· Fachbeitrag · Rentenversicherung
Neues Recht für Syndikusrechtsanwälte gilt seit 1. Januar 2016 - Wichtiger Termin: 1. April 2016
von Martin W. Huff, Rechtsanwalt bei der LLR LegerlotzLaschet Rechtsanwälte Köln und Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln
| Das neue Recht der Syndikusrechtsanwälte ist seit 1. Januar 2016 in Kraft. Arbeit kommt kurzfristig auf die Unternehmensanwältinnen und -anwälte (der Einfachheit halber verwenden wir nachfolgend die männliche Form) zu, über deren anhängigen Befreiungsantrag die Deutsche Rentenversicherung Bund noch nicht entschieden hat bzw. bei denen Streit über die Befreiung - im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren - besteht. Stichtag ist hier der 1. April 2016. Lernen Sie die Eckpunkte des Rechts kennen und erfahren Sie, was Syndikusanwälte und ihre Arbeitgeber bis wann tun müssen. |
Die Eckpunkte des neuen Rechts
Die gute Nachricht vorweg: Keine neue Zulassung benötigen Rechtsanwälte, die bereits eine Zulassung als Rechtsanwalt haben, bei denen die Rechtsanwaltskammer nach §§ 56 Abs. 3 Nr. 1, 14 Abs. 2 Nr. 8 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) die Vereinbarkeit festgestellt hat und die von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) rechtsgültig für ihre Tätigkeit bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber von der Versicherungspflicht befreit wurden.
Mit der Neuregelung kann ein Unternehmensanwalt, dessen Arbeitgeber keine Anwaltszulassung hat, die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt (so die eigenständige Berufsbezeichnung) bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer und die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei der DRV Bund beantragen. Mit der Zulassung kann er dann (wieder) über ein Versorgungswerk für sein Alter vorsorgen.
Doppelzulassung möglich
Damit sind künftig folgende drei Konstellationen bei der Anwaltszulassung möglich (wenn man den Syndikuspatentanwalt, den es künftig auch geben wird, einmal außer Acht lässt). Ein Anwalt ist zugelassen
- nur als Sydikusrechtsanwalt,
- nur als (freier) Rechtsanwalt oder
- als Syndikusrechtsanwalt und (freier) Rechtsanwalt.
Wichtig | Die Tätigkeit als Rechtsanwalt neben der als Syndikusrechtsanwalt ist nur möglich, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Dabei muss der Arbeitgeber insbesondere erklären, dass der Syndikusrechtsanwalt seine (freie) Rechtsanwaltstätigkeit jederzeit ausüben kann (unwiderrufliche Freistellungserklärung nach § 56 Abs. 3 Nr. 1 BRAO).
Tätigkeiten auf vier Feldern prägen den Syndikusrechtsanwalt
Für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nach § 46 Abs. 3 BRAO n. F. ist erforderlich, dass der Anwalt
- fachlich unabhängig und inhaltlich weisungsfrei handeln kann,
- eigenverantwortlich tätig ist,
- die Befugnis hat, nach außen verantwortlich aufzutreten, und
- schwerpunktmäßig eine anwaltliche Tätigkeit ausübt, die die folgenden vier Kriterien erfüllt. Er
- 1. prüft selbstständig Rechtsfragen und klärt den Sachverhalt dazu auf, erarbeitet und bewertet Lösungsmöglichkeiten,
- 2. erteilt selbstständig Rechtsrat,
- 3. gestaltet Rechtsverhältnisse und führt dabei selbstständig Verhandlungen und
- 4. tritt eigenverantwortlich nach außen auf.
Wichtig | Ob diese Voraussetzungen vorliegen, entscheidet allein der Arbeitgeber. Er muss die entsprechenden Erklärungen als Ergänzung zum Arbeitsvertrag mit dem Mitarbeiter vereinbaren (dazu ausführlich Huff/Wein, Arbeit und Arbeitsrecht 2016, 82 ff. mit Mustern). Eine Pflicht, die Stellung als Syndikusrechtsanwalt zu bestätigen, besteht für den Arbeitgeber nicht.
Ob die Voraussetzungen erfüllt sind, prüfen die Rechtsanwaltskammern. Zuständig ist die Kammer,
- bei der der Rechtsanwalt bereits jetzt Mitglied ist (§ 33 Abs. 3 Nr. 1 BRAO), auch wenn die Syndikustätigkeit im Bezirk einer anderen Kammer liegt;
- wenn erstmals nur die Zulassung alleine als Syndikusrechtsanwalt beantragt wird, die Kammer in dessen Bezirk man seinen Kanzleisitz beim Arbeitgeber (§ 46c Abs. 4 BRAO) einrichten will.
PRAXISHINWEISE |
|
So läuft das Verfahren ab
Will eine Rechtsanwaltskammer einen Antragsteller als Sydikusrechtsanwalt zulassen, muss sie vorher - mit einer Frist von drei Wochen - die DRV Bund anhören. Danach kann die Kammer den Zulassungsbescheid erlassen.
Wichtig | Die DRV Bund kann gegen einen Zulassungsbescheid vor dem Anwaltsgerichtshof klagen. Die Klage kann die DRV Bund damit begründen, dass die Rechtsanwaltskammer zu Unrecht eine anwaltliche Tätigkeit gemäß den Anforderungen in § 46 Abs. 3 BRAO angenommen hat. Die Klage hat aufschiebende Wirkung.
PRAXISHINWEISE |
|
Wer muss jetzt handeln?
