· Fachbeitrag · Der praktische Fall
Zuwendungsnießbrauch an einer Mietimmobilie als Steuersparmodell im Familienverbund
| Da Kinder oft über keine eigenen Einkünfte verfügen, ist die Einkünfteverlagerung auf den Nachwuchs ein beliebtes Steuersparmodell. Viele Eltern scheuen sich jedoch, ihr Vermögen (endgültig) zu übertragen. Handelt es sich bei den Einkünften um solche aus Vermietung und Verpachtung, ist eine Vermögensübertragung jedoch nicht unbedingt erforderlich. Der praktische Fall zeigt, dass die Einräumung eines unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs eine durchaus lohnenswerte Gestaltungsalternative sein kann. |
1. Sachverhalt
Vater V ist Unternehmer mit einer Einkommensteuerbelastung von 40 %. Zu seinem Vermögen gehört u. a. ein vermietetes Mehrfamilienhaus, das von seinem Vater 1962 errichtet wurde, auf ihn im Wege der Erbfolge in 2005 übergegangen war und das bereits vollständig abgeschrieben ist. Da auch keine Darlehensverpflichtungen mehr bestehen, erzielt V mit der Mietimmobilie einen jährlichen (durchschnittlichen) Überschuss von 25.000 EUR.
V räumt seinem Sohn S (20 Jahre alt) ein auf fünf Jahre befristetes unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Grundstück ein. S verfügt als Student über keine Einkünfte.
Frage: Wie ist dieser Vorgang ertragsteuerlich zu beurteilen?
2. Lösung
Mit dieser Gestaltung verlagert V die bei ihm mit 40 % (= 10.000 EUR) besteuerten Vermietungseinkünfte auf seinen Sohn S, dessen Steuerbelastung mangels Vorliegen anderer Einkünfte bei ca. 4.000 EUR liegen wird. Somit ergibt sich eine Steuerersparnis von 6.000 EUR pro Jahr.
2.1 Voraussetzungen, Fallstricke und erforderliche Maßnahmen
Vor einer derartigen Gestaltung sollten jedoch einige Punkte berücksichtigt werden, damit das angestrebte Ziel erreicht bzw. nicht durch andere, gegenläufige Aspekte konterkariert wird.
Beim Zuwendungsnießbrauch räumt der Eigentümer einem Dritten ein Nutzungsrecht ein. Damit geht die Einkunftserzielung auf den Nießbraucher über, nicht jedoch das bürgerlich-rechtliche oder wirtschaftliche Eigentum. Hieraus kann sich jedoch ein Problem ergeben: Denn der (unentgeltlich bedachte) Nießbraucher kann weder das Gebäude noch das unentgeltlich erworbene Nutzungsrecht abschreiben (BFH 24.4.90, IX R 9/86). Auch der Eigentümer ist nach Einräumung des Nießbrauchs nicht mehr zur Abschreibung des Gebäudes berechtigt, da er keine Einkünfte mehr erzielt. Somit kann die Gebäudeabschreibung nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden.
Dieser entscheidende Nachteil des Zuwendungsnießbrauchs spielt jedoch dann keine Rolle, wenn es sich um ein Gebäude handelt, das bereits vollständig abgeschrieben ist. In der Praxis mehren sich diese Fälle, da viele Objekte Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts errichtet worden sind und der Abschreibungszeitraum bereits abgelaufen ist.
Oft vergessen, aber enorm wichtig ist es, die Mieter über den Vermieterwechsel zu informieren. Denn zahlen die Mieter weiter an den Eigentümer, spricht dies gegen die tatsächliche Durchführung der Nießbrauchsvereinbarung.
PRAXISHINWEIS | Darüber hinaus sollten V und S vereinbaren, dass S sämtliche im Zusammenhang mit der Immobilie anfallenden Aufwendungen trägt, damit er sie als Werbungskosten abziehen kann. Der Abzug ist selbst dann möglich, wenn V seinem Sohn die Mittel hierfür schenkt (Schenkungsteuer beachten!) und die an S gerichteten Rechnungen unmittelbar begleicht (abgekürzter Zahlungsweg). |
V erhält für S weiterhin Kindergeld/Freibeträge für Kinder, da sich S in einer Ausbildung befindet und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die eigenen Einkünfte, die S nun erzielt, stehen dem nicht entgegen.
Beachten Sie | Wenn S das 25. Lebensjahr vollendet hätte und weiterhin studieren würde, hätte V zwar keinen Anspruch mehr auf Kindergeld. Er könnte jedoch Unterstützungsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG geltend machen. Hier sind die eigenen Einkünfte des S jedoch relevant. Denn der Höchstbetrag (VZ 2016: 8.652 EUR) ist zu kürzen, soweit die Einkünfte den anrechnungsfreien Betrag von 624 EUR übersteigen.
Neben der steuerlichen Vorteilhaftigkeit sollte man auch im Blick haben, dass hohe Einkünfte den Anspruch auf Familienversicherung gefährden können.
2.2 Besonderheiten bei minderjährigen Kindern
Würde es sich bei S um ein minderjähriges Kind handeln, wären vor allem folgende Punkte zu beachten, damit das FA diese Gestaltung anerkennt:
- Bei Vertragsabschluss muss ein Abschlussergänzungspfleger mitwirken (BFH 13.5.80, VIII R 75/79). Dagegen ist eine Dauerergänzungspflegschaft nicht erforderlich (BFH 13.5.80, VIII R 63/79).
- Vertreten Eltern ihre minderjährigen Kinder, müssen die Willenserklärungen im Namen der Kinder abgegeben werden (BFH 13.5.80, VIII R 63/79).
- Der steuerlichen Anerkennung steht es grundsätzlich nicht entgegen, wenn eine Nießbrauchsbestellung zugunsten minderjähriger Kinder frei widerrufbar ist (BFH 19.11.03, IX R 54/00). Bestellen die Eltern ihrem Kind jedoch ein zeitlich befristetes Nießbrauchsrecht an einem Grundstück, welches das Kind anschließend an die Eltern zurückvermietet, ist eine solche Gestaltung grundsätzlich nach § 42 AO gestaltungsmissbräuchlich (BFH 18.10.90, IV R 36/90).