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  • · Fachbeitrag · Arbeitgeberleistungen

    Übernahme der Kosten für ein Fahrsicherheitstraining durch Arbeitgeber und die Folgen

    von StB Dipl. Finw (FH) Michael Heuser, Alfter/Bonn

    | Viele Unternehmen bieten ihren Arbeitnehmern ein Fahrsicherheitstraining an. Das wirft lohnsteuerliche Fragen auf: Wann ist der Wert des Trainings als Arbeitslohn steuerpflichtig und wann überwiegt das betriebliche Interesse den Vorteil aus der kostenlosen Teilnahme? Wie verhält es sich mit den Reisekosten und den Mahlzeiten? LGP beantwortet die Fragen und erläutert Möglichkeiten, die Abgabenlast zu reduzieren. |

    Steuerpflichtige Maßnahme oder eigenbetriebliches Interesse?

    Schon vor vielen Jahren hat sich die Finanzverwaltung mit Fahrertrainings auseinandergesetzt (OFD Koblenz, Kurzinformation vom 22.10.2003, Az. S 2334 A, Abruf-Nr. 040740). Sie stellt auf das überwiegend betriebliche Interesse je nach Teilnehmerkreis und auf die Ausgestaltung des Trainings ab.

     

    Teilnehmerkreis und überwiegend eigenbetriebliches Interesse

    Kein überwiegend betriebliches Interesse sieht die Finanzverwaltung

    • bei Arbeitnehmern ohne nennenswerte dienstliche Fahren bzw.
    • die allein den Weg zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte mit dem Pkw zurücklegen. Die kostenlose Teilnahme an dem Fahrsicherheitstraining führt beim Arbeitnehmer aufgrund des Gewinns an fahrerischer Sicherheit sowie auch des Erlebniswerts zu Arbeitslohn (§§ 8, 19 EStG, § 2 Abs. 1 LStDV).

     

    Kosten für ein Pkw-Sicherheitstraining seines Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber allerdings lohnsteuerfrei übernehmen, wenn ein überwiegendes betriebliches Interesse vorliegt. Das sieht die Finanzverwaltung

    • bei Berufskraftfahrern als gegeben sowie
    • bei Arbeitnehmern mit vielen dienstlichen Autofahrten, z. B.
      • Außendienstmitarbeiter (Service, Montage, Vertrieb) oder
      • Arbeitnehmer, die häufig zwischen verschiedenen Betriebsteilen bzw. Tätigkeitsstätten hin- und herfahren müssen.

     

    Training mit oder ohne Erlebniswert

    Auch die konkrete Ausgestaltung der Trainings muss im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse liegen. Der Zugewinn an fahrerischer Sicherheit muss im Vordergrund stehen; andere Erlebniskomponenten sprechen gegen die Annahme eines überwiegenden eigenbetrieblichen Interesses. Generell führt das Fahrertraining zu Arbeitslohn, wenn es abweichend vom beruflichen Alltag mit einem Luxusfahrzeug (z. B. Ferrari) durchgeführt wird. In dem Fall steht der erhebliche Erlebniswert im Vordergrund.

     

    Gemischter Teilnehmerkreis

    Nehmen an einem Fahrsicherheitstraining sowohl Arbeitnehmer mit vielen dienstlichen Autofahrten als auch solche ohne nennenswerte dienstliche Fahrten teil, ist das Fahrsicherheitstraining als gemischt veranlasste Veranstaltung aufzuteilen, wenn ein objektiver Maßstab vorhanden ist (BFH, Urteil vom 21.09.2009, Az. GrS 1/06, Abruf-Nr. 100184). Das Aufteilungsgebot gilt sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite.

     

    Bei einem Fahrertraining, bei dem sowohl Fahrer in lohnsteuerfreiem überwiegend betrieblichem Interesse teilnehmen als auch Fahrer, bei denen das Training zu lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn führt, bietet es sich an, diese nach dem Verhältnis der jeweiligen Teilnehmerzahl aufzuteilen. So geht die Rechtsprechung auch bei Incentive-Reisen mit Betreuern vor (BFH, Urteil vom 02.08.2012, Az. IV R 25/09, Abruf-Nr. 122835).

     

    Wichtig | Arbeitgeber können einen Zuschuss von der gesetzlichen Unfallversicherung, d. h. den Berufsgenossenschaften beantragen. Ein Fahrsicherheitstraining wird als Präventionsleistung nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 SGB I angesehen. Insoweit belegt ein Zuschuss die berufliche Veranlassung des Trainings. Entsprechende Zuschüsse mindern die Aufwendungen des Arbeitgebers und führen bei ihm nicht zu einer steuerpflichtigen Einnahme (§ 3 Nr. 1a EStG).

