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  • · Fachbeitrag · Betriebsveranstaltung

    Auch eine virtuelle Weihnachtsfeier kann eine begünstigte Betriebsveranstaltung sein

    von Dipl.-Finanzwirt Jan-Philipp Muche, Hameln, www.lohn-nachrichten.de

    | Gerade in Zeiten der Corona-Krise und dem evtl. anstehenden zweiten Lockdown müssen Arbeitgeber erfinderisch werden, wenn es um die alljährige Weihnachtsfeier geht. In diesem Jahr könnte ein gemütliches „Meeting“ vor dem heimischen Rechner die Weihnachtsfeier ersetzen. Doch nicht in jedem Fall ist der Begriff der steuerlich begünstigen Betriebsveranstaltung im Sinne des § 19 Abs. 1 S.1 Nr. 1a EStG erfüllt. LGP erläutert, welche Stolpersteine es gibt und wie sich die umgehen lassen. |

    Betriebsveranstaltung

    Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter. Es muss sich um eine Veranstaltung handeln, die den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima fördern. Typische Veranstaltungen sind z. B. die Weihnachtsfeier, das Sommerfest, das Firmenjubiläum oder das Rentner-/Ehemaligentreffen.

     

    Wichtig | Auch eine virtuelle Weihnachtsfeier (z. B. per Videokonferenz) kann unter den genannten Bedingungen eine Betriebsveranstaltung sein. Eine örtliche, gemeinsame Gebundenheit verlangt die Finanzverwaltung nicht (BMF, Schreiben vom 14.10.2015, Az. IV C 5 ‒ S 2332/15/10001, Abruf-Nr. 145573).

     

    • Beispiel

    Der Arbeitgeber möchte die diesjährige Weihnachtsfeier im „Home Office“ der jeweiligen Arbeitnehmer durchführen. Die Speisen werden im Anschluss gemeinsam bei einem dreistündigen Online-Meeting verzehrt. Zudem wird eine Weihnachtsgeschichte vorgelesen und sich über die Plattform privat ausgetauscht.

     

    Ergebnis: Das dreistündige Online-Meeting ist eine Betriebsveranstaltung. Es findet auf betrieblicher Ebene statt und hat gesellschaftlichen Charakter. Denn die Geselligkeit und der Austausch der Arbeitnehmer stehen im Vordergrund.

     

    PRAXISTIPP | Arbeitgeber sollten das Rahmenprogramm der Feier für die nächste Prüfung aufbewahren. Denn es kommt allein darauf an, wie das Online-Meeting gestaltet ist und was dabei gemacht wird.

     

    Begünstigte Betriebsveranstaltung: 110-Euro-Freibetrag

    Eine Betriebsveranstaltung ist steuerlich begünstigt (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG): Pro anwesenden Arbeitnehmer wird ein steuerlicher Freibetrag in Höhe von 110 Euro je Veranstaltung gewährt. Der jeweiligen Begleitperson steht kein Extra-Freibetrag zu. Der geldwerte Vorteil, der auf eine Begleitperson entfällt, wird stets dem jeweiligen Arbeitnehmer zugeordnet.

     

    Maximal zwei Veranstaltungen pro Kalenderjahr

    Der Freibetrag gilt für maximal zwei Veranstaltungen pro Kalenderjahr. Das ist auch bei der virtuellen Weihnachtsfeier zu beachten.

     

    Veranstaltung muss allen Arbeitnehmern offenstehen

    Begünstigte Betriebsveranstaltung ist die virtuelle Weihnachtsfeier nur, wenn sie allen Arbeitnehmern des Unternehmens oder einer Organisationseinheit ‒ wie Standort, Bereich oder Abteilung ‒ offensteht.

     

    • Fortführung des Beispiels

    Corona-bedingt ist das Sommerfest ausgefallen. Die virtuelle dreistündige Weihnachtsfeier ist die erste Betriebsveranstaltung für 2020. Jeder Arbeitnehmer darf sich etwas auf Kosten des Arbeitgebers beim örtlichen Lieferdienst bestellen.

