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  • · Fachbeitrag · Betriebsveranstaltung/Lohnsteuer

    So können Aufwendungen für Angehörige an Betriebsveranstaltungen behandelt werden

    von StB Dipl.-Finw. (FH) Susanne Weber, WTS Steuerberatungsges. mbH, München

    | Jahrelang war bei der steuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen, an denen Angehörige teilnehmen, klar: Die Aufwendungen wurden dem jeweiligen Arbeitnehmer zugerechnet. Das sah der BFH im letzten Jahr anders. Er rechnet den Aufwand für Angehörige nicht dem Arbeitnehmer zu. Die Finanzverwaltung hat sich noch nicht dazu geäußert. Das wirft in der Praxis die Frage auf, wie Arbeitgeber die Kosten für den Angehörigen konkret behandeln sollen. Der folgende Beitrag gibt darauf eine Antwort. |

    Eigenbetriebliches Interesse versus Arbeitslohn

    Betriebsveranstaltungen (R 19.5 Abs. 2 Satz 1 LStR) sollen den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander fördern und das Betriebsklima verbessern. Eine „Belohnung“ steht nicht im Vordergrund. Daher führen Zuwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen als Leistung im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse grundsätzlich nicht zu Arbeitslohn.

     

    Allerdings liegt Arbeitslohn vor, wenn den teilnehmenden Arbeitnehmern Vorteile von einem solchen Eigengewicht zugewendet werden, dass von einem eigenbetrieblichen Interesse nicht mehr ausgegangen werden kann (BFH, Urteil vom 16.11.2005, Az. VI R 151/00; Abruf-Nr. 053729). Zur Abgrenzung gibt es die Grenze von derzeit 110 Euro inklusive Umsatzsteuer je Arbeitnehmer. Sie gilt für zwei Veranstaltungen im Kalenderjahr.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Teilnahme von Angehörigen wird grundsätzlich als nicht schädlich für das Vorliegen einer Betriebsveranstaltung angesehen. Auch ihre Anwesenheit kann das Betriebsklima fördern.

     

    Änderung der Rechtsprechung

    Bisher war der Kostenanteil für einen Angehörigen in die Prüfung der 110-Euro-Freigrenze des Arbeitnehmers einzurechnen. Abweichend hiervon entschied der BFH im letzten Jahr, dass die Aufwendungen für die Angehörigen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen und daher dem Arbeitnehmer nicht zuzurechnen sind.

     

    Das gilt zumindest dann, wenn sich die Vorteile - wie im Urteilsfall - auf eine angemessene Beköstigung, eine musikalische Unterhaltung und ein Animationsprogramm für die Kinder beschränken. In diesem Fall stehe die Förderung des Betriebsklimas und nicht die Belohnung der Arbeitnehmer im Vordergrund (BFH, Urteil vom 16.5.2013, Az. VI R 7/11; Abruf-Nr. 133172). Offen blieb, ob der BFH die Wertgrenze oder die Art der Leistung betrachtete.

     

    Wichtig | Anders kann dies bei besonderen Veranstaltungen sein, die einen eigenen marktgängigen Wert besitzen und vom Arbeitgeber nicht selbst durchgeführt werden könnten, zum Beispiel Besuch von Musicals, Konzerten oder Sportevents. Hier wird unterstellt, dass den Arbeitnehmern über die Angehörigen ein Vorteil zugewendet werden soll, was zu Arbeitslohn führt.

    Aktuelle Empfehlungen für Arbeitgeber

    Arbeitgeber, die die Rechtsprechung bereits anwenden wollen, sollten im Hinblick auf die Lohn- und Umsatzsteuer auf Folgendes achten:

     

    • Bei klassischen Betriebsfesten oder Betriebsausflügen, an denen Angehörige teilnehmen dürfen und bei denen die 110-Euro-Grenze je Teilnehmer eingehalten wird, kann davon ausgegangen werden, dass die Aufwendungen für die Angehörigen nicht beim Arbeitnehmer einzurechnen sind. Alle Aufwendungen - auch für die Angehörigen - sind als Leistung im betrieblichen Interesse anzusehen und können in voller Höhe als Betriebsausgabe abgezogen werden. Sie sind keine Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. Eine Versteuerung nach § 37b EStG ist daher nicht erforderlich. Bei der Umsatzsteuer gilt die lohnsteuerrechtliche Beurteilung entsprechend (Abschnitt 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 Satz 4 Umsatzsteuer-Anwendungserlass). Die üblichen Zuwendungen sind nicht steuerbare Leistungen, die überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst sind. Daher dürfte bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Vorsteuerabzug auch aus den Aufwendungen der Angehörigen geltend gemacht werden können.

     

    • Ist die 110-Euro-Grenze bei einem Arbeitnehmer überschritten, liegt bei ihm steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Daher dürften auch die Aufwendungen für den Angehörigen keine Leistung im überwiegenden betrieblichen Interesse sein. Da auch keine Geschenke vorliegen, sollten die Aufwendungen dem Arbeitnehmer als geldwerter Vorteil zugerechnet werden. Dem Grunde nach liegt aber dennoch eine Betriebsveranstaltung vor, sodass die steuerpflichtigen Zuwendungen insgesamt nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG mit dem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent - beitragsfrei - versteuert werden können. Umsatzsteuerlich scheidet der Vorsteuerabzug insgesamt aus (BFH, Urteil vom 9.12.2010, Az. V R 17/10; Abruf-Nr. 112077). Dafür entfällt die Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe.

     

    PRAXISHINWEIS | Arbeitgeber sollten wie beschrieben vorgehen, die weitere Entwicklung verfolgen und die Versteuerung gegebenenfalls anpassen, wenn sich die Finanzverwaltung zur Anwendung des Urteils geäußert hat. „LGP“ wird darüber zeitnah informieren.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Zögerliche Umsetzung der BFH-Urteile zur 110-Euro-Grenze“, LGP 3/2014, Seite 37; im Archiv auf lgp.iww.de
    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 118 | ID 42738085