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  • 27.04.2023 · IWW-Abrufnummer 234962

    Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 24.03.2023 – 1 Sa 1217/22

    Regeln die Parteien in einem gerichtlich protokollierten Vergleich, der die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach Ausspruch einer Kündigung zum Gegenstand hat, dass der klagende Arbeitnehmer unwiderruflich unter Fortzahlung der Vergütung sowie unter Anrechnung auf etwaig noch offene Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses freigestellt wird, werden in einem weiten Verständnis des Begriffs "Freizeitausgleichsansprüche" auch etwaige Ansprüche auf Überstundenvergütung erfasst.


    Tenor:

    Die Berufung des Klägers gegen das, Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 20.12.2022 - 1 Ca 1101/21 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

    Die Revision wird nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Der Kläger begehrt von der Beklagten, soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung, Zahlung von Überstunden.



    Die Parteien waren ausweislich eines Arbeitsvertrages vom 22.01.2004 seit dem 01.02.2004 verbunden. Der Kläger war als Markleiter bei einem Bruttomonatsdienst in Höhe von 4.000 € für die Beklagte tätig, die mehrere Verbrauchermärkte betreibt. Das Arbeitsverhältnis endete auf der Grundlage eines gerichtlichen Vergleiches vor dem Arbeitsgericht Paderborn vom 04.10.2021 mit Ablauf des 30.06.2022. Die Beendigung knüpfte an eine betriebsbedingte Kündigung vom 19.08.2021 an. Ausweislich der Regelung in Ziffer 4) des Vergleichs hielten die Parteien fest:



    Der Kläger wird unwiderruflich unter Fortzahlung der Vergütung sowie unter Anrechnung auf etwaig noch offene Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses freigestellt. Die Freistellung gilt für den gesamten noch folgenden Zeitraum vom 10.09.2021 bis zum 30.06.2022.



    Eine Erledigungsklausel nahmen die Parteien in den gerichtlichen Vergleich nicht auf. Im Rahmen der schriftlichen Kommunikation um den Inhalt des Vergleichs teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter dem 10.09.2021 mit, eine Erledigungsklausel solle in Anbetracht des noch laufenden Arbeitsverhältnisses nicht vereinbart werden.



    Die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers belief sich auf 37,5 Stunden. Der Kläger legte die Dauer der täglichen Arbeit in unterschiedlichem Umfang flexibel fest. Die geleisteten Arbeitszeiten des Klägers wurden mittels des Programms "ATOSS" in Form eines Schichtplans ausgewiesen. Die arbeitstäglichen Schichtzeiten des Klägers hielt für diesen die ihm unterstelle Mitarbeiterin A. fest. Mit Ausnahme des Marktleiters - also des Klägers - nutzten alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Markt der Beklagten einen Transponderchip, um die Arbeitszeiten konkret elektronisch zu erfassen, die zuvor für sie über das Programm ATOSS als Sollarbeitszeit in Form von Schichtplänen festgelegt worden waren.



    Einem vom Kläger gefertigten Ausdruck des Schichtplans für das Jahr 2020 kann entnommen werden, dass die sich bei einer Sechstagewoche und einem arbeitstäglichen Volumen von 6,25 Stunden ergebende Jahresgesamtarbeitszeit um 334,2 Stunden überschritten wurde. Für die Zeit vom 01.01.2021 bis zum 31.07.2021 überschreiten die im Schichtplan, der für den Kläger angelegt war, angegebenen Stunden das geschuldete Arbeitsvolumen um 219 Stunden. Auf die mittels ATOSS festgehaltenen Daten konnte sowohl die Beklagte wie auch der Gebietsleiter B. , der Vorgesetzte des Klägers, zugreifen. Mit seiner Klage fordert der Kläger, soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung, Abgeltung von insgesamt 553,20 Überstunden bei einem Stundenverdienst von 24,62 €.



    Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe zum Teil in elektronischen Nachrichten auf die in ATOSS ausgewiesenen Arbeitszeiten Bezug genommen. Der Beklagten sei bekannt, dass er als Marktleiter an sechs Tagen seine Arbeitsleistung nicht mit lediglich durchschnittlich 6,25 Stunden je Arbeitstag habe erbringen können. Die Beklagte habe die von ihm geleisteten Arbeitszeiten trotz Kenntnis nicht beanstandet, damit geduldet und somit auch konkludent angeordnet. Eine Vergütung von Überstunden sei - insoweit unstreitig - nicht erfolgt.



