· Fachbeitrag · Betriebsveranstaltung
Betriebsveranstaltungen ab 1. Januar 2015 - eine Vereinfachung und viele offene Fragen
von StB Dipl.-Finw. (FH) Susanne Weber, WTS Steuerberatungsges.mbH, München
| Seit vielen Jahren werden Betriebsveranstaltungen unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich begünstigt. Die Details hat der Gesetzgeber am 19. Dezember 2014 mit Wirkung ab 1. Januar 2015 neu geregelt. Erfreulich ist, dass aus der bisherigen Freigrenze ein Freibetrag wurde, sodass generell 110 Euro pro teilnehmendem Arbeitnehmer steuerfrei bleiben können. Doch es gibt auch einige unerfreuliche Neuerungen - und offene Fragen. |
Steuerlich begünstigte Betriebsveranstaltung
Die neuen steuerlichen Vergünstigungen gelten ab dem 1. Januar 2015 für „Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter“ (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG). Durch eine solche Veranstaltung erhalten Arbeitnehmer grundsätzlich einen Vorteil, der zum Arbeitslohn gehört. Rein betriebliche, fachliche Veranstaltungen führen nicht zu einer lohnrelevanten Bereicherung der Arbeitnehmer.
Von den geselligen Veranstaltungen führen zwei Veranstaltungen pro Jahr ebenfalls nicht zu Arbeitslohn,
- wenn die Teilnahme allen Betriebsangehörigen bzw. Arbeitnehmern einer Abteilung oder eines Standorts offensteht, und
- soweit die Zuwendungen des Arbeitgebers für die jeweilige Veranstaltung inklusive Umsatzsteuer den Betrag von 110 Euro je teilnehmendem Arbeitnehmer nicht übersteigen.
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Der Arbeitgeber veranstaltet für seine 100 Mitarbeiter ein Sommerfest mit Aufwendungen pro teilnehmendem Arbeitnehmer von 50 Euro (Summe 5.000 Euro), einen Skiausflug mit Aufwendungen von 75 Euro (7.500 Euro) und eine Weihnachtsfeier mit Aufwendungen von 120 Euro (12.000 Euro). Für die Weihnachtsfeier ist der Freibetrag von 110 Euro überschritten. Da sich aus dem Gesetz nichts anderes entnehmen lässt, dürfte der Arbeitgeber wie bisher wählen können, welche der beiden begünstigten Veranstaltungen er versteuern möchte. Am günstigsten kommt er weg, wenn er das Sommerfest mit 5.000 Euro sowie den die 110 Euro übersteigenden Betrag der Weihnachtsfeier mit 1.000 Euro (10 Euro x 100 Teilnehmer) versteuert. Von der Weihnachtsfeier bleiben 11.000 Euro (110 Euro x 100 Teilnehmer), vom Skiausflug die gesamten 7.500 Euro steuerfrei. |
Beachten Sie | Der Freibetrag hat gegenüber der bisherigen Freigrenze den deutlichen Vorteil, dass selbst bei höheren Aufwendungen 110 Euro pro Arbeitnehmer für zwei Betriebsveranstaltungen im Jahr steuerfrei bleiben.
Begünstigte Aufwendungen
Leider werden nun mehr Kosten in die Freibetragsprüfung einbezogen:
Beachten Sie | Es ist noch nicht klar, ob der „Systemwechsel“ von der Freigrenze zum Freibetrag zu einer völligen Überarbeitung der steuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen führt. Bis Ende März 2015 soll dazu ein neues BMF-Schreiben erscheinen. Das BMF hat „LGP“ bestätigt, dass Arbeitgeber bis zu dessen Veröffentlichung die Regelungen in R 19.5 LStR weiter anwenden können, soweit sich aus dem Gesetz nichts Gegenteiliges ergibt.
Besonderheiten bei den Reisekosten
Bis Ende 2014 konnten Anreisekosten von Arbeitnehmern auswärtiger Standorte und von Außendienstmitarbeitern als Reisekosten behandelt werden und waren nicht in die 110 Euro-Freigrenze einzubeziehen (R 19.5 Abs. 5 Nr. 3 LStR). Dieser Passus wurde ab 2015 aus den LStR gestrichen. Dennoch dürften solche Fahrtkosten auch bei der Prüfung des 110-Euro-Freibetrags außen vor bleiben, da nach dem Gesetzestext steuerfreie Leistungen für Reisekosten nicht in die Zuwendungen einer Betriebsveranstaltung einzubeziehen sind.
