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  • · Fachbeitrag · Unfallversicherung

    So stellen Arbeitgeber das unfallversicherungspflichtige Arbeitsentgelt richtig fest

    | Generell unterliegen alle Arbeitsentgelte, die in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung beitragspflichtig sind, auch der Beitragspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung. Davon gibt es Ausnahmen und Besonderheiten. Der folgende Leitfaden erläutert Ihnen, wie sich das unfallversicherungspflichtige Arbeitsentgelt richtig feststellen lässt. |

    Berechnungsgrundlagen für Beiträge

    Die gesetzlichen Grundlagen für die Unfallversicherungsträger sind seit 1997 im SGB VII geregelt. Der Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung berechnet sich nach dem Arbeitsentgelt der Versicherten, den aktuellen Beitragsfüßen und der Gefahrklasse (§ 167 SGB VII). Der Beitragsfuß wird von jedem Unfallversicherungsträger abhängig vom jeweiligen Finanzbedarf eines Jahres berechnet und ist für die dort versicherten Unternehmer gleich. In der „Gefahrklasse“ wird das Unfallrisiko im jeweiligen Gewerbe ausgedrückt. Der individuelle Beitrag berechnet sich nach folgender Formel:

     

    • Formel

    Individueller Beitrag = (Arbeitsentgelt x Gefahrklasse x Beitragsfuß) : 1.000

    Wer ist pflichtversichert?

    Zu den kraft Gesetzes versicherten Personen gehören alle Arbeitnehmer, ganz gleich, ob es sich um Voll- oder Teilzeitbeschäftigte, Aushilfskräfte, kurzfristig und geringfügig Beschäftigte oder Minijobber handelt.

     

    Zu den kraft Gesetz versicherten Personen gehören auch

    • angestellte Geschäftsführer einer GmbH,
    • Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, die weniger als 50 Prozent Kapitalanteile innehaben und über keine Sperrminorität verfügen,
    • Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft oder
    • Vorstandsmitglieder einer eingetragenen Genossenschaft.

     

    Während ihrer beruflichen Aus- und Fortbildung stehen auch Lernende unter Versicherungsschutz,

    • wenn der Arbeitgeber der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) angehört oder
    • wenn die VBG für die Schule bzw. Einrichtung zuständig ist, in der die Bildungsmaßnahme durchgeführt wird. Dies gilt auch, wenn die Schule ein Praktikum in einem Betrieb organisiert.

     

    Wer für eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts bzw. deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften ehrenamtlich tätig wird, gehört zu den versicherten Personen. Auch ehrenamtliche Tätigkeiten für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen stehen unter Versicherungsschutz.

    Das unfallversicherungspflichtige Arbeitsentgelt

    In der gesetzlichen Unfallversicherung ist das Arbeitsentgelt bis zur Höhe des Höchstjahresarbeitsverdienstes (Höchst-JAV) der jeweiligen Berufsgenossenschaft beitragspflichtig. So bestimmt es § 153 Abs. 2 SGB VII.

     

    Für jeden Beschäftigten eines Unternehmens werden die Beiträge unabhängig von der Beschäftigungsdauer bis zur Höhe des Höchst-JAV erhoben. Daraus folgt, dass die Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung für die Berechnung der Unfallversicherungsbeiträge nicht zu beachten sind. Bei der Berechnung gilt auch keine tägliche oder monatliche Beitragsbemessungsgrenze.

     

    Der Begriff Arbeitsentgelt ist in allen Zweigen der Sozialversicherung einheitlich definiert: Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 SGB IV).

    Besonderheiten bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts

    Bei der Bestimmung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts in der Unfallversicherung sind einige Besonderheiten zu beachten:

     

    Höchst-JAV und Arbeitgeberwechsel

    Der Höchst-JAV gilt ausschließlich für die Tätigkeit in einem Unternehmen. Findet ein Arbeitgeberwechsel statt, wird das Arbeitsentgelt aus der vorigen Beschäftigung beim neuen Arbeitgeber nicht auf den Höchst-JAV angerechnet. Auch wenn mehrere Beschäftigungsverhältnisse nebeneinander bestehen, werden die Arbeitsentgelte nicht zusammengerechnet.

    Unfallversicherung kennt keine „Märzklausel“

    Für die gesetzliche Unfallversicherung gilt die „Märzklausel“ nicht. Vielmehr ist die Einmalzahlung dem Kalenderjahr zuzuordnen, in dem sie ausgezahlt worden ist. Die Einmalzahlung wird somit bei der gesetzlichen Unfallversicherung erst bei der nächsten Entgeltmeldung berücksichtigt, also beispielsweise mit der nächsten Jahresmeldung. Wurde für das laufende Jahr keine Meldung für die übrige Sozialversicherung erstellt, ist für die gesetzliche Unfallversicherung eine Sondermeldung zu erstatten.

     

    Hintergrund | Einmalzahlungen sind dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum des Vorjahres zuzuordnen, wenn das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt vom 1. Januar 2012 bis 31. März eines Jahres gezahlt wird und das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis bereits im Vorjahr bestanden hat und die Einmalzahlung zusammen mit dem laufenden Arbeitsentgelt die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze übersteigt (Märzklausel).

     

    • Beispiel

    Eine Versicherungskauffrau, die bei einer Versicherungsagentur (alte Bundesländer) beschäftigt ist, hat in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis 31. März 2012 ein monatliches laufendes Arbeitsentgelt von 3.800 Euro erhalten. Zusätzlich hat der Arbeitgeber der Mitarbeiterin im März 2012 eine Provision von 5.500 Euro gewährt.

