· Fachbeitrag · Der praktische Fall
Gesellschafterdarlehen bei einer GmbH: Durch richtige Vereinbarung eine vGA vermeiden
von StB Dipl.-Finw. (FH) Sonja Steben und StB Dipl.-Finw. (FH) Dennis Liboschik, beide Dortmund
| Notwendiges Kapital holt sich eine GmbH typischerweise von ihrer Hausbank. Aber auch Darlehen von den Gesellschaftern sind in der Praxis sehr beliebt. Denn verfügt der Gesellschafter über entsprechende Liquidität, können die Mittel der GmbH vergleichsweise schnell bereitgestellt werden. Der praktische Fall zeigt, welche Voraussetzungen das Darlehen für eine steuerliche Anerkennung erfüllen muss. Dabei wird insbesondere die Verzinsung unter Berücksichtigung der Grundsätze einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) betrachtet. |
1. Sachverhalt
Anfang 2018 benötigt die Graller-GmbH in Remscheid für eine größere Investition dringend liquide Mittel i. H. von 500 TEUR. Da sich die Verhandlungen mit der Hausbank schwieriger als erwartet gestalten, hat sich der Alleingesellschafter A. Graller (konfessionslos) bereit erklärt, der GmbH ein entsprechendes Darlehen zu gewähren.
Graller fragt seinen Steuerberater, welche Besonderheiten er beachten muss. Der Gesellschafter ist vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit.
2. Lösung
Der Steuerberater geht zunächst auf allgemeine Anforderungen ein, die der Darlehensvertrag erfüllen muss. Im Anschluss wird die (sachgerechte) Verzinsung thematisiert.
2.1 Ausgestaltung des Darlehensvertrags
Auch wenn dies zivilrechtlich nicht zwingend erforderlich ist, sollte ‒ schon allein aus Nachweisgründen ‒ die Schriftform eingehalten werden. Weiterhin ist (insbesondere bei Verträgen mit einem beherrschenden Gesellschafter) zu klären, ob der entsprechende Vertragsabschluss durch die Gesellschafterversammlung beschlossen werden muss. Entsprechende Regelungen in diesem Zusammenhang sind regelmäßig Gegenstand des Gesellschaftsvertrags.
Beachten Sie | Inhaltlich sollte der Vertrag das enthalten, was auch fremde Dritte in der konkreten Form abschließen würden (Fremdvergleich). Eine Prüfung der entsprechenden Kriterien erfolgt in der Regel anhand der Umstände des Einzelfalls.
Bei der Ausgestaltung des Vertrags ist sodann zu entscheiden, ob und ggf. wie das Darlehen besichert werden könnte. Aus steuerrechtlicher Sicht ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass eine Besicherung der Darlehensforderung eines beherrschenden Gesellschafters nicht zwingend erforderlich ist. Denn die Besicherung liegt bereits in den Einflussmöglichkeiten, die der beherrschende Gesellschafter auf die Gesellschaft regelmäßig hat (vgl. hierzu Klingebiel/Lang/Rupp in Dötsch/Pung/Möhlenbrock (D/P/M), KStG, § 8 Abs. 3 Teil D, Tz. 1111).
Bei nicht beherrschenden Gesellschaftern finden diese Grundsätze konsequenterweise keine Anwendung. Aber auch in diesen Fällen führt eine fehlende Besicherung nicht zwingend zu einer vGA, wenn
- ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter z. B. aufgrund der Bonität des Gläubigers auf eine Sicherheit verzichtet hätte oder
- die fehlende Absicherung durch eine entsprechende angemessene Erhöhung der Verzinsung ‒ sofern diese als marktüblich angesehen werden kann ‒ kompensiert wird (Fortscher in Frotscher/Drüen, KStG, Anhang zu § 8: Darlehen m.w.N.).
Sofern hinsichtlich etwaiger Tilgungsmodalitäten keine Regelungen getroffen worden sind, findet die gesetzliche Regelung des § 608 BGB Anwendung. Demzufolge werden entsprechende Tilgungen erst bei einer Kündigung durch den Darlehensnehmer oder Darlehensgeber fällig. Die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit des § 608 Abs. 2 BGB kann jedoch im Rahmen der Gesamtüberprüfung gegen eine Ernsthaftigkeit sprechen und somit ein Indiz für eine Fremdunüblichkeit darstellen (Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8 KStG, Anm. 314).