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Für die Weihnachtsfeier fallen folgende Aufwendungen inklusive Umsatzsteuer an: Speisen und Getränke im Restaurant 5.800 Euro, Musik 700 Euro, Trinkgelder 200 Euro, Taxikosten für die Heimfahrt der Arbeitnehmer 280 Euro, Gesamtkosten somit 6.980 Euro. Es waren 80 Arbeitnehmer eingeladen, anwesend waren 70. Für 5 Arbeitnehmer eines auswärtigen Standorts sind zusätzlich Hotelkosten von 650 Euro angefallen. Diese Reisekosten sind bei der Prüfung des Freibetrags nicht zu berücksichtigen. Die Aufwendungen je teilnehmendem Arbeitnehmer betragen damit 99,71 Euro (6.980 Euro : 70 Teilnehmer). Die Veranstaltung bleibt steuerfrei. |
Beachten Sie | Offen ist, ob Aufwendungen, die auf nicht anwesende Teilnehmer entfallen - wie Storno- oder Pauschalkosten -, in die 110 Euro einzubeziehen sind. Unseres Erachtens führen diese Aufwendungen nicht zu einer Bereicherung. In Grenzfällen sollte eine Anrufungseinkunft eingeholt werden.
Besonderheiten bei einer gemischten Veranstaltung
Wird eine Betriebsveranstaltung mit einer beruflichen Veranstaltung, beispielsweise einer Betriebsversammlung, verbunden, können die Fahrt- und Übernachtungskosten sowie Verpflegungsmehraufwendungen, die durch die zur Betriebsveranstaltung veranlasste Dienstreise entstehen, als Reisekosten steuerfrei erstattet werden (BMF, Schreiben vom 24.10.2014, Az. IV C 5 - S 2353/14/10002; Rz. 84 und 85; Abruf-Nr. 143138). Nur die dem Arbeitgeber unmittelbar durch die Betriebsveranstaltung entstehenden Fahrt- und Übernachtungskosten sowie Verpflegungsaufwendungen sind nach den für die Betriebsveranstaltung geltenden allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen.
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Bei einer zweitägigen Veranstaltung für alle Arbeitnehmer einer Abteilung außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte finden tagsüber Workshops statt. Abends trifft man sich zu einem Hüttenabend. Für den Transport per Seilbahn, Essen und Musik fallen Bruttoaufwendungen von 95 Euro pro Arbeitnehmer an. |
Die Anreisekosten zum Tagungsort, Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwendungen, die durch die berufliche Auswärtstätigkeit veranlasst sind, können als Reisekosten steuerfrei bleiben. Wegen der gewährten Mahlzeiten ist die Verpflegungspauschale zu kürzen. Da die Abendveranstaltung als Betriebsveranstaltung zu sehen ist, sind die Aufwendungen in den 110 Euro-Freibetrag einzubeziehen und nicht als „Belohnungsessen“ (da über 60 Euro) zu versteuern. |
Besonderheiten bei der Beteiligung von Begleitpersonen
Offen ist derzeit die Frage, wie der Freibetrag bei der Teilnahme von Angehörigen zu berechnen ist. Laut BMF auf Anfrage von „LGP“ soll diese Frage in dem angekündigten BMF-Schreiben aufgegriffen werden.
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Zu einer Betriebsfeier mit einem Gesamtaufwand von 6.000 Euro kommen 50 Arbeitnehmer, davon bringen 30 eine Begleitperson mit (Teilnehmerzahl 80 Personen). Damit beträgt der Aufwand pro Person 75 Euro (6.000 Euro : 80 Teilnehmer). Für die Berechnung des Freibetrags sind zwei Alternativen denkbar:
Für die 20 Arbeitnehmer ohne Begleitperson bleibt der anteilige Aufwand mit 75 Euro unter dem Freibetrag und damit steuerfrei. Für die 30 Arbeitnehmer mit Begleitperson beträgt der Aufwand 150 Euro (Zurechnung der 75 Euro der Begleitperson), somit wären pro Arbeitnehmer 40 Euro steuerpflichtig. Im Ergebnis müsste der Arbeitgeber 1.200 Euro lohnversteuern (40 Euro x 30 Arbeitnehmer).
