersuchen jedoch bei Weitem. Vorliegend entsprächen die Anforderungen an Auskunftsersuchen daher nicht mehr den internen Richtlinien der S. S.a.r.l. zur Herausgabe von Daten an deutsche Finanzämter. Aus diesem Grunde gebe die S. S.a.r.l. hierzu keine Daten an die Klägerin weiter.
    Die Klägerin habe als Schwestergesellschaft auch keine gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die S. S.a.r.l., so dass es ihr rechtlich objektiv unmöglich sei, die verlangten Daten an den Beklagten zu übermitteln.
    Wegen der dargelegten objektiven rechtlichen Unmöglichkeit der Klägerin zur Erteilung der Auskunft sei das Sammelauskunftsersuchen rechtswidrig.

    Die Klägerin beantragt,
    das Auskunftsersuchen von 10.05.2010 in der Fassung der Einspruchsbescheides vom 08.10.2010 aufzuheben.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Der Beklagte hält das Auskunftsersuchen für rechtmäßig.
    Nach Auffassung des Beklagten sei die Klägerin sehr wohl in der Lage zur Erteilung der ersuchten Auskünfte. Dem Beklagten lägen für einen exemplarischen Zeitraum von 13 Monaten der Jahre 2007 und 2008 sieben Fälle vor, in denen die Klägerin Auskunftsersuchen der Finanzämter beantwortet habe. Die entsprechenden Auskunftsersuchen der Finanzämter seien mehrheitlich an „www.xy.de“ gerichtet gewesen. Die Antworten der Klägerin ließen keinen Rückschluss darauf zu, dass die gelieferten Daten erst, wie von der Klägerin behauptet, von der S. S.a.r.l. aus Luxemburg angefordert werden mussten. So habe die Klägerin in zwei Antworten an niedersächsische Finanzämter Formulierungen verwendet, die einen eigenen Zugriff der Klägerin auf die angeforderten Daten belegten („Es ist also keinerlei Verkaufstätigkeit auf unserer Plattform erfolgt.“ „Aufgrund technischer Schwierigkeiten war es uns nicht früher möglich, die gewünschten Daten zusammen zu stellen“.). Daraus schließe der Beklagte, dass die Klägerin in der Lage sei, das Auskunftsersuchen zu beantworten.
    Im Übrigen richtete sich die Auskunftsverpflichtung nach den Vorschriften der AO und nicht nach den Geschäftsinteressen oder internen Richtlinien eines Steuerpflichtigen.
    Aus den erteilten Auskünften der Klägerin auf Auskunftsersuchen deutscher Finanzbehörden ergebe sich, dass die Klägerin sehr wohl auf die entsprechenden Daten zugreifen könne. Wie sich dieser Zugriff tatsächlich darstelle, sei nicht relevant, da es sich schlussendlich um ein internes Organisationsproblem der Klägerin und gegebenenfalls der mit ihr verbundenen Unternehmen handele. Es zeige sich auch daran, dass auf der Internetseite "www.xy.de/Locations-Deutschland-..." folgende Angaben fänden:
    „…“.
    Auf der Internetseite "www.xy.de/Inside..." heiße es dazu ergänzend:
    „…“ .
    Laut Auskunft der Denic.de sei die Klägerin Inhaberin und damit materiell Berechtigte der Internetseite (Domain) www.xy.de. Sie verwalte diese Internetseite sowohl in administrativer als auch in technischer Hinsicht.
    Über die Internetseite www.xy.de die sog. "xy.de-Datenschutzerklärung" einzusehen. Diese beziehe sich auf das Verhältnis XY zu den Nutzern. Dort heiße es wörtlich:
    „Verantwortliche Stelle im Sinne der Datenschutzgesetze sind … in zweiter Linie und als Datenschutzverarbeiter die [Klägerin].“
    Im Übrigen habe die Klägerin bisher keinen Nachweis dafür erbracht, dass die Daten tatsächlich – wie von der Klägerin behauptet – auf Servern im Ausland lägen.
    Auch gehe der Beklagte nach den vorliegenden Verträgen davon aus, dass die Klägerin eine rechtliche und tatsächliche Mitverfügungsmacht besitze. Auffällig sei in diesem Zusammenhang, dass der Datenverarbeitungsvertrag zwischen der Klägerin und der S. einen Stempelabdruck vom 02.12.2010 trage, obwohl der Vertrag schon am 01.05.2006 in Kraft getreten sei. Nach Auffassung des Beklagten sei die Herausgabe der erbetenen Auskünfte an die Finanzbehörden durch den Datenverarbeitungsvertrag gedeckt. So würden unter Ziffer 1.1 des Vertrages auf Seite 3 „Dienstleistungen“ u.a. als solche Services bezeichnet, die die Klägerin gegenüber der S. S.a.r.l. erbringe, um „Betrugsfälle und andere Missbrauchfälle auf der Webseite www.xy.de zu verhindern oder aufzudecken“. Dies sei der Beweggrund des Ersuchens; eine Offenbarung der erbetenen Angaben stehe damit in Einklang mit der vertraglichen Vereinbarung.