MERKE | Ein weiteres Kriterium der Angemessenheitsprüfung ist die Darlehenslaufzeit. Auch wenn dieses Merkmal regelmäßig nur von untergeordneter Bedeutung ist, muss es bei einer Gesamtbetrachtung berücksichtigt werden. Allerdings sind hier die Fremdvergleichsgrundsätze nur bei ungewöhnlich langen Laufzeiten nicht erfüllt. Demzufolge dürften nur extrem gelagerte Einzelfälle betroffen sein (Schallmoser/Eisgruber/Janetzko, a. a. O.). |
2.2 Angemessene Verzinsung
Vereinbarungen mit beherrschenden Gesellschaftern müssen im Vorhinein klar und eindeutig getroffen werden. Eine vGA kommt also bei beherrschenden Gesellschaftern in Betracht, wenn nicht von vornherein klar und eindeutig bestimmt ist, ob und in welcher Höhe ein Entgelt gezahlt werden soll (siehe H 8.5 [III] „Beherrschender Gesellschafter ‒ Klare und eindeutige Vereinbarung" KStH). Diese Grundsätze gelten auch für die Verzinsung.
Die Angemessenheit des Zinssatzes sorgt bei Betriebsprüfungen regelmäßig für Diskussionen und Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung. Zu beachten ist, dass die Angemessenheitsprüfung einzelfallbezogen erfolgt. Wird der Zinssatz (aus Sicht der Finanzverwaltung) zu hoch bemessen, ist aus fiskalischer Sichtweise insoweit eine vGA gegeben. Demgegenüber ist eine „zu niedrige Verzinsung“ eher unkritisch. Dies gilt zumindest in Fällen ohne Auslandsbezug.
MERKE | Eine verdeckte Einlage erfordert einen einlagefähigen Nutzungsvorteil. Da dies bei einer unverzinslichen oder geringverzinslichen Darlehensgewährung allerdings nicht der Fall ist, scheidet hier eine verdeckte Einlage aus (H 8.9 „Nutzungsvorteile“ KStH). Unverzinsliche Darlehen müssen jedoch in der Steuerbilanz abgezinst werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG). |
Die Finanzverwaltung hat sich bisher nicht konkret zur Ermittlung der Höhe der Verzinsung geäußert. In der Literatur gibt es hinsichtlich der diversen Ermittlungsmöglichkeiten verschiedene Ansätze und Meinungen. Allgemein ist darauf abzustellen, ob die Verzinsung unter Berücksichtigung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters als angemessen anzusehen ist.
Es ist denkbar, sich bei der Ermittlung des Zinssatzes an dem banküblichen Sollzinssatz zu orientieren. Denn dieser Zinssatz kann als Maßstab angesehen werden, den ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter herangezogen hätte (Lang/Bott in Ernst & Young, KStG, § 8 KStG, Rz. 1235). In diesem Zusammenhang hat das FG Köln (29.6.17, 10 K 771/16, Rev. BFH I R 62/17) in einem Konzernfall, in dem ein Anteilserwerb über Bankdarlehen, Verkäuferdarlehen sowie Gesellschafterdarlehen finanziert worden war, die Ansicht vertreten, dass für den Fremdvergleich hinsichtlich des Gesellschafterdarlehens allein das Bankdarlehen heranzuziehen ist.
Beachten Sie | Die Rechtsprechung ist bislang davon ausgegangen, dass sich im Zweifel Darlehensgläubiger und Darlehensschuldner die Spanne zwischen den banküblichen Haben- und Schuldzinsen teilen (vgl. u. a. BFH 22.10.03, I R 36/03). Diese Methode wird jedoch in der Literatur mitunter als kritisch, respektive als ungeeignet angesehen (vgl. u. a. Schallmoser/Eisgruber/Janetzko, a. a. O.).
Für das FG Münster (7.12.16, 13 K 4037/13 K,F, Rev. BFH I R 4/17) ist für die Beurteilung, ob Darlehenszinsen, die an eine Schwestergesellschaft innerhalb des Konzernverbunds gezahlt werden, fremdüblich sind, die Kostenaufschlagsmethode geeignet. In der Literatur wird das Urteil aber teilweise abgelehnt (vgl. hierzu Klingebiel/Lang/Rupp, a. a. O., Tz. 1116).
