03.08.2012
Finanzgericht des Saarlandes: Beschluss vom 09.02.2012 – 2 K 1592/10
Wird für einen Zeitraum nach der mit Wirkung ab dem 1.9.2009 erfolgten Streichung von § 42 Abs. 1 S. 1 GKG (durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit – FGG-Reformgesetz – v. 17.12.2008, BGBl I 2008, 2586) um eine Kindergeldfestsetzung von unbestimmter Dauer gestritten und deckt die abschließende Verwaltungsentscheidung den Zeitraum, für den Kindergeld beantragt wird, nicht ab, so bestimmt sich der Streitwert nach der Summe der streitigen Kindergeldbeträge, die auf den Antragszeitraums bis zum Monat der letzten Verwaltungsentscheidung entfallen, zuzüglich eines Jahresbetrags des Kindergelds.
BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
hat der 2. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes durch den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Prof. Dr. Peter Bilsdorfer als Vorsitzenden, den Richter am Finanzgericht Dr. Roberto Bartone sowie die Richterin am Finanzgericht Dr. Anke Morsch am 9. Februar 2012
beschlossen:
Der Streitwert wird auf 5.576 Euro festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht unanfechtbar.
Gründe
I.
Mit Bescheid vom 28. Juli 2010 hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für die Tochter des Klägers ab Januar 2009 auf. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2010 wurde der Einspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 29. Oktober 2010 Klage erhoben. Ziel der Klage war die Bewilligung von Kindergeld ab Januar 2009.
Nachdem die Beklagte am 26. Mai 2011 einen ändernden Bescheid über das Kindergeld für 2009 erlassen hatte (Bl. 54), erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Die Kosten des Rechtsstreits wurden mit Beschluss vom 11. Juli 2011 der Beklagten auferlegt.
Der Kläger hat am 2. Januar 2012 die Festsetzung des Streitwertes beantragt (Bl. 71). Die Beklagte hält einen Streitwert von 1.968 Euro für zutreffend (Bl. 66).
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
II.
Gemäß § 63 Abs. 2 Sätze 1 und 2 des GKG setzt in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss u.a. dann fest, wenn – wie vorliegend – dies beantragt wird.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert im Verfahren vor den Finanzgerichten nach der sich aus dem Antrag für den Antragsteller ergebenen Bedeutung der Sache nach Ermessen zu ermitteln. Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist nach § 52 Abs. 3 GKG deren Höhe maßgebend. Im Regelfall bemisst sich demzufolge der Streitwert nach der Differenz zwischen ursprünglich festgesetzter und angestrebter Steuer (BFH vom 11. November 1992 IV S 15/92, BFH/NV 1993, 189).
Wird um eine Kindergeldfestsetzung von unbestimmter Dauer gestritten, bestimmte sich der Streitwert gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 GKG und in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 GKG a.F. nach dem Jahresbetrag des Kindergeldes zuzüglich der bis zur Klageerhebung zu zahlenden Kindergeldbeträge (BFH vom 20. Oktober 2005 III S 20/05, BFH/NV 2006, 200; s.a. Jost, Gebühren- und Kostenrecht im FG- und BFH-Verfahren, 3. Aufl., Berlin, 2011, S. 77). Unter Zugrundelegung dessen wäre der Streitwert auf 5.576 Euro festzusetzen gewesen. Es ist dies der Jahresbetrag des Kindergeldes (1.968 Euro) zzgl. einer Erhöhung von 22 Monaten für die Zeit bis Klageeingang (22 × 164 Euro = 3.608 Euro).
Als Begründung für den Ansatz des Jahresbetrages hat der BFH damals auf den Rechtsgedanken der Regelung im GKG für Unterhaltsleistungen als wiederkehrende Leistungen (damals § 17 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.; im ab 1. Juli 2004 anzuwendenden GKG in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG) zurückgegriffen. Die Vorschrift des § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG ist jedoch durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) vom 17. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2586) mit Wirkung ab dem 1. September 2009 aus dem GKG gestrichen und inhaltlich im Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen neu geregelt worden (s.a. BFH vom 28. Oktober 2010 III S 25/11, juris).
Der Senat sieht sich mithin gehalten, den Streitwert in Kindergeldsachen in anderer Weise zu bestimmen. Er lässt sich dabei von dem Gedanken leiten, dass es in zahlreichen Fällen der Festsetzung des Kindergeldes nicht von vornherein feststeht, auf welche Dauer diese gerichtet ist. Es steht vielfach eine Überprüfung der Verwaltungsentscheidung an, die aber durchaus auch in die Zukunft gerichtet sein kann. Wenn – wie im Streitfall – die abschließende Verwaltungsentscheidung den Antragszeitraum nicht abdeckt, hält es der Senat für gerechtfertigt, als Grundlage der Berechnung den – dann bestimmten, festen – Zeitraum von Beginn des Begünstigungszeitraums (hier: Januar 2009) bis zur letzten Verwaltungsentscheidung (hier: Oktober 2010) heranzuziehen. Dies allein würde dem Interesse der Antragstellerin indessen nicht genügen, da sie auch für die Zukunft (über die letzte Verwaltungsentscheidung hinaus) Kindergeld beansprucht. Dieses rechtliche Interesse ist – wie schon bisher – durch die Einbeziehung des Jahreswertes an Kindergeld abzudecken.
Hieraus errechnet sich im Streitfall insgesamt der festgesetzte Streitwert von 5.576 Euro (= 12 × 164 Euro = 1.968 Euro zzgl. 22 × 164 Euro = 3.608 Euro).
Die Entscheidung ergeht gemäß § 128 Abs. 4 FGO unanfechtbar.