    Ferner weise die Klägerin in der Datenschutzerklärung vom 20.09.2010 darauf hin, dass Kundenkonten und persönliche Daten über Konten bei gesetzlicher Verpflichtung weitergegeben würden.
    Schließlich ergebe sich die Zugriffsmöglichkeit der Klägerin auf die personenbezogenen Daten aus Ziff. 5.1 des Datenverarbeitungsvertrages: Dort werde bestimmt, dass die Kläger der S. S.a.r.l. auf Antrage diese Daten zugänglich mache. Daraus ergebe sich, dass die Klägerin, nicht aber die Schwestergesellschaft Zugriff auf diese Daten habe.

    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist begründet.
    Das Auskunftsersuchen vom 10.05.2010 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 08.10.2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
    Zu Unrecht hat der Beklagte die Klägerin durch das angefochtene Sammelauskunftsersuchen um Auskunft über sämtliche Verkäufe niedersächsischer Unternehmer (mit einem Jahresumsatzsatz von mindestens 17.500 €) als Drittanbieter über die www.xy.de Website ersucht.
    Zwar haben nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO auch andere Personen als die Beteiligten eines Steuerverwaltungsverfahrens Finanzbehörden die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Solche (Einzel- oder Sammel-)Auskunftsersuchen dürfen auch die Steuerfahndungsstellen zur Ermittlung von Sachverhalten im Rahmen ihres Aufgabenbereichs, zu dem nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle gehört, um die es hier geht, ausbringen (§ 208 Abs. 1 Satz 2 AO).
    Allerdings unterliegt dieses Auskunftsrecht allgemeinen rechtsstaatlichen Grenzen. So müssen die verlangte Auskunft zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig, die Pflichterfüllung für den Betroffenen möglich und seine Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar sein (BFH-Urteile vom 29.10.1986 VII R 82/85, BFHE 148, 108, BStBl II 1988, 359; vom 22.02.2000 VII R 73/98, BFHE 191, 211, BStBl II 2000, 366; vom 05.10.2006 VII R 63/05, BFHE 215, 40, BStBl II 2007, 155; vom BFH-Beschluss vom 21.10.2003 VII B 85/03, BFHE 203, 257, BStBl II 2004, 36, m.w.N).
    Gem. § 93 Abs. 3 Satz 2 AO haben Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, zur Erteilung der Auskunft Bücher, Aufzeichnungen und Geschäftspapiere und andere Urkunden heranzuziehen, die ihnen zur Verfügung stehen. Nach der Rechtsprechung des BFH stehen dabei nur solche Unterlagen Verfügung, die sich in der Verfügungsmacht des Auskunftsverpflichteten befinden oder hinsichtlich derer er einen Auskunftsanspruch hat (BFH-Urteil vom 23.08.1994 VII R 134/92, BFH/NV 1995, 570; BFH-Beschluss vom 13.08.2002 VII B 267/07, BFH/NV 2003, 63).
    Danach ist eine Auskunft über den Inhalt elektronisch gespeicherter personenbezogener Daten möglich, wenn der um Auskunft Ersuchte tatsächlich über die Speichermedien, auf denen die personenbezogenen Daten gespeichert sind, verfügen kann oder wenn er gegen den Verfügungsberechtigten einen rechtlichen Anspruch auf Herausgabe der Daten oder jedenfalls eine entsprechende Auskunft hat.
    Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist das angefochtene Auskunftsersuchen rechtswidrig, weil der Klägerin die Erteilung der ersuchten Auskünfte nicht möglich ist.
    Um die ersuchten Auskünfte über Verkäufe niedersächsischer Unternehmen als Drittanbieter über die Website www.xy.de in den Jahren 2007 bis 2009 erteilen zu können, müsste die Klägerin entweder tatsächlich auf die elektronisch gespeicherten Daten über diese Verkaufsaktivitäten verfügen können oder einen Rechtsanspruch auf Herausgabe oder Auskunft gegen den Berechtigten haben. Denn dass irgendein Mitarbeiter der Klägerin die ersuchten Auskünfte ganz oder auch nur teilweise nach seiner Erinnerung erteilen könnte, erscheint ausgeschlossen.