    Hätten sich Stunden aus der ursprünglichen Planung abweichend verändert, so seien diese Änderungen durch die Mitarbeiterin A. im Schichtplan erfasst worden. Richtig sei es, dass weder sein Vorgesetzter B. noch sonstige Vorgesetzte Überstunden ausdrücklich angeordnet hätten. Die Beklagte habe ihm während seines Vertragsverhältnisses freie Hand gelassen, seine Arbeitszeit und auch eine erforderliche Mehrarbeitszeit nach eigenem Ermessen vorzunehmen. Die von ihm geleisteten Stunden seien erforderlich gewesen. Die Beklagte habe seine Arbeitszeiten gekannt. Sie habe der Einteilung und der tatsächlichen Arbeitsleistung zu keinem Zeitpunkt widersprochen. In den Jahren 2020 und 2021 seien Überstunden insbesondere auch wegen der dünnen Personaldecke und einem erhöhtem Arbeitsaufwand infolge der Corona-Pandemie erforderlich gewesen. Im Jahr 2020 sei es außerdem zu einem Umsatzzuwachs von 9,2 % gekommen. Er habe nicht davon ausgehen können, dass die Beklagte trotz Zugriffs und Kenntnis die in ihrem eigenen System erfassten Überstunden nicht akzeptieren oder nicht genehmigen würde. Er habe im Verlauf des Tages keine Pausen gemacht, somit auch keine Mittagspause, wenngleich Pausen automatisiert durch das Programm ATOSS abgezogenen worden seien, was er bei seiner Berechnung aber gegen sich gelten lassen würde.



    Der Kläger ist der Auffassung, die im Vergleich geschlossene Vereinbarung über seine Freistellung führe nicht dazu, dass ihm Ansprüche aus geleisteten Überstunden nicht mehr zustünden. Im Vergleich sei lediglich geregelt worden, dass "Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche" auf die Freistellung angerechnet werden sollten. Einen solchen Anspruch mache er nicht geltend. Sofern Freizeitausgleichsansprüche hätten angerechnet werden sollen, seien damit Urlaubsansprüche und Freizeitansprüche im Zusammenhang mit Feiertagen gemeint gewesen.



    Der Kläger hat beantragt,

    1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.619,82 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Fahrtkosten in Höhe von 718,20 Euro zu zahlen.



    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.



    Die Beklagte ist der Auffassung, ein etwaig vorhandener Freizeitausgleichanspruch des Klägers aus möglicherweise geleisteten Überstunden sei durch die Vereinbarung im gerichtlichen Vergleich über die unwiderrufliche bezahlte Freistellung von mehr als 9,5 Monaten erledigt.



    Im Übrigen bestreite sie die vom Kläger behaupteten Überstunden. Die Behauptungen blieben pauschal. So lege der Kläger einen von ihm selbst erstellten Schichtplan vor, der in keiner Weise belege, dass der Kläger tatsächlich zu den von ihm selbst im Schichtplan angegebenen Zeiten Arbeitsleistungen erbracht habe.



    Falsch sei es, behaupte der Kläger, er habe selbst über die Erforderlichkeit von Überstunden entscheiden können. Er habe seine Arbeitszeiten zwar flexibel erbringen können, dies jedoch nur im Rahmen des geschuldeten Arbeitszeitvolumens. Es sei ferner zu bestreiten, dass der Kläger wegen einer dünnen Personaldecke und einem erhöhtem Arbeitsaufwand angesichts der Corona-Pandemie die wöchentliche Arbeitszeit deutlich überschritten habe. Der Vortrag des Klägers bleibe pauschal und unsubstantiiert. Insbesondere trage der Kläger nicht vor, an welchen Tagen im Einzelnen die Überschreitung seiner täglichen Arbeitszeit aus welchen Gründen erforderlich gewesen sei. Zu einer Duldung oder Anordnung der Überstunden trage der Kläger ebenfalls nichts vor. Auch der Umstand, dass der Markt in Warburg zeitweise keine Stellvertretung für den Marktleiter gehabt habe, ändere nichts daran.



    Mit Urteil vom 20.10.2022 hat das Arbeitsgericht der Klage im Umfang von 718,20 Euro hinsichtlich eingeforderter Fahrtkosten stattgegeben, sie im Übrigen aber abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, es fehle substantiierter Sachvortrag des Klägers zu durchgeführten Überstunden, die von der Beklagten angeordnet oder geduldet worden seien.



    Gegen das dem Kläger am 16.11.2022 zugestellte Urteil vom 27.10.2022 richtet sich dessen Berufung vom 16.12.2022, die er am 16.01.2023 unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags im Wesentlichen wie folgt begründet:



    Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass es sich hier nicht alleine um Arbeitsaufzeichnungen handele, die der Beklagten vorgelegt worden seien. Vielmehr gehe es um erfasste Daten durch ein von der Beklagten selbst eingeführtes Programm zur Arbeitszeiterfassung. Im Schichtplan seien auch etwaige Änderungen der zunächst vorgesehenen Arbeitszeiten ausgewiesen worden.