MERKE | Wie bereits dargestellt, ist bei einem Darlehen eines beherrschenden Gesellschafters eine Besicherung nicht zwingend erforderlich. Ein Aufschlag auf den Zinssatz aufgrund der fehlenden Besicherung kann in diesen Fällen bereits unter Umständen ein Indiz für eine vGA sein (vgl. BFH 29.10.97, I R 24/97; BFH 21.12.94, I R 65/94). |
Bei beherrschenden Gesellschaftern wirken sich die Vertragsinhalte nur dann steuerlich aus, wenn sie auch tatsächlich wie vereinbart durchgeführt werden. Ein wichtiges Kriterium ist in diesem Zusammenhang, dass die Zinsen durch die Gesellschaft fristgerecht entrichtet werden (Klingebiel/Lang/Rupp, a. a. O., Tz. 1119).
2.3 Konsequenzen bei einer nicht angemessenen Verzinsung
Annahme: A. Graller hat mit „seiner" GmbH am 1.1.18 dem Grunde nach fremdübliche Darlehenskonditionen festgelegt. Abweichend zum Fremdvergleich wurde jedoch eine Verzinsung i. H. von 6 % (angemessen seien 2 %) vereinbart. Wird dies bei einer späteren Betriebsprüfung aufgegriffen, dann ergeben sich für 2018 folgende ertragsteuerliche Konsequenzen:
2.3.1 Ebene der Graller-GmbH
Bei der Graller-GmbH liegt eine vGA i. S. des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG vor. Denn es handelt sich um
- eine Vermögensminderung,
- die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
- sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 EStG auswirkt und
- die in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht.
Für 2018 erfolgt eine außerbilanzielle Hinzurechnung der bisher aufwandswirksam gebuchten unangemessenen Verzinsung i. H. von 20.000 EUR (500.000 EUR × 4 %). Bei einer geschätzten Ertragsteuerbelastung von 30 % beträgt die Mehrsteuer 6.000 EUR.
2.3.2 Ebene des Gesellschafters
A. Graller muss eine vGA i. H. von 20.000 EUR versteuern. Diese unterliegt ‒ sofern Graller nicht den gesonderten Antrag i. S. des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG stellt (vgl. hierzu auch FG München 15.6.16, 9 K 190/16, Rev. BFH VIII R 20/16) ‒ dem gesonderten Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG (Abgeltungsteuer). Die Steuerbelastung beträgt in diesem Fall 5.275 EUR (20.000 EUR × 26,375 %).
Beachten Sie | Insoweit greift die sogenannte Verbrauchstheorie. Das heißt: Die tariflich (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b EStG) zu besteuernden Zinseinnahmen sind um 20.000 EUR zu mindern.
2.4 Handlungsempfehlungen
Vor der Darlehensgewährung müssen die einzelnen Bestandteile geregelt werden. Das Vereinbarte muss dann im Anschluss auch tatsächlich durchgeführt werden. Darauf ist A. Graller zwingend hinzuweisen.
Ferner müssen die Kriterien des Fremdvergleichs beachtet werden. Auch wenn die Missachtung einzelner Kriterien nicht zwingend eine vGA auslöst, kann dies aber im Rahmen der erforderlichen Einzelfallprüfung Indizwirkung für eine fehlende Ernsthaftigkeit und Fremdüblichkeit haben.
Wie die voranstehenden Ausführungen gezeigt haben, ist es mitunter schwierig, eine angemessene Verzinsung zu regeln. Insbesondere zu dieser Thematik gibt es wenige verbindliche Kriterien, die eine mögliche Diskussion mit der Finanzverwaltung von vornherein ausschließen. Daher sollten vor Abschluss des Darlehensvertrags entsprechende Nachweise für eine Fremdüblichkeit erbracht werden. Denkbar ist es z. B., (ernsthafte) Kreditangebote verschiedener Banken einzuholen, wobei die Modalitäten in den Angeboten dann auch mit dem tatsächlichen Darlehen übereinstimmen sollten.