Geht der Arbeitgeber von einem gesamten Freibetrag für die Betriebsveranstaltung in Höhe von 5.500 Euro (110 Euro x 50 teilnehmende Arbeitnehmer) aus, übersteigen die Gesamtaufwendungen von 6.000 Euro den Freibetrag um 500 Euro. Im Ergebnis müsste der Arbeitgeber nur diese 500 Euro lohnversteuern. |
PRAXISHINWEIS | Es scheint wahrscheinlich, dass die Verwaltung zu Alternative 1 tendiert. Wollen Arbeitgeber Alternative 2 anwenden, sollten sie dies mit dem Betriebsstättenfinanzamt über eine Anrufungsauskunft abstimmen (§ 42e EStG). |
Besonderheiten bei der Teilnahme von Firmenfremden
Ebenfalls nicht geklärt ist, wie die Aufwendungen für Firmenfremde, die an der Betriebsveranstaltung teilnehmen - zum Beispiel Zeitarbeitskräfte oder Arbeitnehmer von verbundenen Unternehmen - zu behandeln sind. Bislang gibt es hierzu weder eine gesetzliche noch eine Verwaltungsregelung.
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Die Muttergesellschaft lädt alle Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft zu einem gemeinsamen Sommerfest ein und trägt die Kosten hierfür. Für die Arbeitnehmer der Muttergesellschaft liegt eine begünstigte Betriebsveranstaltung vor. Für die auf die Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft entfallenden Kosten ist fraglich, ob diese als geschäftlich veranlasste Bewirtung oder als Sachzuwendung anzusehen und gegebenenfalls nach § 37b EStG zu versteuern sind. |
PRAXISHINWEIS | Trägt jede Gesellschaft die Kosten für ihre Arbeitnehmer, führt jede Gesellschaft selbst eine Betriebsveranstaltung durch und kann den Freibetrag für ihre Arbeitnehmer und die Zahl der zwei Veranstaltungen prüfen. |
Versteuerung von Betriebsveranstaltungen
§ 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG wurde durch die Neuregelung nicht verändert. Wie bisher kann der Arbeitgeber den steuerpflichtigen Lohn(anteil) aus Anlass von Betriebsveranstaltungen pauschal mit 25 Prozent versteuern. Hinzu kommen Solidaritätszuschlag und pauschale Kirchensteuer. Die Pauschalierung führt zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SVEV).
PRAXISHINWEIS | Nach Auskunft der Pressestelle des BMF hält die Verwaltung die Pauschalierung derzeit nicht für zulässig für eine Betriebsveranstaltung, die deshalb Arbeitslohn ist, weil sie nicht allen Arbeitnehmern des Betriebs bzw. eines Betriebsteils offen steht (BFH, Urteil vom 15.1.2009, Az. VI R 22/06; Abruf-Nr. 091083). Diese Auffassung lässt sich anzweifeln. Betroffene Arbeitgeber können über eine Anrufungsauskunft für die Lohnsteuerpauschalierung plädieren. |
Umsatzsteuerliche Behandlung der Betriebsveranstaltung
„LGP“ hat das BMF gefragt, inwieweit Arbeitgeber nun aus den Kosten einer Betriebsveranstaltung die Vorsteuer abziehen können. Hier die Antwort des BMF: „Für Betriebsveranstaltungen ist wie bisher für Aufwendungen bis zu einer Höhe von 110 Euro einschließlich Umsatzsteuer der Vorsteuerabzug nach der Gesamttätigkeit des Unternehmers zu beurteilen und unter den Voraussetzungen des § 15 UStG daher grundsätzlich möglich. Eine diesbezügliche Änderung des Umsatzsteueranwendungserlasses ist derzeit nicht geplant.“
PRAXISHINWEIS | Liegen die Bruttoaufwendungen unter 110 Euro je teilnehmendem Arbeitnehmer, ist der Vorsteuerabzug unter den üblichen Voraussetzungen zulässig. Bei höheren Aufwendungen ist der Vorsteuerabzug insgesamt ausgeschlossen (Abschn. 15.15 Abs. 2 Beispiel 3 Buchst. b UStAE). |
Betriebsveranstaltungen bis 2014
Die beiden erfreulichen Urteile aus 2013 (BFH vom 16.5.2013, Az. VI R 7/11 und VI R 94/10; Abruf-Nrn. 133172 und 133173) werden demnächst im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Für Betriebsveranstaltungen bis Ende 2014 sind die Grundsätze der Urteile in vergleichbaren Fällen dann allgemein anwendbar. Arbeitgeber können zu hoch vorgenommene Versteuerungen korrigieren, sofern das verfahrensrechtlich möglich ist bzw. Einsprüche anhängig sind.
Weiterführender Hinweis
- Für Betriebsveranstaltungen bis 2014 siehe Beiträge „So können Aufwendungen für Angehörige an Betriebsveranstaltungen behandelt werden“, LGP 7/2014, Seite 118 sowie „Weniger Leistungen fließen in die 110-Euro-Grenze ein“, LGP 11/2013, Seite 189; Prüfschemata auf lgp.iww.de unter Downloads → Arbeitshilfen/Checklisten → Lohnsteuer