    Die jeweiligen Märkte seien verpflichtet, die Arbeitszeiten der Mitarbeiter zu erfassen. Dies gelte nicht nur für ihn, sondern auch für andere Arbeitnehmer. Für diese sei die Erfassung zur Grundlage für die Berechnung der geleisteten Mehrarbeit gemacht worden. Spätestens mit den monatlichen Abrechnungen nehme die Beklagte die Anzahl der geleisteten Stunden zur Kenntnis. Warum dies für ihn anders sein soll, sei nicht nachvollziehbar. Die Beklagte habe vielmehr in Kenntnis der tatsächlich geleisteten Stunden diese so hingenommen und keinerlei Vorkehrungen getroffen, die Leistung von Überstunden durch ihn - den Kläger - zu unterbinden. Deshalb, so seine Auffassung, habe die Beklagte die Überstunden durch Duldung veranlasst. Wäre die Beklagte mit seinen Mehrarbeitszeiten nicht einverstanden gewesen, hätte sie ihn darauf hinweisen müssen.



    Der Kläger beantragt,

    das, Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 20.10.2022 teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 13.619,82 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.12.2021 zu zahlen.



    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.



    Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche, Urteil. Der Vortrag des Klägers zu den von ihm behaupteten Überstunden sei unsubstantiiert. Darüber hinaus - so ihre Auffassung - stünde dem Kläger angesichts der Regelung zur Freistellung im gerichtlichen Vergleich kein Zahlungsanspruch zu.



    Der Sachvortrag des Klägers sei nach wie vor nicht einlassungsfähig. Der Kläger lege weder dar, welche Arbeiten von ihm konkret an welchen Tagen über seine normale Arbeitszeit hinaus geleistet worden seien, noch warum er die Arbeit nicht innerhalb seiner Normalarbeitszeit habe leisten können.



    Es sei zwar zutreffend, dass - mit Ausnahme des Klägers - alle weiteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Markt Kommens- und Gehenszeiten durch Betätigung mittels eines Transponderchips elektronisch festhielten. Die dadurch erfassten Zeiten stellten allerdings nicht ohne weiteres die tatsächlich erbrachten Arbeitszeiten dar. Die Überwachung und Kontrolle der tatsächlich erbrachten Arbeitszeiten der Mitarbeiter im Markt habe dem Kläger als Marktleiter bzw. in dessen Abwesenheit der Stellvertretung oblegen. Deshalb sei die pauschale Behauptung des Klägers, die Kommens- und Gehenszeiten würden ohne weiteres bei anderen Arbeitnehmern zur Grundlage der Berechnung für geleistete Mehrarbeit gemacht worden, falsch. Falsch sei es auch, behaupte der Kläger, sie habe jederzeit Kenntnis über die entsprechenden Zeiten gehabt. Das sei bei einer Anzahl von mehreren tausend Arbeitnehmern nicht möglich. Aus diesem Grunde sei die Überprüfung und Kontrolle der Zeiten den jeweiligen Marktleitern übertragen worden. Nur diese könnten vor Ort in den einzelnen Verbrauchermärkten feststellen, ob die angegebenen Zeiten korrekt und erforderlich gewesen waren.



    Unzutreffend sei es auch, dass sie in Kenntnis der tatsächlich geleisteten Stunden diese so hingenommen und keinerlei Vorkehrungen getroffen hätte, die Leistung von Überstunden durch den Kläger zu unterbinden. So habe der Kläger - insoweit unstreitig - zu keiner Zeit die Ableistung der von ihnen nunmehr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erstmals behaupteten Überstunden gegenüber seinem Vorgesetzten, dem Gebietsleiter B. , angezeigt. Einen Widerspruch gegen etwaig geleistete Überstunden habe sie nicht erklären können, weil der Kläger eine solche Mehrarbeit ihr gegenüber nicht angezeigt habe.



    Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die von den Parteien zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2023 abgegebenen Erklärungen ergänzend Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    I. Die Berufung des Klägers ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft, § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG. Sie wurde nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 16.12.2022 gegen das am 16.11.2021 zugestellte, Urt. v. 20.10.2022 innerhalb der Monatsfrist form- und fristgerecht eingelegt sowie innerhalb der Frist des § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG ordnungsgemäß im Sinne der §§ 520 Abs. 3, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG am 16.01.2023 begründet. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.



    II. Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage, soweit sie in der Berufungsinstanz noch verfolgt wird, zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Zahlung von 8.228,04 € brutto für Überstunden im Umfang von 334,2 Stunden im Kalenderjahr 2020 und weitere 5.391,78 € brutto für Überstünden beanspruchen, die er in der Zeit vom 01.01.2023 bis zum 31.07.2021 erbracht haben will.



    1. Die Klage ist, soweit mit ihr eine Überstundenabgeltung in einer Gesamthöhe von 13.619,82 Euro brutto geltend gemacht wird, zulässig, insbesondere ausreichend bestimmt genug i.S.d. §§ 46 Abs. 2 ArbGG i.v.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.