     

    • Beispiel 1: Veranstaltung mit gemischten Teilnehmern und BG-Zuschuss

    Unternehmen A lädt 15 Kundendienstmonteure und 5 Innendienstmitarbeiter (ohne nennenswerte Dienstreisen) zum Fahrsicherheitstraining ein. Die Maßnahme kostet insgesamt 1.800 Euro (brutto), d. h. 90 Euro pro Teilnehmer. Die Berufsgenossenschaft (BG) zahlt je Teilnehmer einen Zuschuss von 50 Euro (insgesamt 1.000 Euro). In den Eingangsrechnungen sind 287,40 Euro Vorsteuer ausgewiesen.

     

    • Kundendienstmonteure: Bei den Kundendienstmonteuren ist die Maßnahme überwiegend eigenbetrieblich veranlasst. 1.350 Euro (90 Euro x 15 Teilnehmer) bleiben damit lohnsteuer- und abgabenfrei. Der Arbeitgeber hat einen anteiligen Vorsteuerabzug in Höhe von 215,55 Euro (287,40 Euro x 15/20).

     

    • Innendienstmitarbeiter: Für die Innendienstler liegt eine steuerpflichtige Veranstaltung vor. Die anteiligen Kosten in Höhe von 450 Euro (90 Euro x 5 Teilnehmer) führen zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Der Zuschuss der BG mindert den Vorteil u. E. nicht, da die Steuerbefreiung für den Arbeitgeber (§ 3 Nr. 1a EStG) nicht auf die Arbeitnehmer durchgreifen dürfte (analog BMF, Schreiben vom 19.05.2015, Az. IV C 6 ‒ S 2297-b/14/10001, Rz. 9c S. 4, Abruf-Nr. 144552). Die 450 Euro kann der Arbeitgeber pauschal mit 30 Prozent nach § 37b Abs. 2 EStG versteuern (zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer). Anteilig in Höhe von 71,85 Euro (287,40 Euro x 5/20) entfällt der Vorsteuerabzug.
     

    Was gilt für die An- und Rückfahrt zur Veranstaltung?

    Für die An- und Rückfahrt kommt es darauf an:

     

    • Findet das Fahrertraining im überwiegenden Arbeitgeberinteresse statt (s. o.), befinden sich die Fahrer auf einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit (BMF, Schreiben vom 24.10.2014, Az. IV C 5 ‒ S 2353/14/10002, Abruf-Nr. 143138). Individuelle Fahrtkosten zum und vom Training kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmern mit 0,30 Euro je gefahrenem Kilometer steuerfrei erstatten (§ 3 Nr. 16 EStG). Erstattet er die Kosten nicht, hat der Arbeitnehmer insoweit Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 2 EStG).

     

    • Im Falle einer steuerpflichtigen Incentive-Maßnahme ist zu klären, ob diese noch als dienstliche Auswärtstätigkeit gesehen werden kann. Hierfür ist zumindest ein betrieblicher Kontext erforderlich. Lässt sich dieser begründen, dürften vom Arbeitnehmer getragene An- bzw. Abreisekosten ebenfalls nach Reisekostengrundsätzen steuerfrei erstattbar sein.
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    • PRAXISHINWEIS | Die Pressestelle des BMF hat die Anfrage von LGP nicht beantwortet, sondern auf die Möglichkeit einer konkreten Anrufsauskunft beim Lohnsteuerfinanzamt hingewiesen. Als Argumente für eine dienstliche Auswärtstätigkeit können Arbeitgeber vorbringen, dass sie die Mitarbeiter zur Teilnahme verpflichten und das Training während der Arbeitszeit stattfindet. Auch ein Zuschuss eines Unfallversicherungsträgers spricht dafür.

       
    • Handelt es sich um eine reine Incentive-Maßnahme ohne betrieblichen Hintergrund und mit freiwilliger Teilnahme, sind individuelle Reisekosten privat veranlasst. Eine vom Arbeitgeber organisierte gemeinsame An- bzw. Rückfahrt wäre als Bestandteil der Incentive-Veranstaltung steuerpflichtig. Die Vorteile aus dem Training samt übernommener Reisekosten kann der Arbeitgeber ‒ sofern er sich für die Anwendung des § 37b Abs. 2 EStG entschlossen hat ‒ mit 30 Prozent pauschalversteuern (analog BMF, Schreiben vom 14.10.2015, Az. IV C 5 - S 2332/15/10001, Tz. 6, Abruf-Nr. 145573).

    Und wenn der Arbeitgeber auch Mahlzeiten übernimmt?

