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  • · Fachbeitrag · Belegschaftsrabatte

    Das Rabattfreibetrag-Urteil zu Jahreswagen wirkt auf die Bewertung von geldwerten Vorteilen

    | Der BFH hat in zwei Urteilen zur Besteuerung von Rabatten im Zusammenhang mit Jahreswagen entschieden. Was auf den ersten Blick als Urteil zu einem Spezialthema aussieht, hat große Bedeutung für die generelle Bewertung von geldwerten Vorteilen. |

    Streit um Endpreis ist Dreh- und Angelpunkt

    Entscheiden musste der BFH den Fall eines Mitarbeiters eines Autoherstellers. Der Mitarbeiter hatte jährlich vom Arbeitgeber einen Pkw gekauft. Er erhielt beim Kauf einen Rabatt von 21,5 Prozent auf den Listenpreis. Aufgrund von Aufzeichnungen des Arbeitgebers konnte nachgewiesen werden, dass beim Verkauf an Endkunden Rabatte zwischen 4,57 Prozent und 9,05 Prozent gewährt wurden. Der Arbeitnehmer versuchte mit Zeitungsausschnitten nachzuweisen, dass beim Verkauf von Neuwagen an Endkunden sogar Rabatte zwischen 17,5 und 20 Prozent üblich seien. Er argumentierte, er habe nur einen geringfügig höheren Rabatt als der normale Endkunde erhalten - und nur dieser geringe Differenzbetrag sei zu versteuern.

     

    Letztlich wurde um den Endpreis gestritten. Er stellt den Ausgangswert für die Berechnung des steuerpflichtigen Rabattvorteils dar. Dreh- und Angelpunkt waren die Vorschriften des § 8 EStG.

     

    • Bei Waren und Dienstleistungen des Arbeitgebers gelten für die Berechnung des geldwerten Rabattvorteils die Endpreise, zu denen der Arbeitgeber die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet (§ 8 Abs. 3 EStG). § 8 Abs. 3 EStG als Spezialnorm sieht einen Vier-Prozent-Abschlag und Rabattfreibetrag vor.

     

    • Handelt es sich nicht um Waren oder Dienstleistungen des Arbeitgebers, gilt die Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Grundlage ist der „um übliche Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis am Abgabeort“. § 8 Abs. 2 EStG sieht weder den Vier-Prozent-Abschlag noch den Rabattfreibetrag vor.

    Bewertung von geldwerten Vorteilen durch den BFH

    Der BFH berücksichtigte beim Endpreis die vom Arbeitgeber bestätigten Rabatte zwischen 4,57 Prozent und 9,05 Prozent. Die Zeitungsausschnitte, mit denen der Mitarbeiter höhere Preisnachlässe nachweisen wollte, wurden nicht akzeptiert (BFH, Urteil vom 26.7.2012, Az. VI R 27/11; Abruf-Nr. 123362).

     

    In einem zweiten Fall wurden die von den Händlern gewährten Rabatte beim Endpreis in voller Höhe abgesetzt. Denn diese Preisnachlässe ergäben sich aus der aktuellen Marktsituation und nicht aus dem Arbeitsverhältnis (BFH, Urteil vom 26.7.2012, Az. VI R 30/09; Abruf-Nr. 123363).

     

    Marktübliche Preisnachlässe sind kein Arbeitslohn

    Der BFH hat klargestellt, dass die marktüblichen Preisnachlässe und Rabatte, die der Arbeitgeber nicht nur seinen Arbeitnehmern, sondern auch fremden Dritten üblicherweise einräumt, weder bei der Bewertung nach § 8 Abs. 3 noch bei der Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG zu Arbeitslohn führen dürfen.

     

    BFH lässt unterschiedliche Bewertungsansätze zu

    Gilt nun für die Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG und nach § 8 Abs. 3 EStG in jedem Fall der gleiche Ausgangswert? Nein. Begründung des BFH:

     

    • Bei § 8 Abs. 3 EStG gilt der Endpreis, den der Arbeitgeber üblicherweise erzielen möchte. Endpreis ist der am Ende von Verkaufsverhandlungen als letztes Angebot stehende Preis. Er umfasst auch Rabattgewährungen.
    • Der tatsächliche Marktpreis (§ 8 Abs. 2 EStG) kann aber laut BFH so weit unter dem vom Arbeitgeber angestrebten Endpreis (§ 8 Abs. 3 EStG) liegen, dass trotz pauschalen Abschlags von vier Prozent und des Rabattfreibetrags von 1.080 Euro die Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG zu einem vorteilhafteren Ergebnis führt.
    • Deshalb lässt der BFH - jedenfalls im Rahmen der Einkommensteuererklärung des Arbeiternehmers - einen Ansatz mit dem niedrigeren Marktpreis8 Abs. 2 EStG) zu. Der Vier-Prozent-Abschlag und der Rabattfreibetrag gehen dann aber verloren, so der BFH.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • Der BFH hat das Wahlrecht nach § 8 Abs. 2 EStG und Abs. 3 EStG ausdrücklich für die Steuererklärung des Arbeitnehmers zugelassen. Diese Sicht hatte er bereits früher vertreten (BFH, Urteil vom 5.9.2006, Az. VI R 41/02; Abruf-Nr. 062992).
    • Arbeitgeber sollten auf Nummer sicher gehen und den geldwerten Vorteil bei Belegschaftsrabatten nach den Vorgaben des § 8 Abs. 3 EStG (vom Arbeitgeber aufgezeichnete Preisnachlässe) berechnen. Das spart Diskussionen mit dem Betriebsprüfer und minimiert das lohnsteuerliche Haftungsrisiko. Der Arbeitnehmer kann sich dagegen auf die neue BFH-Rechtsprechung berufen und in seiner Steuererklärung einen niedrigeren geldwerten Vorteil durchsetzen.