Was jetzt bis zum 1. April 2016 zu tun ist, hängt vom bisherigen Zulassungsstand ab.
Bereits zugelassene Anwälte genießen Bestandsschutz
Rechtsanwälte, die bereits eine Zulassung als Rechtsanwalt haben, die Kammer die Tätigkeit kennt und von der DRV Bund bestandskräftig für die Tätigkeit bei ihrem aktuellen Arbeitgeber von der Rentenversicherungspflicht befreit wurden, genießen Bestandsschutz.
Bei schwebenden Verfahren besteht Handlungsbedarf
Zugelassene Anwälte, über deren bereits gestellten Befreiungsantrag - egal für welche Tätigkeit - die DRV Bund noch nicht entschieden hat bzw. bei denen Streit über die Möglichkeit der Befreiung besteht, müssen im Hinblick auf ihre zu stellenden Anträge den 1. April 2016 (wegen der Übergangsregelung in § 231 Abs. 4b SGB VI) im Auge behalten:
- Diese Anwälte müssen bis 1. April 2016 die „Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei bestehender Rechtsanwaltszulassung“ bei ihrer Rechtsanwaltskammer beantragen. Die Gebühren dafür variieren von Kammer zu Kammer. In der Regel sind es 200 bis 350 Euro.
- Ebenso müssen sie bis 1. April 2016 - wenn sie noch keine Anträge für die zurzeit ausgeübte Tätigkeit gestellt haben - bei ihrem Versorgungswerk einen „Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung“ stellen (DRV Bund Vordruck V6355). Die Versorgungswerke leiten diesen Antrag an die DRV Bund weiter. LGP empfiehlt aber zur Sicherheit, selbst eine Kopie des Antrags an die DRV Bund zu senden. Zudem müssen die Anwälte bei der DRV Bund einen (neuen) „Antrag auf rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung“ stellen (DRV Bund Vordruck V6320). Auch hier empfiehlt LGP, eine Kopie des Antrags an das Versorgungswerk zu senden. Es besteht allerdings keine Pflicht, die DRV-Muster zu verwenden. Die Anträge können auch formlos gestellt werden.
- Wer sich noch im Streit mit der DRV über die aktuell noch ausgeübte Tätigkeit befindet, muss keine neuen Anträge stellen. Er sollte aber die DRV über den gestellten Zulassungsantrag unterrichten und darauf hinweisen, dass alle Anträge damit als gestellt betrachtet werden und die DRV verpflichten, mitzuteilen, was aus ihrer Sicht noch erforderlich ist.
Wird allen Anträgen stattgegeben, tritt eine Rückwirkung ein: Die Syndikusrechtsanwälte werden für das laufende und für vorhergehende Beschäftigungsverhältnisse von der Rentenversicherungspflicht befreit. Bereits an die DRV Bund gezahlte Beiträge werden in das zuständige Versorgungswerk übergeleitet. Das gilt aber nur für ab dem 1. April 2014 gezahlte Beiträge.
Wichtig | Die Behandlung von „Altfällen“, in denen vor dem 1. April 2014 Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung gezahlt wurden, ist noch nicht geklärt. Mit der DRV Bund wird noch darüber verhandelt, ob auch diese Beiträge in die Versorgungswerke übergeleitet werden können.
Handlungsbedarf besteht bei Neuantritt und Arbeitgeberwechsel
Tritt jemand neu eine Stelle als Syndikusrechtsanwalt an oder wechselt der zugelassene (Syndikus-)Rechtsanwalt den Arbeitgeber oder innerhalb des Unternehmens auf einen anderen Arbeitsplatz, was zu einer wesentlichen Änderung der Tätigkeit führt, muss er handeln, wenn er (weiter) von der Pflicht zur Rentenversicherung befreit sein möchte:
- Er muss die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer beantragen.
- Der Arbeitgeber muss ihn in diesem Fall zunächst bei der DRV Bund anmelden und Rentenversicherungsbeiträge dorthin abführen.
Parallel zum Zulassungsantrag muss der Antragsteller - wie oben bei den schwebenden Verfahren - die beiden Anträge mit den Formularen V6355 und V6320 bei der DRV Bund und beim Versorgungswerk stellen (mit Kopie an den jeweils anderen Versicherungsträger). Einziger Unterschied: Die Frist für das Stellen der beiden Anträge beträgt hier drei Monate nach Aufnahme der neuen Beschäftigung (§ 6 Abs. 4 SGB VI).
Mit der (rückwirkenden) Befreiung von der Rentenversicherungspflicht werden auch hier die an die DRV Bund gezahlten Beiträge in das Versorgungswerk übergeleitet.
| |||
Frist | |||
Sachverhalt | für Antrag auf Zulassung als Syndikusanwalt bei der Anwaltskammer | für Befreiung von der RV beim Versorgungswerk (Vordruck V6355) | für rückwirkende Befreiung von der RV bei der DRV Bund (Vordruck V6320) |
Schwebende Verfahren | 1. April 2016 | 1. April 2016 | 1. April 2016 |
Neuantritt und Arbeitsplatzwechsel | Jeweils drei Monate nach der (Neu-)Aufnahme der Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt |
Weiterführende Hinweise
- Die Vordrucke V6355 und V6320 der DRV Bund, finden Sie auf der Website der DRV Bund (www.deutsche-rentenversicherung.de).
- Ausführliche Hinweise zur Zulassung als Syndikusrechtsanwalt (Merkblätter, Anträge, Fragebogen, Hinweise auf vorzulegende Unterlagen etc.) finden Sie auch auf den Websites der 27 Rechtsanwaltskammern.