     

    Ergebnis: Der 110-Euro-Freibetrag ist nutzbar, weil das dreistündige Online-Meeting allen Arbeitnehmern des Betriebs offensteht und der Freibetrag noch nicht mit anderen Betriebsveranstaltungen verbraucht ist.

     

    Unter den Begriff Arbeitnehmer in Bezug auf eine begünstigte Betriebsveranstaltung fallen z. B. aktive und ehemalige Arbeitnehmer, Praktikanten, Referendare und Auszubildende, sowie deren Begleitpersonen. Einzig der Geschäftsführer bzw. leitende Angestellte mit Personalverantwortung dürfen an mehr als zwei Veranstaltungen pro Jahr teilnehmen. Bei diesem Personenkreis wird die Anwesenheitspflicht bei den Veranstaltungen unterstellt.

    Prüfung des 110-Euro-Freibetrags

    Alle Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen, inkl. der angefallenen Umsatzsteuer, fallen in die Bemessungsgrundlage der Online-Weihnachtsfeier. Dazu zählen u. a. folgende Aufwendungen, wenn diese der Arbeitgeber bezahlt:

     

    • Verpflegung wie Speisen, Getränke, Tabakwaren und sonstige Genussmittel
    • Entertainment: Kosten für Hintergrundmusik, DJs, Redner
    • Aufwendungen für Eventmanager oder externe Organisatoren

     

    Maßgeblich sind alle Aufwendungen, die den Arbeitnehmer bereichern. Auch das Trinkgeld gehört dazu (BMF, Schreiben vom 14.10.2015, Rz. 2).

     

    Beteiligt sich der Arbeitnehmer an den Kosten der Veranstaltung, werden diese Zuzahlungen von der Bemessungsgrundlage der Betriebsveranstaltung abgezogen, da keine wirtschaftliche Bereicherung vorliegt.

     

    Geschenke

    Lässt der Arbeitgeber im Rahmen der virtuellen Weihnachtsfeier Geschenke an Arbeitnehmer oder deren Angehörige liefern, muss er die im BMF-Schreiben normierte 60-Euro-Grenze beachten.

     

    • Geschenke bis zu 60 Euro (inkl. Umsatzsteuer) werden bei der Ermittlung des Freibetrags in Höhe von 110 Euro einbezogen und somit den Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung zugerechnet.

     

    • Geschenke über 60 Euro (inkl. Umsatzsteuer) sind den einzelnen Empfängern direkt zuzuordnen (in Anlehnung an R 19.5 (6) S. 3 LStR).

     

    • Beispiel

    Der Arbeitgeber „veranstaltet“ über eine Online-Plattform seine diesjährige Weihnachtsfeier. Zehn Arbeitnehmer nehmen vor ihren jeweiligen Laptops teil. Vorweg hat der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Genussmittel (Wein, Süßigkeiten) im Wert von 40 Euro zukommen lassen sowie Essen für 15 Euro bestellt. Zudem bekommt jeder Arbeitnehmer einen Gutschein im Wert von 60 Euro. Für die Teilnahme entrichtet jeder Arbeitnehmer eine Pauschale in Höhe von fünf Euro. Der geldwerte Vorteil pro Arbeitnehmer berechnet sich wie folgt:

     

    Aufwand pro Person

    (Genussmittel 40 Euro + Bewirtung 15 Euro + Geschenk 60 Euro)

    115 Euro

    ./. Eigenleistung von 5 Euro

    ./. 5 Euro

    Geldwerter Vorteil

    110 Euro

     

     

    Ergebnis: Der Freibetrag von 110 Euro wird eingehalten. Für den Arbeitnehmer ergibt sich kein steuerpflichtiger Arbeitslohn.

     

    Ermittlung des Arbeitnehmeranteils

    Bei der Prüfung der 110-Euro-Grenze sind die Gesamtkosten der Veranstaltung durch die tatsächlichen Teilnehmer (eigene und konzernverbundene Arbeitnehmer + Begleiter + externe Teilnehmer) zu teilen. Nicht berücksichtigt werden Personen, die mit der Durchführung der Veranstaltung betraut sind.