    Bei Vergütungsansprüchen sind die Anspruchszeiträume kalendermäßig zu bestimmen (BAG, Urt. v. 05.09.1995 - 3 AZR 58/95 Rn. 13; LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 21.07.2020 - 1 Sa 17/20, Rn. 22; LAG Rheinland-Pfalz 2. Kammer, Urt. v. 28.11.2013 - 2 Sa 329/13 Rn. 29). Zwar hat der Kläger die jeweiligen Vergütungsansprüche aus behaupteten Überstunden nicht nach einzelnen Kalendertagen ermittelt. Doch reicht es für die Zulässigkeit der Klage aus, angenommene Überstunden für kalendermäßig bestimmte Zeiträume zu saldieren und diese Überstunden als vollständigen Überstundenanspruch für den jeweiligen Zeitraum zum Gegenstand der Klage zu machen. Damit wird ausreichend klar, dass weitere Überstundenansprüche für den eingeforderten Zeitraum nicht mehr eingefordert werden. Unklarheiten zur Rechtskrafterstreckung i.S.d. § 322 ZPO ergeben sich nicht mehr. Der Kläger ist dem Erfordernis eines hinreichend bestimmten Klageantrags ausreichend nachgekommen, indem er die von ihm angenommenen Überstunden vollständig für die kalendermäßig benannten Zeiträume des Jahres 2020 und für den Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 31.07.2021 eingefordert hat. Unklarheiten entstehen auch nicht hinsichtlich des Umfangs etwaiger Pausen und diesbezüglicher Vergütungsansprüche des Klägers. Zwar hat der Kläger behauptet, er habe während der automatisiert abgezogenen Pausen ebenfalls gearbeitet. Doch hat er zugleich erklärt, den Pausenabzug gegen sich gelten zu lassen. Damit hat er die Pausenentnahme nicht mehr ausdrücklich bestritten und damit unstreitig i.S.d. § 138 Abs. 3 ZPO gestellt.



    2. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten keine Überstundenabgeltung verlangen. Einen solchen Anspruch kann er nicht auf die einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage aus § 5 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vom 22.01.2004 i.V.m. § 611a Abs. 2 BGB stützen.



    a) Dem steht bereits entgegen, dass ein etwaiger Anspruch auf Abgeltung von Überstunden nach § 364 Abs. 1 BGB durch die im gerichtlichen Vergleich enthaltene Vereinbarung der Parteien zu Ziff. 4 erloschen wäre.



    aa) Nach § 364 Abs. 2 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt. In Ziff. 4 des gerichtlich protokollierten Vergleichs vom 04.10.2021 haben die Parteien vereinbart, dass der Kläger unwiderruflich und unter Fortzahlung der Vergütung sowie unter Anrechnung auf etwaig noch offene Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses während des Zeitraums vom 10.09.2021 bis zum 30.06.2022 freigestellt wird. Eine an den §§ 157, 133 BGB orientierte Auslegung der Parteivereinbarung ergibt, dass die Parteien mit Freizeitausgleichsansprüchen solche Ansprüche gemeint haben, die der Kläger nun zum Gegenstand seiner auf Abgeltung der Überstunden gerichteten Klage macht. Durch Erfüllung dieser anderen Leistung als der klägerisch eingeforderten Urlaubsabgeltungsansprüche während des erfolgten Freistellungszeitraums ab dem 10.09.2021 bis zum 30.06.2022 sind die eingeklagten Ansprüche des Klägers - sollten sie bestehen - erfüllt.



    bb) Verträge sind nach den §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Auszugehen ist dabei vom Wortlaut, wobei zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen sind, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärungen zulassen. Insbesondere sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Dabei ist im Zweifel der Auslegung der Vorzug zu geben, der zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt (BAG, Urt. v. 18.05.2010, 3 AZR 373/08 Rn. 36; Urt. v. 02.07.2009 - 3 AZR 501/07, Rn. 19).