    In tatsächlicher Hinsicht ist der Klägerin die Auskunft unmöglich. Sie verfügt über keinen eigenen Zugriff auf die im Ausland … befindlichen Server, auf denen die zur Auskunftserteilung benötigten Daten gespeichert sind. So besitzt sie weder Administratorenrechte noch Einzelberechtigungen zum Zugriff auf diese elektronisch gespeicherten Daten. Dies hat sie dem Senat schlüssig dargelegt; Anhaltspunkte dafür, dass sie entgegen ihrer Sachdarstellung tatsächlich über eigene Zugriffsrechte verfügt, hat der Senat nicht. Dies ist auch von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten und zum Gegenstand eines Beweisantrages gemacht worden. Hierfür spricht auch, dass in den Jahren 2007 bis 2009 die S. S.a.r.l. - und nicht die Klägerin - das Drittanbietergeschäft über die xy.de-Plattformen betrieben und die Klägerin ihrer Schwestergesellschaft gegenüber nur Dienstleistungen erbracht hat.
    Einen rechtlichen Anspruch gegen die Schwestergesellschaft als Betreiberin des Drittanbietergeschäfts über die website www.xy.de oder eine andere zum XY-Konzern gehörende ausländische Kapitalgesellschaft auf Herausgabe der Daten, Erteilung einer Auskunft oder auf Verschaffung einer Berechtigung zum Zugriff auf die elektronischen Speichermedien hat die Klägerin nicht. Jedenfalls kann der Senat einen solchen Anspruch nicht feststellen.
    Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus dem Datenverarbeitungsvertrag (“Data ... Agreement”) zwischen der Klägerin und der S. S.a.r.l.. Soweit die Klägerin sich darin gegenüber ihrer Schwestergesellschaft verpflichtet hat, als Auftragnehmerin Datenverarbeitungsdienstleistungen zu erbringen, unterliegt sie in Bezug auf den Umgang dieser Daten ausweislich von Ziff. 5.1 der Vereinbarung den Weisungen ihrer Auftraggeberin. Die Weitergabe an Dritte bedürfte gem. Ziff. 5.6 der Zustimmung der Auftraggeberin oder der hier nicht vorliegenden Genehmigung des Betroffenen.
    Ein solcher Anspruch ergibt sich aber auch nicht aus dem Umstand, dass es sich bei der Betreiberin des Drittanbietergeschäfts um eine ausländische Schwestergesellschaft der Klägerin handelt.
    Dass der Klägerin solche gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten konkret eingeräumt sind, kann der Senat nicht feststellen und wird von der Klägerin auch bestritten.
    Allein der Umstand, dass die Klägerin und die S. S.a.r.l. als Schwestergesellschaften Teil eines Konzerns sind, begründet nach Auffassung des erkennenden Senates keine solchen Einflussmöglichkeiten. So hat der BFH mit Beschluss vom 10.5.2001 I S 3/01 (BFH/NV 2001, 957) in einem Verfahren über die Angemessenheit von Verrechnungspreisen entschieden, dass eine Tochtergesellschaft gesellschaftsrechtlich keine Möglichkeit habe, Kalkulationsunterlagen ihrer Muttergesellschaft zu beschaffen. Zwar könne die Tochtergesellschaft tatsächlich die Möglichkeit haben, hierauf zuzugreifen, dies setzte jedoch die Feststellung solcher Umstände im konkreten Einzelfall voraus. Gleiches gilt nach Auffassung des erkennenden Senates auch für den Fall der Herausgabe der streitbefangenen Verkäuferdaten.
    Die Möglichkeit der Auskunftserteilung kann - entgegen der Annahme des Beklagten - nicht daraus geschlossen werden, dass die Klägerin in sieben Fällen Einzelauskunftsersuchen bundesdeutscher Finanzbehörden beantwortet hat. Denn aus der freiwilligen Beantwortung solcher Auskunftsersuchen ergibt sich weder, dass die Klägerin in tatsächlicher Hinsicht über die zur Beantwortung notwendigen Daten verfügt, noch, dass sie einen Rechtsanspruch auf Herausgabe gegen ihre Schwestergesellschaft hat.
    Da der Klägerin die ersuchten Auskünfte nicht möglich sind, war der Klage stattzugeben.
    Die Frage, ob die tatbestandlichen Vorausaussetzungen des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO im Übrigen gegeben sind, insbesondere ein hinreichender Anlass für das Ausbringen des Sammelauskunftsersuchens im Sinne der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 16.01.2009 VII R 25/08, BFHE 224, 201, BStBl II 2009, 582) besteht, war daher nicht entscheidungserheblich. Der Beklagte wird sich gegebenenfalls unter Inanspruchnahme von Amtshilfe Luxemburgs mit einem Auskunftsersuchen an die luxemburgische Schwestergesellschaft - die Betreiberin des Drittanbietergeschäfts über die website www.xy.de - zu wenden haben.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
    Die Revision wird gem. § 115 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.