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  • · Nachricht · Betriebsveranstaltung/Lohnsteuer

    Freigrenze soll auf 150 Euro steigen - ansonsten aber konterkariert der Gesetzesentwurf die neue BFH-Rechtsprechung

    | Die lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtliche Freigrenze für die Teilnahme an einer Betriebsveranstaltung soll nach dem „Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ auf 150 Euro steigen. Insoweit kommt das BMF der Forderung des BFH nach. Ansonsten aber konterkariert der Gesetzesentwurf die steuerzahlerfreundliche BFH-Rechtsprechung. |

     

    Hintergrund |Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, die allen Betriebsangehörigen offenstehen (R 19.5 Abs. 2 Lohnsteuer-Richtlinien [LStR]). Bislang liegt kein Arbeitslohn vor, wenn die Aufwendungen des Arbeitgebers für die Betriebsveranstaltung die Freigrenze von 110 Euro inklusive Umsatzsteuer nicht übersteigen. Dies gilt für zwei Veranstaltungen im Kalenderjahr für denselben Kreis von Begünstigten. Der BFH hatte in den letzten beiden Jahren diese Grundsätze in Frage gestellt:

     

    • entschied, dass in die Freigrenze nur solche Aufwendungen des Arbeitgebers einzubeziehen sein sollen, die konsumierbar sind (Essen, Getränke, Unterhaltungsprogramm), und Kosten, die der Arbeitgeber für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung aufwendet c- zum Beispiel Raummieten oder Kosten für einen Eventveranstalter - außen vor bleiben. Auch sollen nach Auffassung des BFH für die Prüfung der 110-Euro-Freigrenze Zuwendungen an Begleitpersonen nicht dem Mitarbeiter zugerechnet werden (BFH, Urteile vom 16.5.2013, Az. VI R 7/11 und Az. VI R 94/10; Abruf-Nrn. 133172 und 133173).

     

    Nur die Freigrenze wird angehoben

    Die zögerliche Haltung des BMF - die BFH-Urteile wurden nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht - ließ es schon erahnen: Das BMF würde per Gesetz auf die BFH-Rechtsprechung reagieren. Das ist nun der Fall, und der Gesetzesentwurf sieht Folgendes vor (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG neue Fassung):

     

    • Die Freigrenze von 110-Euro steigt ab 2015 auf 150 Euro inklusive Umsatzsteuer.
    • Betriebsveranstaltungen werden als Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter definiert.
    • Sowohl Zuwendungen an den Mitarbeiter als auch an dessen Begleitperson anlässlich solcher Veranstaltungen sollen künftig zum Arbeitslohn gehören. Dabei ist es gleichgültig, ob sie dem einzelnen Mitarbeiter direkt zugordnet werden können oder ob sie rechnerischer Anteil an den „Gemeinkosten“ der Betriebsveranstaltung sind.
    • Was die Gemeinkosten einer Veranstaltung sind, wird nicht geregelt. Es sollen aber auch Reisekosten, die im Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung angefallen sind, in die 150-Euro-Freigrenze einzubeziehen sein.
    • Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Betriebsangehörigen offensteht und die Aufwendungen je teilnehmenden Mitarbeiter die 150-Euro-Freigrenze nicht übersteigen. Dies gilt wie bisher für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.

     

    • § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG neue Fassung im Wortlaut

    „1a. 1 Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung). 2 Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Gemeinkosten der Betriebsveranstaltung handelt. 3 Solche Zuwendungen gehören nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Betriebsangehörigen offensteht und die Aufwendungen je teilnehmenden Arbeitnehmer 150 Euro nicht übersteigen. 4 Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich. 5 Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen. 6 § 3 Nummer 13 und 16 ist nicht anzuwenden;“

     

     

    Kritik an der geplanten Neuregelung

    Die Mitglieder des Arbeitskreises Lohnsteuer der bayerischen IHK haben zum Gesetzesentwurf Stellung genommen und kritisieren insbesondere folgende Punkte:

     

    • Betriebsveranstaltungen seien im Einklang mit der derzeitigen BFH-Rechtsprechung im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers. Es ist daher schwer nachzuvollziehen, wieso Betriebsveranstaltungen nun aus der Systematik des nicht steuerpflichtigen Arbeitslohns herausgenommen werden sollen und nur noch in Ausnahmefällen lohnsteuerfrei sein sollen. Die in der Gesetzesbegründung angeführte „Steuervereinfachung“ wird dadurch nicht erreicht werden. Mit den geplanten Neuregelungen wird die Chance vertan, die BFH-Urteile sachgerecht umzusetzen. Eine größere Rechtssicherheit ist nicht erkennbar. Vielmehr wird es damit auch weiterhin zu zahlreichen Verfahren kommen.

     

    • Die Anhebung der Freigrenze sei zu begrüßen. Es sei jedoch zu befürchten, dass die Verschärfungen im Gesetzentwurf (Gemeinkosten, keine Reisekosten, externe Personen) die Anhebung aufzehren. Sofern von den Verschärfungen nicht abgesehen wird, müsse die Freigrenze weiter angehoben werden, zum Beispiel auf 200 Euro.

     

    • Unverständlich sei die Einbeziehung der Fixkosten und „eh-da“-Kosten (zum Beispiel Mietkosten Festsaal etc.) in die Berechnung der Freigrenze. Hierdurch wird die BFH-Rechtsprechung ausgehebelt. Zudem werden diese Kosten teilweise gar nicht plausibel darstellbar sein (zum Beispiel der anteilige Zeitaufwand der Buchhaltung). Ähnliches gilt für die Zurechnung der Angehörigen, insbesondere wenn diese nur an Teilen der Veranstaltung teilnehmen oder (zum Beispiel Kinder) gesonderte Programmpunkte geboten bekommen.

     

    • Ein weiteres Problem stellen in diesem Zusammenhang die „No-show-Kosten“ dar, wenn ein angemeldeter und eingeplanter Teilnehmer nicht zur Veranstaltung erscheint. Über diesen Fall schweigt sich der Gesetzesentwurf aus. Hier müsste klargestellt werden, ob in diesem Fall dem Teilnehmer der auf ihn entfallene Fixteil zugerechnet wird oder dieser auf die übrigen Teilnehmer verteilt wird.

     

    • Es wird dafür plädiert, die bisher in R 19.5 Abs. 5 Nr. 3 LStR enthaltene Regelung zu den Reisekosten beizubehalten. Dieses scheint schon rechtssystematisch geboten: Wenn es sich nach der geplanten Definition bei Betriebsveranstaltungen dem Grunde nach vorrangig um Arbeitslohn handelt und der Arbeitnehmer zu dieser betrieblichen Veranstaltung betriebsbedingt Reisekosten aufwendet, muss der Arbeitgeber die Möglichkeit haben, diese lohnsteuerfrei zu erstatten. Satz 6 der geplanten neuen Nummer 1a sollte demnach gestrichen werden.

     

    • Unklar ist zudem, wie der Begriff „jährlicht“ in Satz 4 auszulegen ist. Empfohlen wird, die Begrifflichkeit durch „je Kalenderjahr“ zu ersetzen, um Probleme bei Unternehmen mit abweichendem Wirtschaftsjahr zu vermeiden.

     

    PRAXISHINWEIS | Man darf gespannt sein, ob das BMF auf die Kritik reagieren und den Gesetzesentwurf ändern wird. „LGP“ hält Sie auf dem Laufenden.

     

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beitrag „Erfreulicher Schwenk des BFH: Weniger Leistungen fließen in die 110-Euro-Grenze ein“, LGP 11/2013, Seite 189
    Quelle: ID 42934670