    Laufendes Arbeitsentgelt (monatlich)

    1. Januar 2012 bis 31. März 2012

    11.400 Euro

    Einmalzahlung März 2012

    5.500 Euro

    Entgeltsumme

    16.900 Euro

    Anteilige Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (3 x 5.600 Euro)

    16.800 Euro

    Da die Entgeltsumme die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze übersteigt, ist die im ersten Quartal 2012 getätigte Einmalzahlung von 5.500 Euro dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum des Jahres 2011 zuzuordnen („Märzklausel“, § 23a Abs. 4 SGB IV). Für die gesetzliche Unfallversicherung gilt dagegen, dass die Einmalzahlung in Höhe von 5.500 Euro für das Jahr 2012 zu melden ist. Eine Zuordnung in das Jahr 2011 erfolgt hier nicht.

    Beitragspflicht für kurzfristig Beschäftigte

    Kurzfristig Beschäftigte sind in der gesetzlichen Unfallversicherung beitragspflichtig. Das sind die Personen, deren Tätigkeit von Beginn an auf nicht mehr als zwei Monate bzw. insgesamt 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist.

     

    • Beispiel

    In einer Möbelspedition war in der Zeit vom 1. April 2012 bis 20. April 2012 eine Aushilfe als Packer tätig. Der Packer hat an 15 Arbeitstagen jeweils acht Stunden gearbeitet. Der Stundenlohn betrug 10 Euro. Das waren insgesamt 1.200 Euro.

    Die Möbelspedition braucht für die Sozialversicherung kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt zu melden. Denn es besteht Beitragsfreiheit, weil die Beschäftigung von Beginn an auf 50 Arbeitstage begrenzt wurde. Zur gesetzlichen Unfallversicherung sind 1.200 Euro mit dem Personengruppenschlüssel „190“ zu melden (Personengruppenschlüssel „190“ = Personen, die ausschließlich in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherungspflichtig sind).

    SFN-Zuschläge sind in der Unfallversicherung beitragspflichtig

    Die lohnsteuer- und beitragsfreien Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit gehören zum unfallversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt.

    • Beispiel

    Ein Facharbeiter ist bei einem Automobilhersteller am Fließband tätig. Im Juli 2012 hat er für seine geleistete Arbeit ein monatliches Bruttogehalt von 3.900 Euro erhalten. Im Gesamtbruttogehalt sind lohnsteuer- und beitragsfreie Nachtzuschläge in Höhe von 200 Euro enthalten.

    Der Lohnbuchhalter des Automobilherstellers muss für den Facharbeiter für Juli 2012 aus 3.700 Euro Beiträge für die gesetzliche Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung berechnen. An die zuständige Berufsgenossenschaft muss er 3.900 Euro melden, weil die lohnsteuer- und beitragsfreien Nachtzuschläge in der gesetzlichen Unfallversicherung beitragspflichtig sind.

    Fiktives Arbeitsentgelt ist nicht beitragspflichtig

    Grundlage für die Berechnung der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung ist immer nur das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt. Beiträge aus einem fiktiven Arbeitsentgelt (Kurzarbeitergeld, Gleitzone, Aufstockungsbetrag bei der Altersteilzeit usw.) werden nicht berechnet.

     

    Altersteilzeit und andere flexible Arbeitszeitregelungen

    Bezüglich des Arbeitsentgelts bei Altersteilzeit und anderen flexiblen Arbeitszeitregelungen (Stichwort: Flexi II) gilt seit 1. Januar 2010: Das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Arbeitsentgelt ist für das Umlagejahr zu melden, in dem der Entgeltanspruch entstanden ist (Entstehungsprinzip), unabhängig davon, ob es ausgezahlt oder in ein Wertguthabenkonto eingestellt wird.

     

    • Beispiel

    Ein angestellter Bäckermeister befindet sich seit 1. August 2012 in der Altersteilzeit. Seine wöchentliche Arbeitszeit wurde im Rahmen der Altersteilzeit von 40 auf 20 Stunden reduziert. Der Bäcker lebt in Bayern, ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Seine Krankenkasse verlangt keinen Zusatzbeitrag. Der Bruttolohn wird von seinem Arbeitgeber während der Altersteilzeit mit 20 Prozent vom Bruttolohn aufgestockt. Der monatliche Bruttolohn betrug vor Beginn der Altersteilzeit 2.600 Euro. Durch die Halbierung der wöchentlichen Arbeitszeit beträgt der monatliche Bruttolohn in der Altersteilzeitphase 1.300 Euro.

    Die Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung werden im August 2012 aus dem reduzierten sozialversicherungspflichtigen monatlichen Bruttolohn in Höhe von 1.300 Euro errechnet. Die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Krankenversicherung betragen 106,60 Euro (8,2 %), zur Pflegeversicherung (einschließlich des Beitrags für Kinderlose) 15,93 Euro (1,225 %), die zur gesetzlichen Rentenversicherung 127,40 Euro (9,8 %) und die zur Arbeitslosenversicherung 19,50 Euro (1,5 %). Hinzu kommen noch die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Zusätzlich muss der Arbeitgeber aus mindestens 80 Prozent des monatlichen Regelarbeitsentgelts in Höhe von 1.300 Euro, das sind 1.040 Euro, den Rentenaufstockungsbetrag für seinen Arbeitnehmer in Höhe von 203,84 Euro (19,6 Prozent aus 1.040 Euro) allein entrichten. In der gesetzlichen Unfallversicherung sind nur die 1.300 Euro beitragspflichtig. Aus dem fiktiven Aufstockungsbetrag von 260 Euro (20 Prozent aus 1.300 Euro) muss der Arbeitgeber keine Beiträge an die gesetzliche Unfallversicherung abführen.

     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2012 | Seite 176 | ID 33214500