· Fachbeitrag · Belegschaftsrabatte
Klarheit bei der Bewertung der geldwerten Vorteile in Form von Mitarbeiterrabatten
| Der BFH hatte sich im letzten Sommer bei der Frage, in welcher Höhe Arbeitgeberrabatte bei Jahreswagen zu bewerten sind, auf die Seite der Arbeitnehmer gestellt (Einzelheiten in LGP 2/2013). Erfreulicherweise hat nun die Finanzverwaltung die Rechtsprechung in vollem Umfang akzeptiert. Die klaren Bewertungsgrundsätze in der aktuellen Verwaltungsanweisung des BMF gelten nicht nur für Jahreswagenrabatte, sondern für jeden vergünstigten Sachbezug. |
BFH versteuerte nur die Differenz zu üblichen Rabatten
In zwei Urteilen vom 26. Juli 2012 (Az. VI R 30/09 sowie VI R 27/11; Abruf-Nrn. 123363 und 123362) hatte der BFH klargestellt: Nur spezielle Arbeitgeber- rabatte, die über die marktüblichen Rabatte hinausgehen, führen zu steuer- und damit sozialversicherungspflichtigem Arbeitslohn. Es könne nicht sein, dass Rabatte, die Verbraucher allgemein beim Kauf von Produkten erwarten oder sogar aushandeln, nur deswegen besteuert würden, weil der Käufer gleichzeitig Arbeitnehmer des Herstellers sei. Im Urteilsfall wollte das Finanzamt einen Mitarbeiter-Rabatt von 21,5 Prozent beim Kauf eines Pkw fast vollständig als Lohn erfassen, obwohl „normale“ Käufer dieser Pkw-Marke Rabatte von bis zu 9,05 Prozent bekamen. Der BFH erfasste nur die Differenz zwischen den 21,5 Prozent und den üblichen Kundenrabatten als Arbeitslohn.
BMF übernimmt diese Rechtsprechung
Dieser Auffassung schließt sich die Finanzverwaltung nun an, und zwar rückwirkend für alle offenen Fälle (BMF, Schreiben vom 16.5.2013, Az. IV C 5 - S 2334/07/0011; Abruf-Nr. 131659). Das bedeutet, dass die neuen Bewertungsgrundsätze auch bei Lohnsteuer-Prüfungen mit rückwirkenden Prüfungszeiträumen berücksichtigt werden müssen.
PRAXISHINWEIS | Die neuen Bewertungsregeln gelten für alle Arten von Sachzuwendungen. Das BMF zeigt klare Maßstäbe, wie die Bemessungsgrundlage in Zeiten zu ermitteln ist, wo jederzeit Preisvergleiche übers Internet möglich sind. |
Normalfall: Niedrigster Marktpreis
Sachzuwendungen sind laut § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit den „um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort“ anzusetzen. Nach den LSt-Richtlinien ist das der Preis, „der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern in der Mehrzahl der Verkaufsfälle am Abgabeort für gleichartige Waren und Dienstleistungen tatsächlich gezahlt wird“ (R 8.1 Abs. 2 Satz 2 LStR). Der BFH hatte diese Formulierung mit dem „günstigsten Preis am Markt“ übersetzt. Bei diesem letzten Angebotspreis am Ende von Verkaufsverhandlungen ließ er auch Rabattabzüge zu.
Das BMF konkretisiert jetzt diesen günstigsten Marktpreis. Deutlich wird, dass der Markt über den lokalen Abgabeort hinausgeht. Als günstigsten Marktpreis akzeptiert die Verwaltung deshalb auch einen
- Angebotspreis aus dem Internet unter Einrechnung der typischen Beschaffungskosten, wie zum Beispiel Versandkosten, oder
- den nachgewiesenen Preis aus anderen Unterlagen, beispielsweise aus aktuellen Prospekten.
Es darf sich durchaus um Sonderangebote handeln. Es kommt nur darauf an, dass dieser Gegenstand bzw. die konkrete Dienstleistung von einem Endkunden zu diesem Preis tatsächlich bezogen werden kann.