     

    Wichtig | Der BFH muss klären, wie bei kurzfristiger Absage der Teilnahme einzelner Arbeitnehmer an der Veranstaltung mit „No-Show-Kosten“ zu verfahren ist, die durch die Buchung der Veranstaltung für einen größeren Personenkreis entstanden sind und den äußeren Rahmen der Veranstaltung betreffen (Az. beim BFH: VI R 31/18). Ist hier auf die angemeldeten Teilnehmer abzustellen?

    Unübliche Betriebsveranstaltung

    Sollten die Kosten pro Arbeitnehmer höher sein als 110 Euro, spricht man von einer unüblichen Betriebsveranstaltung. Alle Kosten, die den Freibetrag von 110 Euro übersteigen, sind steuerpflichtiger Arbeitslohn. Diese Kosten können

    • entweder individuell beim jeweiligen Arbeitnehmer oder
    • mit einem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent zulasten des Arbeitgebers (im Sinne des § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG) versteuert werden.

     

    Wichtig | Wird der geldwerte Vorteil zulasten des Arbeitgebers pauschaliert, fallen keine Lohnsteuer und keine Sozialabgaben an.

    Exkurs: Geschenk ohne Betriebsveranstaltung

    Aufgrund der Corona-Krise überlegen einige Arbeitgeber, die diesjährige Weihnachtsfeier ausfallen zu lassen. Jedoch möchten diese ihren Arbeitnehmern (wie gewohnt) zu Weihnachten etwas zukommen lassen.

     

    Weihnachten ‒ kein persönlicher Anlass

    Sachgeschenke bis zu einem Wert von 60 Euro brutto an Arbeitnehmer aus „besonderem persönlichen Anlass“ sind steuerfrei (R 19.6 Abs. 1 LStR). Weihnachten stellt jedoch keinen persönlichen Anlass des jeweiligen Arbeitnehmers dar. Daher kann der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer auch keine Sachzuwendung im Rahmen der R 19.6 LStR zukommen lassen.

     

    Freibetrag in Höhe von 60 Euro setzt Betriebsveranstaltung voraus

    Findet keine Betriebsveranstaltung statt, kann auch der Betrag in Höhe von 60 Euro (inkl. Umsatzsteuer) für Geschenke im Rahmen von Betriebsveranstaltungen nicht gewährt werden. Denn nur Geschenke, die „anlässlich“ der Betriebsveranstaltung an Arbeitnehmer überreicht werden, sind im Rahmen der 110 Euro steuer- und beitragsfrei bzw. können darüber hinaus nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG mit 25 Prozent pauschal versteuert werden.

     

    PRAXISTIPP | Arbeitgeber sollten deswegen (wenn möglich) eine kurzgehaltene Kaffeerunde in Anwesenheit aller Kollegen durchführen. Auch das gemeinsame Verzehren eines Stückchen Kuchens in den Geschäftsräumen des Arbeitgebers stellt eine Betriebsveranstaltung dar. Dieses führt dazu, dass die Arbeitnehmer nicht nur den Kuchen, sondern auch die Sachzuwendung (bis 60 Euro) lohnsteuerfrei unter den bekannten Grundsätzen beziehen können.

     

    Geschenk als steuerfreie Corona-Prämie

    Findet keine Weihnachtsfeier statt, können Arbeitgeber ein Geschenk auch über die steuerfreie Corona-Prämie bis zum 31.12.2020 abwickeln. Denn Geldzuschüsse oder Sachzuwendungen können steuerfrei und beitragsfrei in der Sozialversicherung sein (§ 3 Nr. 11a EStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV). Voraussetzung ist, dass die Zuwendungen

    • aufgrund der Corona-Krise gewährt und
    • zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden.

     

    • Beispiel

    Der Arbeitgeber schenkt den Arbeitnehmern Mitte Dezember 2020 ein Weinpaket im Wert von 60 Euro. Er bedankt sich damit bei den Arbeitnehmern für den Arbeitseinsatz in der Corona-Krise.

    Ergebnis: Das Weinpaket ist steuer- und sozialversicherungsfrei. Denn die Corona-Prämie kann auch in Form von Sachzuwendungen erfolgen und wird hier aufgrund der Corona-Krise gewährt. Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 11a EStG sind somit erfüllt.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2020 | Seite 202 | ID 46923433

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