    Auch die Gewährung von kostenlosen Mahlzeiten während des Fahrertrainings führt abhängig von der steuerlichen Beurteilung des Trainings zu unterschiedlichen Konsequenzen.

     

    • Bei einem ganz überwiegend dienstlich begründeten Training ist auf die Abwesenheitsdauer der Teilnehmer abzustellen.
      • Im Falle einer Abwesenheit von bis zu acht Stunden wäre eine Mahlzeit im Wert bis maximal 60 Euro (Mittag- / Abendessen) mit dem Sachbezugswert (2017: 3,17 Euro) anzusetzen. Der Arbeitgeber könnte diesen Vorteil mit 25 Prozent pauschal versteuern (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 EStG).
      • Bei längerer Abwesenheit wäre eine ‒ steuerfreie ‒ Verpflegungspauschale von 12 Euro um 9,60 Euro für die Mahlzeit auf 2,40 Euro zu kürzen (BMF, Schreiben vom 24.10.2014, Rz. 73, 84, 85). Zahlt der Arbeitgeber keine Verpflegungspauschalen, kann der Arbeitnehmer 2,40 Euro Werbungskosten geltend machen.

     

    • Bei einer als Arbeitslohn zu wertenden Trainingsveranstaltung sind kostenlose Mahlzeiten ein Bestandteil der Veranstaltung. Sie sind mit dem tatsächlichen Wert steuerpflichtig. Auch hier hat der Arbeitgeber die Möglichkeit der Pauschalversteuerung mit 30 Prozent (§ 37b Abs. 2 EStG).

    Sachgeschenke / Preise

    Erhält ein Teilnehmer für seinen Trainingserfolg einen Sachpreis, führt dies zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Ist der Wert des Sachgeschenks allein oder mit evtl. weiteren Sachzuwendungen höher als die monatliche Freigrenze von 44 Euro (§ 8 Abs. 2 S. 11 EStG), kann der Arbeitgeber die Zuwendung insgesamt mit 30 Prozent pauschal versteuern (§ 37b Abs. 2 EStG).

    Fahrsicherheitstraining als Betriebsveranstaltung

    Ist das Training nicht insgesamt überwiegend betrieblich begründet, führt die kostenlose Teilnahme wie dargestellt zu Arbeitslohn. Dieses und eine Versteuerung mit 30 Prozent nach § 37b Abs. 2 EStG kann der Arbeitgeber vermeiden, wenn er das Training als steuerliche Betriebsveranstaltung organisiert. Hierzu muss das Training allen Mitarbeitern des Betriebs bzw. zumindest eines Betriebsteils (bestimmte Abteilung) offenstehen.

     

    Für bis zu jährlich zwei Betriebsveranstaltungen gilt ein Steuerfreibetrag von 110 Euro je Teilnehmer (§ 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Übersteigende Kosten kann der Arbeitgeber mit 25 Prozent pauschal versteuern (§ 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Sachzuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen sind zudem sozialabgabenfrei (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SvEV).

     

    • Beispiel 2: Fahrertraining als Betriebsveranstaltung

    Unternehmen A lädt alle Mitarbeiter der Einkaufsabteilung zum Fahrsicherheitstraining ein. Von den 23 eingeladenen Arbeitnehmern nehmen 20 tatsächlich teil; niemand hiervon übt eine fahrzeugbezogene Tätigkeit aus. A organisiert zudem die gemeinsame An- und Rückfahrt. Folgende Kosten (brutto) fallen an:

     

    An-/Rückfahrt

    300 Euro

    Gebühren Fahrtraining

    1.500 Euro

    Mittagessen

    400 Euro

    Sachpreise

    200 Euro

    Gesamt

    2.400 Euro

     

    In den Eingangsrechnungen sind 383 Euro Vorsteuer ausgewiesen. Die Vorsteuer ist allerdings nicht abziehbar (Abschnitt 15.15 Abs. 2 Beispiel 3 UStAE).

     

    Die steuerliche Abgabenlast berechnet sich wie folgt (keine Sozialabgaben):

    Gesamtkosten brutto

    2.400 Euro

    Freibetrag (110 Euro x 20 teilnehmende Arbeitnehmer)

    2.200 Euro

    Übersteigender steuerpflichtiger geldwerter Vorteil

    200 Euro

    25 % pauschale Lohnsteuer

    50 Euro

    5,5 % Solidaritätszuschlag

    2,75 Euro

    7 % pauschale Kirchensteuer

    3,50 Euro

    Summe steuerliche Abgaben für A

    56,25 Euro

     

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2017 | Seite 184 | ID 44847801