· Fachbeitrag · Betriebsprüfung
Streit um SV-Beiträge von Leiharbeitnehmern
| Das BAG hat Ende 2010 die mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit (CGZP) geschlossenen Tarifverträge für nichtig erklärt (Az. 1 ABR 19/10). Kontrovers diskutiert wird seither die Frage, ob die betroffenen Zeitarbeitsfirmen Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen müssen, wenn der Rentenversicherungsträger einen konkreten Zeitraum bereits geprüft hat und ein bestandskräftiger Bescheid ergangen ist. Gleich drei Gerichte haben sich aktuell damit befasst - mit unterschiedlichem Tenor. |
LSG Nordrhein-Westfalen und Hessen: Der gute Glaube ist nicht geschützt
Nach Ansicht des LSG Nordrhein-Westfalen ist die Deutsche Rentenversicherung Bund berechtigt, Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern. Denn Betriebsprüfungen haben nur Stichprobencharakter, sollen Beitragsausfälle verhindern und dienen nicht dazu, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm Entlastung zu erteilen. Der Arbeitgeber kann sich auch nicht darauf berufen, dass er auf die Rechtmäßigkeit des Tarifvertrags mit der CGZP vertraut habe. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, wonach der gute Glaube an die Wirksamkeit eines Tarifvertrags oder die Tariffähigkeit einer Vereinigung geschützt ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.5.2012, Az. L 8 R 164/12 B ER; Abruf-Nr. 121974).
Zum gleichen Ergebnis gelangt das LSG Hessen: Es sei nicht erkennbar, weshalb der entsprechende Tarifvertrag in der Zeit vor der BAG-Entscheidung wirksam gewesen sein sollte. Die Zeitarbeitsfirma könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn es liege weder eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung vor, noch werde der gute Glaube in die Tariffähigkeit einer Vereinigung geschützt (LSG Hessen, Beschluss vom 23.4.2012, (Az. L 1 KR 95/12 B ER; Abruf-Nr. 121975).
LSG Bayern verlangt Rücknahme bestandskräftiger Bescheide
Anders sieht es das LSG Bayern: Hat der Rentenversicherungsträger einen konkreten Zeitraum geprüft und ist ein bestandskräftiger Bescheid ergangen, ist eine Nachforderung für den gleichen Zeitraum durch einen späteren Prüfbescheid rechtswidrig, wenn der bestandskräftige Bescheid nicht zurückgenommen wurde. Stichprobenprüfungen können die nachträgliche Rücknahme nach § 45 SGB X lediglich erleichtern, aber nicht ersetzen. Der Rentenversicherungsträger ist deshalb verpflichtet, zuerst den früheren bestandskräftigen Prüfbescheid aufzuheben. Geschieht dies nicht, ist der neue Prüfbescheid rechtswidrig (LSG Bayern, Beschluss vom 22.3.2012, Az. L 5 R 138/12 B ER; Abruf-Nr. 121038).
PRAXISHINWEIS | Für das BSG und die Spitzenverbände der Sozialversicherung sind die Kontrollen der Rentenversicherungsträger reine Stichprobenprüfungen. Arbeitgeber können sich daher nicht auf Vertrauensschutz berufen, nur weil ein bestimmter Sachverhalt bei einer vorherigen Betriebsprüfung nicht beanstandet wurde (LGP 4/2012, Seite 59). |