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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Betriebsaufgabe/-veräußerung: Steuern sparen durch vorausschauende Planung

    | Wird der Betrieb veräußert oder aufgegeben, dann sind auf den Gewinn Steuern zu zahlen. Dies kann, angesichts der mitunter erheblichen stillen Reserven, richtig teuer werden ‒ insbesondere wenn die Voraussetzungen für den Freibetrag (§ 16 Abs. 4 EStG) oder die Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG (besonderer Steuersatz) nicht anzuwenden sind. Der praktische Fall zeigt, wie die Steuerbelastung auf anderem Wege reduziert werden kann. Hierzu ist eine vorausschauende Planung allerdings unerlässlich. |

    1. Sachverhalt

    Max Meise ist 67 Jahre alt, alleinstehend und selbstständiger Dachdeckermeister in Flensburg. Am 12.2.23 erzählt er seinem Steuerberater, dass er seinen Betrieb mit Wirkung zum 1.3.23 verkaufen und dann in den Ruhestand gehen wird. Sein Steuerberater weiß, dass sowohl der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG als auch die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG ausscheiden, da Max diese bereits vor rund zehn Jahren beansprucht hat ‒ und zwar bei der Betriebsaufgabe für seinen Zimmerei-Meisterbetrieb.

     

    Im Nachgang zu diesem Gespräch lässt sich der Steuerberater die aktuelle BWA für 2023 ausdrucken und ermittelt (überschlägig) den Veräußerungsgewinn, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie die Einkünfte nach § 22 EStG, die Max aus einer kleinen Rente bezieht.

     

    Mitte März 2023 trifft sich der Steuerberater erneut mit Max Meise und erzählt ihm, dass der nach § 16 EStG ermittelte (vorläufige) Gewinn 250.000 EUR beträgt. Sein zu versteuerndes Einkommen (zvE) für das Jahr 2023 hat der Steuerberater mit 280.000 EUR veranschlagt (Einkünfte nach § 15 EStG bis Ende Februar 2023, Gewinn aus der Betriebsveräußerung, prognostizierte Vermietungs- und Renteneinkünfte).

     

    Der Steuerberater erklärt, dass die Einkommensteuer infolge der Fünftel-Regelung 99.335 EUR betragen wird. Max ist schockiert und fragt, ob es nicht Möglichkeiten gibt, die Steuerbelastung zu senken. Der Steuerberater empfiehlt Max, in 2023 Ausgaben zu tätigen, z. B., indem er Erhaltungsaufwendungen bei seinen Vermietungsobjekten vorzieht. Max wundert sich und sein Steuerberater erklärt ihm das Prozedere.

    2. Lösung

    Nach einem kurzen Überblick über die grundsätzlichen Begünstigungen bei einer Betriebsveräußerung wird gezeigt, dass durch geschickt getätigte Ausgaben eine über 100 % der Ausgabe liegende Steuerersparnis erzielt werden kann.

     

    2.1 Vergünstigungen bei einer Betriebsveräußerung

    Bei einer Betriebsveräußerung muss der Inhaber den Gewinn nach § 16 Abs. 2 EStG ermitteln. Von dem Kaufpreis müssen also die Veräußerungskosten und der Wert des Betriebsvermögens (Buchwert) abgezogen werden. Der so ermittelte Gewinn unterliegt grundsätzlich der regulären Besteuerung. Jedoch lässt sich die Belastung reduzieren ‒ und zwar durch

    • einen Freibetrag i. H. von bis zu 45.000 EUR (§ 16 Abs. 4 EStG),
    • eine Tarifbegünstigung nach der Fünftel-Regelung (§ 34 Abs. 1 EStG) oder
    • eine Tarifbegünstigung nach dem besonderen Steuersatz (§ 34 Abs. 3 EStG).

     

    MERKE | Der Freibetrag wird um den Betrag gekürzt, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 EUR übersteigt. Damit wirkt sich der Freibetrag ab einem Veräußerungsgewinn von 181.000 EUR steuerlich nicht mehr aus.

     

    Zudem ist zu beachten, dass der Freibetrag und der besondere Steuersatz nur einmal im Leben gewährt werden. Da diese Begünstigungen laut Sachverhalt bereits verbraucht sind, bleibt vorliegend nur die Fünftel-Regelung.

     

    2.2 Steuergestaltung durch zusätzliche Ausgaben

    Wenn die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG zu keinem besseren Ergebnis als die Fünftel-Regelung führt oder die Tarifermäßigung nicht angewendet werden soll bzw. kann, stellt sich die Frage, wie die Steuerbelastung auf anderem Wege reduziert werden kann. Und das geht bei einer vorausschauenden Planung verhältnismäßig einfach. Sollte nämlich die Fünftel-Regelung des § 34 Abs. 1 EStG für den Veräußerungsgewinn Anwendung finden, könnte durch Ausgaben versucht werden, das der regulären Besteuerung unterliegende zvE auf 0 EUR zu reduzieren. Die dadurch resultierenden Steuervorteile können beträchtlich sein. Es winken nicht nur Entlastungen in Höhe des Spitzensteuersatzes von 45 %, sondern sogar i. H. von mehr als 100 % der Ausgaben.

     

    Würde Max Meise in 2023 Erhaltungsaufwendungen bei seinen Vermietungsobjekten i. H. von 5.000 EUR (Abwandlung: 30.000 EUR) tätigen, hat das diese Auswirkungen:

     

    • Erhaltungsaufwand (5.000 EUR): Durch die Ausgaben reduziert sich das der normalen Besteuerung unterliegende zvE von 30.000 auf 25.000 EUR. Die Steuerbelastung reduziert sich auf 94.515 EUR. Das bedeutet, dass die 5.000 EUR zusätzlichen Ausgaben zu einer (weiteren) Steuerersparnis von 4.820 EUR bzw. von 96,4 % der Ausgaben geführt haben.

     

    • Erhaltungsaufwand (30.000 EUR): Durch die Ausgaben reduziert sich das der normalen Besteuerung unterliegende zvE auf 0 EUR. Die Steuerbelastung reduziert sich auf 56.715 EUR. Somit haben die Ausgaben (30.000 EUR) zu einer (weiteren) Steuerersparnis von 42.620 EUR bzw. von 142 % der Ausgaben geführt.

     

    PRAXISTIPP | Im praktischen Fall wurden sofort abzugsfähige Ausgaben durch Erhaltungsaufwendungen generiert. Es gibt aber selbstverständlich noch weitere Möglichkeiten (z. B. Spenden nach § 10b EStG).

     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2023 | Seite 174 | ID 49657145