Wichtig | Der „niedrigste Marktpreis“ ist der unterste steuerliche Wert. Ein weiterer Abschlag von vier Prozent - wie in R 8.1 Absatz 2 Satz 9 LStR aufgeführt - ist nicht mehr zulässig (BMF, Schreiben vom 16.5.2013, Tz. 4). Nur wenn man die Sachzuwendung ohne gesonderte Recherche mit dem üblichen Einzelhandelspreis vor Ort bewertet, bleibt der Abschlag zulässig.
|
Eine Bank verschenkt an ihre Mitarbeiter zu Weihnachten einen E-Book-Reader. Ein Reader hat laut Hersteller einen Verkaufspreis von 199 Euro, tatsächlich wird er im örtlichen Einzelhandel am Sitz des Arbeitgebers im Weihnachtsgeschäft für 149 Euro angeboten. Der Arbeitgeber hat den Reader über den Großhandel zum Preis von 119 Euro eingekauft. Alle Preise sind Bruttopreise einschließlich USt.
|
PRAXISHINWEIS | Maßgebend sind immer die Preise zum Tag der Bestellung, nicht zum Tag der Lieferung. |
Sonderfall: Arbeitgeberpreis für eigene Produkte
Steuerlich besonders begünstigt sind verbilligte Einkaufsmöglichkeiten der Mitarbeiter für Produkte und Dienstleistungen, die der Arbeitgeber hauptsächlich für seine Kunden und Abnehmer herstellt, vertreibt oder erbringt. Zum einen durch den „Rabattfreibetrag“ von 1.080 Euro und zum anderen durch einen zusätzlichen Preisabschlag von 4 Prozent (§ 8 Abs. 3 EStG). Unter diese Vergünstigungen fallen beispielsweise der Fabrik- oder Personaleinkauf im Einzelhandel oder der Haustrunk der Brauereimitarbeiter. Der geldwerte Vorteil aus derartigen Personalrabatten berechnet sich wie folgt:
- Im ersten Schritt wird der Preis ermittelt, zu dem die Arbeitgeberprodukte an Endkunden - also an den privaten Verbraucher - abgegeben werden. Gibt es einen Listenpreis, dürfen davon die durchschnittlich gewährten, tatsächlichen Rabatte an Endkunden abgezogen werden. Das gilt für alle Branchen - auch die Automobilindustrie. Das bisherige BMF-Schreiben, das für die Kfz-Hersteller nur den Abzug von 80 Prozent der üblichen Rabatte vorsah, wird aufgehoben (BMF, Schreiben vom 18.12.2009, Az. IV C 5 - S 2334/09/10006; Abruf-Nr. 100403).
- Wichtig | Abgestellt wird in diesem Fall auf den Preis und die Rabatte, die der Arbeitgeber gewährt. Zu welchem Preis andere Anbieter das Produkt bzw. die Dienstleistung an Endkunden anbieten, spielt im Zusammenhang mit dem Rabattfreibetrag keine Rolle.
- Im zweiten Schritt wird der eventuell höhere „Arbeitgeberpreis“, der um die üblichen Rabatte und Preisnachlässe gemindert werden durfte, nur mit 96 Prozent angesetzt (Abschlag von vier Prozent nach § 8 Abs. 3 EStG).
- Zieht man von dem mit 96 Prozent rechnerisch ermittelten, steuerlichen Ausgangswert im dritten Schritt die Zuzahlung des Arbeitnehmers ab, erhält man den steuerlichen Rabattvorteil. Dieser bleibt bis zu einem Freibetrag von 1.080 Euro pro Jahr und Mitarbeiter steuerfrei.
Qual der Wahl: Arbeitgeberpreis oder Marktpreis?