    (1) Die Kammer hat keine Zweifel, dass der Wortlaut der von den Parteien in Ziffer 4 des gerichtlichen Vergleichs gewählten Formulierung, Freizeitausgleichsansprüche seien anzurechnen, weit zu verstehen ist und mit Freizeitausgleichsansprüchen alle Ansprüche gemeint sind, die der Kompensation für ein erbrachtes Arbeitszeitvolumen zuzurechnen sind, das die durchschnittlich erbrachte Arbeitszeit überschritten hat. Bei der Formulierung, Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche sollten auf den Zeitraum der Freistellung angerechnet werden, handelt es sich um eine typische Formulierung in arbeitsgerichtlich protokollierten, im Wege eines Vergleichs zustande gekommenen Aufhebungsvereinbarungen. Die Vertragsparteien wollen damit erreichen, dass etwaige offene Urlaubsansprüche, die häufig streitig sind, ebenso wie sonstige Ansprüche auf Freizeitausgleich, mögen sie aus Arbeitszeitkonten oder erbrachten Überstunden folgen, in den Zeitraum der erfolgten Freistellung hineinfallen und verrechnet werden. Über die Berechtigung solcher Ansprüche entsteht zwischen Arbeitsvertragsparteien gerade im Zusammenhang mit der Abwicklung eines Arbeitsverhältnisses häufig Streit. Wird eine Klausel über die Anrechnung von Freizeitausgleichsansprüchen auf den Freistellungszeitraum in einen gerichtlichen Vergleich aufgenommen, sollen diese tatsächlichen Unsicherheiten i.S.d. § 779 Abs. 1 BGB durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt werden. Der Begriff "Freizeitausgleichsanspruch" ist vor diesem Hintergrund in einem weiten Sine zu verstehen und erfasst damit auch Überstundenabgeltungsansprüche.



    (2) Dem steht nicht entgegen, dass in § 5 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vom 22.01.2004 geregelt wurde, Ansprüche auf Zahlung einer Vergütung für geleistete Mehrarbeit bestünden nur dann, wenn diese Mehrarbeit vom Arbeitgeber angeordnet oder genehmigt sei. Damit haben die Parteien nicht etwa, wie es der Kläger anzunehmen scheint, regeln wollen, dass Mehrarbeit ausschließlich im Wege der Vergütung ausgeglichen werden könne. Sie haben lediglich festgehalten, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Anspruch auf Vergütung entstehen kann, wobei zu bemerken ist, dass auch ohne eine solche Bestimmung im Arbeitsvertrag ein Anspruch auf Vergütung von Mehrarbeit nur unter den in dieser Klausel genannten Voraussetzungen begründet ist.



    (3) Auch die tatsächliche Handhabung der Arbeitszeitgestaltung durch den Kläger spricht für ein weites Verständnis des Begriffs "Freizeitausgleichsansprüche". In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht wurde unstreitig, dass dem Kläger nicht im Einzelnen vorgegeben worden war, wann er seine Arbeitszeit beginnen und enden musste. Dies stand in Übereinstimmung mit dem vom Kläger vorgelegten Schichtplan, aus dem sich entnehmen lässt, dass er die durchschnittliche werktägliche Arbeitszeit von 6,25 Stunden sowohl über wie auch unterschritten hat. Der Kläger war damit in der Lage, seine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden flexibel zu verteilen, soweit er nur insgesamt das geschuldete Arbeitsvolumen erbringt. Die Arbeitszeithandhabung entspricht damit der einer variablen Arbeitszeitgestaltung. Vor diesem Hintergrund erklärt sich umso mehr, dass die Parteien in ihrem gerichtlichen Vergleich einen Freizeitausgleich aus dieser variablen Handhabung der vom Kläger geschuldeten Arbeitszeit unter jedem Gesichtspunkt, mögen es nun Mehrarbeitsstunden gewesen sein oder ein Ausgleich für flexibel gehandhabte Arbeitszeiten, in den Freistellungszeitraum haben legen wollen.



    (4) Dass dies auch dem Verständnis des Klägers entsprochen hat, wird nicht zuletzt daran deutlich, dass der Kläger dem Berufungsgericht nicht erklären konnte, was denn nach seiner Überlegung die Freizeitausgleichsansprüche gewesen sein sollen, die in den Freistellungszeitraum gelegt werden sollten, sofern es nicht etwaige Ansprüche auf Ausgleich von Mehrarbeit sein sollten. Jedenfalls vermochte es die Kammer nicht zu überzeugen, gab der Kläger dazu an, es seien solche auf Erteilung von Urlaub oder Freistellung für etwaige Feiertage. Dagegen spricht bereits, dass der gerichtlich protokollierte Vergleich, der zwischen den Parteien zuvor ausgehandelt worden war, sehr umfangreich ist und in vielerlei Hinsicht Detailfragen regelt. Deshalb ist anzunehmen, dass der Kläger sich mit dem Begriff der "Freizeitausgleichsansprüche" intensiv auseinandergesetzt hat, bevor er den Vergleich akzeptiert hat. Dafür spricht nicht zuletzt, dass der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten noch unter dem 10.09.2021 mitteilen ließ, er wolle einer allgemeinen Erledigungsklausel im Vergleich, die die Beklagte abschließend wollte, in "Anbetracht des noch laufenden Arbeitsverhältnisses" nicht in den Vergleich aufnehmen. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Abgeltung von Mehrarbeit sind sämtlich solche, die bis zum 10.09.2021 hätten entstanden sein müssen. Seine Erklärung in der elektronischen Nachricht vom 10.09.2021 lässt nur den Schluss zu, dass er jedenfalls zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen ist, Ansprüche dieser Größenordnung bestünden nicht mehr. Das lag angesichts des über neun Monate laufenden Freistellungsanspruchs und der Anrechnungsklausel in Ziffer 4 des gerichtlichen Vergleichs auch nahe. Andernfalls wäre zu erwarten gewesen, dass er diesen bedeutsamen und im Rahmen von Verhandlungen über den Abschluss von Aufhebungsvereinbarungen stets beachtlichen Anspruch zum Gegenstand des Vergleichs gemacht hätte, wie es für viele andere, weniger relevante Ansprüche im gerichtlich protokollierten Vergleich vom 04.10.2021 auch geschehen ist.