    • Beispiel

    Die Arbeitnehmer A und B erhalten vom Arbeitgeber, einem Automobilhersteller, einen Rabatt von 9.000 Euro (30 Prozent) auf den Listenpreis von 30.000 Euro. Der durchschnittliche Rabatt für Endkunden beträgt laut Aussage des Herstellers normalerweise 15 Prozent. Arbeitnehmer B kann belegen, dass Kunden das Fahrzeug beim örtlichen Händler tatsächlich zu einem Rabatt von 7.000 Euro (23,33 Prozent) kaufen können.

    • Berechnungen

    Berechnung laut BMF

    § 8 Abs. 3 EStG laut BFH

    § 8 Abs. 2 EStG laut BFH

    Listenpreis

    30.000 Euro

    Listenpreis

    30.000 Euro

    Listenpreis

    30.000 Euro

    ./. Rabatt

    ./. 3.600 Euro

    (80 % x 4.500 Euro)

    ./. durchschnittlicher Rabatt 15%

    ./. 4.500 Euro

    ./. Rabatt 23,3 %

    ./. 7.000 Euro

    Endpreis

    26.400 Euro

    Endpreis

    25.500 Euro

    Marktpreis

    23.000 Euro

    ./. Abschlag 4 %

    ./. 1.056 Euro

    ./. Abschlag 4 %

    ./. 1.020 Euro

    Steuerwert

    25.344 Euro

    Steuerwert

    24.480 Euro

    Steuerwert

    23.000 Euro

    ./. Zuzahlung

    ./. 21.000 Euro

    ./. Zuzahlung

    ./. 21.000 Euro

    ./. Zuzahlung

    ./. 21.000 Euro

    Rabattvorteil

    4.344 Euro

    Rabattvorteil

    3.480 Euro

    Rabattvorteil

    2.000 Euro

    ./. Rabattfreibetrag

    ./. 1.080 Euro

    ./. Rabattfreibetrag

    ./. 1.080 Euro

    Vorteil

    3.264 Euro

    Geldwerter Vorteil

    2.400 Euro

    Vorteil

    2.000 Euro

     

    Ergebnis: Der geldwerte Vorteil von 3.264 Euro, ermittelt nach der BMF-Methode, ist um 864 Euro höher als bei der Berechnungsmethode nach § 8 Abs. 3 EStG bzw. um 1.264 Euro höher als bei der Berechnung nach § 8 Abs. 2 EStG.

     

    Hat der Arbeitgeber den geldwerten Vorteil nach der BMF-Methode angesetzt und versteuert, sollten die Arbeitnehmer A und B in ihrer Steuererklärung auf die Bewertung nach der BFH-Rechtsprechung pochen. A sollte in der Steuererklärung auf die Berechnung nach § 8 Abs. 3 EStG verweisen und eine Reduzierung des geldwerten Vorteils um 864 Euro verlangen, B sollte sich auf § 8 Abs. 2 EStG berufen und die Reduzierung um 1.264 Euro verlangen. A und B rechnen gegenüber dem Finanzamt wie folgt:

     

    A

    B

    Arbeitslohn laut Lohnsteuernachweis

    … Euro

    … Euro

    ./. Bisher versteuerter geldwerter Vorteil

    ./. 3.264 Euro

    ./. 3.264 Euro

    + Nach BFH ermittelter geldwerter Vorteil

    + 2.400 Euro

    + 2.000 Euro

    = Neuer zu versteuernder Arbeitslohn

    ... Euro

    ... Euro

    PRAXISHINWEIS | Damit dem Arbeitnehmer der günstigere BFH-Ansatz gelingt, bedarf es der Mithilfe des Arbeitgebers: Er sollte seinem Arbeitnehmer die Berechnung des geldwerten Vorteils übergeben. Und er sollte den Arbeitnehmer darauf hinweisen, dass er bei der Berechnung nach der BFH-Methode weniger versteuern muss.

    Beachten Sie | In einem Teilbereich könnten die beiden Urteile des BFH auf Dauer nachteilig sein. Bisher lässt die Finanzverwaltung auch bei der Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG einen Abschlag von vier Prozent zu. Dieser ist zwar gesetzlich nicht vorgesehen, aber in den LStR 2013 sowie dem Lohnsteuerhandbuch mehrfach genannt (zum Beispiel R 8.1 Abs. 2 Satz 9 LStR, , H 8.1 zum Jobticket vergl. H 8.1 zum Warengutschein, auch BMF-Schreiben vom 1.10.2008, Az. IV C 5 - S 2334/07/0009; Abruf-Nr. 083233 zum zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehen). Der BFH lehnt diesen Abschlag im Zusammenhang mit dem normalen Sachzuwendungen ab, die nicht Produkte des Arbeitgebers sind. Wie lange die LStR den Vier-Prozent-Abschlag daher noch zulassen, bleibt offen.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 22 | ID 37116670