In der Praxis kann es sich lohnen, den besseren Bewertungsmaßstab zu prüfen:
- Beim Ansatz des üblichen Verkaufspreises des Arbeitgebers - nach Abzug der durchschnittlich von ihm gewährten Rabatte - dürfen pauschal vier Prozent abgesetzt werden (Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG). Für den danach verbleibenden Rabattvorteil gibt es den Freibetrag von 1.080 Euro.
- Eventuell kann aber der Preis von Sonderangeboten anderer Anbieter oder laut Internet niedriger sein (Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG). In diesem Fall gibt es aber weder den Abschlag von vier Prozent noch den Rabattfreibetrag von 1.080 Euro.
PRAXISHINWEIS | Das Wahlrecht zwischen beiden Methoden ist neu. Bisher hat die Finanzverwaltung es ausdrücklich ausgeschlossen (BMF-Schreiben vom 28.3.2007, Az. IV C 5 - S 2334/07/0011, BStBl 2007 I, 464; Abruf-Nr. 071380). |
Wer hat das Wahlrecht?
Grundsätzlich steht das Wahlrecht dem Arbeitgeber bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren zu. Das bedeutet für ihn:
- Mehr Ermittlungs- und Dokumentationsaufwand zur Ermittlung eines eventuell günstigeren Sonderpreises.
- Weniger Lohnsteuer - die der Arbeitnehmer trägt - und vor allem auch niedrigere Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung im Falle eines tatsächlich nachweisbaren niedrigeren Sonderpreises.
PRAXISHINWEIS | Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den günstigsten Preis am Markt zu ermitteln. Er kann den geldwerten Vorteil im Lohnsteuerabzugsverfahren auch mit seinem 96-prozentigen Verkaufspreis (nach Abzug üblicher Rabatte) berechnen und erst dann besteuern, wenn der Rabattfreibetrag von 1.080 Euro überschritten ist. Die Berechnungsgrundlagen muss er zum Lohnkonto nehmen und dem Arbeitnehmer auf Verlangen bescheinigen. |
Wählt der Arbeitgeber diese Methode, kann der Arbeitnehmer bei seiner Einkommensteuer-Erklärung eine Korrektur des versteuerten geldwerten Vorteils verlangen, wenn er einen niedrigeren Marktpreis nachweist. Das macht nur Sinn, wenn der Preisunterscheid so hoch ist, dass er die Steuervorteile aus 1.080 Euro Rabattfreibetrag und vier Prozent Pauschalabschlag aufwiegt.
| ||||||||||||||||||||||||
Der Mitarbeiter eines Möbelhauses kauft im Januar eine Schrankwand, im Februar eine Couch. Er zahlt jeweils 3.000 Euro. In der Möbelausstellung sind beide Möbel mit einem Verkaufspreis von 5.000 Euro ausgezeichnet. Auf diesen Auszeichnungspreis erhalten Endkunden einen durchschnittlichen Rabatt von 10 Prozent. Die Lohnabteilung berechnet folgenden geldwerten Vorteil:
Vom geldwerten Vorteil aus dem Kauf der Schankwand im Januar bleiben 1.080 Euro steuerfrei, 240 Euro müssen als Arbeitslohn versteuert werden. Der Vorteil aus dem Kauf der Couch im Februar von 1.320 Euro wird in voller Höhe als Arbeitslohn erfasst, weil der Rabattfreibetrag von 1.080 Euro bereits verbraucht ist.
Im Februar entdeckt der Mitarbeiter bei einem Konkurrenten die gleiche Couch für 4.000 Euro. Er bewahrt dieses Angebot auf und lässt sich von seinem Arbeitgeber den angesetzten Endpreis von 4.500 Euro sowie den erfassten Arbeitslohn von 1.320 Euro bestätigen. Im Rahmen der Einkommensteuer-Erklärung beantragt er, den versteuerten Arbeitslohn wie folgt zu mindern:
|
Weiterführender hinweis
- Beitrag „Das Rabattfreibetrag-Urteil zu Jahreswagen wirkt auf die Bewertung von geldwerten Vorteilen“, LGP 2/2013, Seite 22; im Archiv unter lgp.iww.de