    b) Die Klage ist aber auch deshalb unbegründet, weil es dem Kläger nicht gelungen ist, die Leistung der behaupteten Überstunden und deren Veranlassung durch die Beklagte dazulegen.



    Zwar hat der Kläger die Anzahl der von ihm geleisteten Stunden schlüssig vorgetragen. Doch fehlt es seinem Vortrag an ausreichender Substanz, soweit es darum geht, dass etwaige Überstunden von der Beklagten veranlasst worden sein sollen.



    aa) Der Kläger hat die von ihm angenommenen Überstunden der Zahl nach schlüssig vorgetragen. Dazu reicht es, legt der Arbeitnehmer im Rahmen eines Überstundenvergütungsprozesses dar, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Seiner Darlegungslast entspricht der Arbeitnehmer, wenn er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Vortragslast, zu bestimmten Zeiten gearbeitet zu haben, wenn er behauptet, regelmäßig zugleich während der genannten Zeiten die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht zu haben. Für die erste Stufe der Darlegungslast im Rahmen eines Überstundenprozesses reicht ein solcher Vortrag aus (BAG, Urt. v. 04.05.2022 - 5 AZR 359/21, Rn. 15; Urt. v. 10.04.2013 - 5 AZR 122/12 Rn. 10).



    Die Behauptungen des Klägers genügen diesen Anforderungen. Er hat für das Kalenderjahr 2020 und für den Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 31.07.2021 unter Bezugnahme auf den ausgewiesenen Schichtplan dargelegt, wann er seine Arbeitszeit begonnen haben wollte und wann diese arbeitstäglich ihr Ende gefunden habe. Daraus hat der Kläger einen Saldo gebildet.



    bb) Es mag dahinstehen, ob die Beklagte mit dem bloßen Bestreiten, für sie sei nicht erkennbar, dass der Kläger tatsächlich während dieser Arbeitszeiten Arbeiten erbracht habe, ihrer abgestuften Darlegungslast entsprochen hat. Denn sie muss auf den schlüssigen Sachvortrag des Klägers, will sie ihn ausreichend qualifiziert bestreiten, erwidern, welche Arbeiten sie dem Kläger zugewiesen hat und an welchen Tagen der Kläger von wann bis wann diesen Weisungen - nicht - nachgekommen ist. Sofern ein solcher Sachvortrag nicht folgt oder er nicht substantiiert ist, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. BAG, Urt. v. 04.05.2022 - 5 AZR 359/21 Rn. 15 m.w.N.).



    Denn es ist dem Kläger nicht gelungen, auf der zweiten Stufe des Überstundenvergütungsprozesses darzulegen, dass die vom behaupteten Überstunden auch auf Veranlassung der Beklagten geleistet worden sind. Dabei lässt sich das Berufungsgericht von dem zuletzt in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.05.2022 - 5 AZR 359/21 - wiedergegebenen Grundsatz leiten, im Zivilprozess müsse derjenige, der von einem anderen etwas fordert, die Tatsachen darlegen und im Streitfall beweisen, die seinen Anspruch begründen sollen. Zwar mag es für einen Arbeitnehmer schwierig sein, Überstundenvergütungen gerichtlich durchzusetzen. Doch liegen die Schwierigkeiten im Rahmen eines Überstundenprozesses regelmäßig darin begründet, dass bis zur gerichtlichen Geltendmachung von Überstunden über einen längeren Zeitraum hinweg abgewartet wird und keine aussagekräftigen Unterlagen zur Begründung des Anspruchs vorgelegt werden können. Bereits die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten gebietet es, dass ein Arbeitnehmer sich Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitszeiten macht, um vorzutragen zu können, auf welche Art und Weise der Arbeitgeber entstandene Überstunden veranlasst hat (vgl. BAG, Urt. v. 04.05.2022 - 5 AZR 359/21 Rn. 28).



    Der Kläger hat indes nicht ausreichend vorgetragen, dass die Beklagte ihm Arbeit durch Anordnung, Duldung oder Billigung in einem Umfang zugewiesen hat, der über die geschuldete Arbeitsleistung hinausging.



    (1) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden durch die Beklagte nicht erfolgt ist.



    (2) Auch eine konkludente Anordnung von Überstunden durch die Beklagte ist vom Kläger nicht ausreichend vorgetragen worden. So ordnet der Arbeitgeber konkludent Überstunden an, wenn er dem Arbeitnehmer Arbeit in einem Umfang zuweist, den dieser nur dann bewältigen kann, wenn er unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit Überstunden erbringen muss. Der Arbeitnehmer muss dazu darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten ist oder ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitraum vorgegeben worden war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte. Unzureichend ist der Sachvortrag des Arbeitnehmers, wenn er sich alleine auf die Anwesenheit im Betrieb stützt. Denn daraus folgt keine Vermutung dafür, Überstunden seien zur Erbringung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen (BAG, Urt. v. 04.05.2022 - 5 AZR 359/21 Rn. 32; Urt. v. 10.04.2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 17). Der Sachvortrag des Klägers ist insoweit unsubstantiiert. So beschränkt er sich auf die Behauptung, es sei der Beklagten klar gewesen, dass er als Marktleiter nicht mit einer durchschnittlichen Stundenzahl von arbeitstäglich 6,25 Stunden seinen Arbeitsverpflichtungen nachkommen könne. Auch habe die Corona-Pandemie und eine dünne Personaldecke den erhöhten Arbeitsaufwand erfordert. Letztlich sei im Jahr 2020 ein Umsatzzuwachs von 9,2% entstanden. Weder aus dem Umsatzzuwachs noch aus den Umständen der Corona-Pandemie wird hinreichend deutlich, warum es ausgerechnet der Kläger ist, der Mehrarbeit hat erbringen müssen. Umsatzzuwächse und Arbeit im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Pandemie sind Aufgaben, die nicht nur vom Kläger, sondern auch von anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Markt verrichtet werden konnten. Konkrete und auf den jeweiligen Arbeitstag bezogenen Darlegungen fehlen insoweit. Für die Beklagte ist der Vortrag des Klägers nicht einlassungsfähig.



    (3) Dem Kläger ist es auch nicht gelungen, ausreichend substantiiert darzulegen, dass die Beklagte Überstunden gebilligt habe. Dabei ist vom Grundsatz auszugehen, dass mit der Billigung von Überstunden der Arbeitgeber gleichsam eine nachträgliche Genehmigung für die fehlende vorherige Anordnung schon geleisteter Überstunden ersetzt. Deshalb ist für die Billigung von Überstunden erforderlich, dass der Arbeitgeber zu erkennen gibt, mit der schon erfolgten Leistung bestimmter Überstunden einverstanden zu sein. Ein solches Einverständnis muss nicht ausdrücklich erfolgen. Eine Billigung kann etwa dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber oder ein für ihn handelnder Vorgesetzter des Arbeitnehmers eine bestimmte Anzahl von Stunden abzeichnet und damit sein Einverständnis mit einer Überstundenleistung zum Ausdruck bringt (BAG, Urt. v. 04.05.2022 - 5 AZR 359/21 Rn. 34; Urt. v. 10.04.2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 19). Insbesondere reicht es nicht aus, etwaige vom Arbeitnehmer gefertigte Arbeitsaufzeichnungen widerspruchslos entgegenzunehmen (BAG, Urt. v. 04.05.2022 - 5 AZR 359/21 Rn. 34).



    Auch insoweit reichen die Behauptungen des Klägers nicht aus, um von einer Billigung etwaiger Überstunden durch die Beklagte auszugehen. So beschränkt sich der Sachvortrag des Klägers auf die Behauptung, die Beklagte habe auf die Stundenaufzeichnungen aus dem mittels des Programms ATOSS erstellten Schichtplans verschiedentlich in elektronischen Nachrichten Bezug genommen. Das ist für sich gesehen ohne Aussagegehalt, denn die Hintergründe für eine solche Bezugnahme bleiben offen und unerklärt. Eine Billigung der Arbeitgeberin kann daraus nicht geschlossen werden.



    Unterstellt werden kann die Behauptung des Klägers als richtig, die Beklagte habe die mittels des Arbeitszeiterfassungssystems erstellte Schichtplangestaltung und die über das System erfassten Arbeitszeiten der anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Markt des Klägers eingesetzt worden sind, zur Grundlage ihrer Abrechnungen gemacht. Die Parteien haben im Kammertermin vor dem Berufungsgericht unstreitig gestellt, dass - mit Ausnahme des Klägers - alle weiteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Arbeitszeiten unter Nutzung des elektronischen Zeiterfassungssystems in tatsächlicher Hinsicht erfassen mussten. Die in ATOSS enthaltene Schichtplanregelung ist damit lediglich eine Vorgabe der Soll-Arbeitszeiten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die tatsächlich geleistete Arbeitszeit ergibt sich sodann über die Arbeitszeiterfassung, die konkret von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - mit Ausnahme des Klägers - durchgeführt worden ist.



    Der Kläger indes hat über das Programm ATOSS lediglich eine Schichtplangestaltung durch die Mitarbeitern A. einpflegen lassen und, soweit es seine Vorgesetztenstellung anbelangt, diese Planung der Mitarbeiterin hingenommen. Die Mitarbeiterin A. ist eine dem Kläger nachgeordnete und von seinen Weisungen abhängige Mitarbeiterin. Delegiert der Kläger die Schichtplangestaltung an diese Mitarbeiterin, führt dies nicht zu einer Billigung der eingeteilten Arbeitszeiten durch die Beklagte. Das wäre lediglich dann der Fall, wenn ein für die Beklagte handelnder Erfüllungsgehilfe - gegebenenfalls der Vorgesetzte des Klägers - die so geplanten Arbeitszeiten akzeptiert und nachträglich genehmigt hätte. Der Kläger beschränkt sich in seinem Vortrag insoweit auf die Behauptung, der ihm vorgesetzte Gebietsleiter B. habe die Schichtplangestaltung zur Kenntnis genommen. Die bloße Kenntnisnahme reicht - wie bereits unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgeführt - allerdings nicht aus, um eine Billigung anzunehmen.



    (4) Auch zu einer Duldung der Überstunden durch die Beklagte wurde vom Kläger nicht ausreichend vorgetragen. Von einer solchen Duldung kann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und im Übrigen keine Vorkehrungen trifft, diese Leistungen künftig zu unterbinden. Er muss damit gegen die Leistungen von Überstunden nicht einschreiten und sie weiterhin entgegennehmen. Will der Arbeitnehmer dies vortragen, muss er darlegen, von welchen wann geleisteten Überstunden der Arbeitgeber auf welche Weise wann Kenntnis erlangt haben soll und es im Anschluss daran zu einer weiteren Überstundenleistung gekommen ist. Dabei reichen alleine technische Aufzeichnungen der Kommens- und Gehenszeiten des Klägers nicht aus. Davon ist erst dann auszugehen, wenn der Kläger diese Aufzeichnungen mit einem Hinweis auf eine Überstundenleistung verbunden hätte (vgl. vorstehend BAG, Urt. v. 04.05.2022 - 5 AZR 359/21 Rn. 36).



    Die Behauptungen des Klägers beschränken sich darauf, der Gebietsleiter B. und auch die Beklagte selbst hätten auf die mittels ATOSS festgehaltenen Daten zugreifen können. Vorgelegt hat der Kläger dazu die Schichtplaneinteilungen, die sich auf eine Darstellung der täglichen Soll-Arbeitszeiten und eine Angabe der auf den Arbeitstag bezogenen Stunden beschränkt. Der Kläger hat am Rand des Ausdrucks dieses Schichtplans handschriftlich die Anzahl der von ihm ermittelten Überstunden festgehalten. Daraus ergibt sich, dass das Programm ATOSS eine Saldierung geleisteter Stunden gerade nicht vornimmt. Erst aus dieser Saldierung, die der Kläger durchgeführt hat, ergibt sich damit, dass die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit überschritten wird. Eine sonstige, automatisierte Saldierung hat der Kläger nicht vorgelegt. Da es dem Kläger überlassen war, seine Arbeitszeiten flexibel einzuteilen, konnte die Beklagte damit lediglich aus einer selbst vorgenommenen Saldierung der im Schichtplan angegebenen Arbeitszeiten, die im Übrigen nicht durch eine konkrete Arbeitszeiterfassung belegt sind, feststellen, ob es zu einer Überschreitung der geschuldeten Arbeitsleistung gekommen war. Andere Hinweise auf eine mögliche Überschreitung der Arbeitszeiten, die etwa der Kläger selber hätte vornehmen können, um eine Duldung der Überstunden auszulösen, wurden vom Kläger nicht vorgetragen. Alleine die bloße Wiedergabe von Soll-Arbeitszeiten im Schichtplan, der über das Programm ATOSS erarbeitet worden ist, konnte deshalb eine Kenntnis der Beklagten von Überstunden nicht begründen, gegen deren Ableistung sie hätte einschreiten müssen, um einer Duldung entgegenzuwirken.



    III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision i. S. d. § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben. Keine der entscheidungserheblichen Rechtsfragen hat grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die tatsächlichen Auswirkungen der Rechtsfragen berühren auch nicht die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit. Auch weicht diese Entscheidung von keiner Entscheidung der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte ab.

    Vorschriften§ 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG, §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, §§ 520 Abs. 3, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 322 ZPO, § 138 Abs. 3 ZPO, § 611a Abs. 2 BGB, § 364 Abs. 1 BGB, § 364 Abs. 2 BGB, §§ 157, 133 BGB, §§ 133, 157 BGB, § 779 Abs. 1 BGB, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG